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Einleitung
Оглавление»Wer bin ich – und was geht da oben in meinem Kopf vor?«
Dank der enormen Fortschritte der Neurowissenschaften in den letzten Jahren bekommen das Gehirn und das Nervensystem des Menschen in der Öffentlichkeit immer mehr Aufmerksamkeit. In unser aller Kopf schlummert ein faszinierendes Organ! Zunehmend mehr Menschen interessieren sich für die Ein- und Ausfälle unseres Gehirns und unseres Bewusstseins.
Der britische Neurologe Oliver Sacks war mit seinem Buch Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte einer der ersten Autoren, die mit einem erzählenden, populären Sachbuch über Phänomene aus der Neurologie bekannt geworden sind. Sein Ansatz, auf humorvolle und spannende Art Einblicke in die skurrilsten Fälle aus seiner neurologischen Praxis zu ermöglichen, war ein neuer Weg, wissenschaftliche Erkenntnisse für interessierte Laien zugänglich zu machen. Es gibt mittlerweile eine wahre Flut von Informationen: populäre Fachzeitschriften, Romane über Einzelschicksale, Kinofilme und unendlich vielfältige Möglichkeiten, sich im Netz die gesamte Palette von neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen erklären zu lassen. Was es aber bisher nicht gibt, ist ein Besuch im realen »Gemischtwarenladen« der neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen. Häufig sitzen wir am Abendbrottisch und diskutieren über interessante und bewegende Fallgeschichten, die wir im Praxisalltag erlebt haben. Christian, der nun schon sein halbes Leben lang als Neurologe und Psychiater in der Praxis tätig ist, sagte irgendwann: »Über diese Fälle müsste man eigentlich mal in einem Buch berichten.« Nicole war sofort von dem Gedanken angetan: »Dann sollten wir die Geschichten aber einfach, verständlich und mitfühlend darstellen! Denn im Vordergrund steht ja der Mensch und seine Krankheit!«
Gesagt, getan! So entstanden nach und nach dreißig spannende und bewegende Erzählungen, die die Vielfalt der neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen und manchmal auch die Detektivarbeit der richtigen Diagnose zeigen. Wir sehen viel Tragisches, manches Skurrile, oft Herzerwärmendes und auch das Glück der Heilung und Genesung.
Nun öffnen wir unseren »Gemischtwarenladen« und laden Sie ein, uns für die Dauer eines fiktiven Jahres über die Schulter zu schauen.
Und warum tun wir das? Wir wollen Mut machen! Und wir wollen informieren und Einblicke gewähren, die sonst nur wenige haben. Wir möchten vermitteln, was uns als Ärzten und vor allem als Menschen während unserer Arbeit durch den Kopf geht. Aber vor allem versuchen wir zu schildern, wie die Patienten und auch deren Angehörige eine Krankheit erleben, die sie wortwörtlich »bis ins Mark« trifft. Unsere Arbeit ist immer spannend, oft dramatisch, manchmal todtraurig, häufig sonderbar – und immer wieder auch beglückend und bereichernd.
Auch wenn wir an manchen Tagen erschöpft sind und am liebsten alles hinschmeißen würden: Was wir tun, ist sinnvoll und wichtig. Und dieses Gefühl überstrahlt alles andere.
Hinweis:
Wir haben alle Kapitel dieses Buches gemeinsam formuliert, sie aber jeweils aus der Ich-Perspektive desjenigen erzählt, der oder die den direkten Kontakt mit dem jeweiligen Patienten hatte. Wer gerade »spricht«, ist jeweils unter der Kapitelüberschrift vermerkt. Es liegt in der Natur der Sache, dass dieselbe Krankheit oft auch zu sehr ähnlichen Krankengeschichten führt. Um das jeweilige Krankheitsbild prägnant darzustellen und dabei die Persönlichkeitsrechte zu wahren, haben wir jeweils verschiedene Patienten und deren individuelle Geschichten zu einer neuen, fiktiven Patienten-Person montiert. Fiktiv sind auch die Namen aller im Text vorkommenden Menschen, außer die von uns selbst. Ähnlichkeiten mit realen Personen sowohl bezüglich des Namens als auch der dazugehörigen Geschichte sind damit rein zufällig.
Eine Ausnahme ist das Kapitel »Tschakka! Ich schaff das!« Der darin beschriebene reale Patient und seine Mutter haben ihr Einverständnis zur Veröffentlichung gegeben.
Wir verwenden in den Erzählungen meist nur die männliche Form der Begriffe »Arzt«, »Psychologe«, »Kollege«, »Psychotherapeut« und »Psychiater«, wenn wir von diesen Personengruppen im Allgemeinen sprechen. Wir haben festgestellt, dass der Lesefluss durch konsequent gendergerechtes Formulieren manchmal erheblich gestört wird – insbesondere wenn die Wörter im Plural stehen. Natürlich sind in den oben genannten Fällen immer beide Geschlechter gemeint.
Dies ist kein vollständiges »Lexikon« aller neurologischen Krankheiten und Symptome, sondern ein Streifzug durch unseren Praxisalltag.
Am Ende eines Kapitels haben wir Fachwissen-Boxen für diejenigen Fallgeschichten erstellt, bei denen im Text das Krankheitsbild nicht ausführlich genug erläutert wurde.
Christian und Nicole Knobloch, im Juli 2021