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Der Notfallkoffer

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Zum Verständnis:

Menschen, die sich in schwer aushaltbaren seelischen Zuständen befinden, ist eines gemeinsam: Die Ganzheit von Körper, Geist und Seele ist verloren gegangen. Es kann leicht geschehen, dass Sie als Betroffene aus ihren Gedankenschleifen, den Emotionen und der Unruhe nicht mehr herauskommen. Das Gefühl für die Realität gleitet Ihnen weg und Katastrophenfantasien, das typische „Kopfkino“ oder bestimmte Körpersymptome nehmen überhand. Das liegt an den Alarmreaktionen im limbischen System, die die normale Körperwahrnehmung und das nüchterne Denken beeinträchtigen. Die gesamte Persönlichkeit ist auf Notfallprogramm geschaltet, bei dem es allein darauf ankommt, zu fliehen, zu kämpfen oder sich tot zu stellen, was meist wenig nützt. Deshalb sind Sie vielleicht immer wieder außer sich, unruhig, panisch, verkrampft oder blockiert.

In solchen Situationen sind alle Maßnahmen hilfreich, die dafür sorgen, dass Sie sich körperlich wieder besser spüren und in die Realität des Hier und Jetzt zurückfinden. Erfahrungsgemäß haben Sie in solchen Situationen jedoch keinen klaren Kopf. Es fällt Ihnen gerade dann, wenn Sie es am nötigsten brauchen, nichts ein, was Sie für sich tun könnten. Sie sind, ähnlich wie es Menschen im ganz normalen Alltag oft geht, wie abgeschnitten von Ihrer Kreativität. Ihr „Notfallkoffer“ hält die Maßnahmen für Sie bereit, die für Sie ganz persönlich hilfreich sind, um da wieder herauszukommen.

Dieser „Notfallkoffer“ ist eine Auflistung aller für Sie derzeit hilfreichen Aktivitäten, die Ihnen helfen können, wieder klar zu werden und zur Realität zurückzufinden. Praktischerweise haben Sie ihn (sie) immer bei sich oder Sie wissen, wo er liegt. Was ist darin enthalten?

Der Notfallkoffer ist so individuell, wie die Betroffenen verschieden sind, und vor allem: Sie kann für den objektiven Beobachter sehr unorthodoxe, ja, sogar absurde Empfehlungen enthalten. Die Maßnahmen dieser Notfallliste haben nur einen Zweck, nämlich den, dass Sie sich selbst steuern können, indem Sie etwas „Sinn-volles“ tun.

Nehmen wir diesen Fall: Sie bekommen plötzlich Panik, allein zu sein. Sie werden von extremen Verlassenheitsgefühlen überschwemmt, da ihr Mann gerade das Haus verlassen hat. Sie können sich noch so oft sagen, dass das doch Unsinn sei, da sie ja eben gerade noch in Ruhe die Zeitung gelesen haben, doch das nützt Ihnen wenig.

Egal, was es ist – es ist gerade so. Kein Grund jedenfalls, mit sich zu hadern, sondern die Aufforderung, die Situation so, wie sie ist, anzunehmen und konkret damit umzugehen.

Ihr Notfallkoffer könnte die folgenden Maßnahmen für Soforthilfe enthalten:

•Stopp! Bewusstheit einschalten, die Situation annehmen: Ja, es ist jetzt wieder so. Ich bin panisch, obwohl das eigentlich nichts mit der Realität zu tun hat. Was kann ich tun?

•Ein großes Glas kaltes Wasser trinken, eventuell mit Rescue-Tropfen (5 Tropfen) oder mit Baldriantropfen (50 Tropfen)

•Auf die Schnelle erst einmal die Thymusdrüse klopfen oder den „Wunden Punkt“ reiben, wie im Kapitel „Leib-Seele-Kontakt durch Klopfen und Berühren“ beschrieben, und sich sagen:

„Auch wenn ich gerade totale Panik habe, bin ich gut so, wie ich bin …“

•Für ein kraftvolles Körpergefühl sorgen – Ausrichtung in der Horizontalen und Vertikalen: Fest mit den Füßen auf den Boden stampfen (Erdung) und/oder die Hände fest gegen die Wand stemmen (eigene Kräfte spüren). Einen Gegenstand in der Hand fest drücken (handlungsfähig werden).

•Mit den Händen die Innenseiten der Knie berühren und ein paar ruhige Atemzüge zulassen.

•Ausprobieren, ob Willenskraft hilft, die Abwärtsspirale zu durchbrechen (zum Beispiel wütend werden: „Jetzt aber Schluss mit dem Quatsch!“). Sie dürfen in dieser Situation gerne Kraftausdrücke benutzen, in einer anderen Sprache sprechen oder singen. Werden Sie von mir aus zum Clown, zum Schauspieler, falls Sie dadurch eher die Kontrolle über sich bekommen. (Eine Frau sprach in solchen Situationen gerne bayrisch, da sie auf diese Weise besser schimpfen konnte.)

•Ortswechsel, Ebenenwechsel: Sie gehen nach draußen oder tun etwas, was Sie beschäftigt (Gehweg fegen, aufräumen, staubsaugen …).

•Auf Bewährtes zurückgreifen. Eine Klientin hatte beispielsweise folgende Punkte auf ihrer Liste: Ein festes Kissen umarmen und sich beruhigen durch sanftes Hin- und Herwiegen; Fahrrad fahren; sich in die Badewanne legen, duschen, einkaufen; einen Freund anrufen; Wut am Boxsack ausagieren; eine „Trommelmusik“ anhören

•Wenn das alles nicht hilft, gehen Sie durch das Gefühl hindurch: Wo im Körper spüre ich das Gefühl? Das Gefühl vor sich sehen, es als Gegenstand vor sich hinstellen und Augenbewegungen machen (längere Zeit rechts und links daran vorbeischauen).

•Entlastung durch Schreiben: Aus „Verzweiflung“ eine Story ähnlich einem Märchen (er)finden und sich buchstäblich aus dem unglücklichen Zustand herausschreiben („Es war einmal ein ganz unglücklicher kleiner Junge. Er hatte sich im Wald verlaufen … Da sah er auf einmal … Sie gingen zusammen … Da war er endlich sicher und geborgen …“) Märchen sind immer in der Vergangenheit geschrieben. Der Held geht durch schwierige Gefühle hindurch und die Geschichte nimmt ein gutes Ende. Das weiß unser Unbewusstes. Ich werde später darüber noch ausführlicher berichten.

•Jemanden zur Unterstützung dazuholen oder anrufen, der sich nicht verwickeln lässt und der einem etwas zutraut („Mit dem Rest der Angst kommst du auch allein zurecht!“)

•Klopfserien nach Dr. D. Klinghardt (2014), wie im Kapitel „Leib-Seele-Kontakt“ (S. 189) beschrieben, oder Mentaltechniken anwenden. (Siehe Kapitel „Probleme kompostieren“, S. 201)

Alle Techniken, die Sie gut finden und mit denen Sie sich auskennen, gehören auf Ihre Liste. Notieren Sie alles, was Sie schon einmal als hilfreich empfunden haben, auch wenn Sie meinen, dass das doch albern sei. Ist es nicht! Niemand anders muss das lesen.

Eine Frau fragte mich einmal allen Ernstes: „Ich rede immer mit mir wie mit einem Hund, ist das nicht verrückt?“ Ich erklärte ihr, dass ich das für äußerst sinnvoll hielte. Wer mit sich selbst spricht, nimmt mit sich Kontakt auf. Sprache ist unser wichtigstes Kontaktmedium. Und Beziehung zu uns selbst ist das, was die Seele gerade jetzt braucht, um Ruhe und Selbstkontrolle zurückzugewinnen. Nebenbei bemerkt haben viele Menschen genau deshalb einen Hund, damit sie einen Vorwand haben, um mit sich selbst sprechen zu dürfen. Und sie sprechen mit ihrem Hund meist netter als mit sich selbst!

Sie können sich auch spezielle Notfallkoffer für ganz verschiedene Gefühlszustände kreieren: für Panik, für Lethargie, für Verwirrung, für Traurigkeit, für negative Stimmen …

Meine Empfehlung:

Schreiben Sie ganz schnell ein paar Dinge auf, die Ihnen vertraut sind und von denen Sie wissen, dass sie Ihnen schon einmal gutgetan haben. Tun Sie es jetzt, jetzt sofort! Dann haben Sie schon etwas Wichtiges unternommen.

Im Anhang finden Sie ein Verzeichnis aller praktischen Maßnahmen, die im Buch vorgestellt werden. Wählen Sie die Selbsthilfemaßnahmen aus, die Ihnen spontan einleuchten und die zu Ihnen passen. Vor allem aber: Finden Sie Ihr eigenes Repertoire an Maßnahmen. Von Angeln über Holz hacken bis Zeitung verbrennen ist alles erlaubt. Hauptsache, es hilft!

Depression und Burn-out überwinden

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