Читать книгу Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis - Dieter Kremp - Страница 13

DER HECHT IM KARPFENTEICH

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Ursprünglich sollte er nur als Lückenbüßer dienen, als Fleischersatz in Zeiten strenger mittelalterlicher Fastengebote. Doch schon bald wurde der Karpfen, den man auch „Klosterfisch“ nannte, weil Mönche ihn in Teichen züchteten, zum appetitlichen Mittelpunkt des Silvesteressens.

Zum Jahresende nahm man gerne Speisen zu sich, die – wie der Karpfen -Fruchtbarkeit und Leben symbolisierten. Auch heute noch kommt in Millionen deutscher Haushalte an diesem Festtag Karpfen auf den Tisch – am liebsten „blau“, zuweilen auch gebacken.

Bei soviel Tradition entwickelte sich um den Karpfen eine Fülle von Bräuchen und abergläubischen Praktiken: Glück und Segen im neuen Jahr sollten die Schuppen des gegessenen Karpfens bringen. Deshalb streute man sie im ganzen Haus umher. Wer vom Glück in erster Linie Geldsegen erwartete, trug solche Schuppen stets bei sich.

Es hieß, dass ihm dann das Geld nie ausginge. Noch heute hofft ja so mancher Anhänger dieses harmlosen Aberglaubens, mit Hilfe der Glücksschuppe in seinem Portemonnaie einen größeren Lottogewinn machen zu können.

Neben der uralten Fruchtbarkeitssymbolik des Fisches, von der man wahrscheinlich die Hoffnung auf eine wundersame Vermehrung des Geldes ableitete, dürfte auch die an Münzen erinnernde Form der silbrig glänzenden Schuppen zur Entstehung dieser Sitte beigetragen haben.

Heutzutage sind dem großzügigen Verstreuen von Karpfenschuppen allerdings Grenzen gesetzt. Denn der im Handel hauptsächlich angebotene Spiegelkarpfen ist nahezu „nackt“. Die Schuppen haben ihm findige Mönche schon vor langer Zeit „weggezüchtet“. Seine kurze, hochrückige Form ist ebenfalls ein Zuchterfolg der Klosterbrüder von einst. Der Grund dafür soll eine kuriose Fastenregel gewesen sein, die angeblich vorschrieb, dass der Fisch nicht über den Tellerrand ragen durfte.

Viel Wundersames wusste der Volksmund über andere Körperteile des Karpfens zu berichten. In Österreich heißt es noch heute, dass alles in Erfüllung geht, was man sich wünscht, wenn man die Blase des verspeisten Karpfens mit einem Knall zum Platzen bringt.

Der außerordentlich körnerreiche Rogen (Eier) dieses Speisefisches – ein zwei Kilogramm schweres Karpfenweibchen trägt bis zu fünf Millionen Eier – hat ebenfalls eine Symbolik: Zu Silvester gegessen, bringt er Glück und Geld getreu dem Spruch „So viel Körner, so viel Gold“. Glück soll auch der sogenannte „Karpfenstein“ bringen, ein dreieckiges Knöchelchen im Kopf des Fisches. Wer es auf seinem Teller findet, soll mit einem sehr erfolgreichen neuen Jahr rechnen können.

Dass ein solches symbolbeladenes Tier auch in der Volksmedizin seinen Stammplatz hatte, versteht sich von selbst. Getrocknete und pulverisierte Teile des Karpfens waren beliebte Heilmittel gegen alle möglichen Leiden. Besonders der geheimnisvolle „Karpfenstein“ hatte es den Menschen früher angetan. Man verwendete ihn vor allem zur Behandlung von Epilepsie, Schlaganfall und Gallenkolik.

Und „Hand aufs Herz“: Wenn wir heute an Silvester einen Karpfen essen, denken wir nicht daran, im neuen Jahr „der Hecht im Karpfenteich“ zu sein?

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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