Читать книгу Vaterschaftstest für Pharao - Dirk Husemann - Страница 23

Affenzwilling auf zwei Beinen

Оглавление

Wie rasch verändert sich der Mensch? – wollte Benjamin Voight von der Universität Chicago 2006 wissen. Dem Biologen lagen die Auswertungen des Erbmaterials verschiedener Menschengruppen vor, 60 Daten stammten von den Yoruba in Nigeria, 89 von Ostasiaten aus den Städten Tokio und Peking, 60 von Europäern.

Voight entdeckte, dass in den vergangenen 10.000 Jahren etwa siebenhundert menschliche Gene eine Mutation durchgemacht hatten. Dazu gehörte die Herausbildung des Enzyms Laktase ebenso wie die Entstehung der verschiedenen Hautpigmente – beide Phänomene sind Reaktionen auf Umwelteinflüsse. Wichtige Erkenntnis am Rande: Alle Menschen unterscheiden sich. Manche in mehreren DNA-Bausteinen, einige sogar nur in einem einzigen. Nur eineiige Zwillinge sind von dieser Regel ausgenommen. Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen.

Das eigentliche Ziel des Projektes aber war es, die Unterschiede zwischen Menschen und Schimpansen herauszufinden und erst einmal zu beweisen, dass es so etwas überhaupt gab.

Das war einige Monate zuvor in Frage gestellt worden. Kurz nach der Entdeckung, dass die Entwicklung von Menschen und Affen vor etwa sechs Millionen Jahren auseinandergegangen war, hatte der Vergleich des komplett entzifferten Erbgutes beider Arten für Aufsehen gesorgt. Ergebnis: Schimpanse und Mensch sind enger miteinander verwandt, als Homo sapiens bislang angenommen hatte. 98,8 Prozent der Genome sind deckungsgleich. Demnach verdankt der Mensch nur 1,2 Prozent seiner DNA, dass er nicht als dicht behaartes Säugetier an Blättern kaut. Das Ergebnis sorgte für Unruhe in den biologischen Fakultäten. Schon riefen Zoologen nach neuen Definitionen. Der Mensch, so die Forderung, sollte keinen eigenen Gattungsplatz im Stammbaum des Lebens mehr besetzen dürfen. Charles Darwin hätte sich die Hände gerieben. Aber Homo sapiens kam noch einmal davon.

Bereits 1975 hatten Genetiker vermutet, dass nicht allein die Gene den kleinen Unterschied im Inneren groß herauskommen lassen. Es müssen andere Faktoren eine so wichtige Rolle gespielt haben, dass Menschen und Affen sich trennten. Hauptverdächtiger war die Boten-RNA, auch Messenger-RNA oder mRNA genannt. Diese Ribonukleinsäure enthält eine Kopie der DNA und trägt die Informationen für die Proteinbiosynthese. Dabei entstehen Proteine, die vom Körper unter anderem zum Aufbau der Zellstruktur oder als Hormon verwendet werden. Jedes Protein benötigt die Informationen des genetischen Codes, den die mRNA liefert. Der Vorgang ist bei allen Lebewesen gleich, aber einige sind schneller als andere.

Durch die Geschwindigkeit seiner mRNA gewinnt der Mensch im Wettlauf um den besten Evolutionsplatz das Rennen um Haaresbreite vor den Affen. Das fand Yoav Gilad an der US-amerikanischen Yale-Universität 2006 heraus. Er untersuchte die Leberzellen von Menschen, Schimpansen, Orang-Utans und Rhesusaffen. Über die Hälfte der darin enthaltenen Gene waren bei allen Probanden gleich aktiv. Vierzehn Gene aber arbeiteten beim Menschen am schnellsten. Damit stand für Gilad fest: „In den fünf Millionen Jahren der Entwicklung des Menschen kam es zu raschen Veränderungen in einer bestimmten Gruppe von Genen.“ Für den Biologen ist es vorstellbar, dass die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten dabei eine wichtige Rolle spielte. Immerhin ist der Mensch das einzige Tier, das seine Nahrung kocht. Wie bei der Entwicklung der Laktase wird auch dieser Eckpunkt des kulinarischen Lebens nicht ohne Spuren im Erbgut von Homo sapiens geblieben sein: Durch die warmen Mahlzeiten stimuliert, arbeitete die Boten-RNA auf Hochtouren – Mensch und Affe begannen endgültig, getrennte Wege zu gehen.

Vaterschaftstest für Pharao

Подняться наверх