Читать книгу Trick Play - Touchdown ins Herz - Eden Finley - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL 3
MATT
Im Schein der Kerze auf unserem Tisch greift Noah nach meiner Hand. Unwillkürlich spanne ich die Rückenmuskeln an, und der Drang, die Hand wegzuziehen, wird übermächtig. So beiläufig wie möglich lasse ich sie unter seiner hervorgleiten und lege sie in meinen Schoß.
»Was soll das?«, will er wissen.
»Was soll was?«
Er lässt den Blick durch das Restaurant schweifen. Außer uns sind nur wenige Paare hier, was wohl daran liegt, dass es eines der Restaurants ist, in denen man extra bezahlen muss.
Noah beugt sich zu mir und senkt die Stimme. »Hast du ein Problem damit, in der Öffentlichkeit Zuneigung zu zeigen? Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nur hier sind, damit alle sehen, wie verliebt wir sind. Das klappt aber nicht, wenn du dich mir ständig entziehst. Wir müssen uns überlegen, wie wir verliebt wirken können, ohne dass uns deine komische Abneigung gegen Berührungen dabei in die Quere kommt.«
»Ich hab nichts gegen öffentliche Zuneigungsbekundungen«, fauche ich. »Ich bin es nur … nicht gewohnt.« Die einzigen Gelegenheiten, bei denen ich mir erlaubt habe, andere Männer zu berühren, waren die in den Nachtclubs – wenn ich so tat, als wäre ich jemand anders.
Noah lehnt sich zurück. »Wie viele Leute wussten, dass du schwul bist, bevor die Klatschpresse dich geoutet hat?«
Ich atme tief durch und greife nach dem Glas Wein, das Noah bestellt hat, sobald wir dieses bescheuerte Restaurant betreten haben.
»Matt …«
»Niemand.«
»Niemand? Aber am College hattest du doch was mit Maddox.«
Ich zucke die Achseln. »Deswegen hab ich ihm noch lange nicht erzählt, dass ich schwul bin. Wir haben beide so getan, als würden wir nur herumexperimentieren. Und behauptet, wir wären hetero, während wir … nicht sehr heterosexuelle Dinge getan haben.«
Noah lächelt mich an. »Du gibst dir gerade große Mühe, dich vage auszudrücken, oder?«
Jetzt beuge ich mich vor. »Nur, weil ich befürchte, dass ich irgendwie Damon heraufbeschwören könnte, wenn ich zu laut über Maddox spreche, und er mir in den Hintern tritt, weil ich Maddox nackt gesehen habe.«
Noah hebt eine Hand. »Moment, Moment, Moment. Lass uns an der Stelle mal kurz unterbrechen. Hast du eben tatsächlich einen Witz gemacht? Einen richtigen Witz?«
Ich hole tief Luft. »Auch wenn du das nach meinem Benehmen heute vermutlich nicht glaubst, ich bin nicht immer so ein Arsch. Das hier« – ich wedle mit der Hand zwischen uns hin und her – »diese ganze Sache stresst mich total. Ich weiß nicht, wie man sich als Paar in der Öffentlichkeit benimmt, weil ich nicht die geringste Erfahrung damit habe. Ich hatte noch nie eine Beziehung.«
»Noch nie?«
»Ich durfte nicht riskieren, dass es irgendwie rauskommt. Und ich wollte es niemandem zumuten, sich meinetwegen für wer weiß wie lange nicht outen zu können. Außerdem hab ich noch niemandem genug vertraut, um davon auszugehen, dass er mein Geheimnis für sich behält.«
»Und was ist dabei herausgekommen?« Noahs Geste umfasst uns und den Grund, aus dem wir hier sind.
»Wie sich herausgestellt hat, sind anonyme Sexpartner in Nachtclubs auch nicht besonders vertrauenswürdig.«
»Was du nicht sagst.«
»Versuch du mal, im Zölibat zu leben. Wie lange du es wohl aushältst, bevor du dich in einem zwielichtigen Nachtclub nach einem Blowjob umsiehst?«
»Dank dir werde ich wohl enthaltsam bleiben müssen, solange du mich als Scheinfreund brauchst.«
Darüber habe ich mir bisher keine Gedanken gemacht. Seit dem Skandal ist mir die Lust auf so was ohnehin vergangen. Dass Noah sich infolge seines Angebots, meinen Freund zu spielen, in genau derselben Situation befindet, ist mir nicht in den Sinn gekommen.
»Das tut mir leid.«
Noah lächelt mich an. »Das ist gerade mein Lieblingsort auf dem Schiff geworden. Ein Witz und eine Entschuldigung innerhalb von ein paar Minuten? Vielleicht ist das hier ein magischer Ort?«
Ich seufze auf. Laut.
»Oh nein, er ist zurück. Na ja, egal.«
»Wieso hab ich das Gefühl, dass du Probleme geradezu anziehst?«
Noah grinst mich schief an. »Die Liste der Anwälte, die für meinen großen, bösen Daddy arbeiten, ist länger als der Stammbaum der Kardashians. Sonst würde ich sicher viel häufiger Prügel beziehen.«
»Hör mal, ich weiß, dass ich mich heute schwierig aufgeführt hab, und ich möchte mich bei dir dafür bedanken, dass du mich so schnell aus diesem Parkhaus raus- und von den Reportern weggebracht hast. Ich werde versuchen, nicht mehr so störrisch zu sein, aber …«
»Du machst gerade eine Menge durch. Mach dir jetzt nicht auch noch Gedanken darüber, dass ich auf Sex verzichte und für dich lüge. Ich hab gewusst, worauf ich mich einlasse.«
»Warum hast du dich überhaupt darauf eingelassen?«
So richtig Sinn ergibt Noahs Begründung, er würde es für Damon tun, in meinen Augen nicht.
»Ich hab meine Gründe, genau wie du.« Noah nippt an seinem Wein, bevor er fortfährt. »Ich hab allerdings angenommen, du würdest etwas dankbarer sein.«
»Aber ich bin dir dankbar. Auch wenn ich nicht ganz verstehe, wie das Ganze funktionieren oder mir dabei helfen soll, einen Vertrag zu kriegen. Maddox sagt, ich kann Damon vertrauen, also mache ich mit. Ich will mich wirklich nicht wie ein Arsch aufführen, aber mein ganze Lebensgrundlage hängt davon ab, ob das hier was bringt.«
Noah nickt. »Du stehst ganz schön unter Druck.«
Hier, mitten auf dem Ozean und weit weg von den bescheuerten Fotografen, kann ich zum ersten Mal richtig durchatmen, seit mein Geheimnis an die Öffentlichkeit geraten ist.
»Waffenstillstand?«, biete ich an. »Können wir einfach noch mal von vorn anfangen?«
Nachdem Noah mich so lange stillschweigend angestarrt hat, dass ich schon unbehaglich auf dem Stuhl herumrutsche, hebt er sein Weinglas. »Waffenstillstand.«
* * *
Unsere Waffenruhe hält während des Abendessens, doch dann geht alles wieder den Bach runter. Zurück in unserer Kabine, reicht Noah mir ein Bier aus der Minibar. Ich will es gerade mit auf den Balkon nehmen, da zieht mich Noah zurück.
»Lass uns lieber hier drin reden. Ich war vorhin schon mal draußen und konnte die Passagiere ein paar Kabinen weiter hören.«
Nickend sinke ich auf das kleine Sofa in der Kabine, woraufhin Noah sich neben mich setzt.
Das Rauschen des Wassers dringt aus den schwarzen Tiefen des Atlantiks bis zu uns herauf und sorgt für eine friedliche Stimmung, bis Noah das Wort ergreift.
»Wir sollten ein bisschen knutschen.«
Ich verschlucke mich an meinem Bier. »Warum zum Teufel sollten wir das tun?«
»Das ist kein Anmachversuch, du Idiot.«
»Dass ich dich küssen soll, bedeutet ja wohl ganz genau das.«
»Lass mich doch mal ausreden. Du fühlst dich in der Öffentlichkeit nicht wohl, und wir kennen uns nicht. Aber wir können nur natürlich wirken, wenn es für uns auch natürlich ist. Deshalb mein Vorschlag, denn wenn wir schon mal geknutscht haben, kommst du zukünftig auch lockerer rüber.«
Ich gebe es nur ungern zu, aber er hat in gewisser Weise recht. Trotzdem werden wir diese Grenze nicht überschreiten. »Wir sollten die Sache rein platonisch halten, um Verwirrungen zu vermeiden.«
»Von meiner Seite wird es keine Missverständnisse geben. Ich verstehe dein Zögern, denn so, wie ich aussehe, befürchtest du, dass du dann gar nicht mehr aufhören willst.« Noah deutet auf sich, und ich zwinge mich, nicht hinzuschauen.
»Stimmt, du kannst von Glück sagen, dass ich mich nicht schon längst auf dich gestürzt hab.« Obwohl er einen wirklich großartigen Körper hat. Leider.
»Ich könnte dich so lange aufstacheln, bis du nachgibst, aber ich glaube, das muss ich gar nicht. Du weißt, dass es eine gute Idee ist.«
»Ist es nicht.«
»Hast du etwa Angst, du könntest dich in mich verlieben?«, stichelt er. »Das passiert nämlich allen Männern.«
»In deine Brieftasche vielleicht«, murmele ich.
Er kneift die Augen zusammen, deren Farbe sich in ein stürmisches Grau verwandelt hat. Wenn Blick töten könnten …
»Ich soll mich nach nur einem Kuss in dich verlieben?«, spotte ich. »Unmöglich.« Das wird nicht mal nach vielen Küssen passieren. Schätze, ich kann mich gar nicht verlieben, weil ich keine Ahnung habe, was zum Teufel Liebe überhaupt ist.
Noah rückt näher an mich heran.
»Noah …« Ich rutsche unruhig hin und her.
»Du bist viel zu angespannt. Ich verspreche, dass ich nicht versuche, dich ins Bett zu kriegen. Obwohl das definitiv Spaß machen könnte.«
Zaghaft lässt er eine Hand an meiner Seite hinauf- und von dort auf meinen Rücken wandern.
Ich erstarre. Was Noah schon vor einer halben Minute für total verspannt hielt, ist nichts im Vergleich zu meinem jetzigen Zustand.
»Wir haben in zwei Tagen ein Fotoshooting.« Sein Atem streicht kitzelnd über meine Wange. »Dafür musst du entspannt sein und so tun, als wärst du in mich verliebt.«
»Gut, dann verschieben wir es bis dahin.« Meine Stimme bricht, ich muss mich räuspern. »Ich verstehe nicht, warum es jetzt sein muss.«
»Du siehst gerade ungefähr so entspannt aus wie ich damals im letzten Highschooljahr, als unsere Haushälterin mich beim Sex mit meinem Freund erwischt hat. Das war ein lustiges Coming-out gegenüber meinen Eltern.«
»Du … Was? … Wie?«
Wenn das als Ablenkung gedacht war, funktioniert es.
»Durchatmen«, befiehlt Noah. »Lass mich dich einfach küssen.«
Die Idee ist bescheuert. Total bescheuert. Trotzdem will ein Teil von mir es nicht nur, sondern hofft sogar, dass er recht hat. Denn ich kann nicht so tun, als wäre ich in einen Typen verliebt, den ich nicht kenne und der mich nervös macht.
»Na schön.« Ich beuge mich vor und stelle das Bier auf den Sofatisch.
Noah starrt mich verblüfft an. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass ich nachgebe. Vielleicht ist das alles nur ein Spiel für ihn. Falls dem so ist, gewinnt er gerade.
Was uns beide nicht davon abhält, uns vorzubeugen.
Unsere Lippen berühren sich schon fast, doch bevor ich ihn küsse, füge ich leise hinzu: »Das hier ist nur ein Experiment. Eine einmalige Sache.«
»Matt …«
»Es wird nicht funktionieren, und das werde ich dir jeden Tag unter die Nase reiben, solange wir diese blödsinnige Scharade durchziehen müssen.«
Noah lacht, als wüsste er, dass ich eher versuche, mich selbst statt ihn zu überzeugen. Ich bringe ihn zum Schweigen, indem ich die Lippen auf seine presse. Anders als vorhin, als ich nicht reagiert – überhaupt nichts getan – habe, übernehme ich diesmal die Führung. Ich unterdrücke den Seufzer, der mir entweichen will, als sich unsere Zungen berühren. Der Kuss dauert noch keine zwei Sekunden, da weiß ich schon, dass dies ein Riesenfehler ist.
Ich ignoriere die zunehmende Enge in meiner Hose und den Schauer, der mich durchläuft, als er mir über den Rücken streicht. Dann, ganz plötzlich, liege ich auf dem Rücken, und er drückt mich in die Polster des Sofas, das viel zu klein für uns beide ist.
Was uns nicht am Weitermachen hindert.
Als er sich an mir reibt, kann ich durch den Stoff spüren, wie lang und dick sein Penis ist.
Verdammt, denk bloß nicht an seinen Schwanz.
Noah unterbricht den Kuss und fährt mit den Lippen sanft über meine bärtige Wange. »Hattest du nicht gesagt, du würdest es nicht genießen?«, wispert er mir ins Ohr.
»Tu ich auch nicht.« Hmmm, das klänge vermutlich überzeugender, wenn meine Stimme sich nicht überschlagen würde wie die eines Zwölfjährigen, der sein erstes Schmuddelheftchen durchblättert … oder, in meinem Fall, sein erstes Footballmagazin. Jungs in engen Hosen und mit Schulterpolstern? Kein Wunder, dass ich die Sportart sofort mochte, als Dad mich zwang, damit anzufangen.
Noah kreist langsam mit dem Becken und reibt sich an meiner harten Länge. »Das hier beweist ziemlich sicher das Gegenteil.«
»Ich bin ein homosexueller Mann, dem gerade ein heißer Typ die Zunge in den Mund steckt. Das ist simple Chemie und hat nichts zu bedeuten.«
»Da irrst du dich aber gewaltig.« Noah verschließt mir den Mund mit seinem, und dieses Mal kann ich ein Stöhnen nicht unterdrücken.
Ich befinde mich nicht mehr auf dem Schiff. Bin über Bord gegangen und ertrinke in Noahs Kuss. Nicht einmal zum Atmen möchte ich auftauchen.
»Matt«, murmelt er an meinen Lippen, und seine Stimme hat dieselbe Wirkung auf mich wie ein Eimer Eiswasser.
Ich stoße ihn von mir und ziehe mir das Shirt zurecht, während ich mich aufsetze. »Siehst du, es hat nicht funktioniert.«
Rasch greife ich nach meinem Bier, um Noahs Geschmack hinunterzuspülen.
Nachdem er sich den Mund abgewischt hat, grinst er mich an. »Soso, du hast also gar nichts gespürt?«
»Ganz genau.« Ich stürze noch mehr Bier hinunter.
»Red dir das nur ein.« Er geht hinaus auf den Balkon und lässt mich mit meiner zu eng gewordenen Hose zurück. Ich bin verwirrter als nach einem Trick Play auf dem Footballfeld.
So bin ich noch nie geküsst worden. Nicht dass ich eine lange Liste von Männern vorweisen könnte, die ich bisher geküsst habe. Zu mehr als einem schnellen Blowjob ist es selten gekommen. Von den meisten wusste ich nicht mal, wie sie hießen, geschweige denn, ob sie gut küssen konnten.
Noah küsst, wie es seiner Lebensart entspricht – voller Selbstvertrauen. Er schmeckt nach Geld und Privilegien. Bilde ich mir ein.
Es steht mir nicht zu, ihn für seinen Reichtum zu verurteilen. Zum Teufel, wahrscheinlich ist er nicht einmal viel reicher als ich. Doch ich hab auch Armut erlebt, während Noah behütet aufgewachsen ist und keine Ahnung von der wirklichen Welt hat.
Ich muss einen kühlen Kopf bewahren. Auf keinen Fall darf ich mich von Noah ablenken lassen, nur weil er küssen kann und überdurchschnittlich gut bestückt ist.
Obwohl es sich gut angefühlt hat, ihm so nahe zu sein. Andererseits würde ich mich in meinem aktuellen Zustand vermutlich über jegliche körperliche Nähe freuen.
Ich möchte mir nicht eingestehen, was ich vier Jahre lang zu leugnen versucht habe, seit ich in der NFL bin: Ich hab das Alleinsein so satt.