Читать книгу Trick Play - Touchdown ins Herz - Eden Finley - Страница 7
ОглавлениеKAPITEL 2
NOAH
Eine bezahlte Kreuzfahrt. Dafür gibst du dich als Matt Jacksons festen Freund aus. Das wird lustig, hat Damon gesagt. Was er allerdings für sich behalten hat: dass Matt Jackson ein schlecht gelaunter Arsch ist.
Wenn auch ein heißer schlecht gelaunter Arsch, muskulös, tätowiert und sonnengebräunt. Von dem Bart, den er sich wachsen lässt, will ich gar nicht erst anfangen. Doch nichts davon ändert etwas daran, dass er chronisch schlecht gelaunt ist.
Dafür ist mir Damon echt was schuldig. Ich würde ihm eine Nachricht schicken und mich beschweren, aber mein Handy ist anscheinend ein Werkzeug des Teufels – was man aus der Art schließen kann, wie Matt es finster anstarrt.
Die nächsten Monate können ja heiter werden. Warum genau habe ich diesem Deal noch mal zugestimmt?
Ach ja, richtig. Damit ich meinem Vater zeigen kann, wohin er sich sein ewiges »Tu nichts, was meinem Ruf als Politiker schaden könnte« stecken kann …
Die Fahrstuhltüren öffnen sich und geben den Blick auf den kleinen Vorraum frei, der durch bodentiefe Glasscheiben von der Tiefgarage abgetrennt ist. »Verdammte Scheiße«, sagt Matt aus dem Blauen heraus.
»Was?«
Er neigt den Kopf in Richtung der Türen, wo zwei Paparazzi auf ihn warten.
»Wie sind die denn in die Garage gekommen?«
»Wer weiß?« Matt lässt den Kopf hängen. »Die eigentliche Frage ist doch, woher sie wissen, dass ich in diesem Hotel übernachtet habe.« Er starrt auf meine Hosentasche, in der mein Handy steckt, als ob die Antwort darin zu finden wäre.
»Du bist ganz schön paranoid, was? Ich hab das nicht durchsickern lassen. Unsere vorgetäuschte Beziehung wird auch ohne mein Zutun jede Menge Aufmerksamkeit erregen.« So viel zum Thema Vertrauen.
Matt schaut kurz zu den Typen auf der anderen Seite der Tür hinüber und blickt dann wieder mich an. »Bringen wir’s hinter uns.« Er greift nach meiner Hand und zieht mich durch die Garage. Sein Griff ist eisern; zärtliches oder romantisches Händchenhalten sieht anders aus. Das hier wirkt viel zu bemüht.
»Lass ein bisschen locker, ja?« Ich achte darauf, dass die Reporter nichts mitbekommen. »Wenn du noch fester zupackst, denken die noch, du entführst mich. Oder zwingst mich zum Mitkommen.«
Matt lockert seinen Griff, jedoch nicht sehr. Ich versuche zu retten, was zu retten ist, entziehe ihm die Hand und lege lässig einen Arm um ihn. Doch Matts steife Schultern bieten keinen Halt, sodass mein Arm abrutscht. Auf den Fotos würde es noch merkwürdiger wirken als sein Eisengriff um meine Hand, wenn ich den Arm jetzt mit unnatürlichem Kraftaufwand an seinem Platz halten würde. Ich improvisiere und tue so, als wollte ich ihn vor den Kameras abschirmen, während wir zum Auto hetzen.
»Gib mir die Schlüssel, und steig auf der Beifahrerseite ein«, schlage ich vor.
»Meinen Lambo fährt keiner außer mir.«
Großartig, er ist einer von diesen Autonarren. »Schön, dann fährst du. Aber mach mir den Kofferraum auf.«
Mit übermenschlicher Geschwindigkeit werfe ich meinen Koffer und seine Reisetasche hinein und klettere auf den Beifahrersitz.
Die beiden Fotografen halten mir ihre Kameras mitten ins Gesicht. Falls sie gut in ihrem Job sind, haben sie mich identifiziert, bevor wir den Hafen erreichen. Die Neuigkeiten werden sich online verbreiten, ehe unser Schiff ablegt. Ich werde also für Dad noch telefonisch erreichbar sein, wenn er es erfährt. Seine Leute haben garantiert einen Google Alert für mich angelegt.
Ich hatte gehofft, schon auf halbem Weg zu den Bermudas zu sein, wenn er es herausfindet. Seine Reaktion würde viel spektakulärer ausfallen, wenn er mich sieben Tage lang nicht erreichen könnte.
Matt gibt zaghaft Gas.
»Fahr sie einfach über den Haufen«, empfehle ich ihm.
»Ja, das wird mein Image bestimmt verbessern. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir. ›Matt Jackson in einer Auseinandersetzung mit Paparazzi‹.«
Verdammt. Ich habe ein komisches Gefühl im Bauch. Mitleid, vermute ich, aber das kann nicht sein. Es muss gerade echt hart sein, in Matt Jacksons Haut zu stecken, aber Noah Huntington interessiert sich normalerweise nicht für das Leben anderer.
Vielleicht ist es auch Empathie. Als Sohn eines prominenten Senators, dem die Worte »zukünftiger Präsidentschaftskandidat« förmlich auf der Stirn geschrieben stehen, war ich selbst schon häufig genug in den Medien. Ich hatte einen Vorgeschmack auf das, was Matt gerade durchmacht. In meiner Teenagerzeit haben die Zeitungen gern lahme Artikel über mich gebracht, den Bürgermeistersohn, der auf einer illegalen Lagerfeuerparty in den Hamptons erwischt wurde, und andere harmlose Dinge. Jeder andere hätte das als jugendlichen Leichtsinn abgetan, aber natürlich nicht mein Vater, der sich immer um sein kostbares Image sorgt. Aber das hier? Das wird ein Blutbad.
Matt wurde zum Bad Boy des Footballs abgestempelt – als die schwule Version davon. Angeblich hat er wahllos Typen in Nachtclubs abgeschleppt, sich in betrunkenem Zustand einige Eskapaden geleistet und hat Drogenprobleme. Damon behauptet, die Drogensucht wäre frei erfunden, aber solche Tatsachen sind den Medien völlig egal.
»Kennst du den Weg?«, erkundige ich mich, als wir endlich im Schneckentempo aus der Tiefgarage hinausfahren.
»Nein.«
»OTS hat dich aus einem bestimmten Grund hier untergebracht. Die Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe ist nur ein paar Blocks entfernt. Da lang.« Ich zeige in die Richtung.
Matts einzige Reaktion ist ein Nicken. Warum beschleicht mich das Gefühl, dass so ein Großteil unserer Kommunikation in den nächsten Wochen aussehen wird?
Zu Matts großer Empörung zücke ich mein Handy.
»Hältst du es keine zwei Minuten ohne das Ding aus?«
Wenn er mir dumm kommen will, kriegt er das direkt zurück. »Nein.«
Noah:
Du bist mir was schuldig. Ich dachte, ich soll den Scheinfreund spielen. Nicht den Schein-Ehemann.
Damon:
Den Schein-Ehemann?
Noah:
Wir führen uns bereits auf wie ein verheiratetes Paar. Ist er immer so unleidlich?
Damon:
Oh. Tjaaa … Maddox meint, eigentlich nicht. Aber ich habe ihn bisher nur mürrisch erlebt.
Noah:
Was du mir merkwürdigerweise verschwiegen hast, als du mich um diese Sache hier gebeten hast.
Damon antwortet mit dem Engel-Emoji. Arschloch.
»Wohin jetzt?«, will Matt wissen.
Er folgt meinen Anweisungen, bis wir am Terminal ankommen und das Auto im Langzeitparkhaus abstellen. Matt kann sich ein abfälliges Schnauben über meinen Sechstausend-Dollar-Gucci-Koffer nicht verkneifen, als er seine No-Name-Reisetasche aus dem Kofferraum nimmt.
»Also gut, was stimmt nicht mit meinem Gepäck?«
Er schüttelt nur den Kopf, als wäre die Antwort offensichtlich, und marschiert davon.
Oh ja, Damon ist mir definitiv etwas schuldig.
Zusammen mit den anderen Kreuzfahrtpassagieren gehen wir zum Schiff, doch als ich die Paparazzi erspähe, die sich vor dem Eingang drängen, bleibe ich abrupt stehen. Uns wurde gesagt, dass ein paar Medienvertreter da sein würden, aber das, was sich hier abspielt, ist der Wahnsinn. Wahrscheinlich gibt es heute nicht viel anderes, worüber es sich zu berichten lohnt. Ich zähle mindestens fünfzehn Reporter mit lächerlich großen Kameras.
Matt erstarrt ebenfalls. »Ich … Ich kann das nicht«, sagt er leise.
Passagiere drängeln sich an uns vorbei und werfen uns ungehaltene Blicke zu, weil wir ihnen im Weg stehen.
Ich hab die Artikel gesehen, die online und in allen anderen Medien erschienen sind. Trotzdem begreife ich erst jetzt, da ich direkt in die Linsen von gefühlt einer Million Kameras starre, die alle ein Foto von uns wollen, dass es um viel mehr geht als nur ein Foto. Sie brauchen eine Story. Je skandalöser, desto besser. Und zurzeit gibt es keinen größeren Skandal als den um Matt.
Ich tue so, als machte es mir nichts aus, aber in Wahrheit ist es viel einschüchternder, als ich dachte.
»Das ist doch leicht. Wir gehen einfach weiter, sagen alle fünf Sekunden ›Kein Kommentar‹ und ignorieren alles andere.«
Matt steht immer noch wie angewurzelt da. Er sieht kreidebleich aus, als müsste er sich gleich übergeben. »Ich …«
»Matt«, murmele ich. »Wir müssen weitergehen. Mitten auf der Gangway wie angewachsen stehen zu bleiben, kannst du dir jetzt einfach nicht erlauben.«
In dem Moment entdecken uns die Reporter und laufen auf uns zu.
»Babe, ich hab was im Auto vergessen«, verkünde ich so laut, dass sie es hören können. Ich drehe mich um und eile auf das Parkhaus zu, wobei ich geschickt den letzten Passagieren ausweiche, die uns auf dem Weg zum Terminal entgegenkommen. Matt ist immer noch starr vor Schock, sodass ich ihn praktisch hinter mir herschleifen muss.
Neben der Schranke an der Einfahrt steht ein Parkhauswächter, den ich zu uns heranwinke. »Können Sie irgendetwas gegen die Fotografen da drüben unternehmen?«
Der Kerl schaut zwischen Matt und mir hin und her. »Ähm … Ich … Verzeihung, aber sind Sie Matt Jackson?«
»Er ist es. Sie können sich jetzt sicher denken, warum wir diesen Geierschwarm gern umgehen würden.«
»Okay. Aber, äh, es gibt nur den einen Weg aufs Schiff. Sie müssen auf jeden Fall an denen vorbei.«
»Danke trotzdem.« Ich zerre Matt weiter zu seinem Auto.
Als ich kurz über die Schulter zurückblicke, kommen ein paar dieser aufdringlichen Mistkerle mit ihren Kameras auf uns zu.
Ich presse Matt gegen sein Auto und beuge mich ganz nah zu ihm hin. »Du musst dich jetzt zusammenreißen und diese Panikattacke, oder was auch immer es ist, abschütteln. Wir haben noch eine halbe Minute, bevor wir wieder fotografiert werden, und du siehst aus, als ob du dir gleich vor Angst in die Hose machst.«
Matt nickt mühsam, was mich keineswegs davon überzeugt, dass er nicht gleich wieder ausflippt, sobald die Blitzlichter direkt vor seinem Gesicht aufflackern.
Aber die Fotografen haben uns eingeholt, und mir fällt nur ein Weg ein, wie ich ihn aus seiner Trance reißen kann. Ich umfasse mit beiden Händen sein Gesicht und presse meinen Mund auf seinen. Hoffentlich fallen ihm vor Schreck nicht beinahe die Augen heraus, das würde kein schönes Foto abgeben.
Matt versteift sich noch mehr und erwidert den Kuss nicht. Es ist, als würde ich die Lippen auf zwei Stahlstangen pressen. Matts Bartwuchs hingegen ist über das struppige Stadium hinaus und fühlt sich an meiner glatten Haut weich an.
»Das musst du besser hinkriegen«, wispere ich an seinen Lippen, sodass die Paparazzi es nicht hören.
»Wenn die Fotografen nicht wären, würde ich dir jetzt einen Tritt in den Hintern verpassen, Huntington.«
»Fang bloß nicht mit diesem Nachnamen-Spielchen an, Jackson. Ich will dir nur helfen.«
»Kommt mir eher so vor, als wärst du scharf auf deinen Moment im Rampenlicht.«
Ich löse mich von ihm, gehe aber nicht zu sehr auf Abstand. »Lass uns das woanders besprechen. Bist du bereit, ihnen gegenüberzutreten?«
»Nein.«
»Soll ich dich noch mal küssen?«
Er runzelt die Stirn. »Na schön. Lass uns gehen.«
Okay. Er stellt sich also lieber den Medien, als dass er mich küsst. Könnte bitte jemand einen Rettungswagen rufen? Mein Ego erleidet gerade einen Herzstillstand.
Plötzlich hat Matt überhaupt kein Problem mehr damit, durch die Horde von Reportern hindurchzumarschieren. Wir kommen nur langsam voran, und ich bin sehr auf mein Pokerface bedacht, als die Blitzlichter direkt vor meinen Augen aufflackern.
Laut Damon wird von mir erwartet, dass ich diese Lügengeschichte glaubhaft verkaufe. Aber Matt würde meine Hand wegschlagen, falls ich sie jetzt nach seiner ausstrecken würde, da gehe ich jede Wette ein. Wenn er nicht sogar versuchen würde, mir die Knochen zu brechen.
Selbst als wir das Terminal betreten und den Medienrummel hinter uns lassen, entspannt sich Matt kein bisschen. Überall stehen Menschenschlangen vor den Schaltern, man kann sich kaum bewegen.
Matt schaut sich ständig um, als ob er nach dem Notausgang sucht.
Endlich sind wir dran und geben unser Gepäck auf. Zusammen mit den Schlüsseln erhalten wir allerdings auch die Information, dass die Zimmer noch nicht bezogen werden können.
Matt versucht, seine Anspannung zu verbergen, aber ihm quellen förmlich die Augen aus dem Kopf. Er muss raus aus dem Gedränge, bevor er wieder in diese Starre verfällt oder vor allen Leuten einen Nervenzusammenbruch erleidet, was noch schlimmer wäre.
Ich beuge mich zu der Dame am Schalter vor und senke die Stimme. »Sind die Zimmer wirklich noch nicht fertig, oder ist es nur praktischer, wenn wir sie noch nicht beziehen?« Ich nicke in Matts Richtung. »Sie wissen, wer das ist? Meinen Sie, wir könnten hier irgendwo eine Verschnaufpause einlegen?«
Die Frau mustert Matt von oben bis unten, und ihre Augen leuchten auf, als sie ihn erkennt. »Ich schaue mal für Sie nach, Sir.« Sie tippt etwas in den Computer. »Wenn Sie möchten, können Sie in Ihre Kabine gehen, sie ist bereits fertig. Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen Ihr Gepäck sofort gebracht wird.«
»Vielen Dank.«
Ich habe vor, Matt direkt in die Kabine zu bringen, wo er bleiben soll, bis er sich verdammt noch mal beruhigt hat. Doch sobald wir die Gangway verlassen und die Empfangshalle betreten, bleiben wir beim Anblick einer Frau, die nur mit einem Handtuch bekleidet ist und Damon und Maddox wütend anzischt, abrupt stehen.
»Wer zum Teufel ist denn das?«, fragt Matt.
Ich erkenne sie, als sie ihr nasses blondes Haar nach hinten wirft. »Das ist Stacy. Damons Schwester. So wie es aussieht, steckt er in Schwierigkeiten.«
»Sollen wir …«
Ich lege ihm eine Hand auf die Brust, damit er nicht zu den dreien hinübergeht. »Nein. Eine wütende Stacy willst du nicht erleben. Sie hat nur ein Handtuch um und schreit ihren Bruder an – das bedeutet, niemand auf diesem Schiff ist sicher.«
Wir überlassen Maddox und Damon ihrer Standpauke und machen uns auf die Suche nach unserer Kabine. Die Flure des Schiffs sind fast zu schmal für Matts breite Statur. Wir schlängeln uns an anderen Fahrgästen vorbei, und endlich vor unserem Zimmer angekommen, können wir gar nicht schnell genug hineingelangen. Matt lehnt sich von innen gegen die Tür und seufzt vor Erleichterung.
Die von OTS müssen ziemlich knauserige Typen sein, da sie eine Standardkabine für uns gebucht haben statt einer Suite, aber das würde ich natürlich niemals laut sagen. Mich halten sowieso schon alle für einen verwöhnten reichen Kerl, und zumindest haben wir einen Balkon.
»Was zum Teufel war das?«, will Matt wissen.
»Stacy, die Damon anschreit, oder …«
»Der Kuss.«
»Ach, geht’s schon wieder darum?«
»Das ist nicht … Wir sind nicht … Wir brauchen ein paar Grundsatzregeln.«
Oh Mann, der Typ ist unglaublich. »Ich weiß ja nicht, ob dir das klar ist, aber als Paar küsst man sich. Und die Aasgeier, die dich verfolgen, denken nun mal, wir wären zusammen. Außerdem wärst du fast vor deren Augen ausgeflippt. Da ist mir nichts anderes übrig geblieben.«
»Das hier ist eine rein geschäftliche Abmachung. Ich weiß zwar noch nicht, worauf du aus bist, aber ich lass nicht zu, dass du mich benutzt, um berühmt zu werden, in einer Realityshow zu landen, oder weshalb auch immer du hier mitspielst.«
»So viel zu meinem Traum, das neue Mitglied bei ›Keeping Up with the Kardashians‹ zu werden«, kontere ich trocken. »Bist du wirklich so ein Schwarzseher?«
»Na ja, wegen Geld machst du es garantiert nicht, so stinkreich, wie du bist.« Je mehr er sich aufregt, desto stärker verfällt er in seinen Dialekt. Es ärgert mich ungemein, wie liebenswert ihn das macht.
»Ich werde noch nicht mal dafür bezahlt. Es ist eine reine Gefälligkeit, du Idiot.«
Wow, unsere Beziehung ist noch keine Stunde alt, und schon streiten wir uns. Das ist nur einer der Gründe, weshalb ich nichts von Beziehungen halte. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, bei dieser Sache mitzumachen?
Das weißt du ganz genau, erinnert mich mein Gewissen.
»Willst du wirklich behaupten, bei der Sache springt nichts für dich raus? Warum machst du dann mit?«, hakt Matt nach.
»Weil Damon wahrscheinlich der Mensch ist, der mir auf dieser Welt am nächsten steht, und er mich darum gebeten hat. Möglicherweise bin ich ja ein anständiger Kerl.« Verborgen unter all dem Bullshit.
Matt starrt mich an, als ob er mir kein Wort davon abkauft.
Ich verdrehe die Augen. »Denk doch, was du willst. Aber du kannst mir glauben, wenn ich sage, dass ich keine Spielchen spielen oder dich irgendwie manipulieren muss, damit mein Gesicht in den Medien erscheint. Dafür muss ich nur neben dir stehen. Dein Foto ist momentan überall.«
»Ich will aber nicht überall sein!«, schreit er. »Das Einzige, was ich will, ist Football spielen. Es ist alles, was ich habe.« Matt setzt sich aufs Bett und fährt sich mit den Händen durch die zerzausten Haare. »Hatte.«
Ich drücke ihm beruhigend die Schulter, obwohl er sich wie ein Arsch aufführt. »Und ich helfe dir dabei, dass du das wieder kannst.« Meinem Dad dadurch eins auszuwischen, ist nur ein Bonus. »Was hältst du davon, wenn wir uns jetzt auf die Suche nach Damon machen und ihn fragen, wie unser Programm aussieht?«
»Wir haben ein Programm?«
»Er hat was von einem Foto- und Interviewtermin für eine Zeitschrift erzählt, aber ich weiß nicht, für wann das geplant ist.«
»W… Was?« Matt wird ganz blass. »Ich gebe keine Interviews.«
Ich hebe die Hände. »Hey, ich kann nichts dafür.«
»Verdammter Mist.« Matt stampft zur Tür, dreht sich jedoch in letzter Sekunde zu mir um. »Kommst du?«
Das werden ein paar lustige Wochen.
* * *
»Wo ist dein Freund?«, blafft Matt, als wir Maddox in der Bar treffen.
»Er hat Kopfschmerzen und hat sich hingelegt.«
»Wieso hat Stacy euch vorhin angeschrien?«, erkundige ich mich.
Ein rothaariger Typ, den ich noch nie gesehen habe, taucht an Maddox’ Seite auf.
»Oh, wow, du bist Matt Jackson«, platzt es aus ihm heraus.
Genau das hat uns noch gefehlt – dass Matt von irgendwelchen Leuten angesprochen wird. Ich will ihn gerade auf freundliche Weise abservieren, da sagt Maddox: »Uuund das ist mein sehr uncooler Freund Jared. Seinetwegen war Stacy vorhin nackt und sauer. Sie wusste nicht, dass er auch hier sein würde.«
Matt reicht Jared zögernd die Hand. »›Matt‹ reicht. Meinen Nachnamen musst du nicht dazusagen. Vor allem nicht so laut.« Er schaut sich in der kleinen Bar um.
»Ich bin Noah.« Ich nicke grüßend in seine Richtung.
»Wann steht Damon wieder auf?«, will Matt wissen. »Wir würden gern erfahren, was genau wir hier tun sollen.«
»Wir legen gleich ab«, meint Maddox. »Geht doch hoch aufs Hauptdeck, und winkt den Paparazzi zum Abschied zu. Und wenn ihr schon dabei seid, könnt ihr ihnen auch gleich den Mittelfinger zeigen.«
»Ja, klar. Damon reißt mir den Kopf ab, wenn ich das tue«, entgegnet Matt.
»Ich glaube nicht, dass du eine glänzende Zukunft in der PR-Branche vor dir hast«, füge ich hinzu.
Maddox zuckt die Achseln. »Na schön, macht, was ihr wollt. Ich werde was trinken.«
Jared zeigt auf Maddox. »Großartige Idee. Ich bin dabei.«
»Ich hab was von einem Fitnessstudio an Bord gelesen. Falls ihr mich brauchen solltet, findet ihr mich dort.« Matt marschiert mit langen Schritten davon, als könnte er gar nicht schnell genug wegkommen.
»Toll. Ihr habt mir einen Fitnessfreak aufgehalst.«
»Er spielt in der NFL. Das hast du vorher gewusst«, führt Maddox an.
»Dann gehe ich halt auch ins Fitnessstudio. Damon hat mir eingeschärft, Matt die ganze Woche über nicht von der Seite zu weichen. Allerdings macht er es mir nicht gerade leicht. Ist er immer so abweisend?«
»Er hat eine Menge durchgemacht«, erklärt Maddox. »Sei nicht so streng mit ihm.«
»Na gut. Aber ich bin total nett zu ihm, und er lässt mich jedes Mal abblitzen. Ihm ist schon bewusst, dass ich ihm einen Gefallen tue, indem ich bei der Sache mitmache, oder?«
»Es ist ja nicht so, als hättest du was Besseres zu tun. Du kannst bloß nicht damit umgehen, dass Matt nicht scharf auf dich ist«, stellt Maddox fest. »Braucht dein armes Ego ein paar Streicheleinheiten?«
»Wenn du sie mir verabreichst?«
»Ich passe.«
»Haben sie euch an der Olmstead University überhaupt irgendetwas beigebracht? Ihr zwei habt offensichtlich kein Gespür für Qualität, selbst wenn sie direkt vor euch steht.« Es ist kein Geheimnis, dass ich Maddox bei unserer ersten Begegnung angebaggert habe. Damon stand auf Maddox, brauchte aber etwas gesunde Konkurrenz, damit er es endlich zugab.
Ich winke Maddox und seinem Freund zum Abschied zu und begebe mich auf die Suche nach Matt. In unserer Kabine ist er nicht. Da er die Trainingshose schon anhatte, ist er wahrscheinlich direkt ins Fitnessstudio gegangen. Ich tausche die Jeans gegen Sportshorts, ziehe Turnschuhe an und mache mich auf den Weg.
Matt trainiert seine langen, kraftvollen Beine auf einem Laufband in einer Ecke. Knackiger Hintern, muskulöser Körper … Wirklich schade, dass er so ein Arschloch ist, denn sonst hätten wir aus diesem Schauspiel ein paar heiße, spaßige Monate machen können.
Meinem Schwanz gefällt die Vorstellung.
Nein, sage ich zu ihm. Wir dürfen diesen Kerl nicht mögen. Also gib Ruhe, Freundchen.
Als ich auf das Laufband neben Matt gehe, steigt er ab und verzieht sich in den Bereich mit den Hanteln.
Aha. So wird das also laufen.
Eine halbe Stunde vergeht, dann eine ganze. Ich hoffe, dass er fertig ist, als er seine Wasserflasche auffüllt, aber nein. Er trinkt etwas und steuert auf die nächste Maschine zu.
Nach zwei Stunden Training ohne Pause hab ich das Gefühl, zu sterben. Mit zitternden Beinen wanke ich zu Matt hinüber, der sich an der Rudermaschine verausgabt. »Bist du immer noch nicht fertig?«
Er schüttelt schwer atmend den Kopf. »Noch eine Stunde.«
»Ich gehe aufs Zimmer. Falls ich es bis dahin schaffe.« Ich bin mir nicht ganz sicher, doch könnte ich schwören, ihn leise lachen zu hören. Aber Matt und Lachen? Ein Ding der Unmöglichkeit, so wie ich ihn bisher kenne. Das muss ich mir eingebildet haben.
Eine lange, heiße Dusche lockert meine Muskeln, und danach checke ich mein Handy, das ich für die Dauer des Trainings absichtlich in der Kabine gelassen hatte. Wie zu erwarten, haben Mom und Dad Voicemails für mich hinterlassen. Mittlerweile sind wir schon zu weit draußen auf dem Meer, als dass ich die Nachrichten abrufen könnte, aber ich kann mir auch so ziemlich gut vorstellen, was sie gesagt haben.
»Wieso lässt du dich von den Schundblättern mit diesem Footballspieler ablichten? Kannst du dir vorstellen, wie das aussieht? Brich die Beziehung ab. Unverzüglich.« Und Moms lautet ungefähr so: »Warum musst du deinen Vater so verärgern?«
Als ich die fünf Textnachrichten von Aron sehe, dreht sich mir der Magen um. Ich weiß nicht, ob ich mich schon mit ihm auseinandersetzen kann, obwohl ich bereits mit dieser Reaktion gerechnet hatte. Vielleicht hätte ich ihn warnen sollen. Allerdings haben wir seit einem Monat nicht miteinander gesprochen. Deshalb wäre es einfach merkwürdig gewesen, ihm eine Nachricht zu schicken, so à la »Wollte dir nur kurz sagen, dass ich jetzt mit Matt Jackson zusammen bin und deshalb in der nächsten Zeit wohl ständig in den Medien auftauchen werde«.
Aron und ich waren während unserer gesamten Collegezeit und in den drei Jahren danach nichts weiter als Freunde. Letztes Jahr schien es uns aus irgendeinem Grund plötzlich eine gute Idee zu sein, miteinander ins Bett zu gehen. Etwas Dümmeres habe ich in meinem ganzen Leben nicht getan. Ich mag Aron, wusste aber immer, dass ich mich nie in ihn verlieben würde. Deshalb habe ich von Anfang an klargestellt, dass ich nichts Festes will, womit er zuerst auch einverstanden war. Vor ein paar Monaten wollte er dann doch eine richtige Beziehung. Also hab ich Schluss gemacht. Aber er kam immer wieder zurück, wollte mehr und versprach, er könnte es unverbindlich halten. Ich war ein absoluter Idiot, dass ich überhaupt etwas mit ihm angefangen habe. »Freunde plus«, das funktioniert einfach nie. Einer wird am Ende immer verletzt, und diesmal wünscht sich ein Teil von mir, es hätte mich getroffen. Denn neben Damon kommt Aron für mich einem echten Freund am nächsten. Zumindest war es so, bis ich es vermasselt habe.
Ich überspringe Arons Nachrichten und lese die von Damon, die er vor zwei Stunden geschickt hat. Matt und ich haben eine Tischreservierung in einem der Nobelrestaurants an Bord. Also ziehe ich einen grauen Gucci-Anzug an und warte auf Matt.
Er erscheint erst zwei Stunden später und ist schweißgebadet.
»Ernsthaft?«, frage ich ihn. »Vier Stunden Fitnesstraining?«
»Glaubst du etwa, diese Muskeln hab ich vom Rumsitzen?« Er zieht sein Shirt aus und deutet auf seine Bauchmuskeln. Mir stockt der Atem. »Fit zu sein, ist mein Job.«
Straffe Muskeln und Tätowierungen. All die Dinge, die Mütter nicht an den Männern sehen wollen, die ihre Kinder zum Familienessen mit nach Hause bringen. Ich kann den Blick nicht von dem Tattoo auf seiner Schulter losreißen, dessen verschlungenes Muster seinen Bizeps noch beeindruckender erscheinen lässt.
Matt geht ins Badezimmer und entzieht sich damit meinem Blick.
»Viel Glück da drin. Wenn ich schon Schwierigkeiten damit hatte, mich in die Duschkabine zu zwängen, kannst du das vergessen. In einer Viertelstunde haben wir übrigens eine Tischreservierung fürs Abendessen, du musst dich also beeilen.«
Seine Antwort besteht aus einem Grunzen.
Jetzt ist es offiziell. Ich bin mit einem Höhlenmenschen zusammen. Zwar nur zum Schein, aber trotzdem.
Wenn er wenigstens wie ein Höhlenmensch ab und zu ein paar Silben von sich geben würde, könnte ich ihn vielleicht sogar mögen. Ich dachte bisher, ich würde mich wie ein Arsch aufführen, aber Matt schlägt mich um Längen.