Читать книгу Aldemakros - Dubhé Vaillant - Страница 10

Kapitel 5: Comics

Оглавление

Paris, Oktober 2027

Aufgeregt verliess Lavoisier die Métro und gelangte auf die Strasse gegenüber dem Institut. Er genoss diese Momente. Es fühlte sich triumphal an. Seine Erinnerungen gaben das Geheimnis preis. Sollte er mit seiner Vermutung Recht haben, dann wäre das eine Sensation, jedoch auch sehr beunruhigend.

»Hallo Charles«, rief er, als er kurz beim Kiosk vorbei kam, seinem Freund zu.

»Und, hat es genutzt?«, wollte Charles wissen.

»In gewisser Weise schon«, sagte Lavoisier zu ihm, obwohl er nicht sicher war, was in Tat und Wahrheit die Erinnerung zurückgebracht hatte. War es die Kombination aus Science- Fiction-Comics und der blendenden Sonne? Er wusste es selber nicht. Es duftete nach frisch zubereiteten Crêpes, und Lavoisier verspürte plötzlich grossen Appetit. Er merkte, dass er seit dem frühen Morgen nichts gegessen hatte. Und bei Crêpes wurde er immer schwach. Er entschied sich, kurz zu bleiben, und bat Charles, ihm eine zuzubereiten. Er mochte sie mit provenzalischem Honig aus den Alpilles. Als Kind war er immer im Herbst in der Provence in den Ferien gewesen.

»Auch wieder so eine Erinnerung«, dachte er.

»Und wie war es?«, wollte Charles wissen. »Hast du, was immer du gesucht hast, herausgefunden?«

»Ich denke schon. Aber wenn es das ist, was ich vermute, dann wird das sehr grosse Wellen schlagen. Ich weiss nur noch nicht ob das etwas Gutes oder Schlechtes bedeuten wird«, sagte er zu ihm.

»Hoffen wir auf gute Nachrichten«, meinte Charles.

Der Ton, mit dem er das sagte, hatte immer etwas Positives an sich. Dies war sicher auch ein Punkt, warum er Charles so mochte. Er würde die Welt, auch wenn sie untergehen würde, immer noch als etwas Schönes und Gutes betrachten.

»Hier kommt sie, die Crêpe, wie immer mit Honig aus den Alpilles. Mein Neffe bringt ihn jeweils extra für dich mit«, sagte Charles und schob ihm eine extra grosse Portion über den Tresen.

»Ja, ich hoffe auch, dass es etwas Gutes bedeuten wird«, sagte er mit halbvollem Mund, obwohl ihm sein Gefühl sagte, dass dem nicht so sein würde. Nachdem er gegessen und bezahlt hatte, verabschiedeten sie sich mit dem Daumen-hoch-Zeichen, das war auch so eine Angewohnheit von Charles. Noch ahnte er nicht, dass er ihn schon bald um einen sehr grossen Gefallen bitten würde. Lavoisier stieg wie gewohnt die Treppe zu seinem Büro hoch. Diesmal allerdings schneller als sonst. Es war kurz vor zwölf Uhr. Er übersprang dabei immer eine Stufe.

»Wie war dein Métroausflug«, begrüsste ihn Alice fragend.

»Zuerst absolut unergiebig«, antwortete er.

»War sie gut?«, fragte Alice.

Verwirrt schaute er sie an, denn er verstand ihre Frage nicht.

»Die Crêpe natürlich«, sagte sie und wischte ihm lachend ein paar kleine Zuckerkrümel vom Anzug.

»Charles macht die besten!« antwortete er mit einem Lächeln auf der Lippe.

»Aber dann?«, hakte sie wiederum in ernsthaftem Ton nach.

»Dann kam die Erinnerung zurück.«

»Woran hast du dich erinnert?«

»An babylonische Keilschrifttafeln«, antwortete er.

Alice schaute ihn überrascht an, denn sie konnte sich keinen Reim darauf machen.

»Was haben Keilschrifttafeln mit den Kreisen oder kugelförmigen Dingen oder zwei Sonnen zu tun?«

»Kannst du bitte die Bürotür schliessen«, bat er sie.

Nachdem sie die Türe geschlossen hatte, startete er Musik, die augenblicklich über seine Computerlautsprecher ertönte. Der Ton war relativ laut. Sie wusste, was das zu bedeuten hatte.

»Du bist also auf etwas Wichtiges gestossen. Absolute Geheimhaltung?«, fragte sie.

»Ja«, gab er kurz von sich.

»Niemand darf wissen, was ich vermute«, antwortete er ihr.

»Ich werde dich einweihen, wenn es soweit ist. Ich vertraue dir zu 100%. Aber zu deinem Schutz ist es besser, wenn du noch nichts weisst.«

»In Ordnung«, sagte sie leise.

Lavoisier spürte, dass sie ein wenig enttäuscht war. Aber Alice war zu lange im Geschäft, und sie liess sich nichts anmerken.

»Wie sieht es in Sachen Analysen aus? Gibt es auffällige Muster?«, wollte er wissen.

»Unsere Spezialisten fanden heraus, dass es überdurchschnittlich viele verschlüsselte Mails zwischen Paris und London in Zusammenhang mit Stonehenge gab. Das alleine ist nicht auffällig. Aber dass von Paris aus die gleichen Stellen sich für die Ereignisse in Belize und den Ngorongoro Krater interessieren schon«, eröffnete sie ihm.

»Wissen wir, wer dahintersteckt?«

»Nein, selbst unsere besten Leute konnten nur die Häufigkeiten analysieren, nicht jedoch den Absender der Nachfragen. Aber wir sind überzeugt, dass es die gleiche Gruppierung ist.

»Gut«, sagte Lavoisier.

»Wie sieht es mit dem zweiten Mann in Stonehenge aus?«, wollte er wissen.

»Unsere Verbindungsleute meldeten, dass auch noch jemand anderes vermutet, dass Edward Bakon nicht alleine gehandelt habe.«

»Merde«, entglitt es ihm.

»Wo suchen sie?«

»Sie wollen die Kommunikationsverbindung von Edwards Smartphone hacken. Eine entsprechende Meldung wurden uns zugespielt«, sagte sie.

»Dann war es definitiv kein Unfall. Die Person ist in grösster Gefahr. Wir müssen sie vor den anderen finden«.

»Wenn wir unsere Hacker darauf ansetzen, wird das bemerkt. Und zudem wären wir immer einen Schritt hinter den anderen«, sagte sie.

Lavoisier musste ihr da zustimmen.

»Es muss doch einen anderen Weg geben, herauszufinden, mit wem er es zu tun hatte«, dachte Lavoisier laut nach.

Lavoisier nickte und schaltete die Musik wieder aus. Alice verstand und sie gingen wieder in ein normales Gespräch über.

»Kann ich den Fernsehbeitrag, den ersten, nochmals sehen«, fragte er.

Alice nahm ihr Smartphone, startete die Videosequenz und projizierte diese auf den grossen Flachbildschirm an der gegenüberliegenden Wand. Beide schauten sich den Beitrag an, aber es war nichts Auffälliges zu erkennen.

»Schalte mal den Ton aus«, bat er.

Alice folgte der Bitte und aktivierte die Stummtaste. Augenblicklich war es mäuschenstill im Raum. Das war auch so eine Technik, die Lavoisier anwandte. Ohne Ton konnte er die Bilder konzentrierter in sich aufnehmen, ja geradezu aufsaugen. Es schien, als lenkte das akustische Signal seine Gedanken ab.

»Ich kann nichts erkennen, kein Muster, keinen Hinweis«, sagte er enttäuscht.«

»Unsere Leute haben auch nichts gefunden«, erwiderte Alice.

Sie wusste allerdings, dass dies in solchen Momenten nichts zu bedeuten hatte, denn Lavoisier hatte irgendeinen Sinn für ausserordentliche Wahrnehmungen.

»Nichts zu machen«, sagte er enttäuscht.

Alice verliess den Raum.

Manchmal dachte sie, dass sie ihn mit ihrer Anwesenheit irritierte und ablenkte. Ihr war schon aufgefallen, dass er, kurz nachdem sie sein Büro verlassen hatte, mit einer Lösung aufwartete.

Als sie im Vorzimmer wieder an die eigene Arbeit ging, klingelte das Telefon. Sie kannte die Nummer. Es war der Innenminister. Sie nahm den Hörer ab.

»Alice Bonmot«, sagte sie in einem freundlichen, aber nicht zu lässigen Ton in den Hörer. Sie wusste, dass der Innenminister nichts von Schmeicheleien und höflichem Getue hielt.

»Robin«, kann ich mit Dr. Lavoisier sprechen?«, fragte er sie.

»Einen Augenblick, ich verbinde Sie sofort.

»Herr Innenminister«, begann Lavoisier das Gespräch in einem formellen, nicht anbiedernden Ton.

»Was kann ich für Sie tun?«

»Sagen Sie mir etwas über das Stonehenge-Ereignis«, forderte er ihn auf.

Lavoisier kannte den Innenminister gut. Sie waren keine Freunde, und sie würden es auch nie werden. Aber sie respektierten sich gegenseitig. Als sein direkter Vorgesetzter war es nicht unüblich, dass er ihn spontan anrief.

»Wir haben keine Ahnung, was der Hintergrund des Ereignisses ist. Wir gehen jedoch davon aus, dass es nicht natürlichen Ursprungs war. Alle Beteuerungen und Erklärungen der namhaftesten Regierungsstellen, die besagen, es handle sich um ein natürliches Phänomen, sind reine Beruhigungsmassnahmen«, antwortete er.

»Haben Sie irgendeine Vermutung?«

»Wir gehen davon aus, dass der englische Journalist nicht der Urheber der Bilder ist. Unsere Spezialisten haben herausgefunden, dass irgendeine Gruppierung versucht, sein Smartphone zu hacken, um damit seine Quelle ausfindig zu machen.«

»Dann war es aus Ihrer Sicht kein Unfall?«, fragte der Innenminister.

»Ich erachte dies als äusserst unwahrscheinlich. Die Person, die gesucht wird, schwebt aus meiner Sicht in Lebensgefahr«, antwortete er.

»Finden Sie sie!«, sagte der Innenminister in leichtem Befehlston.

»Wir arbeiten bereits daran.«

»Haben Sie eine heisse Spur?«

»Noch nicht, aber ich fühle, dass ich nah dran bin. Wenn es das ist, was ich vermute, dann ist das eine grosse Sache, eine Sensation. Aber irgendwie auch beunruhigend«.

»Was vermuten Sie?«, wollte er wissen.

»Geben Sie mir noch ein paar Tage, dann werde ich Klarheit haben. Ich werde Sie sofort informieren, wenn ich soweit bin.«

»Kommen Sie schon Lavoisier, geben Sie mir einen Hinweis.«

»Es ist nur so ein Gefühl, und wenn es nicht zutrifft, blamiere ich mich bis auf die Knochen«, antwortete er.

»Sie mit Ihren Gefühlen, aber der Erfolg gibt Ihnen ja meistens recht. Ich gebe Ihnen zwei Tage, dann will ich wissen, woran wir sind«.

»Darf ich der Aufklärung des Falls höchste Priorität zuweisen?«, fragte Lavoisier. Dass er dies von sich aus schon angeordnet hatte, verschwieg er tunlichst.

»Genehmigt. Ich höre in zwei Tagen von ihnen«, sagte der Innenminister und legte auf.

Nachdem Lavoisier noch einige Stunden für andere Projekte gearbeitet hatte, verabschiedete er sich von Alice und ging. Sie erkannte an seiner Art zu gehen, dass für ihn noch lange kein Feierabend in Sicht war.

»Er wird sicher wieder mit seinen Leuten in Kontakt treten«, dachte sie. Und sie hatte natürlich Recht damit.

Aldemakros

Подняться наверх