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Einsatz

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Der Anruf erwischte Greta noch in der Badewanne. Zwischen plätschern und wegdämmern platzte Linda ins Badezimmer, reichte ihr das Telefon, räumte blitzschnell drei Bürsten und Tuben fort, über die Greta gerade noch mütterlich neugierig nachgedacht hatte, und verschwand wieder.

Greta bekam das gar nicht mit. Mit ihren nassen Händen wäre ihr das Telefon fast ins Wasser gefallen, als sie sich hastig aufsetzte und natürlich sofort wieder abrutschte. Als sie den Apparat endlich am Ohr hatte, war Linda längst wieder draußen.

Die Nachricht war ebenso knapp wie klar: Ein Toter in der Donau. Auto ins Wasser gestürzt, eigenartig, sofort kommen.

Polizistenleben, dachte sie sich nur. Wellen reißend und tropfend stand sie auf. Ihr Kreislauf protestierte kurz, aber nur kurz, eine geübte Mechanik stellte sich ein. Sie duschte, trocknete sich ab und schlüpfte hastig in ihre Kleider. Es war warm draußen. Die Kleider klebten sofort, der BH zwickte auf der feuchten Haut - und fiel mit einem verächtlichen „egal“ zurück auf den Kleiderhaufen.

Doch schon während sie sich anzog, kam ein Gefühl der Freude in ihr auf und löst die träge Badewannenstimmung ab. Sie musste zugeben, es machte ihr mehr Spaß, Verbrecher zu jagen, als ihre Tochter zu erziehen. Das siebzehnjährige Wesen, das in seinem jungen Körper um sie herumwirbelte und doch kaum erreichbar war. Die abtauchte in irgendwelche Welten, die sich in ihrem Kopf abspielten. Künstliche Welten, die durch monströse Brillen betreten wurden, die das Gesicht verschwinden ließen. Es war ihr viel unheimlicher als jeder Übeltäter draußen.

Als sie das Bad verließ und Linda Bescheid gab, hatte die schon wieder die Brille auf. Angeschlossen an eine Art Computer erzeugte sie irgendeine Konservenwirklichkeit in der Linda so etwas wie Liegestützen machte. Angeblich war das ein Sportprogramm, hatte sie neulich behauptet. Greta konnte sich aber auch alles Mögliche andere vorstellen. Doch wie jedes Mal verschob sie Kritik und genaues Hinterfragen auf einen günstigen Moment, der dann doch nie kam.

Stattdessen stieg sie auf ihr Fahrrad und flitzte los. Das leichte Gefälle von ihrem Haus oben am Hügel herunter zur Stadt, wie sie Fall trotz allem gerne nannten, machte das Losfahren immer zur Lust. Die Bürde des Anstieges beim Heimkommen war dagegen die ideale Gelegenheit um Abstand zu gewinnen – von den sich verirrenden Gedanken der Verbrecherjagd ebenso wie vom tiefsinnigen Grübeln über die Untiefen der Welt. Die Wohnlage am Hang des Bayerischen Waldes, mit Ausblick über die sich windende Donau, war ein Glücksfall in ihrem so verworrenen Leben.

Ein neuer Fall steigerte das rauschartige Gefühl zu einem Tunnel der Vorfreude und sie nahm nichts wahr, was um sie geschah, während sie um die gewohnten Ecken bog, an der Bäckerei vorbei, Meilers Obstgärten, dem Kindergarten. Kiesel sprangen unter ihren Reifen zur Seite, Wind flog durch ihr wuschiges blondes Haar und ihre dünne Kleidung, der Fahrtwind modellierte ihre Figur die immer noch ansehnlich war: der, wie sie es nannte, lebensfrohe Bauch unterstrich nur die weibliche Selbstverständlichkeit, nach der sich immer noch jede Menge Männer umdrehten, wenn auch nicht gerade die jüngsten. Der Blick auf die glitzernde Donau unten am Hang, die endlose Ebene dahinter, München ahnend, weit weg - die Weite, die so sehr im Widerspruch stand zu den Gartenzäunen und Hecken, sie berauschte sie jedes Mal aufs Neue. Filigran nahm sie die Kurven, immer knapp vor der Grenze der Angst, so war es am schönsten.

Erst als sie nach unten ins Zentrum von Fall kam und auf Autos achten musste, tauchte sie wieder auf – verwandelt - nun war sie Polizistin im Dienst. Chefin des Reviers von Fall an der Donau, das kleinste Revier der Region zwischen Dingolfing und Passau.

Sie sperrte ihr Rad an ein Halteverbotsschild vor dem Präsidium, lief kurz hinein und holte den Schlüssel für den Wagen. Die Wache war leer, ihr Polizeibetrieb bestand nur aus drei Personen.

Ohne Blaulicht fuhr sie zum Tatort, wenn man das so nennen konnte. Die Fenster offen, neben der Autobahn entlang, bis zur Abbiege, dann die Serpentinen hinunter zum Fluss. Im Kopf bildete sich bereits eine Ahnung, was hier geschehen war.



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