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Anatomie und Physiologie des Hüftgelenkes

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Im Hüftgelenk (Articulatio coxae) [engl. hip joint] können wir entweder das „Spielbein“ gegen das Becken (Pelvis) oder das Becken gegen das „Standbein“ bewegen.

Das Hüftgelenk ist nach dem Kniegelenk das zweitgrößte Gelenk des menschlichen Körpers. Es handelt sich dabei um die gelenkige Verbindung zwischen Oberschenkelknochen (Femur) und dem Becken (Pelvis). Erst durch dieses Gelenk ist es möglich, dass die Bewegungen des Beines und damit das Gehen und Laufen bei gleichzeitiger Stabilisierung des Körpers erfolgen können. Wie beim Schultergelenk handelt es sich um ein „Kugelgelenk“, allerdings in einer besonderen Variante als sogen. „Nussgelenk“ (Enarthrosis) oder „Napfgelenk“.

Das Hüftgelenk – als sogen. „3-Dimensionales Gelenk“ (3 Bewegungsachsen) – bietet die größtmögliche Beweglichkeit. Insgesamt sind 3 Freiheitsgrade mit 6 verschiedenen Bewegungsrichtungen im Gelenk möglich: Anteversion oder Anteflexion (Vorwärtsbewegen/Vorwärtsbeugen) – Retroversion (Rückwärts-Bewegen) – Abduktion (Abspreizen) – Adduktion (Heranziehen) – Innenrotation (Innendrehung) – Außenrotation (Außendrehung).

Von der ‚Mittellage des Hüftgelenkes‘ wird gesprochen, wenn der Oberschenkel in „Anteversion + Abduktion + Außenrotation“ steht. Denn: in dieser Stellung sind die Gelenkkapsel und die Bänder am stärksten entspannt.

Nebenbei: Diese „Schonstellung“ nimmt ein Mensch mit Hüftproblemen (z.B. Arthrose, Coxitis …) „automatisch und unwillkürlich“ ein!

Zur Anatomie des Hüftgelenkes:

Zwei Knochen bilden das Hüftgelenk. Einmal der kugelige Oberschenkel-Kopf – oder Hüftkopf – (Caput femoris). Dieser geht über in den Schenkelhals (Collum femoris); mit dem nachfolgendem Schaft (Corpus femoris) bildet er einen Winkel von 120-130°, den „Collum-Diaphysenwinkel (CD)“ [und: Centrum-Collum-Diaphysenwinkel = CCD, s. Diagnostik].

Am oberen Schaft-Ende befindet sich als kräftiger Knochenvorsprung (sehr gut am Körper zu tasten - er ist eine wichtige „Knochenmarkierung“!) – dorsolateral (hinten-außen) gelegen – der große Rollkörper (Trochanter major) – er ist Ansatzpunkt wichtiger Muskeln! –.

Merke:

Bei gebeugtem Hüftgelenk liegen in einer Linie: „Spina iliaca anterior superior“ (vorderer Darmbeinstachel) + „Spitze Trochanter major“ + „Tuber ischiadicum“ (Sitzbeinhöcker): die sogen. „Roser-Nelaton’sche Linie“.

Dorsomedial (hinten-innen) an der Grenze zwischen Hals und Schaft liegt der kleine Rollkörper (Trochanter minor) – er ist Ansatzpunkt für den Musculus (Abkürzung: M) Iliopsoas (Lendenmuskel) –.

Die Gelenkpfanne des Hüftgelenkes (Acetabulum ossis coxae) - auch: Hüftpfanne – ist eine halbkugelige Aushöhlung im Beckenring, deren Rand an der unteren (kaudalen) Seite unterbrochen ist. Die Pfanne wird von Anteilen der drei Beckenknochen gebildet: dem Darmbein (Os ilium), dem Schambein (Os pubis) und dem Sitzbein (Os ischii). Sie laufen zusammen in einer Y-förmigen Fuge (diese ist etwa ab dem 14. Lebensjahr verknöchert). Um den Pfannenrand ist ein bogenförmiger faser-knorpeliger Ring gelegen, das Labrum acetabuli (oder acetabulare); es springt mit freiem, scharfem Rand in die Gelenkhöhle vor. Nur an einer kleinen Fläche ist das Acetabulum von Gelenkknorpel bedeckt; die übrige Fläche ist ausgefüllt von Bindegewebe und einem Fettkörper.

Die Gelenkkapsel des Hüftgelenkes (Capsula articulationis coxae) ist derb und trichterförmige gestaltet. Die Basis liegt am Hüftbein (Os coxae) am Rand des Acetabulums; am Femur befestigt sie sich vorne an der Linea intertrochanterica (verläuft zwischen den bd. Trochanter) und hinten mittig am Schenkelhals.

Die Gelenkkapsel ist verstärkt durch mehrere kräftige Bänder, die teils hemmend auf die Bewegungen des Spielbeins wirken, teils von großer Bedeutung sind für die Ausbalancierung des Rumpfes auf den Standbeinen. Für die Stabilität des Gelenkes sind insbesondere drei Bänder verantwortlich, sie werden bezeichnet als „Bänderschraube“. Das sind: Das Ligamentum (Abkürzung: Lig.) iliofemorale (Darmbeinschenkelband - Y-förmig), das Ligamentum Ischio-femorale (Sitzbein-Schenkelband - 3-eckig) und das Lig. pubofemorale (Schambeinschenkelband). Zwischen den 3 Bändern liegen Kapselanteile.

Merke:

Das Hüftgelenk besitzt eine 3fache Führung durch Muskeln, Bänder, Knochen. Der Hüftkopf ragt zudem tief in die Gelenkpfanne hinein. Daher sind auch Auskugelungen (Luxationen) seltener als z.B. beim Schultergelenk.

Außerdem muss hier noch kurz gesprochen werden zu und über die Schleimbeutel „rund ums Hüftgelenk“ – dies insbes. auch, weil Entzündungen dieser Bursae schwer zu diagnostizieren sind –. Der Name Bursa (Schleimbeutel - Bursa synovialis) steht für mit einer Synovialmembran ausgekleidete Spalträume, die Gelenkschmiere (Synovia) enthalten. Sie liegen zwischen zwei gegeneinander verschieblichen Strukturen – z.B. Knochen und Sehne –, wo sie den Druck gleichmäßig verteilen helfen (wie ein Wasserkissen) und das Aufeinandergleiten erleichtern. Rund um das Hüftgelenk sind dies die: Bursa ilio-pectinea (zwischen M. iliopsoas und Hüftgelenk), Bursa ischiadica musculi glutei maximi (zwischen M. gluteus maximus und Tuber ischiadicum), Bursa subcutanea trochanterica (zwischen Sehne des M. gluteus max. und Haut über Trochanter major), Bursa subtendinea iliaca (zwischen Ansatzsehne des M. iliopsoas und Trochanter minor), Bursae trochantericae musculi glutei minimi (zwischen der Sehne des M. gluteus minimus und Trochanter major), Bursae trochantericae musculi glutei maximi (zwischen der Sehne des M. gluteus maximus und Trochanter major).

In Kurzform noch zu sprechen über Muskeln, die auf das Hüftgelenk wirken:

D.s.: M. iliopsoas (Hüftlendenmuskel) – mit M. psoas major (großer Lendenmuskel) + M. iliacus (Darmbeinmuskel) –, M. gluteus maximus (großer Gesäßmuskel), M. gluteus medius (mittlerer Gesäßmuskel), M. gluteus minimus (kleiner Gesäß-Muskel), M. piriformis (birnenförmiger Muskel), M. obturatorius internus (innerer Hüftlochmuskel), Musculi (Abkürzung: Mm.) gemelli (Zwillingsmuskel) – mit oberen und unterem Zwillingsmuskel –, M. quadratus femoris (vierseitiger Schenkel-Muskel), M. obturatorius externus (äußerer Hüftlochmuskel), M. pectineus (Kammmuskel), M. adductor longus (langer Schenkelanzieher), M. adductor brevis (kurzer Schenkelanzieher), M. adductor magnus (großer Schenkelanzieher), M. gracilis (Schlankmuskel), M. rectus femoris (gerader Oberschenkelmuskel), M. tensor fascie latae (Spanner der Oberschenkelbinde), M. sartoris (Schneider-Muskel), M. biceps femoris (zwei-köpfiger Schenkelmuskel), M. semi-membranosus (Plattsehnenmuskel) und M. semitendinosus (Halbsehnenmuskel).

Zur Gefäßsituation im Hüftgelenksbereich:

Die arterielle Versorgung erfolgt ausgehend von der Aorta abdominalis (Bauchaorta/große Körperschlagader), die sich in Höhe des 4. Lendenwirbels teilt in die paarige Arteria (Abkürzung: A - Plural Arteriae = Aa.) iliaca communis (gemeinsame Beckenarterie). Diese zweigt sich bald auf in die große Becken-Schlagader, A. iliaca interna (innere Hüftarterie) und die wichtige Schlagader für die gesamte untere Extremität, die A. iliaca externa (äußere Hüftschlagader). Der A. iliaca interna entspringen arterielle Gefäße zur Versorgung von Gesäß und Oberschenkel. Die A. iliaca externa verläuft am M. psoas major abwärts und geht nach Durchtritt unter dem Leistenband über in die A. femoralis (Schenkelarterie). Sie ist die „Schlagader der unteren Extremität“ im Bereich des Oberschenkels bis zum Adduktorenschlitz, durch den sie vor der Kniekehle durchtritt und dort zur A. poplitea (Kniekehlenarterie) wird. Von besonderer Bedeutung ist folgender Ast der A. femoralis: A. profunda femoris (tiefe Oberschenkelarterie); mit ihren bd. Ästen A. circumflexa femoris medialis und lateralis stellt sich die Blutversorgung des Oberschenkelkopfes sicher. Die arterielle Versorgung des Beckens wird gesichert von der A. epigastrica superior mit Ramus pubicus (verläuft zur Schambeinfuge), A. pudenda externa und A. circumflexa ilium superficialis.

Zur nervalen Versorgung im Hüftgelenksbereich:

Zur nervalen Versorgung der gesamten Muskulatur „rund um das Hüftgelenk“ (s.o.) – sowohl für die Motorik wie für die Sensibilität – sind intakte periphere Nerven unerlässlich. Das sind: Nervus (Abkürzung: N - Nerven = Nervi = Nn.) femoralis (= Oberschenkelnerv - er ist der stärkste Ast des Plexus lumbalis = Lendengeflecht - er reicht mit seinem sensiblen Hautast N. saphenus {= verborgener Nerv} bis zum inneren Knöchel am Fuß - wird versorgt von Fasern aus dem 1.-4. Lendennerv); dieser teilt sich im „Trigonum femorale“ (oder „Scarpa-Dreieck“ = Fläche auf der Medialseite des Oberschenkels) auf in sensible Hautäste (Rami cutanei) und Muskeläste (Rami musculares) und den N. saphenus. Vom stärksten Nerven-Geflecht unseres Körpers, dem Plexus sacralis (Kreuzgeflecht) geht hervor der der stärkste periphere Nerv, der N. ischiadicus (Ischiasnerv). Äste des Plexus sacralis mit Bedeutung für das Hüftgelenk sind N. gluteus superior + inferior (oberer + unterer Gesäßnerv). Der N. ischiadicus zieht zwischen Tuberculum major + minor und Oberschenkelmuskeln abwärts und teilt sich entweder in Mitten des Oberschenkels oder nach Eintritt in die Kniekehle weiter auf. Er versorgt mit motorischen Nerven große Teile der Muskulatur, bes. auch die Beuger und sämtliche Muskeln des Unterschenkels und Fußes. Sensibel versorgt er die Haut von Unterschenkel und Fuß und über den N. saphenus auch Anteile am Oberschenkel.

Zuletzt noch:

Die permanente Belastung – vielmals falsche Belastung, anhaltende Fehlhaltung und Überlastung – des Hüftgelenkes führt zu Schädigungen des knorpeligen Gelenk-Überzuges (Gelenkknorpel - Cartilago articularis) im Laufe des Lebens.

Nicht immer, aber oftmals!

Dazu kommen noch Belastungsfaktoren wie Übergewicht, mangelnde Bewegung und auch das steigende Lebensalter.

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