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Das griechische Schönheitsideal

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Urgrund der Ästhetik

Nicht nur für die gesamte abendländische Kultur stehen wir in Griechenland auf bedeutsamem historischen Boden, sondern vor allem auch für das Gebiet unserer eigenen Lebensarbeit, der Kosmetik und der Kosmetologie als Pflege der menschlichen Persönlichkeit in ihrer Erscheinung, in ihrer Gestalt und in ihrem Aussehen. Damit gehen wir zurück zu dem seelisch-geistigen Urgrund der Schönheitspflege, zur Ästhetik, in die Welt des Empfindens und Erfühlens. Die Griechen der Antike waren es, welche erstmalig in Bewusstheit den Glauben an die Sendung des Menschen und den Wert der menschlichen Persönlichkeit wachgerufen haben und welche danach strebten, die Idee der Schönheit in ihrer Kunst zu verwirklichen. In Griechenland stand die Wiege dieser damals neuen dynamischen Idee, den Menschen als das höchste Wesen irdischer Schöpfung in den Mittelpunkt der Lebensbetrachtung in der Philosophie und der Lebensdarstellung in der bildenden Kunst zu erheben. Der Mensch – das Geschöpf der Götter, ein unsterbliches seelisches Wesen in einer körperhaften vergänglichen Erscheinung, die es galt, im Kunstwerk unvergänglich festzuhalten.

Idee des Schönen

Über dem Boden, der einst das alte Hellas trug, waltet noch heute die kraftvolle Entschiedenheit wie ein Vermächtnis für uns Menschen von heute, den von den Hellenen aufgezeigten Weg auch für uns und für die Zukunft fortzusetzen. Dadurch entsteht für uns die Frage, wie es uns möglich ist, die Idee des Schönen in der heutigen Zeit, in unserem Leben und in unserer Arbeit fortzusetzen und lebendig zu halten.

Plato sagt in seinem Philebos, „das Schöne entsteht, wenn Zahl und Maß durch die ordnende königliche Seele des Zeus in die Mannigfaltigkeit der zahllosen und unermesslichen Erscheinungen der körperhaften Welt tritt“. Die königliche Seele des Zeus schenkt die schöne Ordnung der Natur, den Kosmos, die Sphären-Harmonie. Das Schöne ist der göttliche Geist, der sich in der Natur, in der Harmonie ihrer Formen und Gestalten offenbart.

Harmonie der Erscheinung

Die Harmonie, das Eins-Sein, das Einander-Durchdringen des Seelischen und des Körperhaften in Raum und Zeit ist das Ideal der antiken hellenischen Schönheit. Und da sich selten eine so reiche geistige und seelische Begabung mit einem gleichfalls gesunden Wirklichkeitssinn verbunden hat wie bei den alten Griechen, so ist es verständlich, weshalb gerade sie in einer einzigartigen Genialität fähig waren, die Idee der Harmonie in ihrer Kunst bildhaft darzustellen und zu verwirklichen. Denn reine Menschlichkeit in der Erscheinung aufzufinden ist unendlich schwer, vielleicht sogar in der Wirklichkeit unmöglich. Das ahnungsvolle Vermögen der Griechen aber vermochte ihren Olymp mit idealischen Gestalten zu bevölkern. Und wenn der Grieche eine reine Eigentümlichkeit und reine Schönheit zu schauen suchte, dann wandte er sich dem Kreise seiner Götter zu und fand, was er in seinem Sehnen wünschte.

Gestaltung des Schönen

Deshalb ist es bisher nur dem griechischen oder dem von seiner Welt inspirierten Künstler gelungen, die Idee des Schönen in der menschlichen Erscheinung zu einer wahrhaften Harmonie zu gestalten und ihr in der Welt der Kunst den zeitlosen und doch ganz eigenen, ja eigenwilligen Ausdruck zu verleihen, der uns auch heute noch und immer wieder in seinen Bann schlägt. Was aber will dieses antike, hellenische Schönheitsideal, symbolhaft dargestellt in den Kunstwerken, welche die Idee menschlicher Schönheit in sich tragen, uns heutigen Menschen sagen? Was will sie gerade uns sagen, die wir die Schönheit und das Schöne der lebendigen menschlichen Erscheinung hegen und pflegen wollen? Was der antike griechische Künstler in seinen Werken verwirklichte, nämlich der Idee des Schönen im Bild- und Gestaltwerk symbolhaften Ausdruck zu verleihen, das wollen wir den lebenden Menschen um uns und uns selbst schenken und geben.

Sympathie

Wir fühlen in uns eine aus dem Urgrund unseres Wesens aufkeimende glückhafte Freude, die in sich den Wunsch trägt, das schön Empfundene in sich aufzunehmen. Aus dem Anblick und aus der Empfindung schönen Lebens erwacht und wächst das Gefühl der Sympathie, des Wohlwollens und der Zuneigung. „Der Liebende begehrt nach dem Schönen, dass es ihm zuteil werde, um mit ihm gemeinsam glücklich zu sein“, sagt Plato, und „an der Stelle seiner Lebensbahn, wo der Mensch das Wesen des Schönen erkennt, wo er das Schöne selbst schaut, da wird ihm das Leben erst lebenswert.“ Aber nicht alle Menschen finden das Gleiche schön; vielmehr empfinden wir das Schöne ganz individuell und ganz persönlich nach unserer eigenen Art, nach unserem eigenen Wesen, nach unserem eigenen Charakter.

Individualität der Empfindung

So hat jeder Mensch als Persönlichkeit sein ganz ureigenes Empfinden von Schönheit, ebenso wie auch ein jedes Menschenalter seine eigene Schönheit besitzt. Jeder von uns entscheidet ganz allein für sich selbst, was ihm schön ist, was er als schön, als harmonisch mit seinem eigenen Ich empfindet und erfühlt. So liegt der Schlüssel für das Schöne nicht außerhalb in den Erscheinungen allein, sondern zugleich in uns, in unserem eigenen Ich als geistig-seelisch-körperlichem Sein.

Schönes tönt in uns, schwingt in Harmonie mit unserem Gefühl. Es ist ein harmonisches Zusammenklingen unseres Inneren, unseres Erfühlens mit dem Erlebten außerhalb unserer selbst. Aber dies ist es nicht allein, denn das Schöne zieht uns hinan, empor. Es erhebt uns über das Allzu-Alltägliche in reine, höhere Sphären. Darum gehört zum Erlebnis des Schönen in uns das Gefühl des Erhabenen, des uns Erhöhenden, des Edlen und Wohlgeratenen. Es ist die vollendete, vollkommene Fülle der Schöpfung, die sich uns in ihrem Schönen, in ihrer Schönheit kundtut und offenbart. So ist das Empfinden der Schönheit das Gefühl erhabener Harmonie, ein inniges Angesprochenwerden, das uns erhebt und beglückt. Sie ist die Einheit im Mannigfaltigen, die Harmonie der Teile im Ganzen, die völlige Durchdringung des Geistigen in das Sinnenhafte.

Kosmetik als Aufgabe und Praxis des Schönen

So wie der griechische Künstler seinem Ideal der Schönheit in seinem Werk aus Marmor und Stein Ausdruck verlieh, so ist es die Aufgabe der Kosmetik, diesen zeitlosen und ewigen Gedanken des Schönen am lebendigen Bild menschlicher Persönlichkeit Wirklichkeit werden zu lassen. Der ganze Mensch in seiner Sehnsucht nach Schönheit und Vollendung seines Ichs als Erscheinung und als Wesen sei daher stets der Mittelpunkt und der Inhalt unserer ästhetischen Lebenserkenntnis und unserer kosmetischen Lebensarbeit. Zur Harmonie der menschlichen Persönlichkeit beizutragen ist der Sinn unseres Wirkens. So ist das alte griechische, intuitiv empfundene Schönheitsideal für uns Menschen heute zum bewussten Vermächtnis geworden, Schönheit physisch zu geben und zu schenken, auf dass der Mensch in seinem Erscheinungsbild und in seinem Aussehen zu einem glückhaften Begegnen mit seiner Umwelt komme, der er in einem ruhigen, in sich gefestigten Selbstwertgefühl gegenübertreten kann. Dieses höchste Ziel in der Pflege der menschlichen Schönheit, im Sinne des alten griechischen und doch ewig jungen Ideals einer Harmonie von Erscheinung und Wesen, von Aussehen und Wollen, von Dasein und Sein zu erreichen, dazu steht uns allen der Weg offen. Auch wenn wir in und an uns selbst noch viel zu arbeiten haben, so genügt unser eigenes Wollen und Streben dahin, um es den anderen Menschen weitergeben zu können, die die Pflege ihres Aussehens und ihres Schönseins – im wahrsten Sinne des Wortes – vertrauensvoll in unsere Hände legen. In dieser letzten und höchsten Vollendung einer Pflege des Schönen im Sinne einer seelisch-leiblichen Betreuung von Menschen liegt ein unerschöpfliches Feld unseres Tuns und Handelns erfolgversprechender und beglückender Wirksamkeit. Ich glaube sogar, dass der höchste Sinn der Kosmetik überhaupt darin zu suchen ist, dass der Mensch in sich selbst die Idee des Schönen erkenne, damit er aufgeschlossen und sehend werde für die Schönheit der All-Schöpfung, die den Ausdruck ihrer inneren Harmonie trotz ihrer äußeren Gegensätze, trotz ihrer sich bedingenden Polaritäten des Wirkens in den Erscheinungen der Welt darstellt. Wir knüpfen an die Idee der frühen Menschheit von Schönheit an und geben ihr dennoch für unsere heutige Zeit ihren eigenen Sinn, dessen Erkenntnis für uns heute die Aufgabe unseres Lebens ankündigt: Pflegend die Schönheit des Körpers bewusst zu erkennen, als das uns sinnenhaft gegebene Symbol einer Schönheit des Geistes und der Seele in der lebendigen Harmonie des ganzen Menschen.

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