Читать книгу Der Männerclub - Eike Horn - Страница 6
3.
ОглавлениеDas Wetter hatte sich in der Nacht schlagartig geändert. Es regnete wie aus Eimern und den Weg zur Arbeit bin ich mehr geschwommen als gefahren.
Dabei war der vergangene Abend noch wunderschön gewesen. Die Kinder von Michael spielten ausgelassen auf den Hof, während Gabi mit Hans und Brunhilde das leckere Grillbuffet aufbaute. Michael und ich standen am Grill und unterhielten uns über den vergangenen Tag. Beim Wenden der Steaks fragte mich Michael nach meiner getrübten Stimmung.
„Mein Chef hat seine Firma verkauft“, sagte ich schmallippig.
„Ja und? Solange du noch deine Arbeit hast, ist doch alles gut.“ Michael suchte immer nach dem Positiven, egal wie negativ etwas war. Vielleicht war er deswegen ein solch guter Anwalt.
„Hm“, machte ich nur. Er blickte mich an.
„Du hast doch noch deine Arbeit?“ Das Entsetzen in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Habe ich noch, aber dafür einen Chef der wohl kein Spaß an seinen Leben hat. Und er zieht sich Anzüge an die ihm zu klein sind.“ Mir kam ein grotesker Gedanke. „Magst du Ente?“
„Klar warum?“
„Ach, der ist kaum größer als eine und er schnattert auch wie eine.“ War Herr Eisig vielleicht eine mutierte Ente? Wie die Ninja Turtles mutierte Schildkröten waren? Das würde so einiges erklären.
„Na Dennis, wir sind doch keine Kannibalen“, warf Gabi ein, die uns belauscht hatte.
„Und wenn er eine mutierte Ente ist?“, fragte ich wie ein Kind.
„Dann wird er leider zu zäh sein und zähe Vögel kommen mir nicht auf den Grill“, sagte Michael streng legte die fertigen Steaks auf ein Grilltablett. „Aber sag mal. An wen wurde die Firma denn verkauft?“ Bevor ich Michael antworten konnte, hatte Gabi die Kinder geholt, die nun alle darauf warteten ein Steak abzugreifen.
„Papa, ich nehme bitte das Große da“, sagte Leander, er zeigte aber auf das Kleinste.
„Einmal das Riesensteak für den Kleinsten.“ Michael erfüllte Leander den Wunsch und dieser zog glücklich davon. Leonie und Luca warteten geduldig, bis ihr Vater ihnen auch ein Steak auf den Teller gelegt hatte. Gabi hatte sich zuerst am Buffet bedient und kam mit zwei Flaschen Bier in der einen und ihrem Teller in der anderen Hand zu uns.
„Hier Männer und nicht alles auf einmal austrinken. Ich nehme das da.“ Sie zeigte auf ein sehr mageres Stück.
„Klar doch mein Schatz“, sagte Michael und gab ihr einen Kuss.
„Danke für das erfrischende Getränk, Gabi.“
„Gerne Dennis. Ich möchte doch die gute Stimmung erhalten.“ Mit einem Lächeln ging sie und setzte sich zu ihren Kindern. Hans und Brunhilde hatten sich unauffällig zwei Steaks geben lassen und saßen schon längst am Tisch.
„Also, wer hat euch geschluckt?“, fragte mich Michael im zweiten Anlauf.
Von der Seite, dass wir geschluckt wurden, hatte ich es noch nicht gesehen, aber wenn man es genauer betrachtete war es so. Axel musste durch das Geld schwach geworden sein. Läuft dies nicht auch so bei großen Firmen? Was wir wohl Wert waren?
„Die MultiWebNet Company“, antwortete ich knapp und Michael pfiff anerkennend. „Die sind doch einer der ganz Großen in der IT-Branchen.“
„Ja sind sie. Ich verstehe nur nicht, was sie an unserer kleinen Firma so interessant finden. Mein ehemaliger Chef erwähnte, sogar eher beiläufig, mehrere Bewerber.“
Michael nahm einen Schluck aus seiner Flasche und ich tat es ihm gleich. Das tat so gut, also entschied ich mich meinen Schluck zu vergrößern.
„Vielleicht wollte er nur Eindruck machen?“, vermutete Michael.
Ich überlegte kurz. „Ich denke eher nicht. Wir bekamen oft genug Anrufe und Mails. Axel zeigte sie uns alle.“
„Die Wichtigste hatte er euch nicht gezeigt.“ Michaels Erkenntnis diesbezüglich bohrte sich mit der Wucht eines Presslufthammers in mein Bewusstsein. Bisher hatte ich nicht drüber nach gedacht. Warum hatte Axel nicht mit offenen Karten gespielt? Darauf trank ich noch einen großen Schluck.
Michael klopfte mir auf die Schulter. „Dennis das wird schon. Ihr macht eine super Arbeit. Schau, sogar unsere Kanzlei hat sich ein Sicherheitsprogramm von euch zugelegt. Hier nimm ein Steak und lass uns essen gehen. Ich lege nur noch ein paar Würste aufs Rost.“
Michael hatte sicher Recht. Nur gefiel mir die Situation dadurch nicht besser. So nahm ich bereitwillig das Steak entgegen und wir setzten uns mit an den Tisch. Das ganze Essen war einfach köstlich und den restlichen Abend verbrachten wir in gemütlicher Runde. Kein Vergleich zu dem, was mich in der Firma erwartete.
Gedankenverloren hing ich dem gestrigen Abend hinterher und ärgerte mich dabei über das veränderte Fahrverhalten so mancher Autofahrer. Was sintflutartigen Regenfällen alles auslösen können?
Es gab die Fraktion der überängstlichen Fahrer, die auch bei einer einzigen Schneeflocke in Panik gerieten. Diese fuhren dann so langsam, dass sie auch zu Fuß hätten gehen können. Auf der anderen Seite gab es die Verrückten, die gerne ihr Leben riskierten. Mir war es egal, ob sie sich irgendwann um einen Baum kringelten, doch ich machte mir Sorgen um mein Wohlergehen. Mein Auto war eben, um es mit Charlys Worten zu sagen, eine Asphaltblase und ich hatte wenig bedarf, in ihr zu sitzen, wenn sie platzte, weil jemand in seinem Schnellboot, Entschuldigung Auto, meinte er oder sie habe alles unter Kontrolle.
So wagte ich es nicht, zu überholen. Ausgerechnet heute hatte ich dann noch das Pech, in einer Kolonne zu stecken, die gefühlt im gleichen Tempo fuhr, wie eine Schnecke kroch. Mit einer halben Stunde Verspätung stellte ich mein Auto ab.
Obwohl der Weg bis zum Gebäude nur zirka zwanzig Meter lang war, schaffte ich es nur komplett durchnässt an meinen Arbeitsplatz.
Ich war gerade dabei meine klitschnasse Jacke aufzuhängen, da erklang ein Schrei, als würde man eine Ente abschlachten.
„Herr Hussmann!“ Oh nein, es war die mutierte Ente. Leichte Panik stieg in mir auf.
„Sie sind zu spät! Sollte dies noch einmal vorkommen haben sie eine Abmahnung auf ihren Schreibtisch!“
Wieso schreit der Typ so? Immerhin wusste ich selbst, dass ich zu spät war. Während ich mich umdrehte, um mich von Angesicht zu Angesicht zuentschuldigen, nahm ich aus den Augenwinkeln jemanden wahr, der auf Brigittes Platz saß.
Verdammt konnte der Mann sich keine Anzüge leisten die ihm passten? Herr Eisig sah mich mit seinen Knopfaugen von unten herab an. Zum ersten Mal konnte ich ihn mir genauer ansehen. Der Vergleich mit der Ente wurde weiter bestätigt. Er hatte eine platte Nase und seine Lippen waren wie ein Entenschnabel geformt. Tatsächlich waren die Lippen größer, als die Nase lang war. Okay tief Luft holen um nicht loszulachen.„Herr Eisig. Es tut mir sehr ….“
„Überlappe. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Sie werden fürs Arbeiten bezahlt. Und sie haben meinen Terminplan durcheinander gebracht.“
Dieser Mann war ja nicht zum Aushalten. Statt Panik stieg nun Wut in mir auf. Wieso lässt er mich denn nicht wenigstens ausreden? Der Presswurstwichtel hatte wohl ein Geltungsproblem. Gerade als ich es trotz besseren Wissen noch mal versuchen wollte, machte er eine merkwürdige Handbewegung. Ich hörte wie sich die Bürotür öffnete. Mein Blick viel auf eine Frau, die einen halben Kopf kleiner war als ich. Man sah die gut aus. Wann hatte ich das letzte Mal eine Frau gesehen, die ich auf Anhieb attraktiv fand?
Die Frau hatte rote, gelockte Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, sodass man ihr rundes Gesicht gut erkennen konnte. Allerdings hatte sie nicht alle Haare erwischt und so vielen ihr drei gelockte Haare ins Gesicht. Der Hosenanzug, den sie trug, schmiegte sich perfekt an ihre wohl geformte Figur. Wenigstens konnte sie sich vernünftig anziehen. Es hätte nur eine andere Farbe, als grau sein dürfen.
„Frau Meyer“, redete Herr Eisig weiter, „das ist Herr Hussmann und wie es scheint, ist er ein notorischer Zuspätkommen.“
Das war jetzt die Höhe, solch eine Behauptung am zweiten Tag zu tätigen. Und dann noch dieses schleimige Grinsen. In meinen Gedanken, wurde der Wichtel so eben auf einer Streckbank in die Länge gezogen.
Frau Meyer schien nicht besser zu sein. Sie musterte mich von oben bis unten mit einem abschätzenden Blick.
„So so“, begann sie schnippisch, „da werden wir sicher unseren Spaß haben. Glauben Sie mir Herr Hussmann, ich werde so etwas nicht dulden. Beim nächsten mal gibt es eine Abmahnung!“
Wie war die denn drauf? Reichte es denn nicht, die Drohung für die Abmahnung von Herrn Eisig zu bekommen? Doppelt hält besser, oder wie?
„Es freut mich, dass sie Frau Meyer gleich von ihrer besten Seite kennen lernen dürfen“, freute sich Eisig unnötig.
Jäh wie bitte? Hatte der Presswurstwichtel was an den Ohren? Ich schaute ihn an und sein gehässiger Blick sagte mir alles. Er meinte es vollkommen Ernst.
„Frau Meyer ist meine Stellvertreterin. Sie wird alles im Auge behalten, wenn ich nicht zu gegen bin, was sehr oft der Fall sein wird. Ich bin nun mal ein gefragter Mann und habe noch andere Baustellen, um die ich mich kümmern muss.“
Während er sprach, strich er sich mit seiner Hand durch seine kaum vorhandenen Haare. Nicht nur das sich der Mann wichtig nahm, er hatte scheinbar auch einen Tick.
„Wie sie feststellen konnten, macht sie keine halben Sachen. Das ist mir auch sehr wichtig, denn die MultiWebNet Company braucht keine Amateure, sondern Profis!“ Er machte eine kurze Pause, in der er Luft holte. Sein Monolog war wohl noch nicht zu Ende. „Und da ich davon ausgehe, auch wenn sie zu spät sind, dass sie welche sind, werden sie und ihr fetter und fauler Kollege da drüben“, Eisig zeigte auf Charly, „die interne Programmumgebung von MultiWebNet auf ihre Computer und Servern installieren. Wenn sie dies geschafft haben, müssen sie natürlich auch ihre kompletten Programme umschreiben. Dafür haben sie bis Ende der Woche Zeit. Aber sie schaffen das schon.“ Der letzte Satz triefte nur so vor Häme.
Ein neues System zu installieren war kein Problem, aber unsere ganzen Programme dafür anzupassen, obwohl wir nicht wussten, wie die Programme von MultiWebNet arbeiteten, war etwas ganz anderes. Das wusste Herr Eisig und auch Frau Meyer schien sich dessen bewusst zu sein, denn beide konnten ihr Dauer grinsen nicht abstellen. Hätte ich gewusst, wo sich der Schalter dafür befand, ich hätte ihn gedrückt.
Mir viel leider noch etwas ein. „Es ist ihnen schon klar“, begann ich zaghaft, „dass wir uns während dieser Zeit nicht um unsere Kunden kümmern können.“
„Sagen sie mal, für wen halten sie mich!“, schnaubte der Presswurstwichtel.
Nun ja, also wenn er so fragte. Ich hielt ihn für einen zu klein geratenen, arroganten Kotzbrocken und sein Ego war zu groß für seine Anzüge. Anders konnte man es sich ja nicht erklären, warum sie fast platzten. Ich biss mir auf die Zunge. Wäre ja noch schöner, wenn er erfuhr was ich dachte.
„Wir haben eine ausgewiesene Fachkraft, die sich darum kümmert. Herr Knuddels hat sich bereit erklärt, von zu Hause aus, alle Anfragen zu bearbeiten. Wir entlohnen ihn dafür auch großzügig. Doch wir wollen unsere finanziellen Mittel nicht unnötig zum Fenster hinaus werfen, also ist ihre Deadline bis Freitag festgelegt.“
Irgend etwas stank bis zum Himmel bei dieser ganzen Sache und es war nicht die Einbildung von unserem neuen Vorgesetzten. Wie lange wusste Axel schon von der ganzen Sache.
Herr Eisig warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
„Frau Meyer ich muss jetzt los. Sie kümmern sich um alles Weitere. Am Freitag erwarte ich wie immer ihren Bericht. Herr Hussmann, sie sollten sich an die Arbeit machen. Die Zeit ist knapp.“ Er zwinkerte mir frech zu. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich auf seinen Absatz um und verschwand durch die Tür. Man hatte der Nerven.
„Nun her Hussmann, gibt es noch irgendwelche Fragen?“
Ich seufzte. „Nein Frau Meyer.“
„Sehr gut. Dann sollten sie anfangen zu arbeiten. Fürs Herumstehen werden sie schließlich nicht bezahlt.“
Sie wartete nicht, ob ich zu meinen Platz ging, sondern verschwand sofort ins Büro.
Ich blieb noch eine Weile wie angewurzelt stehen. Dabei stellte ich mir die Frage, wie eine so attraktive Frau, solch ein Biest sein konnte? Erst das Geklopft an der Büroscheibe, erinnerte mich daran, zu meinen Platz zu gehen. Mein Blick fiel auf Charly und er sah nicht so aus, als würde er vor Freude in die Luft springen. Wut und Verzweiflung waren in seinem Gesicht geschrieben.
Gedankenverloren ließ ich mich in meinen Sessel fallen und schaute mich noch einmal um. Erst jetzt viel mir auf, dass Benno nicht da war.
„Wo ist Benno?“, fragte ich.
„Er hat zwei Wochen Urlaub von der Meyer bekommen. Als er ihr erklären wollte, er habe sein Urlaub anders verplant, zuckte sie ihn an und meinte nur, er bekomme so Urlaub, wie sie es gewähre. Man war der wütend, sage ich dir. Benno fluchte die ganze Zeit herum und wäre fast mit dem Eisig zusammen gestoßen. Er war jedoch schlau genug, so schnell wie möglich zum Fahrstuhl zu gehen.“
„Ich habe wohl einiges verpasst.“
„Du hättest die Zwei mal erleben sollen, wie die sich aufgeregt haben.“ Charly grinste wieder.
„Hast du schon angefangen?“, fragte ich ihn.
„Ich bin gerade dabei, mich rein zu lesen. Wenigstens haben die Ahnung, wie man Anleitungen schreibt. Ist alles gut erklärt. Am einfachsten wird es mit dem Server, aber unsere Programme bis Freitag zu übertragen wird schwer.“
„Die wollen uns bestimmt in den Wahnsinn treiben“, resignierte ich. „Schon alleine wie die….“
„Herr Blumenberg, Herr Hussmann! Sie sollen arbeiten und nicht quatschen. Das können sie in ihrer Freizeit tun!“, schrie Frau Meyer von der Bürotür aus. Wie hatte sie das mitbekommen? Ich hatte gestern rein gar nichts aus dem Büro gehört. Vielleicht hatte sie uns ja beobachtet. Zuzutrauen wäre es ihr. Immerhin war sie die Beste ihres Faches. Als Sklaventreiberin wohlgemerkt.
Charly und ich schauten uns an. Keiner von uns wagte noch etwas zu sagen.
Also gut dann mal los, dachte ich mir und schaute auf meinen Schreibtisch. Zu dem normalen Chaos, was dort herrschte, hatten sich ein Buch gesellt, welches ich als Anleitung für das neue Betriebssystem erkannte. Daneben lag noch ein Stapel von DVDs. Ich erkannte sofort die bunten Fenster des Logos.
Charly bemerkte meinen missmutigen Blick und zuckte mit den Schultern.
Nachdem ich ein wenig in der Anleitung geblättert hatte, schaltete ich den PC an. Kurz danach fing ich an, meine Arbeiten zu sichern. Allein das war schon eine nicht zu unterschätzende Arbeit.
Der PC ratterte und ich blätterte weiter in der Anleitung, als sich ein geheimes E-Mail-Programm meldete. Das hatte ich auf anraten von Axel eingerichtet. Ich war ungefähr ein Jahr dabei, da kam er mit dem Vorschlag auf mich zu. Ich werde es brauchen, hatte er mir gesagt und ich solle niemanden von diesem Programm erzählen. Später erfuhr ich von ihm, dass er es selber programmiert hatte. Axel nutzte es auch regelmäßig. Hauptsächlich dafür um mir Aufträge zu geben, die Sicherheitslücken bei Kunden offenlegen sollten. Ich verstand zwar nicht warum ich dafür ein geheimes Programm, mit geheimer Adresse brauchte, aber für Axel war es sehr wichtig. Meine Versuche irgendwelche Fehler in diesem Programm zu finden, scheiterten bis jetzt alle samt. Es war also sicher. Ob Charly es auch hatte und mir nichts davon erzählte, weil er es, wie ich, nicht durfte?
Da Axel der Einzige war, der von diesem Programm und der Adresse wusste, konnte die E-Mail nur von ihm sein. Meine Annahme war richtig und so begann ich zu lesen.
Sei gegrüßt Dennis,
Mir tut es leid, dass du und auch Charly so überrascht wurdet von meiner Entscheidung das Unternehmen zu verkaufen. Wie du sicher weißt, gab es viele Interessenten. Meine Entscheidung viel aber auf die MultiWebNet Company. Ich bin auch ehrlich. Sie boten mir das meiste Geld. Die Übernahme läuft seit Februar und wird Ende April abgeschlossen sein.
Ich bin am Ende Dennis und mir fiel eine Last von den Schultern, als die Verträge in trockenen Tüchern waren. Es war einfach zu viel in letzter Zeit. Ihr habt mir wirklich sehr geholfen mit eurer Arbeit. Leider konntet ihr nicht verhindern, dass ich ausbrannte. Ich habe dir etwas per Post zugeschickt. Pass gut darauf auf! Du wirst mir auch nicht mehr antworten können, da ich das Programm und die E-Mail-Adresse bei mir gelöscht habe.Ich will einfach nichts mehr damit zu tun haben.
Seid vorsichtig! Herr Eisig und seine Assistentin sind kaltblütige Geschäftsleute. Sie werden euch raus schmeißen, sobald ihr Fehler macht oder Arbeiten nicht termingerecht abliefert.
Ich wünsche dir noch viel Glück
Eine Zeitlang saß ich einfach nur da. Ich überlegte, ob ich bei Axel etwas bemerkt hatte, was darauf hinwies, welche Probleme er hatte. Aber es gab keine Anzeichen dafür. Und warum hatte er nicht mehr Leute eingestellt, wenn es ihm zu viel war? Mit meiner Grübelei kam ich leider nicht weiter. Über die geheime Postsendung wollte ich mir erst mal keine Gedanken machen.
Die Sicherung war fast beendet und ich wollte mir nicht wieder den Zorn von Frau Meyer einhandeln, also entschied ich mich, noch weitere Dinge in dem Handbuch nachzuschlagen. Unser Zeitplan war knapp bemessen. Herr Eisig wollte uns garantiert unter Druck setzen. Wenn wir es bis Freitag nicht schafften, das komplette System umzustellen, hatte er einen triftigen Grund um uns zu feuern. Die Aussicht auf den Abgrund hätte nicht besser sein können.
Kurze Zeit später war die Sicherung abgeschlossenes und ich begann damit, das neue Betriebssystem zu installieren. Obwohl das eine trockene Angelegenheit war, machte es mir trotz alledem Spaß. So verging der Arbeitstag schneller als vermutet.
Bevor ich den Feierabend genießen durfte, kam Frau Meyer an meinen Schreibtisch und beugte sich zu mir herunter, so dass ich in ihre braunen Augen sehen konnte. Ihr Duft, den sie überströmte, war betörend. Sie fixierte mich mit ihren strengen Blick. „Morgen sind sie pünktlich Herr Hussmann. Ich mache keine leeren Versprechungen. Merken Sie sich das!“ Frau Meyer strapazierte meine Nerven genau da weiter, wo der Presswurstwichtel aufgehört hatte. Ich war versucht mir eine Ziege vorzustellen, aber es gelang mir nicht, denn ihre Stimme klang plötzlich nicht mehr so schrill, wenn sie ruhig redete. Eigentlich hatte sie sogar eine sehr schöne, warme Stimme. Und ihr Blick war auch….
Hallo Dennis, du hast gerade den Feind dir gegenüber, also bewundere ihn nicht! Ich schüttelte kurz meinen Kopf um wieder auf normale Gedanken zu kommen. Frau Meyer interpretierte mein Kopfschütteln leider falsch, erhob sich und stemmt ihr Fäuste in die Hüften. Bevor sie aber mit ihrer Predigt loslegen konnte, klingelte ihr Handy. Manchmal musste man eben Glück haben.
Sie schaute auf das Display und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.
„Oh man, nicht jetzt!“, entfuhr es ihr und sie eilte ins Büro zurück.
„Ich werde morgen pünktlich sein!“, rief ich ihr hinterher. Ob sie es gehört hatte, wusste ich nicht. Die Bürotür war schneller zu als gedacht.
„Komm schon Dennis.“ Charly stand schon am Eingang und wartete auf mich. „Lass die Schreckschraube doch telefonieren. Wir haben Feierabend und das auch noch pünktlich.“
Wie Recht er hatte. Ich legte mir meine Arbeit für den morgigen Tag zurecht, den PC schaltete ich nicht aus. Die MultiWebNet Company hatte genug Geld. Oh ja mein kleiner Racheakt für die ganzen Schikanen von heute. Und prompt in diesem Augenblick brach die Sonne durch die Wolken, als hätte sie gespürt, sie müsse für bessere Stimmung sorgen.
Ich warf noch einen Blick ins Büro, wo die Meyer auf und ab lief, während sie weiter telefonierte. Charly stieß seinen Ellenbogen in meine Rippen. Es war für mich das Zeichen zu gehen.
Mein Mantel war noch nicht trocken, aber das störte mich gerade nicht. Die Wolken hatten sich innerhalb von zehn Minuten verzogen und nun schien die Sonne mit ihrer ganzen Kraft. Es war angenehm warm.
„Was machst du jetzt noch ?“ Die Frage von Charly überraschte mich.
„Heute mach ich gar nichts mehr. Der Tag war mir etwas zu abgedreht.“ Charly konnte sich ein Grinsen nicht unterdrücken. „Dann komm doch heute zu mir“, lud er mich ein. „Meine Frau ist mal wieder auf Geschäftsreise und Paul freut sich bestimmt, dich wieder zu sehen.“
„Quatsch nicht. Die und Geschäftsreise. Warum lässt du sie damit immer noch durch kommen?“, fragte ich verständnislos.
Charly winkte nur ab. Eine Geste die ich schon kannte.
„Komm steig ein. Ich habe zu Hause noch einen sehr guten Wein. Lass ihn uns vernichten“, lenkte er vom Thema ab.
Bereitwillig ließ ich mich überreden, weil die Weine von Charly geschmacklich unübertroffen waren.
Ich hatte die Beifahrertür nicht ganz geschlossen, da fuhr Charly los. Hastig schnallte ich mich an. Die Fahrkünste von Charly waren etwas außergewöhnlich. Man könnte auch sagen wagemutig. Vielleicht lag es an der Größe seines Autos. Ein waschechter SUN. So wechselte er immer wieder die Spur. Keine Ahnung ob wir schneller voran kamen, aber durch dieses ständige Hin und Her verwandelte sich mein Hirn in einen Milchige und Milchiges können nicht klar denken. Anders kann ich es mir nicht erklären wie ich auf die folgende Idee kam.
„Lass uns zu Axel fahren“, schlug ich vor.
Scheinbar hatte Charly die gleiche Idee gehabt. „Man ich dachte, du machst nie den Vorschlag.“
Super in einem SUN waren zwei Typen unterwegs, die Milchiges als Denkmaschine hatten.
Da Axel uns öfter zu sich eingeladen hatte, wussten wir wo er wohnte, oder besser wo er gewohnt hatte. Fassungslos starrten wir auf das Haus, in dem Axel eigentlich wohnen sollte. Doch es war leer. An den Fenstern klebten 'zu verkaufen' Schilder.
„Was ein Feigling!“, brummte Charly, während er sich eine Zigarette genehmigte.
„Wir können bei den Nachbarn klingeln. Vielleicht wissen die ja wo er hin ist.“ Der Blick von Charly verriet mir, dass er die Idee nicht besonders gut fand. Also ging ich alleine zu dem nächsten Haus und klingelte. Nichts geschah. Kurz bevor mein Finger das zweite Mal die Klingel berührte, öffnete eine alte, bärtige Frau die Tür. „Watt wollen es von mir! Ich doof nascht. Diät hab ich ich schon ihren andren Kochechten je sacht!“
Bevor ich auch nur etwas erwidern konnte, hatte die Frau ihr Haustür wieder geschlossen.
Ich überlegte ob ich noch bei einem anderen Nachbarn klingeln sollte, entschied mich aber dagegen. Wer weiß, was ich mir noch an hören konnte und mit welcher Sprache. Die Bärtige hatte einen mir unbekannten Dialekt. Ob es ein Altersdialekt war?
Charly zog genüsslich an seiner Zigarette und grinste mich frech an. Es war ein 'Ich-hatte-Recht-Grinsen'.
„Und wat willste jetzt machen?“, äffte er die Frau nach.
„Lass uns zu dir fahren.“
Mit einem lässigen Schnippen ließ Charly seine Zigarette davon fliegen. Ohne ein weiteres Wort stieg er ins Auto und ich tat es ihm gleich. Dieses Mal schaffte ich es, mich rechtzeitig an zuschnallen, bevor die wilde Fahrt wieder los ging.
Auf dem Weg zu Charly besorgten wir in einem Supermarkt noch etwas für die abendliche Verpflegung.
Charly wohnte in einer diesen neuen Siedlungen am Rand von Düsseldorf. Das Haus gehörte ihm und seine Frau. War das vielleicht der Grund, warum er sich nicht von ihr trennte?
Ich verstand nie so richtig, warum er sich in dieser Siedlung nieder gelassen hatte. Alle Häuser sahen von außen gleich aus. In der Mitte der Vorderseite war die Eingangstür, links und rechts davon waren Fenster. Sogar das Dachgeschoss hatte das obligatorische Fenster. Der Architekt hatte das Design wohl von seinem Kind.
Wir brachten die Einkäufe in die Küche und verstauten sie fürs Erste.
„Hi Paps“, wurde Charly von Paul, seinem sechzehnjähriger Sohn, begrüßt. Paul war größer als sein Vater, und auch schlanker. Die blonden Haare trug er länger als Charly, und auch strubbeliger. Das Gesicht hatte Paul allerdings von seiner Mutter. „Hallo Paul. Alles klar soweit?“ Die Zwei umarmten sich zur Begrüßung. Man merkte ihnen ihr sehr gutes Verhältnis zueinander an.
„ Jop! Mama ist um vier abgedüst. Sie sagt, ich soll dich lieb Grüßen.“
„Wie nett von ihr“, grummelte Charly. „Wie war es in der Schule?“
„So wie immer Paps. Laaaangweilig.“ Demonstrativ gähnte Paul.
„Tja Paul, das Leben ist kein Ponyhof. Hast du Lust auf einen Grillabend? Dennis ist auch da.“
Erst jetzt bemerkte mich Paul. Dabei war die Küche jetzt nicht so groß. Waren Teenager vielleicht ein wenig Blind für ihre Umgebung?
„Oh hi Dennis! Cool das du mit dabei sein wirst. Muss ich mir das Gejammer von meinem Paps ja nicht alleine anhören.“ Das Gejammer von dem Paul sprach, bezog sich auf Charlys Stimmung, wenn seine Frau nicht da war.
„Klar habe ich Bock auf Grillen und Tina bestimmt auch. Sie kommt gleich ….“ Paul konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen, denn genau in dem Augenblick klingelte es und Paul verschwand zur Haustür. Kurz darauf kam er mit seiner Freundin an der Küchentür vorbei. Tina begrüßte Charly und mich mit einem schnellen Hallo und beide verschwanden in die obere Etage, in der sich Pauls Zimmer befand.
„Tina ist jetzt die dritte Freundin in drei Monaten“, beschwerte sich Charly, wechselte aber sofort das Thema. „Lass uns den Grill fertig machen. Die Zwei machen bestimmt keine Hausaufgaben.“
„Dann können wir uns doch Zeit lasse“, war ich der Meinung.
„Sei dir mal da nicht so sicher“, sagte Charly schelmisch.
Wir gingen auf die Terrasse, die jedes Haus in der Vorstadtsiedlung hatte. Dort stand der Grill und rief uns förmlich zu, ihn doch endlich zu benutzen.
Auf dem kleinen Grundstück befand sich ein Blockhäuschen, aus dem Charly die Holzkohle und einen kleinen Gasbrenner holte. Kurze Zeit später brannte die Holzkohle und ich sah meinem zweiten Grillabend innerhalb von zwei Tagen entgegen. Charly und ich wollten uns nicht die Mühe machen, alles noch ewig vorzubereiten, also hatten wir fertige Salate und marinierte Steaks gekauft, die wir, als der Grill brannte, zusammen mit dem Wein aus der Küche holten. Und weil der Tag nicht optimal verlaufen war, genehmigten wir uns erst ein Glas Wein, bevor auch nur ein Steak auf den Grill landete.
„Der ist wirklich gut“, musste ich anerkennen.
„Es hat auch seine Vorteile, wenn die eigene Ehefrau so viele Kontakte pflegt“, gestand Charly.
„Das ist nicht dein Ernst. Du beziehst den Wein von einem Liebhaber deiner Frau?“ Ich war schockiert über solche Unverfrorenheit.
„Nicht nur einen Liebhaber.“ Charly guckte verschlagen. Ich beneidete ihn irgendwie für diese Dreistigkeit und auch die Nerven, die er hatte, um das durch zuhalten.
„Ach komm, Dennis. Schau nicht so. Ich mache doch nur das Beste aus meiner Situation.“
„Das Beste, mein Lieber, wäre es wenn du dich trennen würdest!“ Er schnaufte nur verächtlich. Da der Wein wirklich super schmeckte, genehmigte ich mir noch ein Glas und schenkte Charly auch noch was ein.
Paul und Tina waren, wie Charly vermutete, schneller fertig, als ich es für möglich gehalten hatte und so sah es Paul als seine Pflicht an, sich um die Steaks zu kümmern. Tina setzte sich zu uns und ich stellte fest, dass Ihre Haare nicht mehr so ordentlich aussahen.
„Wir haben uns noch nicht kennen gelernt“, begrüßte ich Tina und gab ihr die Hand. „Ich bin Dennis, ein Freund von Charly.“
„Oh hallo.“ Sie nahm meine Hand freudestrahlend an. „Weiß ich doch. Paul hat schon einiges von ihnen erzählt.“
„Hat er das?“ Ich warf einen Blick zu Paul, der sich verlegen weg drehte. „Schön das Paul so rede freudig ist! Ich hätte mich nur gerne selber vorgestellt!“
„Tschuldigung Dennis, aber Tina hat mich gelöchert“, verteidigte sich Paul scheinheilig.
„Ja er sagt, sie sind der beste Freund von seinem Vater.“ Charly verzog keine Miene. „Und soll ich noch was sagen?", flüsterte sie. "Ich habe das Gefühl, Paul hat eine nicht so gute Meinung von seiner Mutter. Können sie sich denken warum?“
Mein Blick wanderte zu Charly, der jetzt leicht grinste.
„Paul!“, rief er zum Grill. „Wieso hast du denn eine schlechte Meinung von deiner Mutter?“
Paul hatte die ersten Steaks fertig und brachte sie an den Tisch. Dabei warf einen tadelnden Blick zu seiner Freundin. „Das darfst du ihr gerne erzählen!“, sagte er zu seinem Vater.
„Entschuldige bitte mein Sohn. Ich war davon ausgegangen, dass du ihr schon alles erzählt hättest.“
„Paps das ist deine Baustelle.“ Mit einem zufriedenen Lächeln ging Paul zurück zum Grill. Tina schaute Charly mit ihren Rehaugen neugierig an.
Mit einem Brummen goss Charly sich ein weiteres Glas ein, vorsorglich hielt ich meins auch hin. Obwohl unsere Gläser nie wirklich voll waren, war die erste Flasche leer.
„Ich hol mal ne neue Flasche.“ Tina blickte Charly enttäuscht hinter. „Will er mir es nicht erzählen?“, fragte sie mich.
„Keine Sorge Tina. Warts ab“, beschwichtigte ich. „Charly macht kein großes Geheimnis aus seinem harmonischen Eheleben.“
„So habe ich es noch gar nicht betrachtet“, sagte Paul, der gerade vom Grill zum Tisch gekommen war und sich neben Tina gesetzt hatte. „Hoffentlich bringt Paps noch zwei Gläser mit.“
„Seid ihr nicht noch ein wenig zu jung?“, merkte ich mit Sorge an. „Und was ist mit Schule?“
„Komm schon Dennis“, jammerte Paul. „Ein bisschen Wein schadet nicht und Tina ist doch schon achtzehn.“
Das war jetzt überraschend für mich, hatte ich Tina doch wesentlich jünger geschätzt. Noch während ich mich von meiner Überraschung über Tinas Alter erholte, kam Charly mit der zweiten und auch dritten Flasche Wein zurück, und er hatte tatsächlich noch zwei Gläser in der freien Hand.
„Lass sie Dennis. Tina ist eh alt genug und Paul verkraftet das schon“, wischte Charly den Einwand weg, der mir auf den Lippen lag.
Die zwei Flaschen waren schneller leer als gedacht. Paul trank wohl doch mehr, als ein bisschen und so wurde es ein heiterer Abend. Fleisch und Salate überlebten nicht lange und bei der fünften Weinflasche machten wir Witze über Herr Eisig und Frau Meyer. Fast schien es, als hätte Tina vergessen, was sie über die Ehe von Charly wissen wollte, doch die sechste Flasche erinnerte sie auf magische Weise daran. Der Alkohol zeigte auch bei Charly Wirkung und so war seine Zunge locker genug.
„Alschoo pasch auf Tinalein.“ Okay ein wenig zu locker. Charly bemerkte es sofort wie er lallte. Er machte sich aber gar nicht erst die Mühe, normal zu sprechen.
„Meine Frau ischt eine seeehr erfolgreiche Vertriebsmanagdingsbums. Sie verkauft für alle möglichen Auftraggeber Waren an Geschäftskunden und schie hat eine super tolle Strategie.“ Charly machte eine Pause, in der er sein Glas leerte. „Sie verführt die Kunden.“
Tinas Augen weiteten sich. Man konnte sehen, wie es in ihr ratterte. Sie starrte uns regelrecht an und brauchte mehrere Anläufe um etwas zu erwidern.
„Sie hat mit anderen Männern Sex?“, entfuhr es ihr dann.
„Ja hat sie und bestimmt hat sie auch noch Spaß dabei“, platzte es aus Paul heraus, der sichtlich wütend über das Verhalten seiner Mutter war.
„Und und und warum lassen sie sich nicht scheiden?“, stotterte Tina weiter.
Charly überlegte ein wenig. Bestimmt suchte er nur nach den richtigen Gedanken. So ein alkoholisierter Kopf ist auch schwerfällig. „Sieh dir das mal alles an.“ Er machte eine ausschweifende Geste mit den Armen. „Das alles hätte ich nicht mehr und ich habe ein ruhiges Leben so.“
„Aber sie könnte sich doch von dir trennen“, warf Paul gehässig ein.
„Wird sie nicht tun. Sie würde zu viel verlieren.“ Wieder eine kurze Pause. Charly musste seine ganze Konzentration aufbieten, damit er weiter sprechen konnte. „Vielleicht liebt sie mich aber noch. Hast du mal darüber nach gedacht, Paul?“
Paul sprang wütend von seinem Platz. „Belüge dich nicht selber Paps! Mama nutzt dich nur aus!“ Die Lautstärke seiner Worte musste Paul selbst erschrocken haben, denn er fuhr etwas leiser fort. „Ich geh ins Bett. Ich muss ja morgen zur Schule. Kommst du mit Tina?“
„Gerne doch mein Schnuckie“, kicherte Tina und Beide gingen Hand in Hand ins Haus.
Eine Zeitlang schwiegen Charly und ich. Durch die Stille, die entstanden war registrierte ich die Grillen, die mit ihrem Zirpen der Stille einen lauten Charakter verliehen.
Irgendwann war mir die Stille dann doch zu laut. „Was machst du, wenn du mal eine Andere kennen lernst?“
Charly schaute mich an. „Welche Frau sollte mich denn haben wollen?“, sagte er resigniert.
„Gibt bestimmt genug. Du hast es nur noch nicht versucht.“
„Ich hab aber keine Lust darauf.“ Er schaute demonstrativ auf die Uhr. „Wir sollten auch ins Bett. Wir wollen doch der Ziege keinen Grund geben, wie eine zu meckern.“
Mit einem kapitulierenden Nicken stimmte ich Charly zu und wir packten alles zusammen. Von der oberen Etage kamen merkwürdige Geräusche und ich hoffte, dass Paul und Tina gleich fertig sein würden, denn das Gästezimmer lag neben Pauls Zimmer. Tatsächlich hatte ich Glück.
Nachdem ich mit dem Zähneputzen fertig war, schliefen die Zwei scheinbar tief und fest. Es war eine himmlische Ruhe und das Gästebett der Blumenbergs war sehr bequem. Bevor ich einschlief, schoss mir eine Erkenntnis durch den Kopf. So konnte es mit Charly nicht weiter gehen. Er hatte was besseres verdient. Da ich schneller einschlief, als gedacht, konnte ich mir fürs Erste keinen Plan überlegen, um das zu ändern. Aber manchmal hilft einem das Schicksal auch weiter.