Читать книгу RUN - Sein letzter Deal - Douglas E. Winter - Страница 11
URALTE GESCHICHTEN
ОглавлениеIch bin das mit Mikey nicht gewesen, aber ich habe zugesehen. Was eine gute Sache ist, denn in jeder Nacht, in der ich mit dem brennenden Verlangen nach einem Whiskey und der Erinnerung an diesen Blick in seinen Augen aufwache, sage ich mir, dass das etwas ist, an das ich mich für immer erinnern muss, etwas, das ich niemals vergessen will.
Einmal rief mich Mikey an und fragte: Willst du über Jesus reden? Nein, sagte ich ihm, aber er sagte: Du musst über Jesus reden. Ich fragte ihn, warum, und er sagte: Wenn du erst fragen musst, warum, dann musst du ganz dringend über Jesus reden.
Also sagte ich: Okay, Mikey, dann reden wir über Jesus.
Und er sagte: Okay. Prima. Also, weißt du, ich muss wissen, was passiert, wenn man stirbt.
Mikey hatte eine Frau. Sie hieß Sharon, eine verwaschene Rothaarige mit ganz viel irischem Einschlag. Sie trug gern diese herabhängenden Ohrringe. Zwei Kinder hatten sie auch. Einen Jungen, Kevin, glaube ich, und dieses kleine Mädchen, ein süßes Kind. Am Anfang sind sie meistens süß, und dann werden sie groß. Frage mich, was aus ihnen geworden ist.
Mikey arbeitete draußen in Wilmington, North Carolina, wo Jules ein paar Autoteileläden unterhielt und damit ganz gut Profit machte, soweit ich mich erinnere. Auf seiner Visitenkarte stand wahrscheinlich Manager, aber was er eigentlich managte, war der Handel draußen in Camp Lejeune, wie diesen Marine-Captain mit seiner schlechten Angewohnheit und dem Bedürfnis, Geschütze gegen Bargeld zu tauschen. Riskantes Geschäft, aber Mikey zog alle Register, und für eine Weile hatten wir erstklassige Ware zu Spottpreisen, billig kaufen, teuer verkaufen, nicht nur M-16 und M-60 Maschinengewehre, sondern auch M-203 Granatwerfer, inklusive Granaten zum Abfeuern.
Wir machen nicht viele Privatgeschäfte, nicht mehr. Zu riskant und viel zu schmutzig. Aber damals … damals, als ich anfing, gab es nie Probleme. Nicht mal beim Verkaufen. Wir kauften billig in Virginia oder South Carolina, Sachen wie diesen Billigmist von Davis-Pistolen oder ein paar Dritte-Welt-Imitate, und verkauften sie teuer, vielleicht fünf- oder sechsmal teurer in der Innenstadt. Die Mafia hatte das Sagen, und eines musste man ihnen lassen, die sorgten noch für Ordnung. Es gab die Omertà: den Ehrenkodex, den Schweigekodex, was auch immer. Man verpfiff niemanden, man vermasselte keine Deals. Man spielte nach den Regeln. Man machte Geschäfte.
Oder jemand buddelte dir eine Grube.
Aber das war zur Zeit der Fünf Familien, vor den Kubanern und den Jamaikanern und den Triaden und diesen verdammten Kolumbianern. Und vor den Gangs. Bevor aus Kokain Crack wurde. Bevor der Waffenwahn überhandnahm und sich die Straßen blutig färbten.
Heutzutage hält man sich einfach nur noch den Rücken frei, schaut sich ständig über die Schulter. Aber wenn das ungute Gefühl zunimmt, wenn man noch nicht einmal mehr den Jungs vertrauen kann, die auf deiner Seite stehen, die Jungs, mit denen man auf Tour ist – na ja, dann muss man noch ein wenig mehr tun, als sich hin und wieder nach hinten umzudrehen.
Jemand beobachtete Mikey. Und diesem Jemand gefiel nicht, was er sah. Mikey hatte Dreck am Stecken, wahrscheinlich schon von Anfang an, aber mein Gott, in dem Geschäft kann man sich seine Leute oft nicht aussuchen. All das Gerede von ein paar wenigen guten, vertrauenswürdigen Leuten, ist alles Quatsch. Klar will man Jungs, die sauber sind und einen kühlen Kopf bewahren können, aber so wie eine wirklich gute Waffe sind solche Jungs echte Mangelware. Im Endeffekt braucht man Typen, auf die man sich verlassen kann, echte Soldaten, und der Rest ist dann einfach Glückssache. Manchmal weiß man erst, mit wem man es zu tun hat, wenn etwas schiefläuft.
Nehmen wir Kruikshank zum Beispiel. Sie nennen ihn CK. Zwei Buchstaben. Und wofür könnte das stehen? Clark Kent? Calvin Klein? Captain Kid? Chung King?
Nein, nein, nein, und nein.
Es geht das Gerücht, die Abkürzung stünde für Cop Killer. CK redet nicht darüber, kein Wort. Es sei denn, er wird gefragt. Dann sagt er dir, dass er darüber nicht reden will.
Ich nenne ihn Cuke, Gurke. Das gefällt ihm.
Cool, sagt er. Cool wie 'ne Gurke.
Nun, CK ist unser typischer Fall von Unzurechnungsfähigkeit, das, was dabei herauskommt, wenn man einen Force-Recon-Unteroffizier mit einem Pitbull Terrier kreuzt. Lebt allein in einem Hochhaus-Appartement, Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, Küche und nicht ein einziges verdammtes Möbelstück, es sei denn, man zählt den Fernseher dazu, was ich nicht tue. Hängt sich Led-Zeppelin-Poster und Fotos von Pornostars an die Wände. Schläft auf einer Matratze, isst braunen Reis und Snickers. Glaubt an Gott und Telefonsex. Läuft täglich außer sonntags sieben Meilen. Er besitzt drei Anzüge, und die sind identisch, er hat sie im gleichen Laden gekauft, zur gleichen Zeit, diese grauen, irgendwie unauffälligen Dinger.
CK trägt eine Smith & Wesson Model 29 bei sich – die Dirty-Harry-Pistole, .44er Magnum, angeschrägter Zylinder, schwer ausgeführter Revolverlauf, mit Bohr- und Gewindelöchern für die Montage eines Zielfernrohrs, mit einer 22-Zentimeter-Mündung, die reine Show ist, der stahlblaue Penis und so. Aber wie sie immer in diesen Fernsehwerbespots mit den Messern sagen, die durch Bierdosen schneiden können: Aber das ist noch nicht alles! CK gibt seinen Kanonen Namen. Als wären es Hunde oder Kinder. Deshalb heißt die .44er Elvis, und er hat zwei Browning Hi-Powers, die er Siegfried und Roy nennt.
Einmal, als wir in Atlanta als Strohmänner herumhingen, erzählte mir dieser alte Knacker namens Smitty, dass die ganze CK-Sache totaler Quatsch sei. Dass CK noch nie auf jemanden geschossen hätte, außer vielleicht in seinen Träumen. Ausgeschlossen, dass er jemals einen Cop umgebracht hätte.
Pass auf, Kleiner, hatte Sonny mir gesagt. Der Mann ist ein Schwätzer, kein Macher.
Natürlich war Smitty auch so ein Fall für sich, die Art von Kerl, die sich von einer Lüge zur nächsten hangeln und damit durchkommen. Und er hatte CK nicht an jenem Tag in Norfolk erlebt. Dem Tag, an dem Mikey starb. Kurz nachdem Mackie the Lackey CK fragt:
Wie spät ist es?
Genauso spät wie vor zehn Minuten, als du mich schon mal gefragt hast, sagt CK zu Mackie. Plus zehn Minuten.
Mackie, der damit beschäftigt war, sich Fusseln aus der Leistengegend zu puhlen, schaut auf und sagt:
CK, erklär mir das doch noch einmal. Du weißt schon, diese Sache mit dem großen Geschworenengericht und wer mit wem geredet hat und warum dieses kleine A-loch Mikey besser die Fresse halten sollte.
Und natürlich gibt es dafür eine Erklärung, aber ich muss sie nicht noch einmal hören, denn letzten Endes geht es gar nicht darum, was Mikey getan hat. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass es passiert ist. Der Kerl hatte einen Job, und man erwartete, dass er ihn tat. Ende der Geschichte. Ich will nicht hören, dass man ihn verarscht hat oder die alte Leier, dass er knapp bei Kasse war. Der Kerl hatte einen Job, und der Job hatte ein paar Regeln. Also hatte er sich an diese Regeln zu halten, was bedeutet, dass man nie, aber auch niemals mit den Cops redet. Ich meine, wenn wir uns nicht mal mehr an die Regeln halten, dann sind wir nur noch Tiere.
Wir sitzen also da und warten auf Mikey, und da spielt das Radio, einer dieser alten Radiosender, es spielt diesen Song. Dieser eine Typ singt durch die Nase über den Hurdy Gurdy Man, und CK greift hinüber und dreht die Lautstärke auf, sodass der Song laut genug ist, dass die kleinen Plastiklautsprecher knistern.
Hurdy gurdy he sang, und CK versucht tatsächlich mitzusingen, weshalb es gut ist, dass die Lautstärke voll aufgedreht ist, denn ich will ihn nicht singen hören.
Schwuchtelmusik, sagt Mackie, aber CK macht weiter.
Ich sagte–
Hab dich gehört, erklärt CK. Er dreht die Musik etwas herunter, starrt zu mir herüber und sagt:
Weißt du, wer die Leadgitarre spielt?
Ich frage: Wer?
Und er sagt: Weißt du, wer die Leadgitarre bei diesem Song gespielt hat?
Ich sage: Nein, wer hat die Leadgitarre gespielt? Welche sich mittlerweile in die unteren Regionen hinunter gearbeitet hat, wo sie ziemlich undeutlich vor sich hin dröhnt, und ich das Gefühl habe, dass wir uns einem Ort nähern, an dem ich nicht sein möchte.
CK nimmt die Schuhe vom Tisch und sieht mich an, als hätte er im Lotto gewonnen.
Jimmy Page, sagt er.
Ich entscheide, dass es das Beste ist, angemessen erstaunt zu wirken. Ah, sage ich.
Aber Mackie klinkt sich ein. Wer zum Teufel ist Jimmy Page?
Ich glaub's nicht, sagt CK. Ich glaube es einfach nicht. Dann dreht sich CK wieder zu mir und sagt: Also?
Und ich frage: Also was?
Was ein Fehler ist, denn er sagt:
In Ordnung, weißt du dann, wer das Schlagzeug spielt? Bei diesem Song? Wer mit den Sticks auf die Felle haut?
CK, sage ich, du hast mich erwischt, weißt du? Dieses Mal hast du mich echt erwischt, Mann, denn ich weiß weder, wer die Leadgitarre gespielt hat, noch kenne ich den Typen, der da singt, und am allerwenigsten weiß ich, wer da Schlagzeug spielt.
Der Larifari-Sänger singt jetzt irgendwas über den Roly Poly Man.
Und ich sage zu CK: Okay, war es Ringo Starr oder was?
CK bewegt ganz langsam die Lippen, so als wäre er der Lehrer und ich der Idiot, und er sagt: John Bonham.
Mackie prustet die Art von irrem Gelächter heraus, mit dem nur ein Partner von CK unbeschadet durchkommen kann. Ich muss das Spiel mitspielen.
Roly poly, roly poly, roly poly he sang.
Also sage ich: Ahm, CK, hilf mir aus der Sache raus, okay? Wer ist John Bonham?
Ihr Jungs. Das ist alles, was er sagt, den Kopf schüttelt und seine Augen schließt. Ihr bekloppten Jungs. Mit seiner Hand reibt er sich die Schläfe, hurdy gurdy he sang, und irgendwann ist der Song zu Ende, und CK greift hinüber und dreht die Lautstärke während einer Pepsi-Werbung herunter und dann das Radio ganz aus.
Wie oft habt ihr den Song gehört?
CK–
Ich will ihm etwas erklären, aber Mackie sagt: Zu oft.
Fick dich, Mann, sagt CK zu Mackie, und dann sagt er zu mir: Und du dich auch. Du verstehst es einfach nicht, oder? Dieser Song ist Poesie, Mann. Weißt du, was Poesie ist? Das sind diese schönen Worte, die etwas bedeuten. Poesie, Mann. Und nicht dieser Ich-liebe-dich-liebst-du-mich-Bullshit. Der Kerl erzählt uns etwas. Der Song bedeutet etwas. Poesie.
Er zieht die Schrotflinte, eine Remington Combat 870, aus ihrer Hülle und fegt das Radio, den schmutzigen Aschenbecher und eine gefaltete Zeitung wie Brotkrümel vom Tisch herunter. Seine linke Hand streut Schrotflintenpatronen quer über die abgeplatzte hölzerne Oberfläche.
Rafft ihr das nicht? Kriegt ihr das nie in eure Köpfe?
Er schaufelt eine der Patronen in die Schrotflinte und greift sich die nächste.
Der Song handelt vom Tod, sagt er.
Dann lädt er die Schrotflinte durch, und die erste Patrone landet in der Kammer.
Da betritt Mikey den Raum. Oder vielleicht mag ich einfach nur die Vorstellung, dass es so war. Wir könnten auch noch zwanzig weitere Minuten gewartet haben, nach allem, was ich noch weiß, aber so spielte es sich in meiner Erinnerung ab: Diese Worte, CK lädt die Schrotflinte, und dann kommt Mikey herein.
Mikey trägt einen Anzug und eine Krawatte. Er hat einen dieser mattsilbernen Koffer bei sich, dieses Haliburton-Hartschalen-Drogendealer-Ding, und er sieht zu CK und sieht zu Mackie und sieht zu mir und sagt:
Hey.
Auch daran erinnere ich mich. Er sagt: Hey.
Woraufhin ihn alle zurückgrüßen.
Hey.
Hallo, Michael.
Mikey, schön dich zu sehen.
Zuletzt ist CK dran, und in diesem Moment bin ich beinahe überzeugt davon, dass sich Mikey auf den Klappstuhl am anderen Ende des Tisches setzen und er seinen Koffer öffnen wird und er und CK ihren Deal abwickeln werden.
Die beiden geben sich sogar quer über den Tisch die Hände, so als könnte nicht jeder von ihnen die Schrotflinte dort liegen sehen.
Was hast du da?, fragt CK, was Mikey aus irgendeinem Grund nicht gefällt, weil er irgendwie den Haliburton anstarrt, und yakety-yak gehen bei mir die Alarmglocken an. In dem Moment weiß ich, dass was immer er dabeihat, auch geladen sein wird.
Ich hab, was ich brauche, sagt er.
Mikey, sagt CK. Seine Knöchel klopfen auf den Tisch, nur einmal. Mr. Berenger will, dass ich mich bei dir für die Chapel-Hill-Sache bedanke.
Mikey lehnt sich in seinem Stuhl zurück, sieht sich um, zu Mackie, zu mir und in den restlichen Raum.
Kein Problem, sagt er, beugt sich nach vorn, die Hände ausgestreckt, und lässt mit den Fingern die Verschlüsse des Koffers aufschnappen. Ich mache nur meinen Job. So wie jetzt–
Und ich weiß nicht mehr, wer seine Waffe zuerst zieht, ob nun Mackie oder ich, aber wir beide springen von unseren Stühlen und zielen mit unseren Pistolen auf den Typen hinunter.
Was fällt euch ein, schreit CK. Seine Hände sind auf meinem Unterarm, und entweder schieße ich jetzt oder gar nicht. Nimm sie runter, Mackie. Tu das bloß nicht. Denk nicht mal dran.
CK schiebt mich beiseite.
Du hast was loszuwerden, nicht wahr, Mikey? Hast was zu sagen, hab ich recht? Sag mir, dass ich recht habe. Ich hab gern recht. Ich werde wütend, wenn ich nicht recht habe.
CK beugt sich nach unten, und er ist beinahe nah genug, um Mikey zu küssen, aber seine Vorderzähne beißen in seine Unterlippe, die beinahe weiß ist.
Sag es, Mikey. Was immer du den Feds gesteckt hast, sag es mir.
Aber Mikey versucht aufzustehen, verliert das Gleichgewicht, stolpert über den Stuhl und fällt hin.
CK schüttelt langsam den Kopf. Er nimmt die Schrotflinte vom Tisch und pumpt, stößt eine Patrone nach der anderen heraus, und sie verteilen sich auf dem Fußboden mit einem Geräusch wie gedämpfte Glöckchen. Mikey stolpert von dem Tisch und dem umgekippten Stuhl weg, und CK läuft auf ihn zu und lässt sich Zeit, und die Schrotflinte scheint im Sonnenlicht zu leuchten, und sein Schatten fällt auf die Ziegelwände, und ich frage mich, ob ich das sehen will. CK bohrt den Lauf der Schrotflinte in Mikey, in seine Brust, in seinen Bauch, und fordert ihn auf: Sag es. Sag es. Bis er Mikey mit dem Lauf ins Gesicht schlägt und Mikey zu weinen anfängt und CK wiederholt: Sag es. Schließlich rammt CK ihm den Lauf ins Gesicht, und ein Schwall aus Blut klatscht gegen die Wand, nasse Farbe, und dann liegt Mikey auf dem Boden, und CK steht über ihm und ruft: Sag es.
Ich sehe, dass Mikey anfängt zu reden, und CK schüttelt seinen Kopf, so als würde er Nein sagen, und dann beugt er sich zu ihm hinunter, lässt die Schrotflinte auf den Boden fallen und nimmt etwas aus seiner Hosentasche, und Mikey sieht einfach zu, wie CK ihn einmal damit bearbeitet, und dann noch einmal, und als CK den Schraubenzieher quer über sein Gesicht zieht, zwinkert Mikey nicht, bewegt sich nicht, und jetzt scheppern die Möbel, und Mackie kommt um den Tisch herum, und als er bei ihnen ankommt, zeigt CK ihm den Schraubenzieher, und Mikey blutet aus seinen Armen und seinen Händen und ein wenig aus seinem Hals, und CK sagt nichts weiter. Nichts weiter außer: Sag es.
Er rammt den Schraubenzieher in Mikeys Bauch, und das Geräusch ist leise und feucht, und da ist dieses kurze Keuchen und gar nicht so viel Blut, also lässt CK den Schraubenzieher wieder in Mikeys Bauch gleiten, dann in seine Schulter, und dieses Mal geht ein Zittern durch Mikey, und er bäumt sich auf und scheint zu stöhnen, und das Blut sprudelt, und er sagt: Oh.
Mikey rollt sich auf den Bauch, und ich glaube, er fängt an zu sterben, nur ein wenig, und er sieht sich in dem Raum um, aber da ist nichts weiter, nur ein umgefallener Mülleimer und zerknülltes Papier und ausgebrannte Zigarettenkippen, das verstreut herumliegende Wrack des Radios … und Blut. Mikeys Blut.
Für eine Weile treten sie nach ihm, und er fängt an davonzukriechen, zieht eine schmierige Blutspur hinter sich her, und ich sehe zu CK, und ich sehe zu Mackie, und ich sehe zu Mikey, und Mikey versucht, etwas durch seine ruinierten Zähne hindurch zu sagen.
Toupet, sagt er. Nein, das ist es nicht. Er sagt etwas anderes. Er sagt: Es tut weh.
Irgendwann dazwischen ist sein Koffer auf den Boden gepoltert, sein Koffer ist aufgesprungen, und ich beschließe, einen Blick hineinzuwerfen, und es ist nichts drin, keine Waffe, kein Geld, überhaupt nichts außer einem Foto von Mikey mit seiner Frau und seinen Kindern.
Das ist der Moment, wo ich beschließe, Nein zu sagen, CK zu sagen, dass er aufhören soll, aber ich kriege kein Wort heraus, das Wort will nicht über meine Lippen, und da ich nicht Nein sagen kann, sehe ich für eine Weile aus dem Fenster, beobachte das Sonnenlicht auf dem Gras, und als ich mich wieder umdrehe, stemmt CK seinen Fuß auf Mikeys Hinterkopf, drückt ihn einmal und noch einmal hinunter, und Mikeys blutige Lippen öffnen sich zu einem Kuss, einem Kuss mit offenem Mund mit dem Betonfußboden, und dann tritt CK zu, und das Geräusch ist mit nichts zu vergleichen, das ich bisher gehört habe.
Das Geräusch kommt aus dem Radio. Ich höre dem Radio zu, und es hallt durch den Raum und spielt Lied für Lied für Lied, und alle Lieder sind gleich, und Mikey singt mit.
CK wischt den Schraubenzieher ab und sieht zu Mikey hinunter. Mackie raucht eine Zigarette und sieht zu Mikey hinunter. Ich, ich sehe zu Mikey hinunter, und als CK den Schraubenzieher in Mikeys Ohr rammt, ist da dieser Schrei, ein Schrei, der nicht abreißen und nicht aufhören will, wie ein Lied, er ist ein Lied, die Worte sind laut, und sie sind deutlich:
Hurdy gurdy, hurdy gurdy, hurdy gurdy gurdy he sang.