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3. Nachleben im kirchlichen Kult

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Die Vincentius-Memoria der Grauen Mönche blieb gleichwohl zisterziensisch-nüchtern. Man verlor bald selbst die Erinnerung an den genauen Todestag aus dem Blick. Das Jędrzejower Totenbuch, so wie es aus dem 17. Jahrhundert überliefert ist, enthält jedenfalls keinen Eintrag zu Vincentius.105 Szymon Starowolski, der 1642 eine Vita des Vincentius publizierte, will zwar in einem älteren Exemplar des Totenbuchs den 4. April als Todesdatum verzeichnet gesehen haben, doch notierte der Krakauer Domkalender im 13. Jahrhundert den 8. März als Todestag.106 Diesem Datum schloss sich auch die frühneuzeitliche Tradition mehrheitlich an. Dass die Zisterzienser schon im ausgehenden 13. Jahrhundert einen regelrechten Vincentius-Kult zu etablieren begonnen hätten, erscheint vor diesem Hintergrund eher fraglich.107 Wahrscheinlich wird sich ein solcher, angestoßen von der großen Popularität des Vincentius als Autor der Chronica Polonorum in den 1430er bis 1480er Jahren, erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelt haben. In einem 1609 gedruckten Katalog der Krakauer Heiligen und Seligen wird er bereits als Seliger bezeichnet.108 Wohl um den jungen Kult weiter zu befördern, erfolgte am 26. April 1633 eine Exhumierung und Untersuchung der Gebeine des ehemaligen Krakauer Bischofs, die vier Monate später, am 19. August, feierlich zu Reliquien erhoben und in ein marmornes Wandgrab überführt wurden.

Im November 1634 richtete der polnische Episkopat dann vor dem Hintergrund einer zwischenzeitlich erfolgten Reform des Kanonisierungsverfahrens eine offizielle Bitte um Seligsprechung an Papst Urban VIII. Das Anliegen wurde 1642 mit der erwähnten Vita Vincentii aus der Feder des Krakauer Domherrn und Barockschriftstellers Szymon Starowolski109, 1649 durch ein Schreiben des polnischen Königs Jan Kasimir an den Papst und 1650 durch eine förmliche Anhörung von Zeugen vorangetrieben, die das hohe Alter des Vincentius-Kultes und die Heiligkeit des Verehrten bestätigen sollten. Doch blieb der Vorstoß in Rom zunächst erfolglos. 1680 unternahmen die polnischen Bischöfe einen weiteren, von König Jan III. Sobieski unterstützten Anlauf, woraufhin ein regelrechtes Beatifikationsverfahren eingeleitet wurde. Dieses zog sich jedoch weiter in die Länge, da es schwerfiel, aus den verfügbaren Dokumenten – nicht zuletzt der Chronica Polonorum – überzeugende ‚Beweise‘ für ein entsprechend heiligmäßiges Leben des Vincentius abzuleiten. Da letztlich nur die Intensität des lokalen Kultes in und um Jędrzejów den Ausschlag zu geben vermochte, dieser aber erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts als ein entsprechend langjähriger Brauch erwiesen werden konnte, erfolgte die Seligsprechung durch Papst Klemens XIII. schließlich erst im Februar 1764.110

Die Teilungen Polens seit 1772, ein schwerer Brand im Kloster Jędrzejów im Jahr 1800 und dessen Aufhebung 1819 waren einer allgemeineren Verbreitung des Vincentius-Kultes nicht förderlich. Es blieb bei einer lokalen Verehrung in den Diözesen Kielce, Sandomir und Krakau, die sich u.a. in der Errichtung einer Vincentius-Kapelle auf dem Krakauer Ringplatz (1778), in einigen Vincentius-Patrozinien für kleinpolnische Kirchengemeinden und künstlerischen Darstellungen niederschlug.111 Zu besonderen Anlässen wie dem 1923 begangenen 700. Todestag konnte der Kult gleichwohl bis zu 150.000 Menschen nach Jędrzejów führen.112 Dass Vincentius als Kirchengestalt selbst in der Volksrepublik Polen präsent blieb, führen Bemühungen vor Augen, die die polnischen Zisterzienser (die 1945 nach Jędrzejów zurückkehren konnten) und der polnische Episkopat in den 1960er Jahren unternahmen, um Vincentius in Rom heiligsprechen zu lassen. Sie blieben letztlich erfolglos und wurden, nachdem die für Kanonisationsfragen zuständige Kongregation den zu diesem Zweck verfassten Schriftsatz113 1971 für unzureichend erachtet und das Verfahren daraufhin nicht fortgeführt hatte, nicht weiter verfolgt.114

Die Chronik der Polen des Magisters Vincentius

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