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Eine kurze Geschichte des Meditierens

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In der östlichen Weltsicht nimmt Meditation eine herausgehobene Stellung ein, die sich bis in die Heilkunde der alten Chinesen mit ihrer traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und der Inder mit dem Ayurveda hinein spiegelt. Die westliche Medizin hingegen wartet, bis etwas im Körper gestört ist und sich physische Symptome zeigen, um diese dann meist mit Unterdrückung oder Herausschneiden aus der Welt zu schaffen. Lediglich die im Westen entstandene Homöopathie sieht diese Störungen anders und behandelt sie auch entsprechend. Ein Grund, weshalb diese Form der Heilmethode auch in In-dien so rasch, so früh und so tief greifend Fuß fassen konnte.

Dem entspricht auch die Hierarchie der integralen Medizin, da sich – wie jeder, der mitunter im Haushalt tätig ist, weiß – eine Treppe leichter von oben nach unten als umgekehrt kehren lässt. Nur die Schicksalsgesetze als Spielregeln des Lebens sind mir ähnlich wichtig wie die Meditation, da sie ebenfalls unser Bewusstsein prägen. Sie werden gefolgt von den „Säulen der Gesundheit“ wie Ernährung, Bewegung und Regeneration.

Die Verbindung von Körper und Seele

Die Geschichte der Meditation beginnt nachvollziehbar im Osten. Und selbst die aus dieser Region zu uns kommenden Übungen und Exerzitien wie etwa Yoga sind tatsächlich nur in Verbindung mit Meditation zu verstehen. Yoga ohne Bewusstheit reduziert sich auf ein reines Körpertraining, an dem man im asiatischen Raum weitgehend uninteressiert ist. Im Gegenteil, denn das Sanskrit-Wort „Yoga“ heißt zu Deutsch: „Joch“. Das bedeutet, Seele und Körper unter ein Joch zu bringen, sie also zu verbinden. Erst daraus entsteht jenes Körperbewusstsein, das Yoga-Übende erleben und schätzen.

Die frühesten Spuren von Meditation finden sich in den Veden (sanskr.: veda – Wissen) den Heiligen Schriften des heutigen Hinduismus. Allerdings haben deren hohe Priester, die Brahmanen, indem sie daraus eine Religion, eben den Hinduismus machten, komplizierte Vorgaben und Bedingungen entwickelt und auch bestimmte Rituale eingeführt. Diese lassen die Meditation geradezu kompliziert erscheinen und für westliche Menschen ist der Einstieg umso schwieriger. Bis ein Ergebnis aus Sicht dieser Tradition überhaupt als Meditation einzustufen ist, dauert es Jahre.

Der Königsweg zur Meditation

INFO

GLEICHES MIT GLEICHEM BEHANDELN

Ihrem Grundprinzip, dass Symptome mit den Mitteln behandelt werden, die diese normalerweise hervorrufen, verdankt die Homöopathie ihren Namen: Der deutsche Apotheker und Arzt Samuel Hahnemann stellte Ende des 18. Jahrhunderts den medizinischen Grundsatz auf, demzufolge Ähnliches Ähnliches heilt. Das Wort „Homöopathie“ stammt aus den griechischen Wörtern „Homoion“ (für „ähnlich“) und „Pathos“ (für „Leiden“). Homöopathie ist eine eigenständige Therapieform und arbeitet mit Einzelarzneien, die am gesunden Menschen geprüft sind und nach der Ähnlichkeitsregel in potenzierter Form verordnet werden. Rund 2500 verschiedene homöopathische Arzneien gibt es heute – sie stammen aus Mineralien, Pflanzen, Tieren und Tierprodukten. Jeder dieser Stoffe verursacht bei einem gesunden Menschen bestimmte Symptomkombinationen. Und für jedes dieser Beschwerdebilder eignen sich als Heilmittel nach Hahnemanns Lehre eine oder mehrere Substanzen.

Da wirkt der aus dem Hinduismus entstandene Buddhismus schon viel freundlicher auf westliche Menschen. Aus buddhistischer Sicht ist tatsächlich jede Tätigkeit, die mit Bewusstsein verbunden ist, Meditation und das reicht vom Gehen über das Teetrinken und das Betteln bis zum Abspülen in der Küche. Hinduismus und Buddhismus verhalten sich in etwa wie unser Altes zum Neuen Testament.


Die östliche Einstellung zur Meditation

Im asiatischen Kulturraum gibt es für die Meditation eigentlich nur ein Ziel zu erreichen: das Erlangen von Befreiung oder Erleuchtung. Ansonsten geschieht die Annäherung an dieses letzte Ziel eher absichtslos. Tatsächlich gibt es ebenso viele Worte für diese Seins-Ebene vollkommener Verwirklichung wie Traditionen:

Wo Buddhisten von Satori sprechen, jenem kurzen Moment der Erleuchtung, der sich aber vom dauerhaften Ankommen im Nirwana unterscheidet, sprechen Hindus von Samadhi.

Jüdische Kabbalisten nennen die höchste Ebene oder das oberste Sephirot ihres Lebensbaums Kether.

Im Schamanismus erklärten Don Juan und Don Genaro ihrem Schüler, dem US-Anthropologen Carlos Castaneda, die Entwicklung so: Die erste Stufe sei die des Wildes, wo man, noch völlig gefangen in seinen Instinkten beziehungsweise in Mustern, ausgetretenen und vorgegebenen Trampelpfaden folge. Auf der nächsten Stufe sehen sie den Jäger, der schon so bewusst sei, dass er dem Wild auflauern, es in Fallen locken und sich seiner bemächtigen könne. Die letzte Verwirklichung erlebt der Krieger, der so mächtig geworden sei, dass er sich vor niemandem beuge, und der zugleich so demütig sei, dass er niemandem erlaube, sich vor ihm zu beugen.

Aber die schamanische Tradition kann uns auch an unsere christliche erinnern, wenn etwa der große Mystiker des Mittelalters Meister Eckhart sinngemäß sagt, wenn er in den Spiegel schaue, betrachte Gott sich selbst. Dieser Gedanke, der ihn während der Inquisition leicht das Leben hätte kosten können, ist keinesfalls als Anmaßung (miss-) zu verstehen, sondern drückt die Erfahrung (s)eines Gottesbewusstseins aus. Gott betrachtet sich in jedem verwirklichten Menschen und dieser erkennt natürlich und selbstverständlich in allen Wesen Gott beziehungsweise die Einheit. So erkennt der Krieger, der Gott oder die Einheit in sich verwirklicht hat, natürlich auch in jedem anderen Wesen die Einheit. Warum sollte Gott sich vor jemandem beugen oder erlauben, dass Gott sich vor ihm beugt? Buddhisten sprechen hier vom Mitgefühl mit allen fühlenden Wesen, Albert Schweitzer forderte Ehrfurcht vor allen Lebewesen ein. Christus sagt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Tipp

ZUM WEITERLESEN

Das lässt an die japanische Tradition der Samurai denken, die uns der Film Der letzte Samurai auf beeindruckende Weise nahebringt (siehe dazu die Deutung in Die Hollywood-Therapie – Was Filme über uns verraten). In dieser Krieger-Tradition verbinden sich meditative Elemente in der aktiven Kampf- und Kriegskunst und stille Meditation bis hin zu bewusster Dichtkunst im Sinne des Haiku.

Das Bewusstsein von Einheit in der Meditation verwirklichen

Hindus gehen noch weiter, wenn sie in ihrem Tat Tvam Asi formulieren, sich in allen Aspekten dieser Schöpfung zu erkennen und damit ausdrücken, letztlich sei alles eins. In der christlichen Tradition sprechen wir vom Paradies oder Himmelreich Gottes, das nach Christus‘ Worten in jedem von uns liegt. Für den verwirklichten, den heil Gewordenen oder Heiligen, der die Einheit und sich als vollkommenen Teil derselben erkennt, ist sie natürlich und selbstverständlich auch sonst überall.

So sind sich alle Traditionen und Meditationsrichtungen einig, dass es letztlich um die Verwirklichung von Einheits-Bewusstsein geht, um die Erkenntnis also, dass alles eins ist und es auch immer war. Wenn wir bei der Vielzahl der Ausdrücke und Wege zu diesem Ziel auf die zugrunde liegenden Gemeinsamkeiten schauen, bleibt nur die Einheit, und praktisch lässt sich erkennen, dass diese Seins-Ebene gänzlich frei von Widerstand ist. Daraus folgt allerdings umgekehrt: Wann immer wir nicht auf dieser Seins-Ebene sind, also gerade kein Satori erleben und uns nicht im Paradies der Erlösung und Erleuchtung finden, sind wir im Widerstand. Eine genaue Prüfung des eigenen Alltags macht diese triste Wahrheit immer gewisser und deutlicher.

Wenn wir uns also in Meditation begeben, egal ob im stillen Sitzen oder bewussten Bewegen, gibt es grundsätzlich nur zwei Optionen: die Erleuchtung oder alles, was ihr (noch) im Wege steht. Tatsächlich werden wir die längste Zeit mit der zweiten Option zu tun haben und es wäre gut, sich von Anfang an darauf einzustellen.

Die westliche Einstellung

Der westliche Mensch aber hat weit vor seiner Erleuchtung meist viele andere, ihm vorrangige Wünsche und Ziele. Einen guten Test bietet dazu das einzige vom Stifter unserer Kultur hinterlassene Gebet, das Vaterunser. Wer die Stelle „Dein Wille geschehe …“ problemlos beten und sich dem großen Willen Gottes, der Einheit oder der Schöpfung anvertrauen kann, ist auch mit den östlichen auf Absichtslosigkeit und Gedankenfreiheit zielenden Meditationen gut beraten. Wer dagegen diese Stelle des Gebets zwar spricht, aber still für sich denkt, „Ich hätte da einen Vorschlag, bitte mach das so …“ ist wahrscheinlich ziemlich typisch westlich geprägt und meditiert erst mal, um bestimmte Vorteile für sich herauszuschlagen wie etwa Stressfreiheit und gute Gesundheit. Das macht derjenige nicht ohne Grund: Tatsächlich gibt es ja heute bereits eine Menge Studien, die belegen, wie gesund und Erfolg versprechend verschiedenste Meditationsformen sind.

Solche Gedanken sind also keineswegs verwerflich, sondern bei uns völlig normal, ja fast selbstverständlich. Kaum einer tut hierzulande etwas ohne Absicht und ohne etwas erreichen zu wollen – also frei von Hintergedanken. Wir haben nicht einmal Begriffe für solche Handlungen der Selbst- und Absichtslosigkeit wie der Osten. So bedeutet dort der sogenannte Dienst an der Welt Loka-Sangraha, das Rad der Schöpfung sei zu drehen, einfach weil es gedreht werden müsse, und zwar aus sich heraus und ohne Hintergedanken an eigene Vorteile. Phala-varja besagt nicht weniger als Fruchtverzicht, also was immer man tue, solle man tun, ohne an die sich daraus ergebenden Früchte und ihre Ernte auch nur zu denken.

Die besten Absichten

Wer also ganz bestimmte Absichten mit seinem Meditationseinstieg verfolgt, befindet sich in bester Gesellschaft in dieser Gesellschaft. Und da gibt es wundervolle Ziele! Sie heißen: Gesundheit, Ausgeglichenheit, Geist-Körper-Balance, innere Ruhe bis hin zu Stille oder auch Regeneration und Resilienz – um dieses Modewort für die Erholungsfähigkeit zu nutzen –, die am besten mit Meditation zu verwirklichen sind. Wieder zu sich finden, in die eigene Mitte kommen, genau das meint Meditation, wie übrigens in früheren Zeiten auch Medizin.

INFO

ZURÜCK IN DIE MITTE

Das Heilmittel hieß seinerzeit, als die Medizin noch der lateinischen Sprache vorbehalten war, „re-medium“, was wörtlich meint „zurück zur Mitte“ und im Englischen „re-medy“ bis heute anklingt.M

Das Wichtigste: auf dem Weg bleiben

Und was immer die ursprüngliche Motivation gewesen sein mag, wenn die Seele erst einmal Feuer gefangen hat und auf dem Weg ist, rückt über kurz oder lang das letzte Ziel der Meditation, die totale Befreiung, in den Vordergrund. Da das nur eine Frage der Zeit ist und Zeit eine Illusion beziehungsweise einer der beiden Täuscher, spielt es gar keine Rolle, welche Absichten und Ziele uns ursprünglich zur Meditation gebracht haben, Hauptsache ist, wir bleiben auf dem Weg und halten durch.

Wer sich also diesem eher spekulativen westlichen Weg nahe fühlt, ist besser mit geführten Meditationen als mit stiller östlicher Schweige-Meditation bedient, wobei wir heute auch schon von diesen östlichen Methoden immer hoffnungsvollere Ergebnisse erhalten.

Der kleine Test auf den nächsten Seiten mag dabei helfen, für sich herauszufinden, ob man eher eine bewegte Meditationsform braucht oder etwas Ruhiges oder vielleicht auch Abwechslung zwischen beidem.







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