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Chemophysikalische Kriegswaffen

In allen Kriegen wurden und werden Entwicklungen der Chemie und Physik zur gezielten Vernichtung menschlichen Lebens eingesetzt.

Phosphorbomben

Bereits ein einzelnes chemisches Element kann grausam wirken. So entzündet sich weißer Phosphor an der Luft von selbst und verbrennt dann mit einer sehr heißen Flamme. Gelangt der brennende Phosphor auf die Haut, so entstehen schwer heilende Verletzungen. Zusätzlich ist das dabei entstehende Phosphorpentoxid hochgiftig und verstärkt nach Einatmen den tödlichen Effekt dieses Elements.

Für Brandbomben wird Phosphor mit einer Kautschukgelatine versetzt, wodurch die zähflüssige Masse an der bis dahin noch nicht brennenden Haut haften bleibt, was Verbrennungen bis auf die Knochen verursacht und die Opfer sehr langsam sterben.

Bei der Bombardierung von Hamburg durch britische und amerikanische Bomber half den Einwohnern auch kein Sprung in Gewässer, da sich nach Auftauchen die Mischung an der Luft wieder entzündete. Durch die Hitze der Brandbomben entwich die Luft nach oben und es entwickelte sich eine Sogwirkung, welche die Menschen in das flammende Inferno zog.

Der Angriff erhielt den Codenamen „Operation Gomorrha“.

1. Buch Mose, 19, 24: „Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorrha“.

Mit dem Begriff Gomorrha sollte wohl dem brutalen Angriff der Charakter eines himmlischen Strafgerichts verliehen werden.

Die Entwicklung der Atombombe

Außer dieser Ruchlosigkeit im zweiten Weltkrieg stellen vor allem die Atombombenabwürfe in Japan ein abscheuliches Vergehen gegen die Menschlichkeit dar.

Auch diese Grausamkeiten wurden durch physiko-chemische Entdeckungen im 20. Jahrhundert ermöglicht.

Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann versuchten 1938 durch Beschuss von Uran mit Neutronen Transurane, also Elemente, die schwerer als Uran sind, herzustellen.

In den Reaktionsprodukten fanden sie Spuren des Elements Barium, das mit einer Atommasse von 137 u etwas mehr als die halbe Masse des Uran-238 aufweist. Daraufhin schlussfolgerten die drei Wissenschaftler auf ein „Zerplatzen“ des Urankerns in mittelschwere Atomkerne.

Die Kernspaltung war entdeckt.

Hahn und Straßmann stellten danach fest, dass nach dem Beschuss mit Neutronen zusätzliche Neutronen freigesetzt wurden und schlossen auf eine Kettenreaktion, bei denen immer weitere Neutronen die Kernspaltung beschleunigen.

Politische und militärische Führer erkannten rasch das Vernichtungspotenzial dieser Entdeckung, woraufhin in den Vereinigten Staaten vom Amerika die ersten Atombomben konstruiert wurden.

Auch in Deutschland wurde während des zweiten Weltkriegs an der Entwicklung einer Atombombe gearbeitet. Der Bau dieser Waffe scheiterte jedoch letztlich am Mangel an verfügbarem spaltbarem Uran.

Nach dem ersten Kernwaffeneinsatz am 6. August 1945 über Hiroshima starben durch die Druckwelle, die radioaktive Strahlung und den entstandenen Feuersturm, bis zu 90.000 Menschen. Verletzte und Überlebende litten bis zu ihrem Tod an den Spätfolgen der Strahlenbelastung. Zur Zeit des Abwurfs waren in Hiroshima 40.000 japanische Militärangehörige stationiert. Doch die meisten der etwa 250.000 Einwohner waren Zivilisten, davon ungefähr zehn Prozent koreanische und chinesische Zwangsarbeiter.

Drei Tage nach dem Einsatz der Hiroshima-Bombe zündete die US-Luftwaffe über Nagasaki eine zweite Atombombe, die Plutonium als Spaltmaterial nutzte und wesentlich stärker als die in Hiroshima verwendete Uran-Bombe war. Dennoch waren die Opferzahlen mit geschätzten 35.000 Toten geringer als in Hiroshima, da die Bombe ihren Zielpunkt um mehr als zwei Kilometer verfehlte und weil Nagasaki in einem Tal liegt.

Konstruktion atomarer Waffen

Zur Kernspaltung wird eine „kritische Masse“ benötigt.

Ist das Volumen der zu spaltenden Urankugel zu klein, so hat diese im Verhältnis zu ihrem Volumen eine zu große Oberfläche. Daher können zu viele der durch die Spaltung erzeugten Neutronen die zu geringe Masse verlassen, ohne eine weitere Spaltung auszulösen.

Bei einem größeren Volumen der Urankugel bleiben mehr Neutronen im Inneren der Kugel und können weitere Kernspaltungen starten. Dadurch steigt die Reaktionsrate an und die Kettenreaktion ist nicht mehr aufzuhalten.

Uran-235 weist ohne einen Reflektor, der aus Grafit oder

Wolframcarbid bestehen kann, eine kritische Masse von

49 Kilogramm auf.

Im Gegensatz dazu ist die kritische Masse von Plutonium mit 10 kg deutlich geringer.

In der Uranbombe von Hiroshima wurden zwei unterkritische Uranmassen durch die Explosion des Sprengstoffs Trinitrotoluol (TNT) zu einer kritischen Masse zusammengeschossen, wodurch die Kettenreaktion einsetzen konnte.

Diese eine Bombe benötigte den gesamten damaligen Weltvorrat an spaltbarem Uran-235. Aus diesem Grunde konnte keine weitere Uranbombe gezündet werden.

Plutonium war dagegen in ausreichender Menge vorhanden, weshalb die Amerikaner in Nagasaki diesen Bombentyp „ausprobierten“ und weiteres Leid über die japanische Bevölkerung brachten.

Kernwaffenfähiges Plutonium-239 konnte und kann in Kernreaktoren durch Bestrahlung von nicht spaltbarem Uran-238 mit Neutronen erzeugt werden:


Dadurch wurde spaltbares Plutonium-239 aus dem nicht kernwaffenfähigen Uran-238 gewonnen. Dieses Uranisotop kommt im natürlichen Uran mit einem Anteil von über 99 % vor. Spaltbares Uran-235 muss dagegen aufwändig angereichert werden, da es in Uranerzen nur zu 0,72 % enthalten ist.

Hinweis:

Der oben angegebene Reaktionsverlauf wird mit der verwendeten Symbolik in späteren Kapiteln genauer erläutert.

Reaktionen auf die Kernwaffeneinsätze

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Otto Hahn unter dem Eindruck der Atombombenabwürfe entschieden gegen den Einsatz der Kernenergie für militärische Zwecke ein. Er sah diese Art der Nutzung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse als Missbrauch, ja sogar als Verbrechen an.

Seinen „Wiener Appell gegen die Kernwaffen-Experimente“ von 1957 schloss Otto Hahn mit den beschwörenden Worten:

„Möge die Erkenntnis wachsen, dass bei der heute bestehenden Möglichkeit der Zerstörung alles irdischen Lebens ein großer Krieg nicht mehr die ‚Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ‘ ist.

Trotz der unvorstellbaren Gräuel, welche die Bomben in Hiroshima und Nagasaki angerichtet hatten, wurden zahlreiche noch wirkungsvollere Vernichtungswaffen entwickelt und in verschiedenen Ländern gehortet. Ein neuer, weitaus zerstörerischer Krieg war nach dem zweiten Weltkrieg durchaus vorstellbar und ist es leider bis heute.

Im Jahre 1962 stürzte Ragins Großmutter ins Zimmer und rief entsetzt aus, dass ein neuer, wohl noch schrecklicherer Krieg bevorstehe. Zu jener Zeit transportierten Schiffe der Sowjet-Union Mittelstrecken-Raketen mit Atomwaffen nach Kuba, was die US-Amerikaner zu einer Seeblockade veranlasste.

Die ungeheuren Gefahren eines möglichen Krieges mit Kernwaffen wurden damals einer breiten Öffentlichkeit schlagartig bewusst.

Die Wasserstoffbombe

Bereits 1952 wurde auf einem kleinen Atoll im Pazifik eine Wasserstoffbombe gezündet, welche die viertausendfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe hatte. Nach der Explosion war die kleine Insel nicht mehr vorhanden.

Edward Teller war maßgeblich an der Entwicklung der Wasserstoffbombe beteiligt. Er war Zeitlebens eine Figur voller Widersprüche. Sein vehementes Eintreten für Massenvernichtungswaffen von immer größerer Sprengkraft war für ihn ein Dienst am Weltfrieden und übte großen Einfluss auf die US-Politik aus.

1995 sinnierte Teller:

„Die Zündung einer Atombombe am Abendhimmel über Tokio hätte die Stadt in grelles Licht getaucht, aber verschont und vermutlich zur Abschreckung genügt. Wenn wir den Krieg durch eine Demonstration wissenschaftlicher Macht beendet hätten, ohne einen einzigen Menschen zu töten, wären wir heute alle glücklicher, vernünftiger und in größerer Sicherheit."

Kurz vor seinem Tod schrieb er:

"Ich wurde oft gefragt, ob ich es bedauere, an Atom- und Wasserstoffbomben gearbeitet zu haben. Meine Antwort lautet nein. Ich beklage zutiefst den Tod, den die Atombomben-Abwürfe brachten. Aber die beste Erklärung, warum ich die Arbeit an Waffen nicht bedauere, ist eine Frage: Was wäre geschehen, wenn wir es nicht getan hätten?"

Otto Hahn hat den Missbrauch seiner Entdeckung verurteilt. Edward Teller dagegen versuchte das grauenvolle Ergebnis seiner Arbeiten zu rechtfertigen. Eine tödliche Nutzung ihrer Tätigkeiten konnten oder wollten beide nicht verhindern.

Immer mehr Nationen entwickeln Kernwaffen, wodurch das „Gleichgewicht des Schreckens“ aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Auch für Terroristen sind Kernwaffen interessant. Es genügt bereits eine „schmutzige Bombe“, die mit herkömmlichem Sprengstoff gezündet wird und radioaktive Materialien enthält. Dadurch könnten große Gebiete langfristig unbewohnbar werden.

Wegen seiner hohen Dichte wird Uran in panzerbrechenden Geschossen genutzt. Da dieses abgereicherte Uran aus Kernkraftwerken stammt, enthält es auch andere radioaktive Elemente, welche ebenfalls die Einsatzgebiete verseuchen. Tausende Tonnen dieser Uranmunition wurden in den kriegerischen Auseinandersetzungen der jüngeren Zeit eingesetzt. Die dort lebenden Menschen atmen die bei der Explosion freigesetzten fein verteilten Partikel ein oder nehmen sie mit der Nahrung auf. Inkorporierte Alphastrahlung schädigt die Körperzellen und kann Krebs auslösen.

Viele revolutionäre Erfindungen können dem Menschen hilfreich oder ein Schaden sein. Es kommt stets darauf an, wie eine Technik genutzt wird.

Elektrizität ist heute unersetzlich, kann aber auch tödlich wirken.

Ein Messer in der Hand des Chirurgen kann Leben retten, aber in der Hand eines Mörders Leben vernichten.

Auch die in der Wasserstoffbombe verheerend wirkende Kernfusion könnte zukünftig die Energieversorgung sichern.

Die Kernfusion

Die Wasserstoffbombe entfaltet eine unvorstellbar große zerstörerische Kraft.

In den unzähligen Sternen des Universums läuft die Kernfusion jedoch ohne Schaden für die Erde ab und bleibt ungefährlich, solange man ihnen nicht zu nahe kommt.

Auch in dem uns nächstgelegenen Stern, der Sonne, findet die Fusion von Wasserstoff zu Helium unter enormer Energiefreisetzung statt. Um diese Energie in einer Bombe zu erzeugen, wird darin das Wasserstoffisotop Deuterium in der chemischen Verbindung Lithium-Deuterid verwendet.

Fusionsreaktionen werden in den kommenden Kapiteln dieses Buchs ausführlich erläutert.

Die bei der Wasserstoffbombe entstehenden Neutronen sind für die sogenannte „Neutronenwaffe“ entscheidend. Die Bauart dieser speziellen Wasserstoffwaffe wird auf eine maximale Neutronenausstrahlung optimiert. Besonders fies ist die militärische Bedeutung der Neutronenwaffe als taktische Waffe, da alle Lebewesen durch Neutronenstrahlung getötet werden, die Infrastruktur jedoch weitgehend intakt bleibt.

Wegen der vernichtenden Wirkung der energiereichen Wasserstoffbomben, hat bisher die Vorstellung an einen alles zerstörenden Krieg, den Einsatz von Atomwaffen verhindert. Man spricht immer noch zynisch vom „Gleichgewicht des Schreckens“.

Ragins Weg

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