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Samstag, 17. November 2012, 23:45

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Das kalte Metall der Gitterstäbe drückte in seinen Rücken, während Kay Berger immer wieder versuchte, eine angenehmere Position zu finden. Nach endlosen Versuchen gab er resigniert auf. Es machte keinen Sinn. Sein Körper schmerzte von der eingeengten Stellung, in die er gepfercht worden war. Es war kalt hier und schmutzig.

So hatte er sich das nicht vorgestellt obwohl er schon mehrfach davon geträumt hatte, nackt und eingesperrt in einem engen Metallkäfig zu sitzen. In dieser kalten Novembernacht hatte es aber überhaupt nichts Erregendes mehr. Enttäuscht sackte er tief in sich zusammen.

Wie war er in diese Situation überhaupt gekommen, überlegte Kay. Unter anderen Umständen wäre es genau das gewesen, wonach er sich sehnte, aber in diesem Augenblick war es einfach nur unangenehm. Die Gitterstäbe hinterließen mittlerweile sehr schmerzhafte Abdrücke an seinem ganzen Körper. Ein eisiger Windzug glitt über seinen nackten Körper und er bekam Gänsehaut. Etliche Stunden saß er nun in seinem Gefängnis und er fröstelte. Das machte nun wirklich keinen Spaß mehr. Hatte es als Spaß begonnen? Kay wusste nichts mehr. Irgendwie war seine Erinnerung ausgelöscht. Es war an der Zeit, dieses Spiel hier zu beenden. Aber wie? Warum er, warum jetzt, fragte sich Kay. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto weniger hatte er eine Antwort auf seine Fragen.

Seine Sinne waren durch die Dunkelheit geschärft und er begann seine Umgebung zu erkunden. Es roch leicht nach Benzin. Nicht penetrant, mehr so, als wenn jemand einige Tropfen Benzin verschüttet hätte, welches nun verdunstete. Die Luft war klamm und feucht. Er spürte hin und wieder einen Luftzug, der über seine Haut strich. Wo war er? Kay konnte sich an nicht sehr viel erinnern, egal, wie sehr er es auch versuchte. Jemand hatte ihn von hinten gegriffen. Er war gerade nach Hause gekommen und hatte seinen Wagen abgestellt. Der Fremde hatte ihm ein Tuch auf Mund und Nase gedrückt. Nach was hatte es gerochen? Kay erschauderte bei der Erinnerung an den Krankenhausgeruch. Dann ein Abgrund, ein schwarzes Loch. Seine Beine gaben nach und… hier verließ ihn seine Erinnerung. Als er aufwachte, war es hell. Der nächste Tag? Oder schon der Übernächste? Machte das irgendeinen Unterschied? Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er musste hier raus und zwar schnell. Seine Beine, sein Rücken und sein Hintern schmerzten mittlerweile unerträglich. Er kannte das Phänomen. Auf seinen Reisen im Internet hatte er davon gelesen. Der menschliche Körper muss sich von Zeit zu Zeit ausstrecken können. Die Muskeln müssen sich lockern, dehnen und wieder zusammenziehen. In einer Position kann der Körper nicht sehr lange verweilen. Wird er gezwungen, weil er zum Beispiel gefesselt war, verursacht dies nach kurzer Zeit höllische Schmerzen und die Muskeln fangen dann an sich zu verkrampfen. Kay verspürte den nächsten Krampfanfall in seinem Oberschenkel, da er sich seit Stunden kaum rühren konnte. Seine gewaltige Fülle wurde ihm nun zum Verhängnis. Sein schwabbeliger Körper füllte das kleine Gefängnis seitlich vollkommen aus, wodurch er zur Bewegungsunfähigkeit verdammt war. Er musste so ausharren bis Hilfe kam. Zu allem Überfluss, dachte er, waren seine Hände auch noch hinter seinem Rücken mit Handschellen an den Gitterstäben angekettet. Seine Beine waren zwar nicht gefesselt, aber er musste sie wegen der Enge im Käfig angewinkelt abstellen und konnte sie keinesfalls ausstrecken.

Die nahegelegene Turmuhr schlug. Kay zählte die Schläge. Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht.

Er hatte sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt und seine Pupillen waren weit geöffnet. Schattenhaft konnte er seine Umgebung wahrnehmen, aber weiter als bis zu den Gitterstäben konnte er keine Details erkennen. Es musste Neumond sein, denn auch durch das kleine Fenster hinter ihm fiel kein Licht ein, was ihm die Orientierung im Raum erleichtert hätte.

Ohne Vorwarnung wurde das Licht eingeschaltet und seine Augen schmerzten. Es war gleißend helles Licht, was seine Netzhaut unvorbereitet traf und er kniff reflexartig seine Augen zusammen. Schritte! Schritte, die auf ihn zukamen. Langsam blinzelte Kay, aber er erkannte keine Details. Er konnte nur die schwarzen, schattenartigen Umrisse einer Person wahrnehmen.

»Wie geht es Dir?«, fragte die Person mit sanfter Stimme. Kay war verwirrt von der ruhigen Tonlage seines Peinigers. »W-w-warum tun Sie das? Was w-w-wollen Sie von mir?« Seine Stimme zitterte.

»Du wolltest es so haben«, säuselte der Unbekannte wieder in der gleichen monotonen Tonlage. Er überlegte kurz und fuhr dann weiter fort: »Ich erfülle Dir nur Deine Träume!«

Hatte er richtig gehört? Das musste ein schlimmer Traum sein, dachte Kay.

»Das ist doch Wahnsinn! Wie kommen Sie darauf, dass ich von so etwas hier geträumt hätte? Machen Sie mich sofort los!« Mittlerweile hatten sich seine Augen an das helle Licht gewöhnt und er konnte sie normal öffnen. Kay musterte sein Gegenüber. Kannte er ihn? Wieso sagte er dann, dass er ihm seine Träume erfüllen wolle. Was war das für ein Kerl? »Bitte – bitte lassen Sie mich gehen. Meine Frau sucht bereits nach mir. Ich erzähle es auch niemandem weiter. Bestimmt nicht. Bitte!«

»Ich glaube nicht, dass Deine Frau bereits nach Dir sucht«, entgegnete ihm der Unbekannte monoton. »Schließlich vertragt ihr euch nicht mehr so gut wie früher! Warum sollte sie nach Dir suchen, wenn Du immer die Nächte fort bleibst und kein Wort darüber verlierst, wo Du Dich herumgetrieben hast?«

Woher wusste der Kerl alle diese Einzelheiten über ihn, über sein Leben und seine Familie? Kay schauderte am ganzen Körper, als der Unbekannte um den Käfig herum ging und hinter ihm stehen blieb. Suchend wandte Kay seinen Blick nach rechts und links und erkannte, dass er in einer Garage war, wie der Benzingeruch ihn schon hatte vermuten lassen. An der einen Wand hingen allerlei Werkzeuge und auf einem Regal an der anderen Wand standen verschiedene Kanister mit irgendwelchen Flüssigkeiten. Der Mann hinter ihm kramte in seiner Werkzeugbank. Die Geräusche, die Kay vernahm, verhießen nichts Gutes. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er befürchtete, der Fremde könnte es Schlagen hören.

»Wir werden eine kleine Reise unternehmen«, fuhr der Unbekannte fort und Kay vernahm jetzt das Geräusch, das Klebeband beim Abziehen von einer Rolle machte. Es ging alles sehr schnell und ehe Kay genau verstand, griffen Hände von hinten durch die Gitterstäbe. Mit flinken Fingern versiegelte die Gestalt Kays Lippen.

»Wir wollen doch nicht, dass Du die Nachbarn aufweckst, oder?«

Kay konnte das grässliche Lächeln geradezu hören. Er atmete heftig durch seine Nase ein und aus, schüttelte sich, wollte das Klebeband loswerden, aber es klebte bereits perfekt auf seiner Haut. Panik stieg in ihm auf. So sehr er sich auch bemühte, seine Lippen brachte er keinen Millimeter mehr auseinander. Kay riss die Augen auf, als der Käfig nach hinten gekippt wurde und sein Kopf gegen die Stangen schlug. Er rollte los. Der Kerl schob ihn tatsächlich mit samt dem Käfig auf einer Sackkarre durch die Garage.

»Die Fahrt wird nicht lange dauern. Mach es Dir bequem.«

Mord im ersten Leben

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