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Worauf es bei der Heilung ankommt

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Depression ist eine Antwort der Seele auf innere und äußere Not. Heilung erfolgt meist nicht direkt, sondern indirekt durch Herstellen guter Bedingungen – ein Gedanke, der in der naturheilkundlichen Medizin schon seit Jahrhunderten bekannt ist. In der wissenschaftlichen Medizin und nach der WHO-Definition wird mit „Gesundheit“ ein Zustand des vollkommenen körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen bezeichnet. Nach dieser Definition gibt es heute streng genommen kaum gesunde Menschen. Im naturheilkundlichen Denken wird hingegen unter Gesundheit die Fähigkeit verstanden, flexibel auf das reagieren zu können, was uns immer wieder aus unserer eigenen Mitte bringt. Hier wird vielmehr die grundsätzliche Regulationsfähigkeit unseres Körpers und unserer Seele in den Mittelpunkt gestellt. Statt eines Zustands von Symptomfreiheit geht es um die Fähigkeit, uns mithilfe unserer Selbstheilungskräfte zu regenerieren und wieder zu regulieren.

Für einen Menschen in der Krise bedeutet das, zu verstehen, wie es dazu gekommen ist und welche Faktoren die „Schieflage“ aufrechterhalten. Statt des Anspruchs unserer heutigen Gesellschaft auf völlige Unversehrtheit und Fitness geht es mehr um die Wertschätzung und Akzeptanz der eigenen Möglichkeiten, auch wenn diese unter Umständen begrenzt sind, sowie um unsere Verantwortung, das Beste aus dem eigenen Leben zu machen. Verständlicherweise bedeutet Gesundheit deshalb für den einen schon die Fähigkeit, wieder arbeiten zu können; für einen andern Menschen geht es um Stabilität und Glücksempfinden im privaten Bereich.

Dass es manchen Menschen schwerer fällt als anderen, wieder stabil zu werden, hat unter anderem mit der Neurotransmitterausstattung des Gehirns zu tun, die meist schon im Kindesalter ausgeprägt wird.

So hat eine Untersuchung ergeben, dass es konstitutionell gesehen zwei Gruppen von Kindern gibt. Die eine hat einen normalen Serotoninspiegel, der sie gegen Stresseinwirkungen sehr gut abfedert. Die andere Gruppe von Kindern weist einen erniedrigten Serotoninspiegel auf, wodurch die Kinder deutlich stressanfälliger sind. Interessant ist, dass eine fürsorgliche Haltung der Eltern in den ersten Lebensjahren diesen Mangel völlig ausgleicht und diese Kinder im Erwachsenenalter sogar besonders flexibel und stressresistent macht, mehr noch als die Kinder mit erhöhtem Serotoninspiegel. Belastende oder gar traumatische Kindheitserlebnisse wirken sich bei der einen Gruppe also besonders fatal aus, während die andere Gruppe davon weniger stark irritiert wird.

Man kann sich vorstellen, dass manche Menschen einen ausgeprägteren Neurotransmittermangel haben als andere und deshalb von Medikamenten eher profitieren. Das heißt nicht, dass die einen Medikamente benötigen, die anderen nicht. Vielmehr kann eine vorübergehende oder langzeitige Behandlung bei manchen Menschen wichtiger sein als bei anderen. Es kann sogar sein, dass insbesondere in der Anfangsphase der Krise ein ganzes Arsenal von Medikamenten notwendig ist, um eine Destabilisierung zu verhindern. Das Gehirn ist jedoch äußerst regenerationsfähig und reagiert positiv auf jede stimmige therapeutische Unterstützung.

Medikamente in Form von Psychopharmaka sind eine Möglichkeit, den Betroffenen unerträgliches Leiden zu nehmen und die therapeutische Verarbeitung möglich zu machen. Die alleinige medikamentöse Therapie bringt allerdings keine wirkliche Heilung und erhöht die Gefahr einer erneuten Erkrankung.

Der Grund ist, dass die Ursachen nicht erkannt und bearbeitet werden und sich deshalb an den zugrunde liegenden ungesunden Mustern nichts verändert. Allerdings möchte ich erwähnen, dass gewisse Mangelzustände stofflicher Art und manche Grunderkrankungen ähnliche Symptome verursachen wie Depression oder Burnout. Ich denke hier an die Wochenbettdepression, die Schilddrüsenunterfunktion oder schwere Allgemeinerkrankungen. In diesen Fällen bedarf es gezielter ganzheitlicher Behandlung und unterstützender Medikamente, damit auch die Seele wieder ins Gleichgewicht kommen kann. In den Kapiteln über Körpersymptome und Nahrung für die Seele wird darauf näher eingegangen.

In der heutigen Medizin gibt es gute therapeutische Behandlungsansätze, die sich ständig weiterentwickeln. Dabei kommt es weniger auf die verwendeten Methoden als auf die heilende Beziehung zwischen dem Hilfesuchenden und dem Behandler an, mit dem gemeinsam nach Wegen aus der Krise gesucht wird.

Es ist mir ein Anliegen, mit diesem Buch von der Festschreibung von Krankheitszuständen wegzukommen und Heilung nicht als einen idealen Endzustand, sondern als einen Prozess betrachten, der in vielen kleinen Schritten gelingen kann. Auf diese Weise erschließen sich neue Denkhorizonte und die Kreativität, die es braucht, um auch mit schwierigen Krankheitsverläufen umgehen zu können. Ich möchte deshalb die bei jedem Menschen vorhandenen Selbstheilungskräfte in den Vordergrund stellen, die dann wirksam werden, wenn sich günstige Bedingungen dafür ergeben: das Gefühl, wirklich verstanden zu werden, die Möglichkeit sich selbst zu verstehen, bessere Lebensumstände wie zum Beispiel ein geschütztes Umfeld, stärkende Substanzen, vor allem aber wirksame Strategien, die einem Menschen das Gefühl geben: „Ich bin nicht ohnmächtig, sondern handlungsfähig.“

Wenn man bedenkt, dass sich erst seit etwa zehn Jahren Behandlungskonzepte für schwer traumatisierte Menschen entwickeln, kann man ermessen, wie viele an Depression Leidende noch keine Hilfe finden konnten. Auch gibt es keine Patentrezepte für Menschen, die an einer zunehmend süchtigen Gesellschaft mit all ihrer Wohlstandsverwahrlosung und der damit verbundenen Sinnentleerung leiden. Jedoch haben mir meine guten Erfahrungen in der Arbeit mit Depressiven, die schon sehr lange krank oder wiederholt erkrankt waren, bestätigt: Heilung im Sinne einer geglückten Lebensbewältigung ist grundsätzlich immer möglich. Mit welchen Hilfsmitteln, ob mit oder ohne medikamentöse Unterstützung, sei dahingestellt. Sie, die Sie auf der Suche nach Antworten sind, werden hier viele Anregungen finden, wie Sie einen Schritt weiterkommen auf dem Weg zu Ihrer ganz persönlichen Gesundheit, nämlich der Fähigkeit, Ihr Leben wieder selbst zu steuern. Heilung setzt also die folgenden Schritte voraus:

•die Symptome verstehen

•das System beruhigen

•gute Rahmenbedingungen schaffen

•neue Perspektiven entwickeln

An der Tür des Aufenthaltsraumes einer psychosomatischen Klinik fand ich folgenden Spruch, dem nichts hinzuzufügen ist:

„Krankheit ist ein Symptom verirrten Lebens. Sie drosselt das Tempo falscher Bewegung. Denn verlangsamtes Leben findet zu sich selbst zurück. Der Körper verweigert sich weiterer Oberflächlichkeit und zwingt das Leben in die Tiefe.“

Depression und Burn-out überwinden

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