Читать книгу Jagd Auf Null - Джек Марс - Страница 15
KAPITEL NEUN
ОглавлениеDie Sonne ging schnell am grau bewölkten Himmel unter, während der Quadopter in Richtung Norden raste, um seine Fracht, einen gewissen, entschlossenen CIA Agenten und Vater, zum Starlight Motel in New Jersey zu bringen.
Seine geschätzte Ankunftszeit betrug fünf Minuten. Eine Nachricht auf dem Bildschirm blinkte eine Warnung: Auf den Einsatz vorbereiten. Er blickte aus der Seite des Cockpits heraus und sah, dass weit unter ihnen ein großes Industriegelände aus verschachtelten Lagerhallen und Produktionsanlagen still im Dunkeln lag und nur durch Punkte aus orangefarbenem Straßenlicht beleuchtet wurde.
Er öffnete den Reißverschluss des schwarzen Seesacks, der auf seinem Schoß lag. In ihm fand er zwei Halfter und zwei Pistolen. Reid wand sich in dem winzigen Cockpit aus seiner Jacke heraus und zog das Schulterhalfter an, das eine Standard Glock 22 enthielt - sie hatte keinen von Bixbys biometrischen high-tech Abzugsriegeln, über die damals die Glock 19 verfügt hatte. Er zog sich die Jacke wieder an und krempelte anschließend das Bein der Jeans hoch, um den Knöchelhalfter anzubringen, der die Ersatzwaffe seiner Wahl enthielt, die Ruger LC9. Es war eine kompakte Pistole mit einem dicken Zylinder, neun Millimeter Kaliber in einem, auf neun Runden vergrößerten, Box Magazin, das nur drei Zentimeter weiter als der Griff hervorstand.
Er hielt sich mit einer Hand an der Abseilsprosse fest, bereit, aus der bemannten Drohne auszusteigen, sobald sie eine sichere Höhe und Geschwindigkeit erreicht hatten. Er wollte sich gerade die Kopfhörer von den Ohren ziehen, als Watsons Stimme erklang.
„Null.”
„Gleich angekommen. Noch zwei Minuten -”
„Wir haben gerade eine weiteres Foto erhalten, Kent”, unterbrach ihn Watson. „Auf das Handy deiner Tochter geschickt.”
Eiskalte Finger aus Panik ergriffen Reids Herz. „Von ihnen?”
„Wie sie auf einem Bett sitzen”, bestätigte Watson. „Sieht so aus, als könnte es das Motel sein.”
„Könnt ihr die Nummer orten, von der es gesendet wurde?” fragte Reid hoffnungsvoll.
„Tut mir leid, er hat sich ihm schon entledigt.”
Seine Hoffnung fiel in sich zusammen. Rais war intelligent. Bisher hatte er nur Fotos von Orten geschickt, an denen er schon gewesen war, nicht, an denen er sich gerade aufhielt. Wenn es überhaupt eine Chance gab, dass Agent Null ihn irgendwie einholen könnte, dann wollte der Attentäter, dass das unter seinen Bedingungen geschähe. Während des ganzen Flugs im Quadopter war Reid auf nervöse Weise optimistisch wegen des Motel Tipps, begierig, Rais’ Spiel auf die Schliche zu kommen.
Doch wenn es ein Foto gab... dann war es gut möglich, dass sie schon weitergezogen waren.
Nein. Du darfst so nicht denken. Der will, dass du ihn findest. Genau aus diesem Grund hatte er ein Motel am Ende der Welt gewählt. Der ködert dich. Die sind hier. Die müssen hier sein.
„Sind sie OK? Sahen sie... sind sie verletzt...?”
„Sie sahen OK aus”, teilte Watson ihm mit. „Verunsichert. Verängstigt. Aber OK.”
Die Mitteilung auf dem Bildschirm veränderte sich, blinkte in roten Buchstaben: Einsatz. Einsatz.
Trotz des Fotos oder seiner Gedanken war er angekommen. Er musste es für sich selbst sehen. „Ich muss jetzt los.”
„Beeil dich”, riet ihm Watson. „Einer meiner Männer teilt einen gefälschten Hinweis über das Motel mit, der der Beschreibung von Rais und deinen Töchtern entspricht.”
„Danke, John.” Reid zog sich den Kopfhörer ab, versicherte sich, die Abseilsprosse fest im Griff zu haben und trat aus dem Quadopter.
Der kontrollierte Abstieg von fünfzehn Metern zum Boden war schneller, als er sich vorgestellt hatte und stahl ihm den Atem. Der bekannte Nervenkitzel, der Rausch von Adrenalin, strömte durch seine Adern, während der Wind in seinen Ohren sauste. Er ging beim Ankommen leicht in die Knie und landete in der Hocke auf dem Asphalt.
Sobald er die Abseilsprosse losgelassen hatte, sprang das Seil zurück zum Quadopter und die Drohne entschwirrte in die Nacht, um dorthin zurückzukehren, wo auch immer sie hergekommen war.
Reid blickte sich schnell um. Er war auf dem Parkplatz einer Lagerhalle gegenüber des schäbigen Motels, das nur durch ein paar gelbe Glühbirnen schwach beleuchtet war. Ein handgemaltes Schild, das am Straßenrand stand, sagte ihm, dass er am richtigen Ort angekommen war.
Er warf einen Blick nach links und rechts, während er über die leere Straße eilte. Es war still hier, erschreckend still. Drei Autos standen auf dem Parkplatz, verteilt über die lange Reihe von Zimmern, denen er gegenüber stand - und eines von ihnen war ganz offensichtlich der weiße Kombi, der aus dem Gebrauchtwagenhandel in Maryland gestohlen worden war.
Er war direkt vor einem Zimmer mit der Nummer 9 aus Messing an der Tür geparkt.
Im Zimmer war kein Licht an, es schien nicht so, als ob sich dort jemand im Moment aufhielt. Trotzdem legte er seinen Seesack vor der Tür ab und lauschte sorgfältig für etwa drei Sekunden.
Er hörte nichts, also zog er die Glock aus dem Schulterhalfter und trat die Tür ein.
Der Pfosten splitterte leicht, als die Tür aufflog und Reid eintrat, die Pistole in die Dunkelheit gerichtet. Doch nichts bewegte sich in den Schatten. Es gab keine Geräusche, niemand schrie überrascht auf oder versuchte, eine Waffe zu zücken.
Seine linke Hand tastete die Wand nach einem Lichtschalter ab und legte ihn um. Zimmer 9 hatte einen orangefarbenen Teppich und gelbe Tapeten, die sich an den Ecken einrollten. Das Zimmer war kürzlich gereinigt worden, soweit man im Starlight Motel von Reinigung sprechen konnte. Das Bett war hastig gemacht und es stank nach billigem Desinfektionsspray.
Doch es war leer. Sein Herz sank. Da war niemand hier - weder Sara noch Maya und auch nicht der Attentäter, der sie entführt hatte.
Reid ging vorsichtig voran und inspizierte das Zimmer. In der Nähe der Tür stand ein grüner Sessel. Der Stoff des Sitzkissens und der Rückenlehne war leicht entfärbt und hatte den Abdruck einer Person, die hier vor kurzem gesessen war. Er kniete sich daneben und umzeichnete die Form der Person mit seinen behandschuhten Fingerkuppen.
Jemand hatte hier stundenlang gesessen. Etwa eins-achtzig groß und neunzig Kilo schwer.
Er war es. Er hatte hier gesessen, neben dem Eingang, in der Nähe des Fensters.
Reid steckte seine Waffe zurück in den Halfter und zog vorsichtig die Bettdecke zurück. Die Laken waren beschmutzt, man hatte sie nicht ausgewechselt. Er inspizierte sie vorsichtig, hob jedes Kissen abwechselnd hoch, gab sich dabei Mühe, keine möglichen Beweise zu zerstören.
Er fand zwei blonde Haare, lange Strähnen, ohne die Wurzeln. Sie waren auf natürliche Weise ausgefallen. Auf dieselbe Art fand er ein einziges braunes Haar. Sie waren hier, zusammen, auf diesem Bett, während er dasaß und sie beobachtete. Doch warum? Warum hatte Rais sie hierher gebracht? Warum hatten sie angehalten? War es nur eine weitere List im Katz-und-Maus-Spiel des Attentäters, oder hatte er auf etwas gewartet?
Vielleicht hatte er auf mich gewartet. Ich brauchte zu lange, um den Hinweisen zu folgen. Jetzt sind sie schon wieder fort.
Falls Watson den gefälschten Hinweis hatte melden lassen, würde die Polizei binnen Minuten beim Motel sein, und Strickland war wahrscheinlich schon im Helikopter. Doch Reid weigerte sich, zu gehen, ohne etwas gefunden zu haben. Sonst wäre alles umsonst gewesen, eine weitere Sackgasse.
Er eilte zur Rezeption des Motels.
Der Teppich war grün und grob unter seinen Stiefeln, er erinnerte ihn an Kunstrasen. Es stank nach Zigarettenrauch. Hinter der Theke war ein dunkler Korridor und dahinter konnte Reid hören, dass ein Radio oder ein Fernsehgerät leise spielte.
Er schellte die Serviceglocke auf der Theke, ein disharmonisches Geräusch klang aus dem stillen Büro.
„Hmmm.” Er hörte ein sanftes Grummeln aus dem Hinterzimmer, doch niemand trat heraus.
Reid klingelte drei Mal schnell hintereinander.
„Ja Mann! Himmelherrgott.” Eine männliche Stimme. „Ich komm’ ja schon.” Ein junger Mann trat aus dem Hinterzimmer hervor. Er war Mitte Zwanzig oder Anfang Dreißig. Aufgrund seiner schlechten Haut und seiner geröteten Augen, die er sich rieb, als wäre er gerade aus einem Nickerchen aufgewacht, fiel es Reid schwer, sein Alter zu schätzen. Ein kleiner Silberring zierte sein linkes Nasenloch und sein schmutzig blondes Haar war in verwahrloste Rastas gebunden.
Er starrte Reid eine Weile an, als würde ihn das bloße Konzept, dass jemand durch die Rezeptionstür trat, schon nerven. „Ja? Was?”
„Ich brauche eine Auskunft”, gab ihm Reid zu verstehen. „Hier war kürzlich ein Mann, hellhäutig, Anfang Dreißig oder so, mit zwei jugendlichen Mädchen. Eine braunhaarig, und eine jüngere, blond. Er fuhr diesen weißen Kombi hier. Sie waren in Zimmer neun -”
„Bist du ein Bulle?” unterbrach ihn der Rezeptionist.
Reid wurde schnell sauer. „Nein. Ich bin kein Bulle.” Er wollte noch hinzufügen, dass er der Vater der beiden Mädchen war, doch er hielt sich zurück. Er wollte nicht, dass dieser Rezeptionist ihn noch weiter identifizieren könnte, als es ihm jetzt schon möglich war.
„Schau Mann, ich weiß gar nichts von irgendwelchen Teenies”, beharrte der Rezeptionist. „Was die Leute hier machen, ist ihre Sache -”
„Ich will nur wissen, wann er hier war. Ob du die beiden Mädchen gesehen hast. Ich will wissen, welchen Namen dir der Mann gegeben hat. Ob er bar oder mit einer Karte gezahlt hat. Falls es mit Karte war, dann gib mir die letzten vier Ziffern. Und ich will wissen, ob er irgendwas gesagt hat, oder ob du was gehört hast, das mich darauf hinweisen könnte, wohin er von hier aus weitergefahren ist.”
Der Rezeptionist starrte ihn einen langen Moment lang an, und dann stieß er ein rauhes Lachen aus. „Mann, schau dich doch mal um. Das ist hier nicht die Art von Ort, an dem wir Namen oder Kreditkarten oder Sonstiges aufschreiben. Leute mieten hier Zimmer stundenweise, wenn du verstehst, was ich damit meine.”
Reids Nasenflügel blähten sich auf. Er hatte jetzt wirklich die Nase voll von diesem Idioten. „Es muss doch was geben, was du mir sagen kannst. Wann haben sie eingecheckt? Wann ausgecheckt? Was hat er dir gesagt?”
Der Rezeptionist warf ihm einen wissenden Blick zu. „Was ist es dir wert? Für fünfzig Dollar sag’ ich dir alles, was du wissen willst.”
Reids Zorn entzündete sich wie ein Feuerball, als er über die Theke griff, den jungen Rezeptionisten am T-Shirt packte und ihn nach vorne riss, wobei der fast das Gleichgewicht verlor. „Du hast keine Ahnung, wovon du mich hier abhältst”, knurrte er in das Gesicht des Jünglings, „oder wie weit ich gehe, um es zu bekommen. Du sagst mir jetzt, was ich wissen will, oder du wirst dich für die absehbare Zukunft durch einen Strohhalm ernähren müssen.”
Der Rezeptionist hielt die Hände hoch, seine Augen aufgerissen, während Reid ihn schüttelte. „Ja, Mann! Ist ja in Ordnung! Da, unter der Theke, ist ein, ähm, Register... lass’ mich das holen und ich schau für dich nach. Ich sag’ dir schon, wann sie hier waren, OK?”
Reid zischte einen Atemzug und ließ den jungen Typen los. Der taumelte zurück, glättete sein T-Shirt und griff dann nach etwas Ungesehenem unter der Theke.
„An einem Ort wie diesen”, erklärte der Rezeptionist langsam, „mit der Art von Leuten, die hierher kommen... die legen Wert auf ihre Privatsphäre, verstehst du? Die mögen das nicht, wenn man hinter ihnen herschnüffelt.” Er trat zwei Schritte zurück und zog seinen rechten Arm unter der Theke hervor... dabei ergriff er den braunen Schaft einer abgesägten zwölf-Kaliber Schrotflinte.
Reid seufzte reuevoll und schüttelte seinen Kopf. „Du wirst dir wünschen, das nicht getan zu haben.” Der Rezeptionist vergeudete seine Zeit, um Gesindel wie Rais zu beschützen - nicht, dass er wusste, worin Rais verwickelt war, oder andere schleimige Typen, Zuhälter, Menschenhändler und desgleichen.
„Geh’ zurück in die Vorstadt, Mann.” Der Lauf der Schrotflinte war auf ihn gerichtet, doch er zitterte. Reid hatte den Eindruck, dass der Junge sie verwendet hatte, um zu drohen, doch sie noch niemals wirklich abgefeuert hatte.
Er hatte keine Zweifel daran, dass er schneller abziehen könnte als der Rezeptionist. Er würde nicht mal zögern, ihn in die Schulter oder ins Bein zu schießen, wenn das bedeutete, er bekäme, was er bräuchte. Doch er wollte keinen Schuss abfeuern. Das würde man im Umkreis eines Kilometers im Industriepark hören. Es könnte möglicherweise Gäste im Motel erschrecken - jemand könnte sogar auf die Idee kommen, die Polizei zu rufen, und er konnte diese Art von Aufmerksamkeit gerade wirklich nicht gebrauchen.
Stattdessen ging er die Sache anders an. „Bist du dir sicher, dass das Ding geladen ist?” fragte er.
Der Rezeptionist blickte für eine zweifelhafte Sekunde auf die Flinte. In diesem Moment, während sein Blick abgewandt war, legte Reid eine Hand fest auf die Theke und sprang mit Leichtigkeit darüber. Gleichzeitig schwang er sein rechtes Bein hervor und trat die Schrotflinte aus der Hand des Rezeptionisten. Sobald seine Füße wieder den Boden berührt hatten, lehnte er sich nach vorne und schwang seinen Ellenbogen in die Nase des Jungen. Ein scharfes Keuchen entrang seiner Kehle, als Blut aus beiden seiner Nasenlöcher floss.
Dann, nur zur Sicherheit, ergriff Reid eine faustvoll dreckiger Rastas und schlug das Gesicht des Typen in die Theke.
Der Rezeptionist brach auf dem rauen, grünen Teppich zusammen und stöhnte, während er Blut aus seiner Nase und den aufgeplatzten Lippen auf den Boden spuckte. Er ächzte und versuchte, auf die Knie zu kommen. „Du... oh, Gott... du hast mir die verdammte Nase gebrochen, Mann!”
Reid schnappte sich die Schrotflinte. „Das ist jetzt dein kleinstes Problem.” Er drückte den Lauf in die schmutzig blonden Rastas.
Der Rezeptionist fiel sofort auf den Bauch und wimmerte. „Nein... bring mich nicht um... bitte mach das nicht... bitte... bring mich nicht um...”
„Gib mir dein Telefon.”
„Ich hab’... ich hab’ keins...”
Reid beugte sich vornüber und tastete den Typen schnell ab. Er sagte die Wahrheit, er hatte kein Telefon, doch er hatte ein Portemonnaie. Reid öffnete es und überprüfte den Führerschein.
„George,” spöttelte Reid. Der Rezeptionist sah nicht gerade wie ein George aus. „Hast du ein Auto hier, George?”
„Ich... ich hab’ ein Geländemotorrad... es ist hinten gep-parkt...”
„Das reicht schon. Das Folgende wird jetzt passieren, George. Ich nehme dein Motorrad. Du, du wirst hier raus laufen. Oder rennen, falls du das bevorzugst. Du gehst zum Krankenhaus und lässt dir die Nase untersuchen. Du wirst ihnen sagen, dass du dir in einer Bar einen Faustschlag eingehandelt hast. Du wirst kein Wort von diesem Ort oder von mir erwähnen. “ Er lehnte sich über ihn und fuhr mit leiser Stimme fort. „Ich bin nämlich ein Polizei-Informant, George. Und wenn ich auch nur eine Erwähnung, auch nur ein Wort über einen Mann höre, der zu meiner Beschreibung passt, dann komme ich zum...”, er schaute erneut auf den Ausweis, „Apartment 121B auf der Cedar Road, und ich bring’ deine Schrotflinte mit. Hast du das alles gecheckt?”
„Gecheckt, Mann, ich hab’s gecheckt,” brabbelte der Rezeptionist, dem Blut und Speichel von den Lippen hingen. „Ich hab’s gecheckt, ich schwör’, alles gecheckt.”
„Jetzt nochmal, der Mann mit den Mädchen. Wann waren sie hier?”
„Da war ein... ein Typ, wie du schon sagtest, aber ich hab’ keine Mädels gesehen...”
„Aber du hast einen Mann gesehen, der dieser Beschreibung entsprach?”
„Ja, ja. Der war echt ernst. Hat kaum was gesagt. Kam letzte Nacht rein, es war schon dunkel, und hat für die Nacht bar bezahlt...”
„Wann ist er abgefahren?”
„Weiß ich nicht! Irgendwann nachts. Hat die Tür offen gelassen, sonst hätte ich gar nicht mitgekriegt, dass er weg war...”
Während der Nacht? Reids Herz sank. Er hatte gehofft, doch er hatte nicht wirklich darauf gezählt, seine Töchter im Motel zu finden - doch er dachte, er würde aufholen. Wenn sie einen ganzen Tag Vorsprung hatten... dann könnten sie überall sein.
Reid ließ das Portemonnaie fallen und schritt zurück, dabei nahm er den Lauf der Schrotflinte vom Kopf des Jungen.
„Geh.”
Der Rezeptionist hob seinen Geldbeutel auf und rannte durch den dunklen Korridor, stolperte dabei einmal und fiel auf seine Hände, bevor er in die Nacht hinausstürzte.
Reid nahm die Patronen aus der Flinte, vier insgesamt, und stopfte sie in seine Jackentasche. Da ihr Lauf und Schaft abgesägt waren, handelte es sich um eine illegale Waffe, die wahrscheinlich auch vor den Veränderungen nicht registriert worden war. Er wischte seine Fingerspuren von der Waffe, bevor er sie wieder unter die Theke legte.
Er brauchte nicht noch mehr Ärger in seinem Leben. Er hatte so oder so schon genug.
Die Polizei würde jeden Moment ankommen, doch er konnte nicht gehen, ohne weitere Hinweise zu haben. Er eilte zurück zu der aufgebrochenen Tür von Zimmer neun und suchte nochmals, doch jetzt war es ihm egal, ob er alles wieder zurücklegte oder vorsichtig behandelte. Er riss die Kissen und Laken vom Bett. Er suchte unter dem Bett und dem Sessel. Er zog alle Schubladen der vergammelten Nachttische und der Kommode auf, doch fand nichts, außer einer alten Bibel mit einem gesplitterten, gebrochenen Rücken. Er blätterte durch die Seiten und schüttelte sie aus, im Fall eines Falles.
Bei jeder Gelegenheit hatte Maya bisher Etwas absichtlich hinterlassen. Laut des Rezeptionisten hatten die Mädchen hier den Großteil einer Nacht verbracht.
Reid eilte in das Badezimmer. Es stank scharf nach Chlor. Er durchsuchte die Duschzelle, das Waschbecken, den Frisiertisch mit dem gesprungenen Spiegel. Er öffnete das einzelne, kleine Schränkchen unter dem Waschbecken und fand dort zwei Extra-Rollen Toilettenpapier, eine Dose mit Raumspray und seltsamerweise einen blauen Kuli.
Reid drehte gleichzeitig die Heißwasserhähne des Waschbeckens und der Dusche auf und schloss die Tür zum winzigen Bad, damit es sich mit Dampf füllte. Er prüfte den Spiegel in der Hoffnung, dass Maya vielleicht eine unsichtbare Nachricht geschrieben hatte, die nur durch die Kondensation auftreten würde - doch da war keine Nachricht. Wieder nichts.