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Vorwort

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Jemand fragte Zhaozhou (jap. Jôshu):

„Was ist die Zhaozhou-Brücke?“

Zhaozhou antwortete:

„Komm herüber, komm herüber!“

Die Zhaozhou-Brücke ist die älteste steinerne Brücke in China. Sie spannt sich über den Fluss Xiao und liegt in der Nähe des Bailin-Tempels*. Jeden Tag gehen viele Menschen über sie, vom einen Ufer zum anderen Ufer. Chan-Meister Zhaozhou benutzte die Brücke als eine Metapher für den Geist derjenigen, die Chan praktizieren: Sie scheuen keine Mühe und sind bereit, sogar ihr Leben hinzugeben, um anderen Menschen dabei zu helfen, jenes Ufer der Wahrheit zu erreichen. Ich glaube, Meister Willigis ist eine solche Brücke, eine Brücke zwischen dem Westen und dem Osten, zwischen der Tradition und der Gegenwart.

Durch einen seiner Schüler, Bernd Groschupp, konnte ich Willigis Jäger vor acht Jahren im Bailin-Tempel als einen tief in sich ruhenden, wahrhaftigen und ehrlichen Menschen kennenlernen. Er hatte bereits seit über 30 Jahren Chan praktiziert. Seit wir uns das erste Mal begegnet sind, bewundere ich seinen Mut, die Grenzen zwischen den Religionen zu überschreiten, um die Wahrheit zu finden. Im Chan sagen wir: Die Buddha-Natur kennt keine Grenzen. Die Weisheit des Chan entfaltet sich im Osten wie im Westen, im Süden wie im Norden. Die tiefe Chan-Erfahrung von Willigis Jäger und sein profundes Verständnis der Chan-Praxis sind ein Beleg dafür.

Willigis Jäger ist eine Brücke. Von ganzem Herzen wünsche ich ihm, dass sich durch sein Wirken immer mehr Menschen im Westen der östlichen Weisheit des Chan öffnen. Ich bin überzeugt, dass die Zeit nahe ist, in der die Menschen ihre kulturell bedingten Differenzen überwinden und die universale Weisheit miteinander teilen werden.

Ming Hai, Abt des Bailin-Tempels,

Zhaoxian, Hebei, China

* Der Bailin-Tempel ist heute einer der größten Chan-Tempel Chinas. Er befindet sich im Norden in der Provinz Hubei in der Stadt Zhao Zhou nahe der Provinzhauptstadt Shijiazhuang, etwa 350 Kilometer südlich von Peking. Die Pagode des Bailin-Chan-Tempels war und ist auch heute wieder eine wichtige buddhistische Pilgerstätte. Sie enthält die sterblichen Überreste des berühmten Chan-Meisters Zhao Zhou Zheng Ji (jap. Jôshu Jushin, 778-897), der den Tempel in den Jahren von 858 bis 897 leitete. Der Bailin-Chan-Tempel wurde in der Kulturrevolution – wie viele andere Tempelanlagen – fast vollständig zerstört. Die Pagode blieb als einziges Gebäude der Tempelanlage weitestgehend erhalten und Teile der alten Brücke, die im Koan angesprochen wird, ebenfalls.

Im Jahr 1988 übernahm Meister Jinghui den Bailin-Chan-Tempel und begann mit einigen Mönchen mit dem Wiederaufbau des Tempels. Meister Jinghui wurde 1998 als erster Abt des wiedergegründeten Bailin-Chan-Tempels eingesetzt. Im Jahr 2004 wurde sein Dharma-Nachfolger, Abt Minghai, zum Abt des Bailin-Chan-Tempels gewählt. Es ist sein Anliegen, die Tradition des Chan im Geiste des berühmten Chan-Meisters Zhao Zhou Zheng Ji fortzusetzen. Seit sein Dharma-Nachfolger den Tempel leitet, widmet sich Meister Jinghui verstärkt dem Wiederaufbau und der Wiederbelebung anderer bedeutender Chan-Tempel in China, die während der Kulturrevolution zerstört wurden.

Zen im 21. Jahrhundert

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