Читать книгу Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis - Dieter Kremp - Страница 15

DAS HOHELIED VON WEIHRAUCH UND MYRRHE

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„Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen und sahen das Kind und Maria, seine Mutter. Da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar“ (Mt. 2, 11).

So spricht die Bibel von Weihrauch und Myrrhe, den wertvollsten und beliebtesten Duftharzen, die neben anderen wohlriechenden Kräutern die kostbarsten Handelsgüter im Orient zur Zeit der Geburt des Herrn waren. Ursprünglich waren sie nur Königen vorbehalten. So waren Weihrauch und Myrrhe jene Geschenke, die die „Drei Weisen aus dem Morgenland“ dem „neugeborenen König der Juden“ brachten.

Duftende Kräuter wurden in der antiken Welt täglich zur Herstellung von Parfümen, Kosmetika, Gewürzen und Medikamenten gebraucht. Schon die Phönizier brachten sie über die berühmte Gewürzroute nach Südarabien und von ostafrikanischen Häfen aus nach Ägypten und nach Israel. Karawanen transportierten die begehrte Handelsware auf langen Wüstenreisen zu ihren Bestimmungsorten. Aus den „Weisen aus dem Morgenland“, von deren Reise hinter dem Stern her die Bibel erzählt, machte die Kirche die „Heiligen Drei Könige“. Der weiten, beschwerlichen Reise wegen, die sie vom Morgenland nach Bethlehem führte, wurden sie auch zu den Schutzpatronen der Reisenden.

Als sie dann beim Essen saßen und aufblickten, sahen sie, dass gerade eine Karawane von Ismaelitern aus Gillad kam. Ihre Kamele waren mit Tragahant, Mastix und Ladanum beladen. Sie waren unterwegs nach Ägypten (Gen. 37, 25). An diese Händler von Spezereien wurde Josef nach Ägypten verkauft.

Die frühe Verwendung dieser aromatischen Pflanzen wird durch die Tatsache bestätigt, dass bei der Öffnung von Pharaonengräbern im Jahre 1884 etwa 3000 Jahre nach der Bestattung immer noch der angenehme Geruch von Weihrauch und Myrrhe wahrnehmbar war. Wahrscheinlich spielte bei der Einbalsamierung der Leichen auch die antiseptische Wirkung der wohlriechenden Kräuter eine Rolle. Der Evangelist Johannes spricht von einer Mischung aus Myrrhe, Aloe und Weihrauch zum Tränken der leinenen Tücher, in die der Leichnam Jesu eingehüllt wurde.

Eines der Sieben Weltwunder, die „Hängenden Gärten“ in Babylon, war bekannt wegen seiner starken Blumendüfte. Myrrhen- und Weihrauchsträucher mit ihren knorrigen Ästen und den ätherischen Harzen, die in Form kleiner Tropfen aus der Rinde ausgeschieden werden, waren auch Charakterpflanzen im „Paradies“, im „Garten Eden“, in dem Land zwischen Euphrat und Tigris, in dem „Milch und Honig flossen“.

Salben aus Milch und Honig, aus Myrrhen- und Weihrauchöl wurden als kosmetische Gesichtspackungen im alten Ägypten verwandt. Auch Kleopatra hatte die Schönheit ihrer Haut den heiligen Ölen zu verdanken. Ovid, der römische Dichter der Liebe, pries in seiner „Liebespoesie über die Gesichtspflege der Frauen“ die betörenden Düfte von Rosen- und Narzissenöl und die sinnerregenden aromatischen Substanzen der Myrrhe.

Das „Hohelied Salomos“ beschreibt an vielen Stellen Duftstoffe der biblischen Zeit: „Ich stand auf, um zu öffnen meinem Freunde die Hand an den Griffen des Riegels. Da troffen meine Hände von Myrrhe, von flüssiger Myrrhe meine Finger.“ Oder es heißt: „Seine Wangen sind wie Balsambeete, in denen Weihrauch wächst. Seine Lippen sind die Lilien, die von fließender Myrrhe triefen.“ „Du bist gewachsen wie ein Lustgarten von Granatäpfeln mit edlen Früchten, Zypernblumen mit Narden, Lilien und Safran, Kalmus und Zimt, mit allerlei Weihrauchsträuchern, Myrrhe und Aloe, mit allen feinen Gewürzen. Ein Gartenbrunnen bist du, ein Born lebendigen Wassers, das vom Libanon fließt“, preist das „Hohelied“ die Liebe.

Die Juden begannen ihren Auszug aus Ägypten vielleicht um 1240 vor Christus. Für ihren Weg in das Gelobte Land brauchten sie etwa vierzig Jahre. Kurz nach ihrem Aufbruch erhielt Moses vom Herrn auch eine Anweisung zur Herstellung eines heiligen Öls und eines heiligen Räucherwerks: „Nimm dir Spezerei: Balsam, Galbanaum, Myrrhe und reinen Weihrauch, von einem soviel wie vom andern, und manche Räucherwerk daraus, gemengt nach der Kunst des Salbenbereiters, gesalzen, rein, zum heiligen Gebrauch.“ Dieses Räucherwerk war nur zum Gebrauch bei religiösen Zeremonien gedacht.

Die Verdunstung von ätherischen Ölen an der Oberfläche von Pflanzen wird heute als ein Abwehrmechanismus gegen die Infektion durch Bakterien und Pilze angesehen. Aromatische Pflanzen besäßen demnach eine schützende Aura aus Wohlgeruch. Kann es nicht sein, dass die Pflanzen durch den Duft, den sie verströmen, miteinander in Verbindung treten und einander in einer Weise wahrnehmen, die viel wunderbarer ist als das Mittel der menschlichen Sprache, die nur selten voller Zärtlichkeit und Duft ist – außer vielleicht bei liebenden?

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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