Читать книгу "Und jetzt, kommen Sie!" - Dieter Gronau - Страница 4

Kapitelüberschrift 2

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wieder etwas Neues für ihn. Wie musste die Freude doch groß für ihn sein! „Mit dir zu fahren, ist manchmal aber wirklich sehr peinlich. Du ziehst ja förmlich alle nackt aus. Wie peinlich! Du solltest dich wirklich was schämen!“ flüsterte es in meinem Kopf, in meinem Oberstübchen.

Meine Fantasie schien nicht mehr zu bremsen. So ging es trotz der Proteste von meinem Ich, munter weiter und weiter. Der junge Mann, einer von den soeben vier zugestiegenen, hatte wirklich einen enormen Leibesumfang. Es gab keine Tailie noch einen Hals unter seinem Kopf. Schultern und Kopf schienen zusammengewachsen zu sein. Ob es bei seinem Skelett noch Halswirbel gab? Vielleicht war eine besondere Konstruktion der Natur, ein Mensch ohne Halswirbel! Warum hatten wir übrigen Menschen eigentlich einen Hals? Vermutlich, um ihn sich im Laufe des Lebens öfter mal zu brechen. Wie kam der arme Kerl wohl morgens in seine hautengen Jeans, die wie angegossen saßen? Das überlasse ich lieber der Fantasie meiner Mitmenschen, mir wäre es, das auszusprechen doch ein wenig zu peinlich. Seine Jacke, ebenfalls in Stoff und Farbe perfekt zu seiner Hose passend, war so groß, ich hätte bestimmt dreimal da reingepasst. Bestimmt war das alles eine Spezialanfertigung von einem türkischen Änderungsschneider, da waren die Preise noch erschwinglich und human. Alles, die herrliche Menschlichkeit und der riesige Aufwand an Jeansstoff und das Baumwollene darunter, wurde getragen von zwei ungewöhnlich großen Füßen und den dazugehörigen Schuhen. Diese Schuhe konnte man bestimmt nicht in einem Schuhgeschäft einmal verwechseln, da passte wohl kein anderer Fuß rein. Der arme, oder der glückliche hielt sich während der restlichen Fahrt bis zur Bushaltestelle mit beiden Händen an zwei Haltestangen im Bus Gang fest. Einen Sitzplatz gab es in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht. Hätte ein Sitzplatz in der Breite vielleicht doch gepasst, so reichte die Sitzreihentiefe bestimmt mal wieder nicht. So blieb er lieber stehen. An seinem Arbeitsplatz gab es bestimmt für ihn einen speziellen Sitzplatz. Darauf konnte er sich nach der Busfahrt und vielleicht nach einer weiteren U-Bahnfahrt dann freuen. Wie schön für ihn! Ob er verlobt oder sogar verheiratet war, konnte ich leider nicht erkennen, obwohl ich ihn jeden Morgen ausgiebig und sehr interessiert musterte. Einen Ring an einem Finger konnte ich nirgends entdecken. Nun ja, bei diesen Fingern! Aus zwei Ringen vielleicht einen passenden verlöten beim Goldschmied, das wäre doch durchaus möglich. Der Preis, vielleicht, vielleicht auch noch tragbar. Der Umfang seiner Hände glichen denen einer Salatschüssel. Wenn er einmal zupackt, müsste ich dreimal zugreifen. Er könnte vieles mindestens zwei oder gar dreimal so schnell erledigen, wäre es eine Tätigkeit, bei der es um das Volumen der Hände ginge.

Bei bestimmten Tätigkeiten wäre mir der junge Mann haushoch überlegen. Darüber gab es bei mir keinen Zweifel. Oh je, was machte er im Winter, bei Frost und klirrender Kälte? Was ist mit Handschuhen für ihn? Sowas könnte nur noch Oma für ihn stricken. Vermutlich benutzte er seine Jackentaschen oder die Taschen eines passenden Mantels als wärmendes Plätzchen für seine Hände. Man oh man, dieser Mann führte schon jetzt ein aufregend aufwendiges Leben! Wie viele Jahre hatte er wohl noch vor sich? Vielleicht wurde ihm von einem entsprechenden Arzt einmal geholfen, etwa mit einer Magenverkleinerung oder so Ähnlichem! So ohne Grund, nur auf Grund irgendwelcher Gene, war er bestimmt nicht so geworden, wie er jetzt war! Er musste sein ganzes Leben nur für sich arbeiten, für seinen aufwendigen Lebenswandel, der bestimmt in allen Punkten sehr kostspielig war. Heiraten, eine Familie, war bestimmt sehr schwer sich für ihn vorzustellen. Ja, ja, so hatte eben jeder Mensch seinen kleinen oder großen Kummer mit sich und der Welt. Dem einen flog alles nur so zu, der andere musste sich abrackern bis zur Vergasung. Aber glücklich waren wir doch ab und zu mal, wie wir es später immer wieder feststellen können. Das er aus einem begüterten Elternhaus stammte, konnte ich mir eigentlich nicht gerade vorstellen, denn dann wäre er nicht jeden Morgen zur gleichen Uhrzeit mit uns in unserem Bus.

Er würde dann bestimmt, oder sicherlich, einen von diesen sogenannten Fan´s benutzen mit sieben Sitzplätzen. Der Fahrersitz wäre dann bestimmt eine von diesen Sonderanfertigen, die so teuer sind, wie ein gut erhaltener Gebrauchtwagen der unteren Klasse. Dieser Fahrersitz, für den jungen übermäßig korpulenten Mann, hätte dann bestimmt auch einen Drehmechanismus, der es ermöglichte, den Fahrersitz elektrisch zur Fahrertürnische zu schwenken, um so ein einfaches Ein- und Aussteigen zu ermöglichen, ohne sich quetschen, zusammenfalten, bücken und die Luft anhalten zu müssen. Was wäre das für ein Luxus, ein Fortschritt im Leben des jungen Mannes. „Ja, ja, der arme Kerl hatte noch ein schweres Leben vor sich!“ Tönte es aus mir hervor. „Vielleicht war sein Leben gar nicht so schwer! Er hatte einen tollen Job in der Medienbranche, war dort Aufgrund seiner Leibesfülle schon so etwas wie eine Ikone, von allen verehrt und geschätzt, weil er sehr gewitzt und sprachgewandt war und seine Figur war praktisch sein unverkennbares Markenzeichen mit einem hohen Erkennungszeichen. Wir sollten alle zu ihm aufblicken und ihn beneiden. Er bewohnte ein luxeröses Haus mit einem parkartigen Garten und seiner Garage stand bestimmt eines von diesen Luxus-Van`s mit allen nur erdenklichen Rafinessen. Er brauchte die Fahrt, mit uns, jeden Morgen. Er brauchte unsere Nähe, die Nähe der einfachen Menschen, um das zu sein, was er ebnen war, ein ungewöhnlicher noch junger Mann mit einer enormen Zukunft.“ „Puh, du hast mich jetzt aber tatsächlich überzeugt. So ausführlich und erschöpfend hast du schon lange nicht mehr etwas erklärt. Ich danke dir! Du könntest vielleicht recht haben.“ Antwortete ich meinem Ich sehr nachdenklich.

Der Mensch ist doch sehr ungern ein Einzellebewesen. Klappt es bei einigen aus irgendwelchen mir unerklärlichen Gründen nicht mit einem menschlichen Partner, so sind sehr viele inzwischen auf den Hund gekommen. Der ist schnell, wegen seiner vier Beine, spricht nicht, was der größte Vorteil ist und ist, je nach seiner Größe für jeden Finanzbeutel der passende Partner.

Aber wiederum ziehen sich Gegensätze ungemein an, so sagt eine alte Weisheit. So müsste die passende Partnerin für unseren jungen Mann., klein, schlank bis dürr sein..

„Mensch, du hast aber eine merkwürdige Vorstellung. Wer hat dir denn diese Weisheiten eingebläut? Warum nicht noch einmal so dick? Das wäre doch viel fäirer und gerecht. So dünn und dürr wäre doch für die arme Frau ein Leidensweg ohne Ende. Sie hätte doch nur Nachteile. Wie sollte sie da überhaupt glücklich sein oder werden, überleg doch mal ein bisschen! Du kleiner Spinner,“ erklärte das Ich mir.

„Es gibt doch im Leben von euch Menschen die gewissen Stündchen, wie soll es denn da ablaufen? Das wäre doch ein glatter Mordversuch der übelsten Art,“ tönte es von meinem Ich weiter. „Mindestens zweihundertfünfzig Kilogramm auf fünfundvierzig Kilogramm oder umgekehrt,“ murmelte es leise in meinem Kopf. „Ich hatte so etwas schon einmal gehört oder in der Zeitung oder einer Zeitschrift gelesen. Es hatte tatsächlich gewisse Früchte getragen und es war tatsächlich ein ganz brauchbarer Mensch daraus hervorgegangen. Ob du es mir glaubst oder nicht, das ist mir scheißegal!“ erwiderte ich empört.

Anders herum, geht man davon, gleich und gleich gesellt sich gern, da müsste dann alle sehr groß sein. Das Bett eine Spezialanfertigung aus Holz und viel Stahl, die Matratzen wären bestimmt alle zwei Jahre, oder noch eher, vollkommen hinüber und platt. Der Fußboden müsste verstärkt und besonders trittisoliert sein. Alle Türöffnungen erheblich verbreitert, ausgenommen die Haus-,Balkon- und Terrassentür, die waren schon meist etwas breiter und könnte man somit noch gebrauchen, denn da ginge es vielleicht noch eben mit Luft anhalten und dann hindurch.. Wenn es dann beim ersten Mal nicht gleich klappte, vielleicht seitlich und mit bauchanhalten., bis es einem schwarz vor den Augen wurde.

Der Kühlschrank, entweder mit normalem Fassungsvermögen und täglicher Auffüllung oder doppeltes Fassungsvermögen oder mehrere Kühlschranke neben einander, das müsste dann schon irgendwie klappen, bei der Nahrungsmenge für den täglichen Bedarf von zwei so dicken Menschen.

Die Toilette und das Badezimmer, der schwierigste Raum im Leben so eines Menschen, die richtige Stellung für die richtige Stelle zu finden. Baden klappte vermutlich erst richtig im Sommer in einem Pool oder im Freibad, das war dann sprichwörtlich baden in treffendster Form. Im Winter, im Badezimmer, war es dann nur ein Duschbad in eingeengster Form oder es war überhaupt nur noch mit einem riesigen Waschlappen möglich. Und die Badewanne wurde zum Ausspülen für den Waschlappen genutzt.

„oh je, oh je, deine Phantasie macht mir dir wieder Sprünge. Wenn man dich so hört, oder deine Gedanken lesen kann, so kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Oh nein, oh nein,“ ermahnte mich mein olles Ich mal wieder so treffend. Ich war für mein Ich bestimmt ein sehr schwieriger Fall hin und wieder.

Dann war da an der Bushaltestelle noch ein Mann mittleren Alters mit einem schwarzen, glänzenden Koffer, vielleicht aus echtem Leder, eingestiegen. Dieser Mann stieg jeden Morgen vorne, direkt beim Busfahrer, oder heute einer Busfahrerin, ein. Der Grund war, der Zeitungsständer im Busfahrerbereich mit der neusten Bildzeitung jeden Morgen. Nach Erhalt und Bezahlung der bewussten Tageszeitung faltete der Mann der soeben erworbenen neusten Nachrichten sorgfältig zusammen, kniff sie an den Kanten genüsslich fest zusammen und klemmte sich die Zeitung unter den linken Arm. An immer der gleichen Stelle unter seinem Arm, die schon sichtlich einen einen dunkelnen Fleck von der Druckerschwärze auf seiner hellen Jacke hinterlassen hat. .Anschließend ging er schwankend, denn der Bus hatte sich inzwischen wieder in Bewegung gesetzt, sich an den einzelnen Sitzen abstützend, zu seinem Stammplatz. Witzigerweise wurde dieser Stammplatz von ihm nie von einem anderen Fahrgast morgens benutzt, es schien ein ungeschriebenes Gesetz in diesem Bus zu sein, jeder Fahrgast hatte einen Stammsitzplatz, oder einen Standort, denke ich an den jungen dicken Mann, der nie von den anderen Fahrgästen benutzt wurde. Scheinbar achtete man einander und hatte volles Verständnis unter einander was die Sitzplätze betraf, ansonsten kannte keiner den anderen oder wechselte ein paar morgendliche Worte mit den anderen Fahrgästen.

Der Mann mit der wichtigen Morgenzeitung nahm auf seinem Stammplatz, eine Sitzreihe vor mir auf der linken Seite in Fahrtrichtung, Platz, er blickte interessiert nach rechts und links, holte seine Zeitung unter seinem Arm wieder hervor, klappte sie auseinander, sah sich die Titelseite neugierig an, faltete die Zeitung wieder zusammen und ließ sie in seinem Aktenkoffer verschwinden. Vermutlich hatte er, jetzt im Bus, keine ausreichende Zeit mehr, um seine Zeitung ausgiebig zu studieren und sich gründlich über alles zu informieren. Er hatte bestimmt an seinem Arbeitsplatz viel mehr Zeit, die Zeitung zu lesen., und auch wesentlich mehr Platz, denn im Bus hatte er immer nur eine Hand frei zum lesen und gleichzeitig die Zeitung zu halten, die andere Hand benutzte er ständig dazu, sich über seinen gepflegten Kinnbart zu streicheln. Die Brille rutschte ihm dabei ständig bis auf die Nasenspitze. Die ganze Fahrt über, starrte er stur auf einen bestimmten Punkt vor sich. Es sah aus, als ob er noch immer oder schon wieder träumte. Nun ja, es war ja auch noch sehr früh am Morgen, nämlich 05.15 Uhr. Die meisten Menschen schliefen bestimmt noch zu dieser Zeit fest und tief und waren von einem Wecker Signal weit entfernt.. Vielleicht dachte der Mann mit dem Streichelbart gerade darüber nach, was er heute alles an seinem Arbeitsplatz machen will, er schmiedete an seinen Tagesplan , um sinnvoll seinen Arbeitstag zu gestalten und einen guten Eindruck bei seinen Vorgesetzten zu machen und in den Kreis der Jenigen aufzusteigen, die für eine nächste Gehaltserhöhung vorgeschlagen werden und eine Beförderung verdienten.. Natürlich betraf das natürlich nur die Arbeitszeit die neben dem Zeitungslesen noch übrig blieb.. Es war nicht mehr viel Zeit für die eigentliche Arbeit vorhanden, aber seine Vorgesetzten waren dennoch mit ihm zufrieden, denn er war immer pünktlich und schon seit fast zwanzig Jahren kein einziges Mal krank gewesen. Man konnte mit ruhigem Gewissen behaupten, Zeitungslesen hielt den Menschen gesund und immer fit. Er war das beste Beispiel für diese Weisheit.

Die dritte Person an dieser Haltestelle ist immer eine Frau, das zweite weibliche Wesen in unserem Bus neben der Busfahrerin. Man kann sie als nicht mehr jung und auch nicht als alt bezeichnen, also in den besten Jahren, wie es so schön hieß. Schon von weitem konnte ich diese Frau erkennen.

„Da kommt deine ganz spezielle Freundin,“ flüsterte es in meinen Ohren.

„Nun mach mal halblang. Sie auf alle Fälle eine interessante Erscheinung am weiblichen Himmel. So etwas sieht man nicht alle Tage und schon gar nicht zu so früher Stunde,“ erwiderte ich etwas erbost über mein altkluges Ich.

Diese von uns umstrittene Frau erkannte ich schon weit vorher, bevor der Bus die Haltestelle mit der wartenden Frau und den drei Männern zum Zusteigen einlud. Sie lass schon, obwohl zu so früher Stunde, bereits unter der Straßenlaterne an der Bushaltestelle in einem dicken Buch mit mehreren heraushängenden selbst gebastelten Lesezeichen. Die Brille, vermutlich eine von diesen billigen Lesebrillen, von einem Euro aufwärts in jedem Supermarkt erhältlich, klemmte bei ihr wie festgewachsen auf ihrer Nasenspitze. Diese ungewöhnliche Frau stieg immer als letzte in den Bus. Beim Einsteigen bewegte sie sich dermaßen langsam und vorsichtig, das die Busfahrerin vermuten musste, die schläft wohl jeden Moment gleich im Stehen oder gehen ein.. Die Busfahrerin drehte sich jedesmal zu der Frau um, um sie beim Einsteigen zu beobachten, um genau im richtigen Moment, wenn die Frau im Bus war, die Türen zu schließen und wenn die Frau ihren Stammplatz erreicht hatte, einen Stehplatz an einer Haltestange genau in der Mitte des Busses, dann ließ sie erst den Bus langsam anfahren. Diese Frau hatte wirklich eine bewundernswerte Fähigkeit, sie schaffte es langsam, aber durchaus sicher, während des Einsteigens ständig weiter zu lesen, ohne auch nur einmal auf den Buseingang und die Stufen zu achten. Sie las und las in einem fort. Was für ein ungewöhnlicher Mensch in unserer morgentlichen Bus Runde!

„Das ist eine Frau mit Übung. Denk doch einmal nach! Die macht das jedes Jahr so etwa



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