Читать книгу Die Hessen und die andern deutschen Hilfstruppen im Kriege gross-britanniens gegen Amerika - Edward J. Lowell - Страница 14
Von Deutschland nach Amerika.
ОглавлениеDie ersten deutschen Truppen, welche nach Amerika gingen, waren die Braunschweiger. Diese marschierten am 22. Februar 1776, 2282 Mann stark, von Braunschweig ab und wurden in Stade, in der Nähe der Elbmündung, eingeschifft. Die zweite Braunschweiger Division, ungefähr 2000 Mann, schiffte sich Ende Mai ein. Die erste hessische Division brach Anfang März von Cassel auf und wurde in Bremerlehe, in der Nähe der Wesermündung, eingeschifft, die zweite Division folgte im Juni; sie zählten zusammen zwischen 12 und 13000 Mann. Sie waren zum grössten Teil ausgezeichnete und wohlausgerüstete Truppen, denn die kleine Armee des Landgrafen galt als eine der besten in Deutschland.
Der Marsch von Braunschweig und Cassel zu den Häfen war eine verhältnismässig einfache Sache. Die Truppen kamen aus den Gebieten der eigenen Fürsten in die hannöverschen Landesteile des Königs von England und diese reichten bis an die See. Der Fürst von Waldeck schickte sein Regiment durch Cassel ohne Störung. Der Graf von Hessen-Hanau, der Markgraf von Anspach-Bayreuth und der Fürst von Anhalt-Zerbst hatten einen längeren Weg zu machen und grössere Schwierigkeiten zu überwinden.
Die Truppen der letzteren sollten auf Booten den Rhein hinuntergeschickt werden. Abgesehen von mehreren kleinen deutschen, am Rhein gelegenen Staaten, welche ihnen den Durchgang verwehren konnten, war Preussen, dessen Territorien sie passieren mussten, im Stande, ihnen grosse Schwierigkeiten zu bereiten. Friedrich der Grosse versagte selbst seinem Neffen, dem Markgrafen von Anspach, seine Einwilligung, sein Land zu passieren. In einem Brief an ihn drückte er ihm sein Befremden aus, dass deutsche Fürsten das Blut ihrer Landeskinder für fremde Interessen opferten. Nebenbei war es ein kleiner Akt der Rache an England wegen dessen schlechten Verhaltens inbetreff des Hafens von Danzig.
Seume hat von seinen Erlebnissen auf der Seereise folgende Beschreibung hinterlassen:
»In den englischen Transportschiffen wurden wir gedrückt, geschichtet und gepöckelt wie die Heringe. Um Platz zu sparen hatte man keine Hängematten sondern Verschläge in der Tabulatur des Verdecks, das schon niedrig genug war, und nun lagen noch zwei Schichten übereinander. Im Verdecke konnte ein ausgewachsener Mann nicht gerade stehen und im Bettverschlage nicht gerade sitzen. Die Bettkasten waren für je sechs Mann. Wenn vier darin lagen, waren sie voll und die beiden letzten mussten hineingezwängt werden. Das war bei warmem Wetter nicht kalt: es war für den Einzelnen gänzlich unmöglich sich umzuwenden und ebenso unmöglich auf dem Rücken zu liegen. Die geradeste Richtung mit der schärfsten Kante war nötig. Wenn wir so auf einer Seite gehörig geschwitzt und gebraten hatten, rief der rechte Flügelmann: Umgewendet! und es wurde umgeschichtet: hatten wir nun auf der andern Seite quantum satis ausgehalten, rief das nämliche der linke Flügelmann. Die Verpflegung hielt gleichen Schritt mit der Unterbringung. Heute Speck und Erbsen und morgen Erbsen und Speck; zuweilen Grütze und Graupen und zum Schmause Pudding, den wir aus muffigem Mehl halb mit Seewasser, halb mit süssem Wasser und altem Schöpsenfett machen mussten. Der Speck mochte wohl vier oder fünf Jahre alt sein, war von beiden Seiten am Rande schwarzstriefig, weiter hinein gelb und hatte nur in der Mitte noch einen kleinen weissen Gang. Ebenso war es mit dem gesalzenen Rindfleisch. In dem Schiffsbrot waren oft viele Würmer, die wir als Schmalz mitessen mussten, wenn wir nicht die schon kleine Portion noch mehr reduzieren wollten: dabei war es so hart, dass wir nicht selten Kanonenkugeln brauchten es nur aus dem gröbsten zu zerbrechen; und doch erlaubte uns der Hunger selten, es einzuweichen; auch fehlte es oft an Wasser. Man sagte uns, und nicht ganz unwahrscheinlich, der Zwieback sei französisch; die Engländer hätten ihn noch im siebenjährigen Kriege den Franzosen abgenommen, seit der Zeit habe er in Portsmouth im Magazin gelegen, und nun füttere man die Deutschen damit, um wieder in Amerika die Franzosen unter Rochambeau und Lafayette, so Gott wolle, tot zu schlagen. Gott muss aber doch nicht recht gewollt haben. Das schwergeschwefelte Wasser lag in tiefer Verderbnis. Wenn ein Fass heraufgeschroten und aufgeschlagen wurde, roch es auf dem Verdeck nach einer Mischung von allen möglichen übeln Gerüchen. Es war angefüllt mit fingerlangen Würmern, und es musste durch Tücher gefüllt werden, bevor man es trinken konnte: und dann musste man immer noch die Nase zuhalten. Rum und manchmal ein wenig starkes Bier verbesserten das Getränk.«
Auf diese Weise zusammengepfercht, in dicker Luft, mit schlechter Nahrung und faulem Wasser, viele von ihnen ungenügend bekleidet, wurden diese Jünglinge, alten Leute, Studenten, Kaufleute und Bauern Monate lang auf dem Atlantischen Ozean herumgeworfen. Viele von den Leiden der Reise waren zweifellos unvermeidlich, und viele von den Rekruten waren schon an ein hartes Leben gewöhnt. Aber Vieles, was sie zu erdulden hatten, war das Resultat von einem absichtlichen Mangel an Fürsorge und grosser Habsucht. Was soll man sagen über das britische Quartiermeister-Departement, das diese Leute auf die See schickte ohne richtiges Essen und Trinken? Was vom Herzog von Braunschweig, welcher seine Unterthanen nach Canada ohne haltbare Schuhe und Strümpfe schickte und ohne Mäntel? Oft haben Menschen ein hartes Leben freudig ertragen, weil sie den Grund verstanden. Aber diese armen Kerle litten für einen Streit, der nicht ihr eigener war, nur um für die Mittel zu sorgen zur Bezahlung der Schulden oder der Vergnügungen ihrer Herren.