Читать книгу The Scent - Gesamtausgabe - Easton Maddox - Страница 10
One
ОглавлениеHoly Shit!
Würde man den Wert der Klunker, welche die Damenwelt an diesem Abend hier trägt, addieren, käme ein ganz schönes Sümmchen dabei heraus. Der Betrag muss sich auf mehrere Millionen Dollar belaufen, wenn ich das so schnell im Kopf überschlage. Manch einer wird glauben, dass ich nicht mal eins und eins zusammenzählen kann, doch der irrt gewaltig. In meinem hübschen Kopf wohnt ein unschlagbarer Computer, wenn es um Zahlen geht. Die Mathematik ist meine Welt. Und eines ist sicher - dieser Ort hier ist der reinste Algorithmus.
Ich streife durch die Räume, als würden sie mir gehören, zumindest, als wären sie mir vertraut.
»Lady, bei all diesen Kostbarkeiten, die es zu bestaunen gibt, sind doch Sie das kostbarste Gut hier, wenn ich es so sagen darf.« Die Worte dringen an mein Ohr, und eine Hand legt sich auf meine Hüfte. Sofort schrillen sämtliche Alarmglocken; Körperkontakt ist ein No-Go.
»Da kann ich Ihnen leider nicht zustimmen, Mister. Jedoch haben die Klunker hier und ich eines gemeinsam: Berühren der Ware verboten.« Ich winde mich geschickt aus der Umarmung.
»Hey, Schätzchen, also wenn das die Aufforderung ist, ein Angebot zu machen, dann …«
»Schätzchen? Entschuldigung, aber wir spielen nicht in der gleichen Liga.« Ich blicke diesen untersetzten glatzköpfigen Kerl finster an und hoffe, dass meine arrogante Miene ihn in die Flucht schlägt.
»Hör mal …«
»Hallo, Carter. Ich hoffe, Sie haben etwas Hübsches für Ihre Frau ins Auge gefasst?«
Die tiefe samtene Stimme dicht an meinem Ohr beschert mir ein Kribbeln, als würden Nadelstiche meinen Körper malträtieren – auf eine beunruhigende Art. Ich zucke leicht zusammen, denn mir ist sofort klar, dass dieser Mann mir Unheil bringen wird. Die Art und Weise, wie er mit dem Gast spricht, macht klar, dass er eigentlich an mir interessiert ist.
»Ja, natürlich! Ich werde morgen ein Angebot abgeben.« Carter Mills wirft mir noch einen Blick zu, der sagen soll, dass er mich für käuflich hält, macht aber auf dem Absatz kehrt und stolziert erhobenen Hauptes davon. Er sitzt im Aufsichtsrat mehrerer Banken, ich habe ihn gegoogelt, so wie ich fast jeden Gast dieser Ausstellung überprüft habe, inklusive des Gastgebers - Colder Scent.
Scent ist einer der reichsten Männer auf dem Erdball laut Forbes, achtunddreißig, ledig, und er wohnt abwechselnd in Antwerpen, New York und Kapstadt. Als Beruf gibt er Diamantenhändler an. Wo er sonst noch seine Finger im Spiel hat, ist wohl sein Geheimnis.
»Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen?«
Die wohlklingende Stimme vibriert in meinem ganzen Körper. Ich drehe mich zur Rechten, um diesem geheimnisvollen Klang auf den Grund zu gehen.
Oh, wow! Ich ertrinke in einem Meer von Grau. Nicht fünfzig Schattierungen, nein, mindestens einundfünfzig. Tief hängende Wolken über weißen Berggipfeln. Seine Augen werden umrahmt von Wimpern, die jede Frau neidisch machen würden. Fein geschwungene schwarze Augenbrauen, von denen er eine fragend in die Höhe zieht.
Ich kann nur hoffen, dass mir nicht der Mund offen steht, so überrascht mich der Anblick, der sich mir bietet. Ich habe bereits Fotos von ihm gesehen, ihn studiert, doch die Realität sieht ganz anders aus. Besser. Umwerfend, wenn man es genau nimmt.
»Colder Scent, ich bin Ihr Gastgeber.«
Er reicht mir die Hand, die ich zögerlich ergreife, und haucht mir einen Kuss auf mein Handgelenk, nicht auf den Handrücken. Nein, er nimmt sich mein Handgelenk vor. Seine Lippen berühren kaum meine Haut, doch es kribbelt, als würde Strom fließen. Dabei beugt er sich vor und gewährt mir einen Blick auf sein kurzes welliges Haar. Schwarz wie die Nacht. Er duftet angenehm. Sauber, nach einem herben Duschgel und einem Hauch von Passionsfrucht und … Rum?
»Mr Scent.«
»Oh, bitte, für Sie Colder, Miss …?«
»Brody, Natalie Brody.«
»Natalie, ein wirklich schöner Name. Stehen Sie auf der Gästeliste, Natalie?«
»Ich bin die Begleitung eines Gastes. Also stehe ich sozusagen auf Ihrer Liste.«
Colder hält noch immer meine Hand. Als ich ihn loslassen will, verstärkt er den Griff, und sein Blick wird intensiver. »Bisher hatte ich Sie nicht auf meiner Liste, aber das wird sich in Zukunft ändern.«
Er trägt einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd, es steht am Kragen offen, keine Krawatte. Es lässt die Sicht auf einige wenige Brusthaare frei, was sehr erotisch wirkt, sodass mein Höschen gleich feucht wird. Seine Muskeln unter der Kleidung sind offensichtlich, und sein herbes Gesicht mit dem eckigen Kinn und den hohen Wangenknochen wird von einem dunklen Bartschatten bedeckt, der mehr als drei Tage alt ist. Meine Güte, er ist ein Gott - ein Sexgott! Da könnte ich gleich meinen Auftrag vergessen, zumindest für einen kurzen Augenblick.
»Verraten Sie mir den Namen Ihres Begleiters?«, fragt er erneut nach, und ich erinnere mich wieder an die Frage.
»Dort drüben!« Ich zeige auf das Büfett, an dem sich eine Menge Menschen drängeln, um von diesen edlen Häppchen, dem Belugakaviar oder dem Hummer in Weißweinsoße bloß etwas abzubekommen.
Sein Blick folgt der Richtung, in die mein Finger zeigt. »Georges Braque? Der Schmuckhändler aus Paris?«, fragt er verwundert, und sein Blick gleitet an meinem Körper entlang. Überlegt er, ob ich eine Sünde wert bin?
»Ja, Georges ist so ein netter Mensch. Er hat mich gebeten, ihn heute zu begleiten.«
»Aber Georges ist schwul.«
»Das macht doch nichts. Ich will ihn ja nicht heiraten!« Ich lache leise auf und schnappe mir ein Glas von einem Tablett, das ein Kellner an uns vorbeiträgt.
Endlich lässt Scent meine Hand los, und ich fahre mir ein wenig nervös durch mein Haar, trinke einen Schluck, um meine Nerven zu beruhigen. Normalerweise gilt bei mir: Kein Alkohol während der Arbeit. Doch heute muss ich eine Ausnahme machen. Dieser Colder Scent ist ein Mann, der einem den Atem raubt. Ich beneide jede Frau, die schon in seinem Bett gelandet ist. Und das waren laut der Yellow Press nicht gerade wenige. Natürlich wünsche ich mir nicht, dazuzugehören, denn einen Mann mit vielen anderen Frauen zu teilen, ist nicht mein Ding. Aber trotzdem beneide ich die, denen seine ungeteilte Aufmerksamkeit zuteilwird.
»Ich werde dann mal«, meine ich und schaue ihm direkt in die Augen.
Er lehnt sich etwas dichter zu mir heran, legt eine Hand auf meinen Rücken. Mein Kleid ist tief ausgeschnitten, also landet sie auf meiner nackten Haut, und eine Gänsehaut läuft über meinen Körper.
»Ich bin sicher, wir werden uns noch einmal wiedersehen, Natalie.« Er spricht direkt in mein Ohr, und seine Lippen berühren mich.
Ich schnappe nach Luft - er ist wirklich unwiderstehlich. Was für ein Mann!
*
Nur mit Gewalt kann Colder sich von dieser Frau abwenden. Doch er ist der Gastgeber und muss sich auch um seine anderen Gäste kümmern. Er hat hier einen Job zu erledigen, damit die Kasse klingelt, und ist nicht zu seinem Vergnügen hier. Auch wenn es sicherlich eine Wonne wäre, seine Zeit mit dieser Natalie zu verbringen. Sie zu berühren, dabei auf ihre nackte Haut zu stoßen, hat ihn augenblicklich hart werden lassen. Das ist ihm schon lange nicht mehr passiert. Verflucht, ist sie hübsch!
Nein, hübsch ist gar kein Ausdruck. Sie ist aufregend. Ihr langes braunes Haar hat die gleiche Farbe wie ihre Augen: braun mit goldenen Akzenten - wirklich verführerisch. Sie ist schlank mit Kurven an den richtigen Stellen. Auf ihrer sonnengebräunten Haut schimmerten goldene Härchen, die sich aufstellten, als er sie berührte. Dieses Detail ist ihm nicht entgangen, genauso wenig, wie sie verzweifelt nach einem Gesicht in der Menge suchte, das ihr bekannt war. Sie fand keines. Bleibt die Frage offen, wie sie hier hereingekommen ist. Zu den Ausstellungsräumen hat man nämlich nur Zutritt mit einer persönlichen Einladung, die fälschungssicher mit einem QR-Code versehen ist.
Wen hat sie bestochen, damit er sie hier hereinschleust? Und eine weitere Frage ist: Was will sie hier?
»Colder, besorgst du mir bitte einen Drink?«
Er blickt der jungen Frau entgegen, die auf ihn zutorkelt. Es ist Sydney York. Er hat einmal mit ihr geschlafen, was sich im Nachhinein als Fehler herausgestellt hat. Sie hält sich für seine neue Freundin und hat dies auch bereits in den Medien breitgetreten. Der Schaden ist angerichtet und nur schwer wieder zu beheben.
»Syd, du bist betrunken, es ist besser, du lässt dich ins Hotel fahren.« Er gibt einem der Security-Leute einen Wink.
»Nein, ich schlafe heute bei dir!« Sie legt ihren Kopf in den Nacken und schaut zur Decke, zu seiner Wohnung, die im oberen Stockwerk liegt.
Er packt sie unsanft an den Armen und drängt sie Richtung Ausgang. »Das wirst du ganz sicher nicht. Rush wird dich fahren.« Er übergibt Sydney an seinen Security-Mann. »Bring sie ins Hotel. Und pass auf, dass sie auch dort bleibt.«
Auf Rush ist Verlass. Er arbeitet seit zwei Jahren für Colder und hat sich bisher als äußerst zuverlässig erwiesen.
Colder hasst diese Art von Veranstaltungen, die er zweimal im Jahr organisiert, wobei ihm die Ausstellung im Januar hier in Kapstadt wesentlich mehr zusagt als die im August in New York. Er stellt ausgewählte Schmuckstücke und Edelsteine aus, die einen Tag später bei einer großen Auktion versteigert werden. Seine Käufer sind Juweliere und Privatleute, die er persönlich aussucht. Eine Einladung von Colder Scent zu einer seiner Auktionen kommt einem Ritterschlag gleich, das hat sich in der Branche herumgesprochen.
»Colder, wer ist diese Kleine, die Sie vorhin im Arm hatten?«
Carter Mills hält ein Glas Champagner in der Hand und trinkt einen großen Schluck. Colder beobachtet dabei angewidert dessen wulstige Lippen, die sich über den Glasrand wölben.
»Welche Kleine?«, fragt er desinteressiert, als wüsste er nicht, von wem die Rede ist.
»Diese braunhaarige Elfe, die im schwarzen Kleid.«
»Sie reden von Natalie, meiner Verlobten?«
Carter leckt sich gierig über die Lippen. »Oh, sie ist Ihre Verlobte? Wie haben Sie es geschafft, diese hinreißende Frau vor der Presse zu verstecken?«
»Die Presse bekommt nur das von mir, was ich will. So einfach ist das. Sie sollten Ihre Finger bei sich behalten, Carter, wenn Sie nicht wollen, dass man sie Ihnen eines Tages abhackt.« Damit wendet Colder sich ab und lässt Carter Mills einfach stehen. Er hat sich vielleicht ein wenig hart ausgedrückt, doch er ist in der Bronx aufgewachsen, kennt sich im wahren Leben aus.
Er muss diese Frau finden. Mit wachem Blick läuft er die unteren Räume seiner Villa ab, kann sie aber nirgends entdecken. Vermutlich hat sie die Veranstaltung genauso verlassen, wie sie gekommen ist. Unbemerkt.
*
Ungesehen in den ersten Stock zu gelangen, ist mehr als einfach. Die Mitarbeiter der Security sind gut, aber ich bin besser. Der Rucksack, den ich dort am Tag zuvor deponiert habe, als ich als Reinigungsfrau getarnt hier aufgekreuzt bin, liegt noch an seinem Platz. Schnell ziehe ich meinen schwarzen hautengen Overall an, das Kleid und die High Heels verstaue ich in dem Sack. Ich schnappe mir das gute Stück und laufe hinauf ins oberste Geschoss der Villa. Zu den Privaträumen von Colder Scent.
Die Türen zu seinem Privatbereich sind noch nicht einmal abgeschlossen. Wie leichtsinnig, Mr Scent! So etwas kann man sich wohl nur leisten, wenn man mehr als genug Geld besitzt.
Ich schalte meine kleine Taschenlampe an und suche nach dem Weg in sein Schlafzimmer. Wo sonst würde er das aufbewahren, was ich suche? In der Ausstellung hat ein ganz besonderes Stück gefehlt. Ein Collier mit einem Rubin von mehr als fünfzig Karat. Er soll aus dem Chaiyo-Rubin stammen, um dessen Fund und Echtheit sich eine Menge Geheimnisse und Gerüchte ranken. Das Collier soll angeblich mehr als fünf Millionen Dollar wert sein. Dafür kann man schon mal etwas riskieren.
Wo würde ein Mann wie Colder Scent solch ein wertvolles Stück aufbewahren, wenn nicht in seinem Allerheiligsten?
Der Raum liegt am Ende des Ganges, vor Kopf, und es gibt eine große Flügeltür. Das Zimmer ist riesig, genau wie das Bett. Was treibt dieser Mann in so einem großen Bett? Oder muss er vielleicht etwas kompensieren? Nein, das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Scent ist mit Sicherheit eine Granate im Bett. Auch wenn ich es nicht selbst herausfinden werde, so bin ich mir dessen doch sicher.
Der Schlafraum liegt nicht im Dunkeln, die indirekte Beleuchtung ist eingeschaltet. Colder hat es wohl gern gemütlich, wenn er nach Hause kommt. Mir gefällt sein Einrichtungsstil. Übersichtlich, klar und männlich. Der Innenarchitekt hat gute Arbeit geleistet.
Ich öffne eine Tür, dahinter finde ich den begehbaren Kleiderschrank. Eine ganze Menge Anzüge hängen geordnet an der Stange. Ebenso die maßgeschneiderten Hemden sowie Schuhe und Krawatten. Mein Gott, ist dieser Mann sorgfältig. Ich bin mir sicher, dass es sich bei ihm um einen Krebsmann handelt. Ich kenne mich mit Sternzeichen gut aus, und Mr Scent ist eindeutig im Zeichen des Krebses geboren.
Gerade als ich den Schrank wieder schließen will, flammt das Licht der Deckenbeleuchtung auf, und ich fahre erschrocken zusammen.
»Kann ich Ihnen in irgendeiner Weise bei Ihrer Suche behilflich sein, Miss Brody?«