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Kapitel 7

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Metú seufzt, es ist schon wieder das falsche. Ein Mann, der ein Gasthaus besitzt, hat eine Küchenmagd gesucht, wir haben sie ihm verkauft, bei uns sind nur Frauen willkommen, die für ihren Lebensunterhalt bezahlen können. So haben sie es ihm gesagt, in einem Haus der weißen Schwestern in einer Oase, sehr barmherzig haben sie nicht gewirkt. Vielleicht hat das Leben in der Wüste sie so hart gemacht, aber mehr haben sie ihm nicht sagen können. Nur, dass sie nicht viel eingebracht hat, weil sie so mager war, nur drei silberne und sechs kupferne Plättchen. Aber sie hatte grüne Augen, die Schwester erinnert sich daran, weil die Farbe in diesem Teil des Landes sehr selten ist. Und hässlich war sie, mit Narben im Gesicht. Ihre Haut war von der Sonne verbrannt, darum hat man sie deutlich gesehen, ein hässliches, mageres, erbärmliches Geschöpf, das kaum gesprochen hat, sie waren froh, sie los zu sein. Auch wenn sie nicht viel eingebracht hat. Seitdem ist er auf der Suche, das ist jetzt das achte Gasthaus, und es ist wieder das falsche. Er reitet unter der Standarte des Nun’thain, er wird begleitet von zehn Soldaten aus der Garde des Nun’thain, man erkennt sie an den dunkelvioletten Litzen an ihren Überwürfen und den Lanzen, die sie bei sich tragen, aber in diesem melakverlassenen Teil des Landes haben die Menschen nicht einmal gewusst, dass es jetzt einen Nun’thain gibt. Nein, nur einen Fürsten, aber seine Steuereintreiber sind noch nicht aufgetaucht bis jetzt, dabei schreiben sie schon den elften Mond, vielleicht zieht die Schale an ihnen vorüber in diesem Jahr.

Metú wirkt wie ein Soldat, er hat Soldaten bei sich, auch wenn sie die falschen Farben tragen, sie verweigern es ihm nicht, wenn er verlangt, die Frauen des Hauses zu sehen. Und zwar alle, Dienstmägde, Ehefrauen, Schwiegermütter, Töchter. Sie zeigen ihm alle, von den Säuglingen in der Wiege bis zur eingeschrumpften Urahnmutter in einem Kämmerchen unter dem Dach, gibt einfach nicht auf, die zähe Alte. Sogar die Mädchen, die gar keine Mädchen sind, das Gasthaus ist ein rotes Haus, und hier sind die Jungen die Mädchen. Frauen mit grünen Augen finden sie genug, aber es ist ein helles durchscheinendes Grün, nicht wie der Stein, aus dem die Statue in Tenaros Schlafzimmer gehauen ist. Auch Gesichter mit Narben finden sie, aber keins, in dem sie sich auf der Stirn kreuzen. Also weitersuchen, er wird nicht aufgeben. Und wenn er jedes melakverdammte Gasthaus in diesem melakverdammten Land, bitte um Vergebung Melak, durchsuchen muss, er wird sie finden. Er muss sie finden, Tenaro wartet auf sie. Dabei hat es sich so einfach angehört damals in der Nacht, als er es endlich herausgeholt hat aus dem Sohn des Heermeisters. Als ihm aufgegangen ist, dass es Metú ernst ist mit dem, was er sagt, er ihm gezeigt hat, wie sich das anfühlt, was er ihm angedroht hat. Da hat er angefangen zu reden, so wie manchmal ein roter Vogel in seiner Heimat plötzlich anfängt zu singen und singt und singt, bis er tot vom Ast fällt. Der Sohn des Heermeisters hat geredet und geredet, aber tot vom Block gefallen ist er nicht, als Metú ihn verlassen hat.

Es ist ein schrecklicher Tag gewesen im Haushalt des Heermeisters, sie sind sich gegenseitig an die Kehlen gegangen. Es hat ein heißer Wind geweht, ein Wind, der aus der Wüste kommt, es gibt genug davon in Beth’narn, ein Wind, der irre macht, sie sind alle gereizt gewesen. Die Kinder haben gegreint und gejammert, die Männer gestritten, die Frauen wegen jeder Kleinigkeit gezetert. Das Essen ist ungenießbar gewesen, weil die Köchin Streit mit ihrem Liebhaber hat. Sie haben eine Hündin verloren, sie hat nicht werfen können, und die Welpen waren schon tot, als der Hundemeister sich endlich dazu durchgerungen hat, sie aufzuschneiden. Der Heermeister ist dunkelrot geworden vor Zorn, er ist außer sich seit ein paar Tagen, seit der Fürst ihm gesagt hat, dass er den Sa’Rimar von Beth’anu in seiner Gewalt gehabt und ihn hat entkommen lassen. Er hat es an seiner Frau ausgelassen, sie hat es an der Köchin ausgelassen, die hat es an der Dienstmagd ausgelassen. Sie ist auf dem Abtritt gewesen, es hat gestunken zum Gotterbarmen, augenblicklich geht sie und schrubbt. Beide, auch den der Männer, da wird es genauso stinken. Und Mirini hat gehorcht, sie hat einen Eimer mit der scharfen Lauge angesetzt und ist gegangen. Sie hat sie schon geschrubbt, heute im Morgengrauen, als es noch nicht so warm war. Sie stinken, weil sie voll sind, sie hat es der Köchin gesagt, sie müssen ausgeschöpft werden. Es hat ihr einen Schlag mit dem hölzernen Rührlöffel eingebracht, das entscheidet nicht sie, und jetzt geh.

Ihre Hände haben gebrannt von der scharfen Lauge, und sie ist ausgewichen, als Romar hereingekommen ist. Er war schlecht gelaunt, seine Frau ist hochschwanger, das Kind kann jeden Tag geboren werden, er kann nicht mehr bei ihr liegen. Das Hausmädchen, dessen er sich bedient hat, blutet seit gestern, in dem roten Haus am Hafen will er sich keine Frau kaufen, sie haben einen schlechten Ruf. Zu oft sind Männer krank geworden, wenn sie bei ihnen gelegen haben. Dann ist sein Blick auf Mirini gefallen, aber da ist ja noch die Dienstmagd. Hübsch ist sie nicht mehr mit den Narben in ihrem Gesicht, und sie wird sich wehren, sie wird noch Jungfer sein, er hat Drobar in Verdacht, gelogen zu haben, als er das letzte Mal mit ihnen ausgeritten ist. Er hat gelächelt wie ein Kater, der am Rahm war, als er aus dem Haus gekommen und auf sein Pferd gestiegen ist, er hat sich herabgebeugt und sie geküsst unter dem Torbogen, aber er hat sich nicht bewegt wie ein Mann, der sein Schwert in einen willigen Körper versenkt hat. Ein paar Drittteile später ist es bedeutungslos gewesen, da hat jemand ein Schwert in seinem unwilligen Körper versenkt. Dieser verdammte Köter. Zu jung, zu unerfahren, schlecht ausgebildet, einer von denen, die lieber kuscheln als kämpfen. Sie hätten ihn abtun sollen gleich nach seiner Geburt, ertränken im Pferdetrog, aber er ist ein Sohn der Lieblingshündin des Heermeisters gewesen, der Hundemeister hat seinen Zorn nicht auf sich laden wollen. Er hat ihn Drobar gegeben, und auch der war zu jung, um ihn abzurichten, die Bestie aus ihm zu machen, die die Soldaten von Beth’anu so verächtlich ’ir’lai nennen. Ohne Ehre, aber sie erfüllen ihren Zweck. Droaq ist hineingesprungen in die Klinge, vor der er seinen Herrn hat bewahren wollen, und er hat gejault vor Schmerzen, als er gefallen ist. Das hat Drobar abgelenkt, der Mann vor ihm hatte leichtes Spiel. Er war tot, bevor er gemerkt hat, dass er getroffen ist. Und er ist gestorben, bevor er bei einer Frau gelegen hat, dessen ist Romar sicher. Er wird es herausfinden heute Nacht, er giert nach einer Frau, und die Dienstmagd, die in der Hütte an der Mauer wohnt, wird diese Gier stillen, Jungfer oder nicht.

Er weiß es immer noch nicht, er hat sie nicht genommen in der Nacht. Er ist zu ihr gegangen, sie hat sich nicht gewehrt, aber sie hat geweint. Gebettelt und gefleht, sie zu verschonen, sie ist seine Blutschwester, die Hausherrin wird sie bestrafen dafür. Er hat sie geschlagen, damit sie den Mund hält, und als er sie endlich soweit hatte, als sie nachgegeben und zitternd unter ihm gelegen hat, da hat er es nicht vermocht. Ob es der heiße Wind war, ob es der Wein war, von dem er reichlich getrunken hat beim Abendessen, er hat nicht gekonnt. Das Schwert zwischen seinen Beinen war nutzlos, es hat sich nicht versenken lassen in ihren unwilligen Körper. Das hat ihn erst recht wütend gemacht, er hat sie aus dem Bett gezerrt und vor die Tür geworfen. Sie hat sich die Hüfte aufgeschürft auf dem Kopfsteinpflaster des Hofes, man hat es gesehen im Licht des Vollmonds, aber sie hat ihn nur angesehen aus schreckgeweiteten Augen. Er hat das Bett zerschlagen, den Tisch zertrümmert, sich geschnitten an den Scherben des Wasserkrugs, sein Blut ist an dem Schemel gewesen, als er ihn auf die Reste des Bettes geworfen hat. Er hat die Binsenkörbe zertreten, etwas muss darin gewesen sein, er hat es knacken und knirschen hören unter seinen Füßen. Der Schnitt hat geblutet, er hat einen Abdruck am Türrahmen hinterlassen, als er sie wieder hereingezerrt hat. Dann hat er das Tuch gesehen, das an einem der Zapfen hing, er hat es notdürftig um die Wunde an seiner Hand gewickelt. Er hat sie wieder geschlagen und auf die Reste des Bettes geworfen, dann ist er gegangen. Und am anderen Morgen war sie weg.

Sein Vater hat es ihm gesagt später am Tag, auf dem Ritt zum Haus des Fürsten, er hat sie in die Hände des Pferdehändlers gegeben. Er hat ihn gehört in der Nacht, er ist nachsehen gegangen, und als er sie gefunden hat zwischen den Trümmern in der Hütte, hat er beschlossen, dass sie endgültig nichts mehr verloren hat in seinem Haus. Der Pferdehändler, der ihnen zwei neue Schlachtrösser gebracht hat, er züchtet sie in seiner Oase weit im Norden, hat ihm erzählt, dass seine Frau endlich ein Kind von ihm trägt, er wird auf dem Rückweg eine Dienstmagd für sie kaufen, damit sie nicht mehr so schwer arbeiten muss. Sein Vater hat sie über den Hof gezerrt, durch die kleine Pforte, über die Koppel bis zu den Zelten des Pferdehändlers, er war schon dabei, sie abzubrechen, er will im Morgengrauen zurückreiten. Er hat sie ihm nackt vor die Füße geworfen „Hier, nimm sie, ein Geschenk des Heermeisters von Beth’narn.“ Und am anderen Morgen, als die Köchin und der Hundemeister ihm entsetzt erzählt haben, was sie in der Hütte vorgefunden haben, hat er nur gelacht und nach seinem Morgenmahl verlangt.

Metú hat es geschüttelt vor Ekel, als er endlich aufgehört hat zu reden. Eine junge Frau, fast noch ein Kind, Tenaro hat sie auf vielleicht sechzehn geschätzt, geschlagen, fast geschändet, herausgezerrt aus dem wenigen, dass sie noch ihr Zuhause hat nennen können, hineingestoßen in die Arme eines Mannes, den sie nicht einmal kennt. Ein Pferdehändler, dessen Frau ein Kind trägt, sucht eine Dienstmagd? Für wen denn, für seine Frau? Doch wohl eher für sich, damit er etwas hat, das ihm das Bett wärmt, wenn seine Frau ihn hinausgeworfen hat. Aber er wird sich aufmachen und sie suchen, er wird sich Gewissheit verschaffen. Er hat Tenaros Blick gesehen, als er das kleine Holzpferd gefunden hat in den Trümmern des Bettes, er hofft immer noch. Vielleicht ist sie längst tot, zu Tode geschunden, verblutet im Kindbett, verdurstet in der Wüste, aber er wird sich Gewissheit verschaffen. Aber erst wird er noch etwas anderes tun. Metú kommt die Strafe der Mek’tain in den Sinn, es ist eine gerechte Strafe für das, was er vorgehabt hat, jeder Mek’ta denkt sehr genau nach, bevor er sich zu einer Frau legt, die ihn nicht will. Der Sohn des Heermeisters wird nicht mehr viel Verwendung haben für das Schwert zwischen seinen Beinen, da wo er hingeht. Aber es wäre zu leicht für ihn, er würde den Tag nicht überleben. Die junge Frau, der Tenaro seine Rettung verdankt, leidet seit fast drei Jahren unter dem, was der Heermeister und sein Sohn ihr angetan haben, sie werden jeden einzelnen Tag davon abbüßen. Metú ist ein freundlicher und sanftmütiger Mensch, wie er mit den Feinden seines geliebten Prinzen umgeht, steht nicht auf diesem Blatt geschrieben. Aber tot ist er nicht gewesen, als Metú ihn verlassen hat.

Nur fast, und am anderen Morgen ist Metú aufgebrochen. Er hat eine Nachricht an Tenaro geschrieben, in seiner steilen, fast kindlichen Handschrift. „Ich weiß, wo sie ist. Ich hole sie.“ Er ist kein Freund großer Worte. Er hat aus der Wachmannschaft zehn Männer ausgesucht, keine jungen, solche, die schon länger Soldat sind, abgehärtet gegen ein raues Leben, er weiß nicht, wohin der Weg ihn führt, wie lange sie unterwegs sein werden. Der Kurier, der seine Nachricht überbringt, kann in der Garnison der Residenz Bescheid geben, sie schicken dann Entsatz. Der wachhabende Kommandierende hat vorsichtig gefragt, der Gefangene am Block, seine Exzellenz hat ihn in seine Obhut gegeben, was soll denn jetzt geschehen mit ihm? Metú hat die Schultern gezuckt, er kann nichts mehr anfangen mit ihm, mitschleppen wird er ihn nicht, also nachfragen bei Ten... bei seiner Exzellenz. Er hat doch gesagt, er entscheidet heute, was mit ihm geschehen soll. Aber die Schale mit Wasser, sie bleibt stehen. Seine Exzellenz hat sie hingestellt, es ist an ihm, sie wieder fortzunehmen. Nur bitte dafür sorgen, dass sie immer gut gefüllt ist. Der Kommandierende hat Metú hinterher gesehen, als er sich auf sein Pferd geschwungen hat und an der Spitze der Männer aus dem Tor geritten ist, er schickt ein Stoßgebet zu Melak, dass er nie als Gefangener in die Hände des großen Mek’ta fallen wird. Er hat ihn lachen hören beim Morgenmahl, ein tiefes, dröhnendes, von Herzen kommendes Lachen, ein ansteckendes Lachen, wie er mit den Feinden seines geliebten Prinzen umgeht, steht nicht auf diesem Blatt geschrieben. Und die Schale, die vor dem Gefangenen am Block steht, sie werden sie nicht anrühren.

Sie reiten gemächlich, sie befindet sich jetzt seit fast drei Jahren in den Händen des Pferdehändlers, sie müssen die Pferde nicht mehr schinden für ihre Rettung. Und sie führen einen Wagen mit sich, vollgestopft mit Proviant und Futter für die Tiere, auch Metú hat den Zustand gesehen, in dem sich das Land befindet, sie werden wenig kaufen können unterwegs. Plättchen hat er genug, Tenaro hat ihm einen Kurier nachgesandt, er hat ihm eine Truhe gebracht, randvoll gefüllt mit Säckchen voll goldener, silberner und kupferner Plättchen. Die goldenen werden sie nur brauchen, wenn sie Ersatzpferde kaufen müssen, aber auch die silbernen und kupfernen werden ihre Mägen nicht füllen, es gibt einfach nichts, das sich dagegen eintauschen lässt. Und er hat ihm auch einen Brief von Kalá mitgebracht, sie ist wie er kein Freund vieler Worte. „Bring sie zurück. Er leidet.“ Ihre Handschrift ist winzig, sie hat es von ihm gelernt, damals als sie seine Frau geworden ist. Vor vierzehn Jahren, sie ist eine Mek’ta wie er, sie hat ihren Vater begleitet, als er Wolle an den Thain-Hof gebracht hat, und ist geblieben. Sie hat sich verliebt in den großen Beschützer des Prinzen, hat den Weg in sein Herz und in sein Bett gefunden, sie sind ein Paar geworden. Sie sind nicht verbunden, Mek’tain, die als Beschützer dienen, verbinden sich selten, aber er liegt nicht bei einer anderen, und er sorgt für sie. Tenaro weiß von ihr, er hat seinen Vater gebeten, sie mit dem Yen-Meister in die Residenz des Nun’thain zu schicken. Einsamkeit tut weh, er kennt es aus eigener Erfahrung. Metú ist ihm ein guter Beschützer, er ist ihm ein Freund geworden, er entgilt ihm damit die Liebe, die er ihm entgegenbringt. Er sieht sie manchmal mondelang nicht, aber Tenaro spürt, dass es ihm gut tut zu wissen, es gibt jemanden, der auf ihn wartet.

Sie reiten lange, und je weiter sie nach Norden kommen, desto leerer wird das Land. Sie treffen selten auf andere Menschen, die Dörfer und Ansiedlungen, durch die sie kommen, wirken wie ausgestorben. Die Bewohner fürchten sich vor ihnen, und noch sind nicht alle Männer zurückgekehrt, die die Presstrupps des Fürsten verschleppt haben. Es sind Boten durch die Dörfer geritten, sie haben verkündet, dass sie jetzt einen anderen Herrscher haben, einen Thain, und die Überwürfe seiner Soldaten sind gelb und rot. Ihnen haben sie zu gehorchen, aber für viele der Menschen, auf die sie treffen, ist es das erste Mal, dass sie sie sehen. Die Verwaltung der Bezirke ist noch nicht überall angelaufen, viele der Wohltaten des Nun’thain sind noch nicht angekommen bei ihnen, und sie können die Anschläge nicht lesen, die die Boten hinterlassen haben. Beth’narn ist ein vernachlässigtes Land gewesen. Das Land wird schnell zur Wüste, sie beginnt hier südlicher als auf der anderen Seite des Kalar’terla. Geröll und Sand, soweit das Auge reicht. Es gibt Oasen auf dieser Seite, sie reihen sich aneinander wie Perlen auf einer Schnur, manchmal nur einen Tagesritt voneinander entfernt, manchmal so weit, dass es gefährlich wird, wenn man nicht gut genug darauf vorbereitet ist. Romar hat Metú gesagt, ein Pferdehändler, der aus einer Oase weit im Norden stammt, die genaue Lage hat er ihm nicht sagen können. Sie werden sie abreiten müssen, eine nach der anderen, bis sie sie endlich gefunden haben.

Sie machen Halt in einer Handelsstation am Rand der Wüste, sie werden hier ein paar Tage verweilen, die Pferde sollen sich ausruhen und noch einmal satt zu trinken haben. Metú versucht, Proviant für sie zu kaufen, aber die Menschen haben selbst kaum genug. Er spricht mit dem Mann, dem die Handelsstation gehört, eine Oase, auf der ein Pferdehändler lebt, wo liegt sie? Er sagt es ihm, es ist die letzte vor der Unendlichkeit der Wüste. Aber er warnt ihn, der Ritt dorthin ist gefährlich. Die Reihe der Oasen zieht sich in einem Bogen hindurch, leicht versetzt nach Nordwesten, tagsüber können sie der Sonne folgen, nachts ist es ein großer Stern, der den Weg weist. Der Weg ist mit Stangen markiert, aber sie stehen weit auseinander und ihnen ist nicht immer zu trauen. Manchmal werden sie versetzt von den Bewohnern der Oasen, um Reisende ins Verderben zu locken, damit sie leichter ausgeraubt werden können. Es gibt Sandwirbel, in denen Mensch und Tier versinken, man kann sich nicht daraus retten, wenn man einmal hineingeraten ist. Es sind schon viele hineingeritten in die Wüste, und manchmal wenige zurückgekommen. Es gibt Leben in der Wüste, und es ist den Menschen nicht wohlgesonnen. Handtellergroße Skorpione, sie stechen schnell zu und ihr Gift tötet langsam und qualvoll. Man erstickt daran, und sie kriechen nachts gern unter die Decken der Schlafenden, um sich zu wärmen. Tagsüber ist es glühend heiß in der Sonne, aber nachts wird es oft sehr kalt, der helle Sand hält die Wärme nicht. Es gibt die kleinen schillernden Erdechsen, schon mancher hat versucht, sein Leben zu retten, indem er sie isst, aber ihr Fleisch ist nicht bekömmlich. Es löst Erbrechen aus, das verschlimmert den Durst, viele überleben es nicht. Und es gibt die Vipern. Die kleinen gelben, sie sind selten, aber tödlich, ihr Gift wirkt schnell. Binnen einer Stunde, und es ist kein schöner Tod. Und die langen braunen, ihr Gift tötet nicht, aber es zersetzt das Fleisch, man muss Bein oder Arm schnell abschlagen, wenn jemand gebissen worden ist, aber selbst das bewahrt nicht immer vor einem langsamen qualvollen Tod. Sie sind langsam und träge, man kann ihnen aus dem Weg gehen, aber manchmal liegen sie unter dem Sand verborgen, dann beißen sie zu, wenn man ihnen zu nahe kommt. Metú hat geseufzt, und kein Kan’to, der seine Klingen schneller zieht als eine Schlange zuschlagen kann. Sie werden vorsichtig sein müssen.

Die Menschen in den Oasen begegnen ihnen freundlich, sie bekommen Wasser genug für sich und ihre Pferde, und sie werden eingeladen, ihre Mahlzeiten mit ihnen zu teilen. Sie tragen ihren Teil dazu bei, manches der einfachen Nahrung, die sie mit sich führen, ist eine Delikatesse für die Bewohner. Es sind asonische Brunnen, um die die Oasen entstehen, Metú kennt das Wort aus den Schulstunden, die er neben Tenaro durchlitten hat. Ihr Wasserstand ist immer gleich, sie laufen nicht über, sie sinken nicht ab, und ihr Wasser ist immer klar und frisch. Die Oasen sind umso ausgedehnter, je größer die Brunnen sind, manchmal sind es fast kleine Teiche, manchmal nur ein Loch im Boden, aber es ist immer ausreichend Wasser vorhanden. Der Landkundemeister des Prinzen hat ihnen gesagt, es wird angenommen, dass es ein unterirdischer Fluss ist, der sie speist, er kommt aus Nordwesten und mündet in den See. Es ist einmal beobachtet worden von einem tapferen Mann, der die Strapazen auf sich genommen hat, das nördliche Ende des Sees zu erkunden. Ganz im Nordwesten des Kalar’terla, schon fast an seinem nördlichen Ufer, gibt es eine Stelle, an der das Wasser heller ist als das durchscheinende Grün, es schmeckt anders, und es leben keine Echsen dort, sie scheinen das helle Wasser zu meiden. Hier kann man es auch trinken, es verursacht keine Krämpfe wie das Wasser im restlichen See, aber Menschen können nicht leben hier, das Nordufer des Sees ist von Wüste umgeben. Man kann nicht beides haben im Norden des Kalar’terla, Wasser, das sich trinken lässt, und Land, auf dem sich leben lässt.

Metú fragt nach dem Pferdehändler, aber sie wollen nicht so recht heraus mit der Sprache. Sie machen ein abwehrendes Zeichen, wenn er es anspricht, es kommt ihm bekannt vor, die Mek’tain benutzen fast das gleiche. Bei ihnen heißt es „halte das Schlimme fern von mir“, hier wird es eine ähnliche Bedeutung haben. Und sie können sich nicht einmal vorstellen, dass ein Mensch grüne Augen hat, nur Demoni haben grüne Augen, die Augen ihrer Frauen sind braun. Tiefbraun, so wie die Augen Tenaros, aber ohne die goldenen Funken darin. Er kann gern in sie hineinsehen, sie sind alles, was er sieht von den Frauen der Oasen. Sie tragen Schleier über ihren Köpfen, um sich vor der Sonne zu schützen, nur mit einem schmalen Schlitz über den Augen, aber er sieht nur braun dahinter. Erst in der fünften Oase erzählt es ihnen eine alte Frau, als sie abends am Lagerfeuer flache Brote für sie backt. Ja, sie kennt den Pferdehändler, er lebt zwei Tagesritte entfernt. Er züchtet große schwere Pferde, er bringt sie zweimal im Jahr in den Süden, aber er ist verhasst bei ihnen. Er ist es, der manchmal die Stangen umsteckt, die den Weg weisen, er raubt die reisenden Händler aus mit den Männern seiner Familie, wenn sie sich halb verdurstet kaum noch wehren können. Und er bestiehlt auch sie, wenn er auf seinen Reisen hier durchkommt, Vieh, Früchte und manchmal auch junge Frauen, sie tauchen nie wieder auf. Er verkauft sie an die weißen Schwestern, sie haben ein Haus auf einer Oase ein wenig außerhalb der Perlenschnur der grünen Inseln. Es sind hartherzige Frauen, sie lassen sich das Wasser, das Melak ihnen schenkt, teuer bezahlen. Vielleicht findet er dort die Frau mit den grünen Augen, nach der er sucht.

Jetzt haben sie den Pferdehändler gefunden, Mirini finden sie dort nicht. Romar hat Metú bestätigt, dass sie so heißt, seine Blutschwester Mirini. Sie ist siebzehn gewesen, und sie ist hübsch gewesen. Sie hat ein sanftes, freundliches Wesen gehabt, und die Hunde haben sie geliebt. Sie haben sie nie angeknurrt oder nach ihr geschnappt, sie sind ihren Worten gefolgt. Den Heermeister hat es geärgert, es sind Tiere, die für den Kampf gezüchtet sind, abgerichtet um zu töten, nicht sich hinter den Ohren kraulen zu lassen. Es hat ihren Verdacht bestärkt, dass sie es war, die den Gefangenen befreit hat, Roaq, sein eigener Hund hat neben dem Block gelegen. Er hätte gebellt oder zumindest geknurrt, wenn sich jemand genähert hätte, nur bei ihr hat er nie einen Laut von sich gegeben. Er hat sie geschlagen, weil sie dem Gefangenen Wasser gegeben hat, er soll nicht trinken, es hat Romar ein paar zusätzliche Hiebe von Metú eingebracht, als er es gesagt hat.

Der Pferdehändler ist ein mürrischer Mann, er macht ihnen als Erstes klar, es ist seine Familie, der die Oase gehört. Und das Recht auf das Wasser, sie können einen Beutel haben für jedes Pferd, einen halben für jeden Mann, aber essen werden sie nicht mit ihnen. Er liebäugelt mit den Pferden, es sind schöne, selbst nach dem langen Weg durch die Wüste immer noch gepflegte und starke Tiere, aber mit den Schwertern der Soldaten legt er sich lieber nicht an. Sie sehen aus, als ob sie ihr Handwerk beherrschen, und der große Mek’ta wirkt wie jemand, mit dem nicht gut Frucht tauschen ist. Er verhält sich unfreundlich und abweisend, aber er gibt Metú die Auskunft, nach der er fragt. Das Geschenk des Heermeisters? Ja, er hat sie mitgenommen, aber sie ist nicht mehr hier. Sie war zu nichts nutze, sie hat nichts gekonnt. Kein Zelt aufbauen, keine Nahrung bereiten, keine Kleider flicken. Seiner Frau nicht beistehen, als das Kind geboren worden ist, er hat beide fast verloren, weil sie so ungeschickt war. Er ist ein armer Mann, die weißen Schwestern, die einen halben Tagesritt entfernt im Westen leben, lassen sich ihre Dienste teuer bezahlen, er hat nicht nach ihnen schicken wollen. Nicht einmal fürs Bett hat sie getaugt, sie war hässlich, und wenn sie ihn angesehen hat mit ihren grünen Augen, ist es ihm kalt den Rücken heruntergelaufen. Er hat nicht bei ihr gelegen, was wenn sie ein Demoni aus der Hölle ist? Die haben solche Augen. Nicht einmal Melak hätte ihn vor ihr beschützen können, sie hätte seine Männlichkeit verdorren lassen, das war es ihm nicht wert. Es gibt genug willige Frauen in der Oase. Er hat sie weggeschickt, nicht lange nachdem seine Frau fast gestorben ist unter ihren Händen, er hat ihr einen Magen mit Wasser gegeben, sie in die richtige Richtung gedreht und mit der Peitsche aus der Oase gejagt. Vielleicht hat sie es geschafft bis zum Haus der weißen Schwestern, vielleicht auch nicht, wen kümmert‘s? Er ist froh, dass er sie los ist.

Metú hat geseufzt, das wird ja schlimmer als eine der Bänderjagden, die die Thaini früher manchmal veranstaltet hat, wenn eines der Kinder Geburts-fest hatte. Gelbrote Bänder, gebunden um einen Zweig im Apfelbaum, um die lange Nase des seltsamen steinernen Tiers, aus dessen Rücken das Wasser in den Brunnen im Hof läuft, um den Schaft der Lanze eines Wachpostens. Der hat dann grinsend Habacht gestanden, wenn sie es aufgeknüpft haben. Um den Pfosten des Banners auf dem Wehrgang der Feste, um den Stängel einer Blüte im Garten, und wenn sie sie dann genug gescheucht hat, treppauf, treppab, über den Hof, durch den Garten, über den Wehrgang, dann haben sie am Ende der Jagd einen gedeckten Tisch gefunden, mit süßem Kuchen und leckerem Tee. Und den Geschenken für das Geburtsfestkind, Metú weiß bis heute nicht, wie Tenaro es geschafft hat, das junge Pferd für Danuro in den Pavillon im Garten zu bringen.

Sie verbringen die Nacht in der Oase, aber sie schlafen mit ihren Schwertern neben den Händen, und Metú stellt doppelte Posten auf. Sie trauen den Bewohnern der Oase nicht, den Männern nicht und auch nicht den Frauen. Auch sie tragen die haubenartigen Schleier, sie sehen nichts als die Augen von ihnen, und ein Paar von ihnen sind grün. Nicht das satte Grün des Steins der Statue auf Tenaros Truhe, ein helles, durchscheinendes Grün, wie das Wasser des Kalar’terla oder das Glas, aus dem Fläschchen für Medizin gemacht sind, und sie glitzern gierig. Wegen der Pena, die aus einem geplatzten Sack gekullert sind, wegen der Schlafdecken, gewebt aus dunkelbrauner Wolle, weich und wärmend, und die Skorpione scheinen sie nicht zu mögen, sie haben nie einen darin gefunden, wegen der Plättchen in dem Beutel, aus dem Metú zwei Bündel Heu für die Pferde bezahlt. Sie brechen früh auf am nächsten Morgen, der Pferdehändler verweigert ihnen, noch einmal Wasser zu schöpfen, aber sie haben noch genug. Es wird reichen für einen halben Tagesritt, und Metú hat genug Plättchen, um zu bezahlen, was die weißen Schwestern für das Wasser verlangen. Sie sind erleichtert, als sie auf eine Stange treffen, um die ein weißes Band geknüpft ist, sie reiten in die richtige Richtung. Hoffentlich, dem Pferdehändler ist zuzutrauen, dass er die Stangen umgesteckt hat, um doch noch an den Inhalt der Beutel in Metús Truhe zu gelangen. Soll er es versuchen, er wird ihn teuer bezahlen müssen. Aber die Pferde wittern das Wasser schon, sie sind auf dem richtigen Weg. Und er endet vor einem Zaun. Das haben sie nicht erwartet mitten in der Wüste, er ist gebaut aus den oberen Panzern der großen Echsen, die im Kalar’terla leben. Sie werden manchmal am Ufer des Sees gefunden, sie sind leicht aber hart, und zu nichts zu gebrauchen, weil man sie nicht bearbeiten kann. Nicht teilen, selbst ein Schwert zerbricht an ihnen, keine Löcher hineinstechen, und sie sind zu flach, um als Viehtränke zu dienen. Dabei sind sie sogar hübsch, viele kleine Vierecke mit Spiralen darauf. Den einzigen Verwendungszweck, von dem Metú weiß, hat Tenaro herausgefunden, er benutzt sie als Unterlage, wenn er im Drat’kalar einen schneebedeckten Hang herunterrutscht. Ihm ist es ein wenig sinnlos erschienen, erst rutscht er runter, dann klettert er mit dem Panzer unter dem Arm wieder hinauf, nur um wieder runterzurutschen, aber es hat Spaß gemacht, als er es auch einmal versucht hat. Und prompt in einer Schneemauer gelandet ist, Tenaro hat sich ausgeschüttet vor Lachen. Er hat ihn mit Schnee beworfen, sein kleiner Prinz hat zurückgeworfen, und dann haben sie gemeinsam ihre Hände gewärmt an Bechern mit heißem Tee. Metú ist mehr als Tenaros Beschützer, sie sind Freunde, und er wird sich von einem Zaun aus Echsenpanzern nicht davon abhalten lassen, ihm die zu bringen, nach der er sich so sehnt.

Sie finden ein Tor mit einer Glocke daneben, die weiße Schwester, die erscheint, mustert sie mit kalten Augen. Sie entbietet ihnen nicht einmal ein Willkommen, sie leiert nur mit harter Stimme herunter, was es sie kosten wird, hier zu trinken. Zwei silberne Plättchen für jedes Pferd, ein silbernes Plättchen für jeden Mann, das Wasser ist zum Trinken, nicht zum Waschen, und sie werden für jeden Trunk bezahlen. Und wenn sie Fässer füllen für die Weiterreise, noch einmal das Doppelte. Schlafen können sie im Hof, aber nur eine Nacht, wenn sie essen wollen, müssen sie es aus ihren eigenen Vorräten tun. Metú ist entsetzt, allein von dem, was ihn das Wasser für die Pferde kostet, könnte er ein ganzes Pferd kaufen, sie werden sie jetzt tränken, noch einmal, bevor sie weiterreiten, das macht dann schon zwei Pferde. Ist das die vielgepriesene Barmherzigkeit der weißen Schwestern? Möge Melak sie bestrafen für ihre Habgier, sie tragen weiß zu seinen Ehren, aber sie handeln nicht in seinem Sinne. Zumindest dieses Haus nicht, aus Beth’anu kennt er es anders.

Sie sind hervorgegangen aus einer Gemeinschaft von Frauen, die sich vor ungefähr siebzig Jahren entschlossen haben, es nicht mehr hinzunehmen, dass Witwen ohne Kinder und unverheiratete Frauen im Haushalt ihrer Familien leben müssen. Sie sind oft schlecht behandelt worden, überflüssige Esser, sie haben einen eigenen Haushalt gegründet. Sie sind immer mehr geworden mit der Zeit, Frauen, die keinen Mann gefunden haben, haben sich mit ihrer Mitgift bei ihnen eingekauft, Witwen von Soldaten, die eine Rente erhalten, sind zu ihnen gezogen, und irgendwann haben sie angefangen, sich um Alte, Kranke und Frauen, die ein Kind tragen, zu kümmern. Sie haben eine Beschäftigung gesucht, sie haben sich die Schwestern Melaks genannt, die in seinem Namen Gutes tun, sie kleiden sich in Weiß zu seinen Ehren.

Heute gibt es Häuser von ihnen in jeder Provinz von Beth’anu und in Beth’nindra, auch Tenaro hat sie um Hilfe gebeten. Sie richten Häuser für Kranke ein, die niemanden haben, der sich um sie kümmern kann, Menschen, die allein sind, verbringen ihre letzten Jahre bei ihnen, viele der weißen Schwestern sind Hebammen, sie betreuen die Frauen und holen die Kinder auf die Welt. Sie waren es, die als erste die Betten der Kranken mit Schleiern aus dünnem Stoff verhängt haben, um sie vor den roten Fliegen zu schützen, die alle paar Jahre in der Mitte der dritten Jahreszeit für drei Drittteile über das Land herfallen, ihr Stich verursacht das gefürchtete Viertagefieber, dem auch Tenaro mit fünf fast zum Opfer gefallen ist. Viele Kinder sind daran gestorben, aber wenn man es einmal überlebt hat, bekommt man es nicht wieder. Heute sind die Wiegen und Betten in den Schlafzimmern mit Schleiern verhängt, wenn die Fliegenplage im Land ist, sie werden nicht mehr gestochen, es erkranken kaum noch Kinder an der gefürchteten Seuche. Die weißen Schwestern leben von dem, was ihnen für ihre Hilfe freiwillig gegeben wird, nicht immer Plättchen, auch Früchte, Gemüse, ein Huhn für den Kochtopf, und der Thain von Beth’anu und der Mar’thain von Beth’nindra unterstützen die Häuser, wenn es nicht reicht. In diesen Ländern sind sie wirklich barmherzig, das Haus in einer Oase im Norden von Narn’kalar ist es nicht.

Metú bezahlt zähneknirschend, was von ihm verlangt wird, und er bittet um eine Unterredung mit der Madroni, der ersten Frau des Hauses. Sie wird ihm gewährt, eine Audienz beim Thain ist leichter zu erlangen, und sie sagt ihm auch, was er wissen will, aber erst, als er ein goldenes Plättchen auf den Tisch legt und dort liegen lässt. Ja, sie erinnert sich an die junge Frau mit den grünen Augen, sie haben sie eines Morgens vor dem Tor gefunden. Halb verdurstet und von der Sonne verbrannt, sie hat keinen Schleier getragen. Plättchen hat sie keine gehabt, sie hat gearbeitet für Wasser und Essen, Böden geschrubbt, Nachttöpfe geleert, in der Küche Gemüse geputzt. Ein hässliches mageres Ding, sie hat kaum einmal gesprochen, keiner hat sie so recht gemocht. Sie hat sie verlassen vor zwei Jahren, ein Mann, der ein Gasthaus besitzt, hat bei ihnen Halt gemacht, er war auf der Suche nach einer Küchenmagd, sie ist mit ihm gegangen. Nicht ganz freiwillig, und er hat nicht viele Plättchen bezahlt für sie, nur drei silberne und sechs kupferne. Nein, er hat ihnen nicht gesagt, wo sein Gasthaus liegt, es hat sie auch nicht interessiert. Aber er ist ein Mann aus Beth’narn gewesen, man hat es an seiner Aussprache gehört.

Metú opfert noch ein goldenes Plättchen, er lässt es auf dem weißen Altar vor Melaks Statue liegen. Er hat eine Bitte an ihn, er hat jetzt das nächste gelbrote Band auf der Bänderjagd nach Mirini gefunden, bitte lass es genug sein, Melak, lass mich sie finden. Was hat sie dir denn nur getan, dass du sie so strafst? Hat dich so sehr nach Tenaro verlangt, bist du böse auf sie, weil sie ihn gerettet hat? Das ist eines Gottes nicht würdig.

Sie brechen auf am nächsten Morgen, aber sie kehren nicht zur Oase des Pferdehändlers zurück. Soldaten in der Armee des Thain von Beth’anu lernen auch, ihren Weg nach dem Stand der Sonne und der Sterne zu finden, sie erreichen die Oase schneller als sie erwartet haben, die alte Frau backt am Abend wieder flache Brote für sie am Lagerfeuer. Sie ist froh, dass sie heil und gesund zurück sind, das ist nicht immer so. Schon oft sind Männer zur Oase des Pferdehändlers aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. Sie fragt Metú, die Frau mit den grünen Augen, warum sucht er sie? Ist sie nicht ein Demoni aus der Hölle, so wie die Frau des Pferdehändlers? Die ist einer, ganz sicher, es läuft einem kalt den Rücken herunter, wenn sie einen ansieht aus ihren durchsichtigen Augen. Wie das Wasser in dem See, an dem sie einmal gewesen ist, aber sie möchte nicht noch einmal dorthin. Sie hat am Ufer gestanden mit ihrem Mann, plötzlich ist ein Ungeheuer aus dem Wasser gesprungen und hat sie angezischt. Sie sind fortgelaufen, gerannt und gerannt, aber als sie zurückgekehrt sind, um ihre Pferde zu holen, hat nur noch eins am Ufer gestanden, und es hat vor Angst die Augen verdreht, bis sie ganz weiß waren, sie haben es nicht mehr reiten können. Das ist bestimmt auch ein Demoni gewesen, und der See die Hölle, er muss ein tapferer Mann sein, wenn er in einem Land an seinen Ufern wohnt. Metú hat nur gelacht, nein, es ist nur ein See, und das Ungeheuer nur ein Tier. Ein gefährliches Tier, aber man kann sie töten, er hat es selbst schon getan. Und die Frau? Sie hat jemandem das Leben gerettet und ist dafür hart bestraft worden, er sucht sie, damit sie endlich auch Dank für das erfährt, was sie getan hat. Die alte Frau hat versonnen genickt, es ist nicht gut, wenn Gutes mit Schlechtem vergolten wird, sie wird zu Melak beten, dass seine Suche erfolgreich ist.

Mensch und Tier waren froh, als die Wüste endlich hinter ihnen lag, sie haben wieder ein paar Tage gerastet in der Handelsstation an ihrem Rand, dann haben sie sich aufgemacht und die Gasthäuser gesucht. Sieben haben sie schon gefunden und ein rotes Haus, da ist sie nicht gewesen, und sie hören es schon, als sie in den Hof des neunten reiten, hier ist jemand sehr schlecht gelaunt. Wütendes Gebrüll, das ekelerregende Geräusch, wenn eine Faust auf Knochen trifft, das Sausen einer Reitgerte, ein Knirschen, als ob jemand in einen Sack mit Springbohnen tritt, und dann ein leises Wimmern. Metú und die Männer sehen sich an, sie steigen ab und betreten den Raum des Gasthauses. Vor einer Ecke steht ein Mann, von ihm kommt das Gebrüll, und er tritt auf etwas ein, das vor ihm auf dem Boden liegt. Metú hält sich nicht lange mit der Vorrede auf, er wirft ihn einfach in eine andere Ecke des Raumes, und die Männer erstarren vor Schreck, als sie sehen, wer dort leise wimmernd auf dem Boden liegt. Eine Frau, abgemagert bis auf die Knochen, die kleinen Füße, schmutzbedeckt und blutig, scharren über den Boden, als ob sie wegkriechen will, hinein in die Mauer, vor der sie halb lehnt. Ihr Kleid besteht nur aus Fetzen, sie sehen die Schürfungen auf ihren Hüftknochen, die die Tritte der schweren Schuhe des Mannes hinterlassen haben. Auch ihre Hände sind schmutzig, an einem Finger ist der Nagel eingerissen, die Wunde ist mit grünem Eiter bedeckt. Ihr Haar ist dunkel, kurz und verfilzt, Strohhalme stecken darin. Sie können ihr Gesicht nicht sehen, sie hält den Kopf gesenkt und abgewandt, aber das Geräusch, das sie macht, dieses leise herzzerreißende Wimmern, sie können es fast nicht ertragen. Sie hat Striemen auf den Oberarmen, alte und frische, eine blutet, sie muss Schmerzen haben. Metú geht vor ihr auf ein Knie, er streicht leicht über ihr Haar. Sie zuckt zusammen, ihr Wimmern verstummt, und dann dreht sie den Kopf. Auch ihr Gesicht ist grausam zugerichtet, ihre Nase blutet, sie hat einen Riss im Mundwinkel, Spuren von alten Schlägen sind zu sehen. Eines ist schon fast zugeschwollen, aber sie können die Farbe ihrer Augen noch erkennen. Sie sind grün, wie der Stein, aus dem die Statue geschnitten ist, die in Tenaros Schlafzimmer auf der Truhe steht. Und sie sind vollkommen leer.

Metú nimmt sie vorsichtig auf, er trägt sie aus dem Raum. Auch die Männer, die vor dem Haus bei den Pferden stehen, erschrecken, sie ist ein erbarmungswürdiger Anblick. Er legt sie auf der Rückseite des Wagens auf ein paar Heusäcken ab, sie rollt sich zusammen. Ihr Kleid ist nur noch ein Fetzen, es bedeckt ihre Blöße kaum, sie sehen die Spuren der Tritte und Schläge nur zu deutlich. Und auch das Blut auf ihren Schenkeln, sie wissen, was es bedeutet, viele von ihnen haben Frauen und Töchter zuhause. Als ob sie nicht schon genug Schmerzen leidet. Sie reagiert nicht, nicht auf Metús leise Stimme, als er sie mit ihrem Namen anspricht, Mirini, nicht auf seine sanfte Berührung, als er ihr das verfilzte Haar aus der Stirn streicht. Zwei Narben sind darauf zu sehen, sie überkreuzen sich, so wie es der Sohn des Heermeisters Metú gesagt hat. Er zieht etwas aus der Tasche, ein kleines geschnitztes Holzpferd mit einer Öse auf dem Rücken, durch die ein gelbrotes Band gezogen ist. Er hält es ihr hin, vielleicht erinnert sie sich daran, vielleicht bringt es das Leben zurück in ihre Augen. Sie greift danach, sie schließt ihre Hand darum und legt ihre kleine Faust an ihre Wange, und was sie dann tut, bricht den Männern das Herz. Sie liegt vor ihnen, abgemagert, halb verhungert, zerschlagen, wie eine zerbrochene Puppe. Und sie summt ein Schlaflied für ein kleines Kind. Einer der Männer hüllt sie sanft in eine der Schlafdecken, sie beratschlagen, was als nächstes zu tun ist. Sie müssen sie wegbringen von hier, irgendwohin, wo sich ein Arzt um sie kümmert, wo sie Pflege hat, wo sie das Schreckliche vergessen kann, das ihr widerfahren ist. Wenn sie es noch kann, sie summt immer noch leise, aber es ist kein Leben in ihren Augen. Wie sollen sie sie dazu bringen zu essen, kauen wird sie nicht können mit ihrem zerschlagenen Mund. Einer der Männer schlägt es vor, Honigwasser. Das hat ihre Mutter ihnen gegeben, wenn sie krank waren, wenn sie Fieber hatten, es löscht den Durst, und Honig nährt. Sie haben noch einen halben Krug davon, sie süßen ihren Tee damit, aber der schmeckt auch ohne Honig. Sie versuchen es, Metú hält ihr den Becher an die Lippen, es braucht einen Moment, bis sie versteht, aber dann schluckt sie. Einmal, noch einmal, ein drittes Mal, Melak sei Dank. Ein wenig Wasser, ein winziges bisschen Nahrung, aber es ist ein Anfang.

Einen halben Tagesritt entfernt treffen sie auf ein Haus der weißen Schwestern, sie sind noch nicht ganz eingerichtet, aber sie nehmen sich ihrer an. Sie baden sie und versorgen ihre Wunden, sie sind nicht gefährlich, nur Schürfungen von den Tritten, dunkle Flecken von den Schlägen, ein paar Schnitte an den Füßen, sie scheint in Scherben getreten zu sein. Die Entflammung an ihrem Finger rührt daher, dass Schmutz in die Wunde geraten ist, die der eingerissene Nagel verursacht hat, sie säubern sie, ein Verband mit Kräutersalbe wird helfen. Striemen auf dem Rücken und den Oberarmen von einer Reitgerte, manche davon sind schon alt, sie werden heilen. Sie scheren ihren Kopf, ihr Haar ist verfilzt und sie finden Larven von Beißfliegen darin, auch noch ein paar in der Haut, sie behandeln sie mit einer Kräutertinktur, es wird bald ein Ende haben damit und ihr Haar wird nachwachsen. Ihr rechter Arm ist einmal gebrochen gewesen, der Bruch ist nicht gerichtet worden, man sieht, dass er schief zusammengewachsen ist, und die oberen beiden Glieder des kleinen Fingers ihrer linken Hand fehlen. Der Stumpf ist nicht gut versorgt worden, aber dagegen können sie nichts tun. Das können nur die Ärzte des Thain. Die Madroni des Hauses spricht mit Metú, sie haben für sie getan, was sie konnten. Aber etwas macht ihr Sorgen, sie nimmt keine Nahrung an. Sie versuchen es mit Tee mit Honig und dem dünnen Brei aus Getreide und Früchten, den sie Säuglingen geben, wenn ihre Mütter nicht genug Milch für sie haben. Sie schluckt, wenn etwas ihren Mund berührt, sie wird nicht verhungern damit, aber es gibt ihr keine Kraft. Und die braucht sie, um sich zu erholen von der Tortur, die sie hat erleiden müssen. Sie hält immer noch das kleine Holzpferd umklammert, sie wimmert, wenn sie es ihr wegnehmen, sie summt, wenn sie es ihr zurückgeben. Es hört sich an wie ein Schlaflied, es scheint das Einzige zu sein, das sie noch im Leben hält. Und ihre Augen sind immer noch leer.

Metú schickt einen Boten zu Tenaro, sie ist gefunden, aber es geht ihr schlecht, und es wundert ihn nicht, als er ein Drittteil später die Standarte des Nun’thain auf der Straße vor dem Haus der Schwestern erblickt. Er steht neben ihm an ihrem Bett, als er mit zusammengebissenen Zähnen auf sie schaut, er kann sie kaum ertragen, diese leeren Augen. Er setzt sich zu ihr, die Finger seiner rechten Hand streichen sanft über ihre Wange. „Komm zu mir zurück, An’tla, bitte komm zu mir zurück.“ Aber sie reagiert nicht, ihre Augen bleiben leer. Metú läuft ein Schauer über den Rücken, als Tenaro sich erhebt, er leidet entsetzlich unter ihrem Zustand. Und er sieht es an seinen Augen, es gibt ein paar Menschen, die bald noch viel mehr leiden werden.

Der Heermeister und die Männer seines Haushalts sind seinem Zugriff entzogen, er selbst hat sie der Gerichtsbarkeit der Krone überstellt. Sein Vater hat sie schon verurteilt, zu Zwangsarbeit in den Salzminen von Beth’nindra, der Heermeister ist mitsamt seinen Söhnen und den beiden Männern, die mit seinen Töchtern verheiratet waren, schon dorthin gebracht worden. Sein ältester Sohn, Romar, ist tot, er hat die Fahrt zum Gericht des Thain nicht überlebt. Die Männer hat es vor Grauen geschüttelt, als sie ihn vom Block genommen haben, sie haben sich angesehen, sie sind froh, dass der große Mek’ta auf ihrer Seite steht. Zum Feind möchten sie ihn wahrhaftig nicht haben. Die Frauen aus dem Haushalt des Heermeisters haben sich geweigert, das Haus zu verlassen, Tenaro hat nur mit den Schultern gezuckt, er wird sie nicht an den Haaren herausschleifen lassen. Den Fürsten und seine Familie hat er trotzdem bei ihnen einquartiert, es ist ein wenig überfüllt, aber jetzt haben sie die Zofen und Dienstmägde, die Bücher und Abtritte, nach denen sie gejammert haben.


Eine Hundertschaft Reiterei wird in den Norden geschickt, sie wird sich um die Oase der weißen Schwestern kümmern und den Pferdehändler und seine Familie. Die Mauer aus Echsenpanzern wird geschleift, das Haus der Schwestern eingerissen, nur der Altar des Melak bleibt unangetastet. Er ist wie die Statue aus weißem Stein gehauen, er wird über die Oase wachen, sie steht jetzt jedem offen. Der Inhalt der übervollen Truhen unter dem Bett der Madroni wird an die Häuser der Schwestern in den Bezirken von Narn’kalar verteilt, sie werden viel Gutes damit tun. Die Frauen werden vor Gericht gestellt, der Handel mit Menschen ist in Beth’anu ein Vergehen, das der Gerichtsbarkeit der Krone unterliegt. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen zu besitzen, sie sind keine Ware, mit der gehandelt wird, es gibt keine Menschen in Beth’anu, die einem anderen gehören. Sie werden den Rest ihres Lebens unter Bewachung in einem Haus im Norden von Beth’draket verbringen und Wolle und Stoffe färben. Sie haben sich in weiße Gewänder gehüllt zu Ehren Melaks, es ist eine Farbe, die ihnen nicht mehr zusteht.

Auch die Oase des Pferdehändlers steht jetzt jedem offen, es hat wenig Überlebende gegeben. Sie haben die Soldaten angegriffen, mit Schwertern und Dolchen, die Männer, die Frauen, selbst die Kinder. Der Pferdehändler ist mit dem Rest seiner Familie in die Wüste geflohen, sie haben sie nicht verfolgt. Dort gibt es nichts mehr, sie werden elendig umkommen, aber sie haben ihr Schicksal selbst gewählt. Die großen Pferde haben sie mit sich genommen, und sie haben die Bewohner der anderen Oasen vor ihnen gewarnt. Sie haben wenig Hilfe zu erwarten, und auch das Wasser der weißen Schwestern wird nicht unbewacht sein. Die Oase des Pferdehändlers wird nicht unbewohnt bleiben, der Nun’thain wird das Recht auf das Wasser an jemand anderen geben, sie ist die letzte Bastion gegen die Ödnis der Wüste, die letzte der Perlen auf der Schnur, die sie in der Wüste bilden. Danach kommt nichts mehr, nur Sand und Geröll, und wenn es noch etwas gibt dahinter, liegt es zu weit entfernt, um es gefahrlos zu erreichen. Es gibt eine Legende in Narn’kalar, die erzählt wird seit vielen Jahren, dass sehr weit entfernt, fast am anderen Ende der Wüste, große Tiere leben, größer als jedes Pferd, mit langen Hälsen und einem Buckel auf dem Rücken, und Hufen groß wie Teller, mit denen sie über den Sand laufen können. Geritten von großen Männern, größer als die Menschen von Narn’kalar, die ihre Köpfe mit Tüchern verhüllen, auch ihre Gesichter, mit Augen grau wie der Stein des Drat’kalar. Sie sollen früher ab und zu durch die Wüste gekommen sein, um Handel zu treiben mit den Bewohnern der Oasen, aber sie sind schon seit Menschengedenken nicht mehr gesehen worden, die Tiere nicht, die Männer, die auf ihnen reiten, nicht. Sie sind zu einer Legende geworden, zu einer Geschichte, mit der man kleine Kinder erschreckt, so wie die Demoni, die in einer Hölle östlich von ihnen leben, in grünem Wasser.


Daikims Sterne

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