Читать книгу Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1 - Dr. Phil. Monika Eichenauer - Страница 5

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Von dem, was einer vorstellt.

„Die Wurzel und der Ursprung des jedem, nicht ganz verdorbenen Menschen einwohnenden Gefühls für Ehre und Schande, wie auch des hohen Wertes, welcher ersterer zuerkannt wird, liegt in Folgendem.

Der Mensch für sich allein vermag gar wenig und ist ein verlassender Robinson: nur in der Gemeinschaft mit den anderen ist und vermag er viel.

Dieses Verhältnisses wird er inne, sobald sein Bewusstsein sich irgend zu entwickeln anfängt, und alsbald entsteht in ihm das Bestreben, für ein taugliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu gelten, als für eines, das fähig ist, pro parte virli mitzuwirken, und dadurch berechtigt, der Vortheile der menschlichen Gemeinschaft theilhaft zu werden.

Ein solches nun ist er dadurch, daß er, erstlich, Das leistet, was man von Jedem überall, und sodann Das, was man von ihm in der besonderen Stelle, die er eingenommen hat, fordert und erwartet.

Eben so bald aber erkennt er, daß es hierbei nicht darauf ankommt, daß er es in seiner eigenen, sondern daß er es in der Meinung der Anderen sei. Hieraus entspringt demnach sein eifriges Streben nach der günstigen Meinung Anderer und der hohe Werth, den er auf diese legt: Beides zeigt sich mit der Ursprünglichkeit eines angeborenen Gefühls, welches man Ehrgefühl und, nach Umständen, Gefühl der Schaam (verecundia) nennt.

Dieses ist es, was seine Wangen röthet, sobald er glaubt, plötzlich in der Meinung anderer verlieren zu müssen, selbst wo er sich unschuldig weiß; sogar da, wo der sich aufdeckende Mangel eine nur relative, nämlich willkürlich übernommene Verpflichtung betrifft: und andererseits stärkt nichts seinen Lebensmuth mehr, als die erlangte, oder erneuerte Gewissheit von der günstigen Meinung Anderer;

weil sie ihm den Schutz und die Hülfe der vereinten Kräfte Aller verspricht, welche eine unendlich größere Wehrmauer gegen die Übel des Lebens sind, als seine eigene.“

Arthur Schopenhauer (2006, S. 63-64)

Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1

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