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200 KILOMETER DURCHS MAGDALENEN-ARCHIPEL – ÎLES DE LA MADELEINE

Akadisch kochen wie ein Wiesel


Wie verloren wirken die Magdalenen-Inseln im weiten Golf von St. Lorenz, doch sie sind im Osten Kanadas ein etabliertes Ferienziel. Dazu trägt der Ruf bei, auf dem etwa 65 Kilometer lang gestreckten Archipel mehr als 300 Kilometer Sandstrand zu bieten. Als Extra kommt die jahrhundertealte Kultur der Akadier hinzu, einschließlich ihrer französischen Küchenkultur.


Blau-weiß-rotes Ensemble in La Grave auf Havre Aubert.

Anflug auf Les Îles, wie die Insulaner ihre windzerzauste Heimat im Golfe du Saint-Laurent kurz nennen. Aus der Luft sehen die Straßendämme, mit denen die sieben bewohnten Hauptinseln verbunden sind, aus wie Spinnenbeine. Rund 200 Kilometer lang ist diese »Route 199« samt Nebenstrecken, sie ist die Lebensader der Îles de la Madeleine. So lautet der offizielle Name des Archipels – oder, aus Sicht der Englisch sprechenden Minderheit, Magdalen Islands. Die meisten der rund 13 000 »Madelinots« sind Abkömmlinge jener französischen Siedler (Acadiens), die einst von den Briten aus Nova Scotia und anderen Regionen Ost-Kanadas vertrieben worden waren. So sieht man denn auch gelegentlich die blau-weißrote Flagge Akadiens neben der von Québec, der Provinz, zu der die Inseln gehören. Die Provinzen Prince Edward Island und Nova Scotia liegen allerdings viel näher, deshalb gilt auf der Inselgruppe auch die Atlantische Standardzeit, die der Zeitzone in Québec um eine Stunde voraus ist.

Einsamkeit an 300 Kilometer Strand

Früher lebten die Inselbewohner wie die Mehrzahl der Menschen am kanadischen Atlantik von der Fischerei. Aber als das scheinbar unerschöpfliche Meer vor der Haustür leergefischt war, mussten sich die Madelinots einen anderen Erwerb suchen. Sie fanden ihn im Hummerfang und im Tourismus, seither vervierfacht sich jeweils im Sommer die Einwohnerzahl. Wer dann Ruhe oder gar Einsamkeit sucht, findet sie auch angesichts von 300 Kilometern Strand. Und an Nachschub mangelt es nicht. Unablässig arbeiten die atlantischen Wellen an den roten Klippen der Magdalenen, nagen die Höhlen in die Küste, die Kajakfahrer begeistern. Die abgetragenen Gesteinsschichten werden im Meer zerrieben, das Salzwasser trägt dabei die dünne Eisenoxidschicht ab. Dabei verschwindet die rote Farbe, die weißen Sandkörner lagern sich, von der Strömung getragen, am Strand ab. Einen Teil davon trägt der Wind in die Dünen.

Über den Wassersport hinaus haben die Inseln längst eine gute touristische Infrastruktur aufgebaut: Das Herbergsgewerbe hat sich zwischen Hotels und Bed & Breakfast aufgefächert. Für Radler verläuft die »Route verte«, die grüne Strecke, über rund 100 Kilometer entlang der Straße von einem Ende des Archipels zum anderen; Leihräder sind auch vorhanden. Auf die Golfer wartet ein 9-Loch-Platz, und Reiter können zu geführten Ausritten am Strand aufbrechen beziehungsweise altersgerecht über den Ponyhof traben. Für die Zugvögel sind die Inseln im Golf ein idealer Zwischenlandeplatz, für Vogelfotografen ein Urlaubsgrund und für die Madelinots ein Segen. Denn die gefiederten Durchreisenden kommen im Mai und Juni sowie im September und Oktober – also in der buchungsschwächeren Nebensaison.

Heiße Pastete und lokales Bier

Die Restaurants servieren Hummer oder Speisen nach traditionellen akadischen Rezepten, etwa Pot-en-pot, eine heiße Pastete, die mit Fisch und Meeresfrüchten in würziger Soße gefüllt ist. Dazu gibt’s Bier aus den drei lokalen Minibrauereien. Und natürlich sollte man einmal Fricot probieren, das typischste akadische Gericht. Diese einem Eintopf ähnliche Suppe besteht aus Kartoffeln, Zwiebeln, kleinen Klößen und gewürfeltem Fleisch, oft Huhn, Kaninchen oder auch Muscheln. Hinzu kommen Gewürze und oft Gemüse. Im 18. Jahrhundert stand das Wort in Frankreich für ein Festmahl, Akadier nutzen es hingegen generell für »Essen«: Wenn man dort zum »Fricot« eingeladen wird, muss jedoch nicht unbedingt Fricot auf den Tisch kommen. Aber wenn die Gastgeberin zu »Fricot à la belette« bittet, gibt es in jedem Fall Fricot, allerdings ohne das – einst sehr teure – Fleisch. Dann ist die Köchin nämlich schlau wie eine »belette« – wie ein Wiesel.


Der Leuchtturm auf dem Kap du Sud, Île du Havre Aubert.


Der Hummer ist inoffizielles Wappentier der Inseln.

TOP ERLEBNISSE

KREUZFAHRTEN AUF DER »ACHTEN INSEL«

Die Madelinots gründeten 1944 eine Transport-Kooperative, die CTMA. Aus ihr wurde eine Reederei mit drei Schiffen: eine kleinere Fähre, eine große Fähre für 750 Passagiere und 200 Autos, sowie als Flaggschiff die »CTMA Vacancier«, ein Cruiseliner für regionale Kreuzfahrten mit bis zu 450 Reisenden. Für die Madelinots ist das Schiff die »achte Insel«.

HILFERUF IM PUNCHEON

Früher waren die Inseln im Winter, wenn der St. Lawrence Golf vereiste, oft für Tage isoliert. Als 1910 auch das Kabel zum Festland brach, schrieben die Insulaner einen Notruf, packten ihn in ein »puncheon«, ein Molasse-Fass, und ließen es nach Cape Breton treiben. So kam Hilfe – und kleine »puncheons« sind seither ein beliebtes Souvenir.

WRACKS ALS MATERIAL FÜR DEN HAUSBAU

Unter den 13 000 Französisch parlierenden Madelinots gibt es einige hundert, die Englisch sprechen. Viele sind Nachfahren von Schiffbrüchigen – rund 500 bis 1000 Wracks liegen rund um den zur Provinz Québec gehörenden Archipel auf Grund. Einige der Häuser auf den Inseln wurden aus den Planken von Wracks gezimmert.

WEITERE INFORMATIONEN

www.tourismeilesdelamadeleine.com

Das Reisebuch Kanada

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