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KAPITEL 6

NOAH

Auch als ich am zweiten Morgen aufwache, schmiegt sich ein Riese von hinten an mich. Mein Rücken ist von Matts Körperwärme schon ganz verschwitzt. Trotzdem genieße ich die Wärme und das Wohlgefühl einen Augenblick, bevor ich mich zusammenreiße. Es kann ja wohl nicht sein, dass mir Kuscheln plötzlich gefällt. Nein. Auf keinen Fall.

Ich schiebe ihn weg. »Für jemanden, der noch nie einen festen Freund hatte, bist du ganz schön anhänglich.«

»Das macht mein Körper automatisch«, entschuldigt sich Matt und gähnt. »Ich hab keine Kontrolle darüber, was ich im Schlaf tue.« Er rollt sich auf den Rücken und streckt seinen langen Oberkörper, wobei ihm die Decke bis zur schmalen Taille hinunterrutscht.

»Um wie viel Uhr findet das Fotoshooting noch mal statt?«, erkundige ich mich.

»Sobald wir angelegt haben.«

Ich schlendere hinaus auf den Balkon. Noch bewegt sich das Schiff, aber als ich den Kopf so weit über das Geländer strecke, wie es möglich ist, ohne ins Wasser zu stürzen, kann ich in der Ferne schon Land sehen.

»Ich geh duschen«, sage ich. »Und hol mir bei der Gelegenheit einen runter. Es sei denn …« Mein Schwanz steht in Habachtstellung, als ich die Boxershorts fallen lasse. »Du möchtest mir vielleicht Gesellschaft leisten?«

Ich hab keinen Schimmer, was da gerade über mich gekommen ist. Möchte ich, dass er Ja sagt, oder wollte ich ihm bloß blöd kommen? Keine Ahnung. Aber so, wie ich mich kenne, ist es eher Letzteres. Wobei ich das vermutlich nicht zugeben würde, falls er die Einladung annehmen sollte.

»Nein, danke.«

Hm. Er hat sich von meinem Vorschlag kein bisschen provozieren lassen. Mein Blick wandert an seinem muskulösen Bauch hinunter zu der zeltartigen Wölbung der Decke. Okay, körperlich hat er offensichtlich reagiert. Aber er geht nicht auf das Angebot ein.

»Na gut, aber vielleicht solltest du auch mal darüber nachdenken. Wir müssen wahrscheinlich den ganzen Tag in Unterwäsche rumlaufen und uns gut eingeölt aneinander reiben. Und du möchtest doch bestimmt nicht mit einer Erektion in dem Magazin zu sehen sein, oder?«

»Da du immer noch keine Wirkung auf mich hast, wird das kein Problem sein.«

Ich tue so, als müsste ich husten. »Bullshit.«

»Das ist nur eine chemische Reaktion. Dein loses Mundwerk verdirbt mir zuverlässig die Lust.« Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Ich würde dir zu gern mal zeigen, wozu mein Mund sonst noch gut ist.«

Für eine Millisekunde flackert Interesse über seine Züge, doch er hat sich sofort wieder im Griff. »Ich passe trotzdem.«

»Wie du willst.«

Als ich kurz darauf frisch geduscht das Badezimmer verlasse – ich musste nur daran denken, wie ich an Matt geschmiegt aufgewacht bin, und schon brauchte ich keine halbe Minute, bis ich kam –, hat Matt sich bereits in Surfershorts und ein ärmelloses schwarzes Shirt geworfen.

»Du hättest dir einen runterholen sollen«, trällere ich.

»Woher willst du wissen, dass ich das nicht gemacht habe?«

Und schon werde ich wieder hart. Der Typ treibt mich in den Wahnsinn. »Wir sollten miteinander schlafen.«

Matt seufzt auf. »Und schon sind wir wieder beim Thema. Warum genau sollten wir das tun?«

»Ich erklär’s dir. Wir stecken in dieser Beziehung fest, bis du einen Vertrag bekommst, und danach brauchst du mich auch noch für den einen oder anderen gemeinsamen Auftritt, damit deine Teamkameraden nicht auf den Gedanken kommen, dass du sie anbaggern willst. Weiß schließlich jeder, dass wir schwulen Jungs unseren Lebensinhalt darin sehen, uns ständig an die Heteros heranzumachen.«

Das bringt Matt zum Lachen. »Genau. Ganz abgesehen davon, dass Footballspieler sowieso nicht alle Tassen im Schrank haben. Nie im Leben würde ich mich an einen ranmachen.«

»Ist dir bewusst, dass du dich gerade selbst als verrückt bezeichnet hast?«

Das quittiert er mit einem humorlosen Schnauben. »Hast du nicht aufgepasst? Ich bin irre.«

»Sind wir das nicht alle?«

»Das lassen wir schön sein. Wir haben doch bewiesen, dass es dadurch nur noch eigenartiger zwischen uns wird und nicht einfacher, wie du vorausgesagt hattest.«

»Stimmt, allerdings ist es jetzt erst recht komisch. Wir können nicht so tun, als wäre nichts passiert. Ich werde ja schon hart, wenn du nur atmest. Sogar deine beschissene Einstellung törnt mich mittlerweile an.«

»So kriegst du mich bestimmt ins Bett«, spottet Matt.

»Stehst du eher auf Kerzenschein und Blumen?«

»Schluss jetzt.«

»Wir müssen uns nicht mögen, um uns gegenseitig zu befriedigen.«

»Ich wette, das sagst du zu allen Männern.«

Frustrierend ohne Ende, der Kerl.

»War nur eine Idee«, entgegne ich. »Wenn wir es uns gegenseitig besorgen, sagen wir wenigstens die Halbwahrheit, was unsere angebliche Beziehung angeht. Außerdem wissen wir beide, dass es nur vorübergehend wäre. Und wir verlieben uns nicht, wenn wir uns nicht leiden können.«

Matt starrt mich an, und auf seinem Gesicht zeichnet sich eine Mischung aus Verwirrung und Besorgnis ab. »Glaubst du wirklich, ich könnte dich nicht leiden? Ich bin sauer wegen dieser ganzen Situation, nicht auf dich. Trotzdem denke ich, es ist besser, die Sache zwischen uns professionell zu halten.«

»Wieso?«

»Diese Strategie muss unbedingt funktionieren. Und das kann ich vergessen, wenn wir miteinander schlafen. So weit bin ich noch mit keinem gegangen, da werde ich doch nicht …« Er klappt den Mund abrupt zu und zuckt zusammen, als hätte er etwas Falsches gesagt.

Ich lasse seine Worte in meinem Kopf noch einmal ablaufen und trete einen Schritt auf ihn zu. »Hast du gerade gesagt, was ich denke, dass du gesagt hast?«

»Nein. Vergiss es. Hab nix gesagt.« Ach ja, und wegen nichts kommt sein Akzent wieder durch?

»Mit wie vielen Typen hast du schon geschlafen, Matt?«

Seine Ohren laufen rot an. »Mit einer Menge.«

Ich grinse schief. »Bist du ein Top oder ein Bottom? Ich hatte angenommen, Mr Arschloch wäre eher ein Top, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob du überhaupt eins von beiden bist.«

Matt lockert das Genick. »Wir sollten uns noch was zu essen besorgen, bevor wir zu dem Fototermin müssen.« Er will an mir vorbeigehen, doch ich halte ihn am Arm fest. Sein verdammter tätowierter Bizeps ist so hart, dass mir das Wasser im Mund zusammenläuft.

»Bist du noch Jungfrau?« Meine Stimme klingt heiser.

»Nein.« Matt wendet den Blick ab. Und wie er noch Jungfrau ist. »Ich hab viel … Erfahrung. Das zählt.«

»Nein, tut es nicht. Hattest du schon mal Analsex? Egal in welcher Konstellation?«

»Sex definiert sich nicht nur darüber.«

»Das ist keine Antwort auf meine Frage.«

»Was geht dich das überhaupt an?«, faucht er.

»Na ja, als ich vorhin sagte, wir sollten miteinander schlafen, war es nur so eine Idee. Jetzt denke ich, dass wir es wirklich tun sollten.«

Matt wirft den Kopf in den Nacken und starrt die Decke an. »Wenn du das Thema jetzt nicht fallen lässt, dann lautet die nächste Schlagzeile: ›Matt Jackson ermordet seinen Freund‹.«

»Griffig. Aber jemand, der so heiß – und so alt – ist wie du, sollte keine Jungfrau mehr sein. Das müssen wir schnellstmöglich korrigieren.«

Zähneknirschend presst Matt hervor: »Wir treffen uns draußen. Ich muss jetzt was essen. Deinen Schwachsinn ertrage ich nicht auf leeren Magen.«

Er hat die Kabine verlassen, bevor mir klar wird, dass ich mal wieder alles vermasselt habe, weil ich wie üblich einfach mit allem herausgeplatzt bin. Diesmal hatte ich es allerdings nicht darauf angelegt. Und trotzdem bin ich ins größte Fettnäpfchen weit und breit getreten.

Zu meiner Verteidigung kann ich nur anbringen: Wie zum Teufel kann jemand wie Matt noch Jungfrau sein? Wenn er sich in Nachtclubs jemanden für einen Blowjob aufgerissen hat, hätte er ihn doch auch mit zu sich nach Hause nehmen können. Oder mit ihm in dessen Wohnung gehen, was noch anonymer gewesen wäre. Ich hab auch schon gesehen, wie Männer in solchen Clubs wie dem, in dem er erwischt wurde, Sex miteinander hatten.

Doch wenn ich mit dreiundzwanzig noch Jungfrau wäre, würde ich wahrscheinlich auch nicht wollen, dass mir das jemand unter die Nase reibt.

Wow, ich bin wirklich ein Arsch. Ich muss mich bei ihm entschuldigen. Hoffentlich hat er ein Aufnahmegerät griffbereit, denn Noah Huntington entschuldigt sich nie. Normalerweise.

Ich kann Matt in keinem der unzähligen Restaurants an Bord ausfindig machen, und als ich endlich alle abgeklappert habe, ist es Zeit für das Fotoshooting.

Ich hoffe, Matt in unserem Zimmer anzutreffen, doch stattdessen wartet dort unser Aufpasser.

Damon folgt mir in die Kabine. »Was hast du getan?«

»Aha, er hat mich also verpetzt.«

»Er verweigert das Fotoshooting.«

»Ach, ich glaube nicht, dass das was mit mir zu tun hat. Das Shooting ist einfach blöd.«

»Ich dachte, du würdest mehr Mitgefühl zeigen. Du weißt doch, wie es ist, wenn die Paparazzi hinter einem her sind.«

»Gerade weil ich Mitgefühl habe, halte ich den Fototermin für das ›Out and Proud Magazine‹ für eine schlechte Idee. Ja, er sollte zu seiner Homosexualität stehen und sich nicht länger verstecken, aber es so zur Schau zu stellen, wird genauso wenig funktionieren. Du hättest besser ›Sports Illustrated‹ oder ›Football is Life‹ für sein erstes großes Interview als Schwuler gebucht.«

Das bringt Damon zum Lachen. »›Football is Life‹? Das ist kein Magazin.«

»Sehe ich vielleicht aus, als würde ich viele Sportmagazine kennen? Ich denke nur, dass es in seinen Interviews um Football gehen sollte statt um seine sexuelle Orientierung.«

»Hast du schnell einen Abschluss in PR gemacht, als ich mal kurz nicht aufgepasst habe? Und du hast mir immer noch nicht gesagt, womit du ihn so verärgert hast.«

»Ich bringe das in Ordnung«, verspreche ich. »Kann sein, dass ich ihn unabsichtlich gegen mich aufgebracht habe. Ich kriege ihn schon dazu, das Shooting durchzuziehen. Für eine Absage ist es zu spät, aber vielleicht überdenkst du den Plan noch mal, wenn wir wieder zu Hause sind. Organisier ganz normale Termine für uns, und hör auf, ihn zum LGBTQ-Vorzeigeknaben hochzustilisieren. Wenn er sich selbst geoutet hätte, wäre es eine andere Situation, aber da alle Welt weiß, dass es unfreiwillig passiert ist, wirkt das alles zu bemüht.«

Damon lächelt mich an.

»Was ist?«, will ich wissen.

»Du magst ihn.«

»Er ist ein schlecht gelaunter Arsch.«

»Du magst ihn wirklich

»Sind wir etwa wieder auf der Highschool? Ich würde ihn nicht von der Bettkante stoßen, das geb ich gern zu, aber wir wissen ja alle, dass ich mit so gut wie jedem ins Bett steige, solange er einen Schwanz und einen Herzschlag hat.«

Damon neigt den Kopf zur Seite. »Tu das nicht.«

»Tu was nicht?«

Seine Worte treffen einen Nerv, und sofort gehe ich in Verteidigungshaltung. Ich kenne Matt erst seit drei Tagen, und er ist fast die ganze Zeit über schlecht drauf gewesen. Ich mag ihn nicht. Überhaupt nicht.

»Mach dich nicht selbst schlecht, um deine Gefühle zu verbergen«, erklärt Damon.

»Hast du etwa einen Abschluss in Psychologie gemacht, als ich kurz nicht aufgepasst habe?«, werfe ich ihm seine eigenen Worte an den Kopf. »Ich zieh mich an, entschuldige mich bei ihm, und dann bringen wir den Fototermin hinter uns. Je schneller wir damit durch sind, desto schneller können Matt und ich uns in unsere jeweilige Ecke auf dem Schiff verdrücken.«

Ich kenne Damon seit acht Jahren, und er steht mir fast so nahe wie ein Bruder. Deshalb kann ich praktisch hören, was er denkt, als er mir selbstzufrieden lächelnd zunickt.

»Ich steh nicht auf Matt«, widerspreche ich.

»Mmhmm.«

Blödmann.

* * *

Von Maddox und Matt ist weit und breit nichts zu sehen, als wir Damons Kabine betreten.

»Ich hoffe für dich, dass Maddox ihn zur Vernunft bringen konnte und sie schon an Land beim Fotoshooting sind«, meint Damon.

»Oder was? Feuerst du mich sonst? Oder bezahlst mich nicht? Oh, Moment, ich krieg ja gar kein Geld.«

Damon reibt sich über die Stirn. »Ich hab Kopfschmerzen.«

»Wegen der Gehirnerschütterung?«

»Nein, wegen dir

»Oh. Na ja, wenn das so ist, gern geschehen. Jetzt komm schon, ich bring das wieder in Ordnung.«

Damon kneift die Augen zusammen. »Womit genau hast du ihn eigentlich so wütend gemacht?«

Ich werde Damon nichts über Matts Jungfräulichkeit verraten. So ein Mistkerl bin ich nun auch nicht. »Ich hab vorgeschlagen, dass wir es miteinander treiben.«

»Du bist unglaublich.«

»Danke.«

»War nicht als Kompliment gemeint.«

»Wenn wir schon die nächsten Monate miteinander verbringen müssen, könnten wir doch wenigstens ein bisschen Spaß dabei haben.«

»Und du behauptest, du hättest nichts für ihn übrig«, spottet Damon.

»Mein Schwanz mag ihn.«

»Ja, und wie wir alle wissen, ist der nicht sehr wählerisch.«

»Ach, du darfst dich also über mich lustig machen, aber wenn ich das tue, ist das Selbstkritik?«

»Ja, allerdings. Soll ich dir ein Wörterbuch besorgen? Ich dachte, du hättest einen Collegeabschluss.«

Wir passieren die Kontrollpunkte und ziehen unsere Zimmerschlüssel über den Scanner. So ist nachvollziehbar, wer sich an Bord befindet und wer vom Schiff gegangen ist, wenn wir im Hafen liegen.

»Wo findet das Fotoshooting statt?«, erkundige ich mich.

»Ein halbe Meile den Strand hoch. Das Magazin hat dort ein privates Anwesen gemietet.«

Ich folge Damon vom Dock auf den Strand. In diesem Teil der Welt scheint die Sonne heißer, und ich fange sofort an zu schwitzen. Die Luftfeuchtigkeit macht es nicht besser.

Schon nach kurzer Zeit klebt mir das Shirt am Rücken. Ich ziehe es aus und stecke es in den Hosenbund.

»Immerhin sind ganze dreißig Sekunden vergangen, bevor du das verdammte Shirt ausgezogen hast«, grummelt Damon.

»Ich muss den Leuten doch was bieten.« Ich zeige auf meine Bauchmuskeln.

»An ihrer Stelle würde ich mein Geld zurückverlangen.«

Dafür rempele ich ihn an. »Hier draußen ist es heißer als in der Hölle.«

Wir kommen an Familien und Pärchen vorbei, die den Tag am Strand verbringen, und ich wünsche mir für Matt, er könnte sich ihnen anschließen, statt dieses Interview über sich ergehen lassen zu müssen.

»Wären sie wirklich ohne dich losgegangen?«, will ich von Damon wissen. Vielleicht hat Matt ja die Flucht ergriffen.

»Ich hab Maddox die Adresse geschickt und ihn gebeten, Matt hinzubringen.«

»Funktionieren die Handys wieder?« Meins liegt ausgeschaltet irgendwo in der Kabine. Tut mir leid, Dad, ich kann dich immer noch nicht zurückrufen.

»Ja.« Wie aufs Stichwort vibriert Damons Handy. »Kleine Vorwarnung: Paparazzi belagern das Grundstück.«

Ich schüttele den Kopf. »Das gerät völlig außer Kontrolle. Sie haben ihn bis auf die Bermudas verfolgt?«

Als wir um die nächste Ecke biegen, sehen wir, wie sich Paparazzi vor dem Tor eines Strandbungalows drängen.

»Ich glaube eher, die sind deinetwegen hier«, entgegnet Damon. »Wir hätten die politische Stellung deines Dads bedenken sollen, als wir uns für dich als Matts Freund entschieden haben.«

Ich habe sie sehr wohl bedacht. »Ja, das wäre vielleicht eine Überlegung wert gewesen.«

Damons grinst mich genauso schief an wie ich ihn. »Du hast nur Ja gesagt, damit du deinem alten Herrn eins auswischen kannst, oder?«

»Ich?« Ich tue so, als würde ich empört nach Luft schnappen. »So etwas würde ich nie tun.«

»Lügner. Na gut, jetzt bist du dabei. Mitten im Rampenlicht.«

Jetzt, wo ich kriege, worauf ich ursprünglich so scharf war, versetzt es mir nicht den erwarteten Kick. Stattdessen fühle ich mich irgendwie wertlos und kindisch. All das, womit ich die Aufmerksamkeit meines Vaters erringen will, erscheint albern im Vergleich zu dem, was Matt durchmachen muss.

»Alles in Ordnung? Du wirkst … nervös, aber das kann ja nicht sein. Du bist schließlich Noah Huntington der Dritte.«

»Alles bestens. Ich hatte nur nicht erwartet, dass sie uns hierher folgen. Bis eben war mir nicht klar, wie weit diese Leute gehen würden, um Matt das Leben zur Hölle zu machen.«

Damon hat schon wieder diesen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck aufgesetzt.

»Schnauze«, grummele ich und werde schneller.

»Ich hab doch gar nichts gesagt.« Mit seinen Ex-Baseballspieler-Beinen hält er locker mit mir Schritt. »Ich hab definitiv mit keiner Silbe erwähnt, dass du was für Matt übrighast.«

Das muss sofort aufhören.

Als wir uns einen Weg durch den Pulk von Reportern bahnen und neben Matts und meinem auch Damons Name gerufen wird, merke ich auf. Die Kerle haben ihre Hausaufgaben gemacht. Damon wäre beinahe berühmt geworden – bevor er sich an der Schulter verletzt hat.

In der Sicherheit des Anwesens drehe ich mich zu ihm um. »Die müssen ganz schön verzweifelt sein, wenn sie sogar dich abgewrackte ehemalige Fast-Berühmtheit erkennen.«

»Das ist der Noah, den ich kenne und liebe. Oder hasse? Eins von beiden. Für einen kurzen Moment hab ich dich tatsächlich vermisst, während du Matt angeschmachtet hast.«

»Du kannst mich mal.«

»Dafür hab ich Maddox. Aber danke für das Angebot.«

Die Eingangstür befindet sich an der Seite des Hauses, und auf Damons Klopfen hin lässt uns eine Assistentin hinein.

»Ah, gut, der andere ist da.« Sie eilt davon.

»Mach dich auf die Suche nach Matt, und kriech zu Kreuze«, verlangt Damon und zieht mich noch einmal zu sich heran, als ich mich gerade auf den Weg machen will. »Und du bietest ihm keinen Blowjob als Entschuldigung an. Deswegen ist er nämlich überhaupt erst sauer auf dich.« Das stimmt so nicht ganz, aber soll Damon doch glauben, was er will. »Und« – er hält mich erneut zurück – »ich muss dich ja sicher nicht daran erinnern, dass das hier der erste Test für euch ist. Wenn ihr das Shooting vermasselt, hätten wir es auch gleich ganz sein lassen können.« Mit gesenkter Stimme fügt er hinzu: »Jeder muss euch abnehmen, dass ihr ein Paar seid.«

»Bloß keinen Druck.«

Die Assistentin kommt zurück und ist immer noch so nervös und aufgeregt wie zuvor. »Bitte sehr.« Sie überreicht mir eine Badehose, und zwar keine dieser Surfershorts mit knielangen Beinen. »Zur Garderobe geht es da lang.«

Ich werfe Damon ein lautloses »Du schuldest mir was« zu und lasse mich von der kleinen Frau mitziehen.

Er reckt einen Daumen in die Luft. Wieso bin ich gleich noch mal mit ihm befreundet? Ach ja, genau, weil er einer der wenigen Menschen ist, die meinen Bullshit tolerieren.

Matt steht mit ausgestreckten Armen und Beinen mitten in einem der Schlafzimmer und vermeidet jeden Blickkontakt mit mir, während eine Frau ihn mit Öl einreibt. Sosehr ich auch versuche, den Blick von seinem knackigen Hintern in der engen, knapp geschnittenen Badehose abzuwenden, es gelingt mir nicht. Wenigstens bin ich nicht der Einzige, der so eine tragen muss, aber meinen Schwanz im Zaum zu halten, könnte eine Herausforderung werden.

Matt weigert sich immer noch, mich anzusehen.

»Könnten wir eine Minute für uns haben?«, bitte ich die beiden Assistentinnen.

Sie wechseln einen Blick, schauen von Matt zu mir und huschen dann aus dem Zimmer.

»M…«

»Nicht hier, Noah.« Er sieht kurz zur Tür hinter mir, durch die die beiden Frauen verschwunden sind. Wahrscheinlich könnte uns jemand belauschen.

Ich gehe zu ihm und drücke mich von hinten an ihn. »Es tut mir leid.«

»In Ordnung.«

»Ganz im Ernst. Es tut mir wirklich leid. Falls du es noch nicht gemerkt haben solltest, mein Mund sagt oft Dinge, für die mein Hirn keine Freigabe erteilt hat.«

»Lass es uns einfach hinter uns bringen.«

»Alles gut zwischen uns?«

Im Spiegel vor uns sehe ich, wie sein Blick zur Tür und zurück zu mir wandert. »Alles gut, Babe.« Er lehnt sich nach hinten und küsst mich auf die Wange. Für eine Sekunde bin ich verwirrt – genieße seine Nähe, seine warmen Lippen auf meiner Wange und wie rau sich sein Bart anfühlt –, aber dann erkenne ich, dass jemand in der Tür steht und auf uns wartet. Oder versucht, exklusives Insiderwissen aufzuschnappen.

Ich trete von Matt weg und winke die Frau herein. »Wir sind so weit.«

Zwanzig Minuten später werden wir beide, eingeölt und praktisch nackt, in den Garten auf der anderen Seite des Hauses gescheucht. Terrassendielen aus Holz bedecken den Boden rund um einen tropisch angehauchten Pool, der von Liegestühlen aus Bambus gesäumt wird. Über einen Felsen ergießt sich ein künstlicher Wasserfall in das Becken.

Eine kleine blonde Frau mit starrem, miesepetrigem Gesichtsausdruck sieht uns unbewegt an. »Wie schön, Sie beide kennenzulernen. Wir hatten gehofft, Sie am Strand fotografieren zu können, aber da Sie einiges Aufsehen erregen, verlegen wir das Shooting an den Pool.« Vielleicht hat sie sich zu viel Botox spritzen lassen und kann ihr Gesicht tatsächlich nicht mehr bewegen. Ihre Worte klingen freundlich, doch ihre Miene bleibt reglos. »Mein Name ist Callie. Ich werde Sie interviewen, und Lars ist für die Fotos zuständig.«

Lars, ein heißer nerdiger Typ, hantiert an einer Kamera herum und winkt uns kurz mit der freien Hand zu.

»Zwischen Ihnen ist hoffentlich alles in Ordnung?«, möchte Callie wissen. »Eine der Assistentinnen meinte, Sie hätten sich gestritten und wären getrennt hier eingetroffen.«

Matt sieht sich suchend nach Damon um, der einschreiten soll, wenn die Fragen den besprochenen Rahmen überschreiten. Callie hat zwar nicht gesagt, dass das Interview bereits begonnen hat, aber den meisten Journalisten ist das egal. Wenn man etwas nicht ausdrücklich für vertraulich erklärt, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass jedes Wort in der Presse auftauchen wird. Auf mich macht Callie nicht den Eindruck, als wüsste sie, dass wir unsere Beziehung nur vortäuschen. Ich habe eher das Gefühl, sie ist auf Tratsch aus, den sie im Internet verbreiten kann.

»Da muss ich Sie leider enttäuschen«, erwidere ich. »Ich war spät dran, weil Matty unbedingt wollte, dass ich unser Zimmer aufräume. Ich bin ziemlich chaotisch, und das kann er nicht leiden. Dabei hab ich sogar versucht, mich damit herauszureden, dass wir im Urlaub sind.«

»Ärger im Paradies?«, hakt Callie nach.

Lachend lege ich Matt einen Arm um die Taille. »Keine Spur. Nur ganz normaler Pärchenkram.«

Matt atmet erleichtert auf, und Callie tippt auf ihrem Tablet herum. Verwendbar ist das nicht. Niemand will darüber lesen, wie Pärchen sich wegen herumliegender Schmutzwäsche streiten. Schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen, wäre hingegen …

»Sie legen sich bitte auf den hinteren Liegestuhl, Noah«, weist Lars mich an. »Und Matt, Sie nehmen bitte auf dem hier vorne Platz und sehen Callie direkt an, wenn sie Ihnen eine Frage stellt.«

»Oh, mir wird Schwerstarbeit zugeteilt. Ich muss sonnenbaden«, bemerke ich.

Lars kommt zu mir herüber, als ich mich hinlege, und mustert mich von oben bis unten. Die dick umrandete Brille rutscht ihm fast von der Nase und lenkt meine Aufmerksamkeit auf seine vollen Lippen. Das in seinen Augen aufflammende Interesse ist eindeutig. Normalerweise würde ich sofort darauf einsteigen, aber für jemanden, der einen festen Freund hat, wäre das eine echte Scheißaktion. Also zwinkere ich ihm weder zu, noch frage ich ihn, wie er mich gern hätte, sondern ziehe fragend eine Augenbraue hoch.

»Legen Sie sich den Arm unter den Kopf«, weist er mich schroff an. Ich hebe einen Arm, da korrigiert er mich schon. »Äh, den anderen. Der am weitesten von der Kamera entfernt ist. Ich zeig es Ihnen.«

Das tut er nur zu gern, möchte ich wetten.

Während Lars mich in die Pose manövriert, die ihm vorschwebt, tritt Damon zu uns heraus, und Callie feuert ihre Fragen auf uns ab. Schonungslos kommt sie sofort zum Punkt.

»Wie fühlt es sich an, kein aktiver Sportler mehr zu sein, Matt?«

Matt verspannt sich und blickt zu Damon hinüber, der ihm kurz zunickt. »Ich hab mich noch nicht aus dem Sport zurückgezogen«, entgegnet er. Ich kann sein Gesicht zwar nicht sehen, mir sein aufgesetztes Lächeln aber vorstellen. »Ich hole momentan Angebote ein.«

»Ihr schneller Ausstieg bei den Bulldogs hat für einiges Aufsehen gesorgt. Gerüchte besagen, Sie wurden dort aufgrund Ihrer Homosexualität diskriminiert.«

Dank Damons Vorbereitung gestern Abend hat Matt die passende Antwort auf diese und ähnliche Fragen parat.

»Das hatte damit überhaupt nichts zu tun. Einen Monat bevor die Entscheidung fiel, meinen Vertrag nicht zu verlängern, hatte man mich bereits verwarnt. Da ich einen großen Teil meiner Persönlichkeit versteckt halten wollte, war ich nicht so offen und vertrauensvoll im Umgang mit meinen Teamkameraden, wie es angebracht gewesen wäre. Das war ganz eindeutig mein Fehler, und das ganze Team hat darunter gelitten. Die Bulldogs sind ein familienorientiertes Team und verstehen ihre Spieler als Familie. Ich hab sie nie an mich herangelassen, was letztendlich dazu geführt hat, dass sie sich nach einem besseren Teamplayer umsehen wollten. Jetzt wissen alle über mich Bescheid, ich brauche keine Geheimnisse mehr zu haben und werde diesen Fehler auch ganz sicher nicht mehr machen. Ich bin bereit, wieder Teil eines Teams zu werden.«

»Aber Sie gehörten letztes Jahr zu den besten Tight Ends der Liga.«

»Das allein reicht nicht aus«, erwidert Matt. »Football ist ein Teamsport.«

»Und Sie haben offenbar für das falsche Team gespielt.«

Ich werfe Callie aus dem Augenwinkel einen Blick zu. Man sollte meinen, jemand, der für ein Pro-LGBTQ-Magazin arbeitet, würde mehr Empathie zeigen. Es fühlt sich eher so an, als wolle sie Matt zu einer Reaktion provozieren.

Matt ignoriert den Köder jedoch. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung, dass wir das hier fehlerlos über die Bühne bekommen.

»Wie fühlen Sie sich als erster offen homosexueller Spieler in der NFL?«, lautet ihre nächste Frage.

»Der Titel gebührt ja wohl Michael Sam«, kontert Matt. Ich habe keine Ahnung, wer Michael Sam ist.

»Genau genommen war er der erste Homosexuelle, der gedraftet wurde«, korrigiert sie Matt. »Bis man ihn in der Vorsaison rausgeworfen hat.«

Ah, wahrscheinlich kenne ich ihn deshalb nicht.

»Na ja, wenn wir es so genau nehmen wollen, dann hätten wir da noch Kopay, Smith, McDonald, Simmons und eine Handvoll anderer Spieler, die sich als homosexuell geoutet haben, nachdem sie in den Ruhestand gegangen waren. Und während ich für die Bulldogs spielte, hatte ich mich noch nicht öffentlich zu meiner Homosexualität bekannt. Solange ich nicht bei einem neuen Team unterschrieben habe, ist der Titel also noch nicht vergeben. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin der Meinung, dass das keine große Rolle spielen sollte. Ich bin Footballspieler. Ob ich schwul bin oder nicht, hat damit nichts zu tun. Ich verdiene mir meinen Platz auf dem Feld genau wie jeder andere. Ich trainiere hart, um der Beste zu sein. Ich will einfach nur Football spielen.«

Callie tippt wie wild auf ihrem Tablet herum, und eine Schlagzeile hat sie auch schon: »Matt Jackson will einfach nur Football spielen«.

Puh.

»Mein Leben abseits vom Spielfeld hat sich bisher nicht auf meine Karriere ausgewirkt, und daran soll sich auch künftig nichts ändern.«

»Aber es hatte doch Auswirkungen auf Ihre Karriere. Sie haben selbst gesagt, dass Sie es sich nie erlaubt haben, sich mit Ihren Teamkameraden anzufreunden, was Sie den Vertrag gekostet hat.«

Matt schweigt zu lange für eine normale Gesprächspause. Es wirkt, als suche er verzweifelt nach einer passenden Antwort.

»Könnte ich mir kurz ein Wasser holen?«, frage ich. »So gut auszusehen, ist wirklich anstrengend.«

Der Trick erzielt die gewünschte Wirkung. Keine Ahnung, wohin die Assistentinnen verschwunden sind, aber Kameramann Lars läuft los und holt mir eine Flasche Wasser, während Matt und Callie mich anlachen.

»Wie haben Sie und Noah Huntington sich kennengelernt?«, fragt Callie.

»Mein neuer Agent – Damon King von OnTrack Sports – ist mit Noah aufs College gegangen. Ich bin den beiden auf einer Party begegnet.«

»Danke für die Werbung!«, ruft Damon von der Seite.

»Du bist der beste Agent, den ich je hatte.«

Lars kommt mit einer Flasche Wasser für mich zurück, die ich schnell austrinke, während er sich wieder hinter die Kamera begibt. Er lässt mich nicht aus den Augen, bis ich den letzten Tropfen hinuntergeschluckt habe. Da steht wohl jemand auf mich.

»War es Liebe auf den ersten Blick?«, hakt Callie nach.

»Ja«, antworte ich, und Matt sagt im selben Moment: »Nein.«

Callie gefällt unsere Antwort; ihre Miene leuchtet auf, als hätte sie gerade einen Volltreffer gelandet.

»Er hat mich ganz schön zappeln lassen.« Ich zwinge mich, es scherzhaft klingen zu lassen. »Die ersten drei Tage kam es mir vor, als würde ich ihm ständig hinterherlaufen.«

An Matts Schulterzucken erkenne ich, dass er in sich hineinlacht, weil es irgendwie stimmt. Seit wir das verdammte Schiff betreten haben, versuche ich immerzu, bei ihm zu landen, und kassiere jedes Mal eine Abfuhr.

»Was werden Sie tun, falls Sie ein Angebot von einem Team an der Westküste erhalten?«, lautet Callies nächste Frage. »Noah muss sicher in New York bleiben und den Wahlkampf seines Vaters leiten.«

Leiten. Tsss. Wann immer ich das Büro betrete, werde ich wie ein Kind behandelt. Bestimmt darf ich nicht mal eine Schere in die Hand nehmen.

»Das besprechen wir, falls es dazu kommt«, erwidert Matt. »Während der Saison konzentriere ich mich so gut wie ausschließlich auf den Football. Selbst wenn Noah bei mir wäre, müssten wir wie jedes andere Footballpaar damit fertigwerden.«

In diesem Moment mischt sich Lars ein. »Gut, ich habe jetzt genug Fotos von dieser Szene im Kasten. Lehnen Sie sich bitte zurück, Matt, und Sie, Noah, rutschen bitte zwischen seine Beine.«

Na, wenn das nicht nach Spaß klingt.

»Äh, mit dem Rücken gegen Matts Brust«, konkretisiert Lars und errötet dabei niedlich.

Unwillkürlich läuft mir das Wasser im Mund zusammen, als Matt die Beine gerade weit genug spreizt, dass ich in die Lücke rutschen kann. Sein Schwanz zuckt und drückt sich in meinen Rücken, während ich es mir bequem mache. Matt legt mir eine Hand auf die Hüfte, und plötzlich wünschte ich, ich wäre in seiner Position, denn er kann seine Erektion verstecken.

Callies Handy klingelt, und sie entschuldigt sich für einen Moment.

»Ich hab dir doch gesagt, du sollst dir einen runterholen«, raune ich Matt verstohlen zu. Ich verlagere das Gewicht und reibe mich mit dem Rücken an ihm, was ihm ein leises Stöhnen entlockt.

»Ich hasse dich«, wispert er mir ins Ohr.

»Irgendwie bezweifle ich das gerade.«

»Matt«, wirft Lars ein, »lehnen Sie den Kopf zurück, und schließen Sie die Augen. Sie, Noah, rutschen ein Stück nach unten und lehnen den Kopf an Matts Brust. Das Gesicht bitte zu mir drehen.«

Matt packt mich so fest an den Hüften, dass es schmerzt, als ich an ihm hinuntergleite. Hätte ich mit meinem vorlauten Mundwerk heute nicht schon genug Schaden angerichtet, würde ich ihn endlos damit aufziehen, dass er jetzt nicht mehr behaupten kann, er wäre nicht scharf auf mich. So hart, wie er ist, könnte ich ihn garantiert schon zum Höhepunkt bringen, indem ich noch ein bisschen herumzapple.

Bei der Vorstellung, wie Matt sich nicht mehr zurückhalten kann und an meinem Rücken kommt, werde ich selbst hart wie Stahl.

Lars räuspert sich, und ich starre hinunter auf meinen Schwanz, der schon fast aus der Hose ragt. Was bei dem Schnitt auch kein Wunder ist.

Auf typische Noah-Art lasse ich mich davon nicht aus der Fassung bringen. »Tut mir leid. Wir sind noch in der heißen Phase. In Matts Nähe zu sein, reicht schon …« Das entspricht sogar der Wahrheit. Erfolglos versuche ich, die Hose zurechtzurücken.

»Kein Problem«, meint Lars. »Ich, äh, mache nur Fotos von der Hüfte aufwärts.«

»Gute Idee. Ich nehme an, Sie können uns nicht ein paar Minuten Privatsphäre verschaffen?« Ich genieße es geradezu, Lars in Verlegenheit zu bringen.

Sein Gesicht nimmt die Farbe einer überreifen Tomate an. Nachdem er sich umgeschaut und vergewissert hat, dass niemand in Hörweite ist, sagt er: »Ich könnte dafür sorgen, dass alle anderen das Haus verlassen …«

Mir auszumalen, wie Matt und ich vor den Augen dieses heißen Nerds loslegen, ist einfach zu viel für mein kleines Hirn. Doch dann stelle ich mir vor, wie Lars dabei Matt beobachtet, und schon gefällt mir die Vorstellung nicht mehr ganz so gut. Ich will schon dankend ablehnen, aber Damon kennt mich zu gut und denkt, ich wollte Lars nur weiter ermutigen.

»Benimm dich, Noah«, befiehlt er.

»Ich wollte nur sagen, dass keiner außer mir Matt nackt zu sehen bekommt.« Obwohl das nicht so aufrichtig klingen sollte, amüsiert Damon sich köstlich darüber. Ich schwöre, er steht kurz davor, affektierte Kussgeräusche zu machen wie eine Zwölfjährige.

Hinter mir stößt Matt einen Seufzer aus. Vielleicht gewöhnt er sich langsam an meine Eskapaden.

»Wo ist denn deine bessere Hälfte?«, will ich von Damon wissen.

»Er sieht sich mit Stacy und Jared zusammen die Insel an.«

»Was hab ich verpasst?« Callie kehrt in unsere Runde zurück.

»Nichts«, behauptet Lars schnell, dessen Gesicht noch immer glüht, weil ich ihn so durcheinandergebracht habe. Was mich immer noch diebisch freut. Es hat meinem Ego gutgetan. Man könnte natürlich argumentieren, mein Ego wäre groß genug, aber nachdem Matt mich während der letzten Tage so oft zurückgewiesen hat, war das eine Wohltat. Ich weiß nicht mal, ob ich beleidigt oder geschmeichelt sein soll. Matt behauptet, er würde mich nicht hassen, sondern wäre nur gestresst, weigert sich aber, was mit mir anzufangen, obwohl ich ihn antörne. Ich bin noch nie jemandem begegnet, aus dem ich so wenig schlau geworden bin.

Callie setzt das Interview fort, und Matts Erektion verflüchtigt sich ziemlich schnell, als sie ihm Fragen zu seiner Familie stellt.

»Das steht nicht auf der Liste der vereinbarten Themen«, mischt Damon sich ein. »Nächste Frage.«

Callie wirkt ein wenig pikiert. »Na gut. Wen würden Sie als Ihren größten Unterstützer bezeichnen?« Sie gibt sich wirklich Mühe, das muss man ihr lassen.

»Das bin ich, wer denn sonst?«, antworte ich an Matts Stelle.

»Und wie sieht es mit Ihrer Familie aus, Noah? Freut sie sich über Ihre Beziehung mit dem Bad Boy des Footballs?«

Definitiv nicht. »Matt und ich sind noch nicht lange zusammen. Bisher hat sich noch keine Lücke im Terminplan meines Vaters ergeben, daher konnten sich die beiden noch nicht kennenlernen. Aber das holen wir bald nach. Meine Eltern werden Matt lieben, weil ich ihn liebe. Sie haben immer betont, mein Glück wäre für sie das Allerwichtigste.« Zu ihren Bedingungen natürlich.

Damon nickt zustimmend und ist offensichtlich zufrieden mit meiner Antwort. Doch in meinem Mund hinterlässt sie einen bitteren Nachgeschmack. Wie immer habe ich gehandelt, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Matt hat auch ohne den Mist mit meinem Vater schon genug um die Ohren. Angeblich tue ich Matt einen Gefallen, dabei ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er letzten Endes auch was abbekommt. Aus diesem Grund hatte ich seit dem ersten Collegejahr keine richtige Beziehung mehr. Mein Freund war nicht gut für das Image meines Vaters, also haben ihm meine Eltern Geld gegeben, damit er sich von mir trennt. Diese Lektion werde ich nie vergessen. Jeder hat seinen Preis, und jeder will etwas von mir.

Für meinen Vater soll ich der Goldjunge sein, der eine makellose politische Karriere vor sich hat.

Wer mit mir ins Bett geht, ist entweder scharf auf mein Geld oder will von meinen Beziehungen profitieren.

Aron wollte meine Liebe, doch die bekommt niemand von mir. Zugegeben, in der Situation bin ich der Arsch, aber er ist trotzdem ein weiterer Mensch, der mich um etwas bittet, das ich ihm nicht geben kann.

Würde ich allen Leuten, die in mein Leben treten und wieder verschwinden, etwas von mir geben, stünde ich irgendwann völlig nackt und schutzlos da, und mir bliebe nichts als Bitterkeit und Geld, das ich nicht selbst verdient habe.

»Noah?«, reißt mich Matt aus meiner Trance.

»Was?«

»Sie können sich jetzt nebeneinandersetzen«, erklärt Lars.

»Oh.« Ich richte mich auf und fahre mir mit der Hand über den kurz geschorenen Schädel.

Callie feuert noch mehr Fragen ab, die Matt alle professionell beantwortet. Ich hingegen überlege die ganze Zeit, ob wir nicht einen Riesenfehler gemacht haben. Die Paparazzi, die draußen auf uns warten, und die am Terminal bei der Abreise gehen mir nicht aus dem Kopf. Ganz zu schweigen von denen in Matts Hotel.

»Kann ich dich kurz sprechen?«, wende ich mich an Damon.

Er zögert, und sein Blick wandert zwischen Matt und Callie hin und her.

»Ich bin sowieso fast fertig«, versichert ihm Callie. »Lars will noch einige Fotos von Matt alleine schießen, dann macht er das eben jetzt.«

Ich will aufstehen, doch Matt zieht mich wieder zu sich runter. »Was ist denn los?« In seinen Augen flackern Angst und Misstrauen auf.

»Nichts. Alles gut. Ich hab nur eine Idee.«

Er mustert mich entsetzt. »Das beruhigt mich kein bisschen.«

Ich lege ihm die Arme um den Hals und ziehe ihn zu mir, um ihm einen Kuss auf die Schläfe zu drücken. »Wenn du ganz besonders lieb bist, erzähle ich es dir nachher.«

Als ich aufstehe, lächelt er mir zu. Was viel besser ist, als wenn er schon wieder sauer auf mich wäre.

Damon folgt mir in ein freies Zimmer und schließt die Tür hinter uns.

»Alles in Ordnung?«, erkundigt er sich.

»Ja, aber ich hab eine Bitte.«

»Oje.«

Ich sinke in mich zusammen. »Auch wenn ich mich nicht immer so benehme, mein Hirn funktioniert ganz gut. Manchmal jedenfalls. Außer diesem Interview steht während der Kreuzfahrt nichts weiter auf unserem Terminplan, oder? Unsere einzige andere Aufgabe ist, uns kennenzulernen, richtig?«

»Stimmt.«

»Matt wird sich nie entspannen, solange jedes Mal Paparazzi mit Kameras auf ihn warten, wenn er das Schiff verlässt. Und an Bord machen die Leute dauernd Schnappschüsse mit ihren Handys.«

»Was schlägst du vor?«

»Ich besitze ein Privatflugzeug. Damit fliegen Matt und ich heute Nacht zurück nach New York. Die Paparazzi gehen davon aus, dass er noch vier Tage unterwegs ist. In dieser Zeit kann er ein ganz normaler Mensch sein.«

Damon schüttelt den Kopf. »Die Sicherheitskräfte an Bord kriegen es mit, wenn ihr das Schiff verlasst und nicht zurückkommt. Dann reicht schon einer, der das ausplaudert.«

»Können wir unsere Schlüsselkarten nicht euch geben? Du informierst die Crew, dass Maddox O’Shay und Damon King die Kreuzfahrt frühzeitig abbrechen, und ihr zieht in unsere Kabine um. Dann müssen Matt und ich nur ungesehen vom Schiff kommen, damit uns die Fotografen nicht gleich wieder jagen.«

Er reibt sich die Wange. »Wenn Matt das auch will, machen wir es möglich.«

»Vertrau mir. Er wird ganz scharf darauf sein, nicht mehr mit mir in einem Bett schlafen zu müssen.«

Damon zieht eine Augenbraue hoch. »Ich hab das Gefühl, da steckt eine interessante Geschichte dahinter. Aber ich bezweifle, dass ich sie hören will.«

»Damit liegst du wahrscheinlich richtig.«

Er nickt mir zu. »Ruf deinen Jet.«

Trick Play - Touchdown ins Herz

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