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6.

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Manchmal war ich wirklich froh eine Freisprechanlagen im Auto zu haben. So konnte ich Charly oder auch meine Tochter anrufen, wenn es mir wichtig erschien und genauso konnten sie mich auch anrufen ohne dass ich mich strafbar machte. Aber manchmal verfluchte ich sie auch. Das hatte nichts mit der Freisprechanlagen an sich zu tun, sondern mit den Leuten, die wussten, dass ich sie hatte. Zu diesen Personen gehörte auch Elisabeth.

Ich fuhr gerade auf der Autobahn, die erfreulicherweise nicht zu voll war und ging in Gedanken die Tagesplanung durch. Nicht einmal das Klingel riss mich aus meinen Gedanken. Den Anruf nahm ich automatisch an, ohne auf die Nummer zu schauen, die mich anrief.

„Hussmann“, sprach ich in die Luft.

„Hier leider auch“, ertönte es aus dem Lautsprecher und ich war mit einem Mal wieder voll da.

„Elisabeth was gibt es?“, fragte ich überrascht. Normal rief sie mich nie an, außer sie brauchte etwas, was Zoé betraf. In den meisten Fällen handelte es sich um irgendwelche Unterschriften.

„Dennis denke bitte daran Zoé pünktlich von der Schule abzuholen. Und überanstrenge sie nicht wieder so, wie letztes Wochenende. Sie war völlig kaputt und ich hatte große Mühe sie am Montag aus dem Bett zu bekommen.“ Unfreundlicher konnte Elisabeth gar nicht mehr werden. Ihr Leben war anscheinend derzeit sehr frustrierend.

„Ich hol sie immer pünktlich von der Schule ab Elisabeth und sie hatte es sich gewünscht mit den Inlinern zu fahren. Also was soll der Anruf denn jetzt?“, pampte ich zurück.

„Ich will nur sichergehen. Männer werden mit der Zeit immer unzuverlässiger und dem will ich vorbeugen!“

„Okay Elisabeth. Ich werde mir die größte Mühe geben, nicht unzuverlässig zu werden“, antwortete ich im sarkastischen Ton und fragte mich, was in sie gefahren war.

„Und bring sie am Sonntag ja pünktlich zurück“, sagte Elisabeth schroff und legte auf.

Den restlichen Weg zur Arbeit überlegte ich, was das sollte.

Charly erwartete mich im Treppenhaus. Während wir die Stufen erklommen, erzählte ich von dem Anruf.

„Irgendwas hat sich in ihrem Leben verändert“, meinte er.

„Das war auch mein erster Gedanke. Aber sie klang wirklich verärgert.“

„Vielleicht hat sie ja einen neuen Kerl?“, schnaufte er.

„Das wäre möglich. Zoé hat bis jetzt nur nichts erzählt.“ Mir machte das Treppensteigen zum Glück weniger aus als Charly. „Nur müsste sie dann nicht glücklich klingen?“, fragte ich ratlos.

„Frauen sind ein Buch mit sieben Siegeln, Dennis. Wer weiß schon was in denen vor geht.“ Charlys schnaufen wurde immer lauter.

„Da hast du sicher Recht“, gab ich zu und sprach ihn nicht weiter an. Ich wollte nicht die Schuld daran tragen, wenn er zusammen brach, weil er keine Luft mehr bekam.

Wir hatten die sechste Etage erreicht, als wir hinter uns klackernde Schritte hörten die schnell näher kamen. Ich überlegte, ob ich Charly antreiben sollte, sich zu beeilen, doch er atmete so schwer, dass ich den Gedanken sofort verwarf.

„Na Herr Blumenberg. Versuchen Sie abzunehmen oder ist der Fahrstuhl kaputt?“, fragte Frau Meyer gehässig, während sie an uns vorbeilief.

„Ein wenig mehr Respekt würde ihnen auch nicht schaden!“, rief ich ihr hinterher. Sie drehte sich um und wartete bis wir sie fast erreicht hatten. Dabei stemmte sie ihre Hände in ihre Hüfte.

„Respekt muss man sich verdienen, Herr Hussmann.“

„Ich dachte, den hätten wir uns schon verdient, Frau Meyer.“

„Sie sollten weniger denken und viel mehr nachdenken!“, entgegnete sie zickig, drehte sich um und joggte weiter die Treppen hinauf.

„Ganz schön mutig von dir, deine Chefin so anzugehen“, fiepte Charly.

„Das ist nicht mutig, das ist nur dumm Herr Blumenberg!“, schrie Frau Meyer von oben herab.

Ich zuckte nur mit den Schultern und wir gingen die restlichen Stufen ohne weitere Worte nach oben.

Es herrschte die gleiche Stimmung, in der Firma wie immer, seit wir von MultiWebNet geschluckt worden. Frau Meyer saß in ihrem Büro und telefonierte oder schaute auf ihren Computerbildschirm. Damit wir sie nicht noch mehr verärgerten, machte wir unsere Arbeit ohne ein Wort zu wechseln. Während Charly die Kundenbetreuung übernahm, richtete ich die neuen Computer ein. Keine Ahnung wann diese geliefert wurden. Es war mir auch egal. Durch meine Vorbereitung kam ich sehr schnell voran und war kurz nach dem Mittag fertig.

Weil mir langweilig war, entschloss ich mich, bei Frau Meyer vorbeizuschauen. Mich wurmte ihre Gehässigkeit. Ein Versuch sie zurechtzustuzen, konnte nicht schaden. Aus Freundlichkeit klopfte ich dieses Mal an die Türe. Sie schaute kurz auf und winkte mich herein. Ich schloss die Tür und setzte mich.

„Was kann ich für sie tun?“, wollte Frau Meyer wissen, ohne mich dabei anzusehen.

„Haben ihre Eltern ihnen nicht beigebracht freundlich zu sein?“, fiel ich direkt mit der Tür durchs Haus. Sie hörte mit ihrem Getippse auf und blickte mich an. Ihre Augen waren geschwollen. Hatte die Meyer etwa geweint?

„Natürlich haben sie das. Aber was soll die Frage?“ Es war ihr nicht bewusst, auf was ich hinaus wollte.

„Ihre ständige Stichelei gegen Herr Blumenberg ist unterste Schublade!“, platzte es aus mir heraus.

„Wie ich die Mitarbeiter behandle, ist ganz alleine meine Sache“, giftete sie zurück.

„Wenn sie Respekt von ihren Mitarbeitern wollen, dann sollten sie diese auch mit solchen behandeln.“

„Wer sagt denn, dass ich Respekt brauche? Ich bin nie lange an einem Standort, als das mir die Meinung irgendwelcher Mitarbeiter wichtig ist.“

Ich hatte genug gehört. „Sagen sie Mal ganz ehrlich. Was ist in sie gefahren? Wollen sie etwa nicht freundlich behandelt werden?“

„Haben sie nicht genug eigene Probleme?“, konterte Frau Meyer zurück. So etwas Ignorantes. Gerade als ich aufstehen wollte, damit ich ihr nicht an die Kehle springe, befahl Frau Meyer mir mit ihrer Hand, sitzen zu bleiben. „Wie ich feststellen konnte, sind sie mit ihrer Arbeit durch.“ Ich nickte stumm.

„Sehr schön“, fuhr sie fort. „Man kann sich wirklich auf sie verlassen und es wäre doch sehr schade, wenn wir sie entlassen müssten.“ Sie beugte sich vor. „Sollten sie noch einmal meinen Führungsstil bemängeln, werde ich sie kündigen.“ Frau Meyer hatte mir doch allen Ernstes wieder gedroht. Ich war kurz davor, etwas zu erwidern, da klopfte es an der Tür und ohne auf ein Herein zu warten ging die Tür auf und im Büro stand Herr Eisig. Der hatte natürlich noch gefehlt. „Gibt es ein Problem hier?“, schnatterte er sofort los. Ich sah schon mein Todesurteil unterschrieben.

„Alles in bester Ordnung Manfred. Herr Hussmann und ich haben nur den Plan für die nächste Woche besprochen. Wir sind gerade fertig geworden.“ Ich war vollkommen perplex. Sie hatte ihren Chef angelogen. Immer weniger verstand ich, was in dieser Frau vorging. Erst droht sie mir, nur um mich dann im nächsten Moment zu schützen. Gestern lobte sie Charly und mich, aber heute auf der Treppe musste sie ihn wieder beleidigen. Verstehe das wer will.

„Ich liebe ihren Einsatz für die Firma, Katrin.“ Herr Eisig drehte sich zu mir um. Er hatte wieder einen zu engen Anzug an. „Da sie mit ihrer Besprechung fertig sind, können sie das Büro nun verlassen, Herr Hussmann. Auch ich habe wichtiges mit Frau Meyer zu besprechen.“ Das ließ ich mir bestimmt nicht zweimal sagen. Der Wichtel war mir dann doch zu viel.

An meinem Platz angekommen, entschloss ich mich, etwas zu tun, um bei einer Kündigung abgesichert zu sein. Die Programme der MultiWebNet Company konnte man so leicht manipulieren. Charly war natürlich derjenige, der meinen Eingriff sofort merkte.

„Was machst du da?“, wollte er von mir wissen.

„Ich sichere mich nur ab. Frau Meyer hat mir mit Kündigung gedroht und ich nehme das sehr ernst.“

„Absichern?“, fragte er erstaunt. Charly hatte mich durchschaut, ging aber nicht weiter darauf ein.

„Dann sollten das Biest und der Wichtel nicht den Fehler machen dich zu kündigen.“ Grinsend machte Charly sich wieder an seine Arbeit.

Ich grübelte derweil über das Verhalten von Frau Meyer nach. Nebenbei suchte ich nach Optimierungsmöglichkeiten und beobachtete das Geschehen im Büro. Herr Eisig watschelte dabei immer auf und ab, Frau Meyer saß in ihren Sessel und schien zuzuhören. Sie gähnte ab und zu, aber nur wenn es Herr Eisig es nicht sah. Wahrscheinlich war das Gespräch so spannend, wie Herr Eisig groß war.

Punkt fünfzehn Uhr machten Charly und ich Feierabend. Zoé hatte nach der Schule bis sechzehn Uhr Betreuung und ich wollte unbedingt rechtzeitig dort sein. Im Gesicht von meinem Freund konnte ich erkennen, wie froh er war, die Woche hinter sich gebracht zu haben. Wir wollten gerade in den Fahrstuhl einsteigen, da drängelte sich Herr Eisig an uns vorbei, stellte sich mit seiner gesamten Größe in den Eingang und machte keinen Platz. Als die Türen sich schlossen, grinste er blöde.

„Gewöhnen sie sich daran meine Herren“, erklang die Stimme von Frau Meyer hinter uns. „Das ist seine Art. Ich wünsche ihnen ein angenehmes Wochenende“, verabschiedete sie sich und verschwand im Treppenhaus.

„Was war denn mit der los?“, wollte Charly wissen. Da ich es genauso wenig wusste, zuckte ich mit den Schultern. Wenig später konnten wir nach unten fahren, um uns auf dem Parklatz gegenseitig ein schönes Wochenende zu wünschen.

Die Grundschule, auf die Zoé ging, lag in einer ruhigen Gegend, nicht weit von unserer früheren Wohnung. Die Straßen waren links und rechts mit kleinen Bäumen gesäumt und hatten alle fünfzig Meter diese schrecklichen, kleinen Erhebungen, damit die Autos nicht so schnell fahren konnten, außer man wollte es darauf anlegen, die Fahrtauglichkeit seines Autos zu mindern. Parkplätze gab es in der Nähe genug, also konnte ich mein kleines Auto recht nah abstellen.

Das Schulgebäude war ein modernisiertes Haus aus der Vorkriegszeit, Für mich war es nicht verwunderlich, dass man durch einen riesigen Türbogen ging, um das Gebäude zu betreten. Anderen Eltern waren darüber eher erstaunt.

Obwohl modernisiert, roch es im Gebäude leicht moderig in der Schule. Die Räume, wo die Kinder untergebracht waren, die einen der wenigen Plätze für die Nachmittagsbetreuung hatten, waren in einem seitlichen Anbau der Schule. Ich ging den Gang, der zur Betreuung führte, entlang und hörte mit jedem Schritt, den ich näher kam, ein immer lauter werdendes fröhliches Stimmgewirr.

Der Gang war ausgeschmückt mit gemalten Bildern und Bastelarbeiten. Manche Kinder hatten wirklich Talent, andere dagegen waren nicht von diesem gesegnet. Zoé gehörte zur ersten Gruppe, wie ich mit Genugtuung feststellte.

Die fünf Kinder, die noch da waren, spielten mit ihrer Betreuerin Twister und hatten sich schon ordentlich verknotet. Am Ende gewann ein ältere Junge.

Als Zoé mich sah, ließ sie alles stehen und liegen und kam freudestrahlend auf mich zu gerannt. Ich hatte noch genug Zeit meine Arme auszubreiten, um sie aufzufangen. Sie sprang auf meine Arme und drückte mich ganz fest.

„Hi Zoé. Ich freue mich sehr, dich wieder zusehen“, begrüßte ich sie, während ich nach Luft rang.

„Ich hab dich so doll vermisst“, flüsterte sie mir ins Ohr. Es tat so gut, Zoé wieder in den Armen zu halten und der ganze Ärger der letzten Woche, war wie weg geblasen. Ich setzte meine Tochter ab und sah ihr in die blauen Augen. Sie wirkte auf mich leicht angespannt, doch ich erkannte, wie sich ihre zarten, kindlichen Gesichtszüge entspannten.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich.

„Jetzt schon. Du bist ja da“, sagte sie und zog sich dabei ihre Jacke an.

„Du solltest dich von Frau Schmidt verabschieden, wenn du deinen Tornister holst“, bat ich sie.

„Okay, mach ich.“ Ich sah ihr dabei zu, wie sie erst ihren Tornister aus einer Ecke holte und sich danach von ihrer Betreuerin verabschiedete. Diese blickte kurz zu mir, nickte dann und entließ Zoé.

Auf den Gang nahm mich meine Tochter an die Hand. Es war ein angenehmes, vertrautes Gefühl ihr kleine Hand in meiner zu spüren. Wortlos gingen wir den Gang zurück, der uns aus der Schule führte. Erst als wir im Auto saßen brach, ich das Schweigen. „Wie war die Schulwoche?“

„Ach ganz gut, eigentlich. Wir haben am Mittwoch einen Mathetest geschrieben. Ich hab den heute wieder bekommen.“

„Dann kann ich mir den ja gleich mal anschauen.“

„Nee besser nicht. Ich war nicht so gut“, sagte Zoé bedrückt.

„Hast du so viele Fehler gemacht?“, wollte ich wissen.

„Ja habe ich.“ Ihre Stimmung wurde immer schlechter, was ich von ihr nicht gewohnt war. Normalerweise fand es Zoé nicht so schlimm, wenn sie mal einen Test versemmelte.

„Okay wir schauen was wir da machen können und du erzählst mir auf dem Heimweg die guten Sachen aus der Schule und von zu Hause.“ Zoé war damit einverstanden und auf der Fahrt erzählte sie mir von einem gewissen Normen, mit dem sie viel unternahm, von ihrem Klassenlehrer, der immer lustige Dinge im Unterricht macht und von ihrer Sportlehrerin, die sich bei einer Turnübung den Arm brach und die ganze Klasse früher nach Hause oder zur Betreuung durfte. Von zu Hause verlor sie kein einziges Wort. Eigentlich hätte es mich stutzig machen müssen.

Dann war ich an der Reihe und auch ich erzählte ihr von meiner Woche. Gespannt hörte sie mir zu und meinte am Ende, dass ich eine ganz fiese Chefin habe. Ich wollte nicht widersprechen, jedoch fragte ich mich, ob ich nicht ein wenig übertrieben hatte bei meinen Erzählungen. Das Frau Meyer auch eine andere Wirkung auf mich hatte, verschwieg ich.

In der Straße, in der das Wohnhaus der Richters und somit auch meine Wohnung lag, war die Parkplatzsituation oft zum Haare raufen. Es gab Tage, da waren viele Parkplätze frei, aber an anderen Tage waren sie alle besetzt. Dieses Besetzt sein konnte sich allerdings in Minutentakt ohne einen ersichtlichen Grund ändern. Das war aber für mich noch nicht das Schlimmste, sondern es waren die Lücken zwischen den geparkten Autos. Manche waren so groß, wenn man zwei von den Lücken zusammen nehmen würde, hätte ein normales Auto locker rein gepasst. Nur alleine genommen waren sie selbst für mein Auto zu klein. Sehr oft kam mir der Gedanke, die ganzen anderen Autofahrer würden diese Lücken mit Absicht so groß lassen.

Diese Situation erlebten meine Tochter und ich heute. Wir fuhren dreimal um den Block, in der Hoffnung, es würde irgendwer in sein Auto steigen und weg fahren. Doch niemand tat uns den Gefallen, also parkte ich in der nächste Seitenstraße.

Die kleinen Gemeinheiten des Schicksals lauerten natürlich überall, denn als wir um die Ecke kamen, waren vor dem Haus, in dem meine Wohnung lag, zwei Parkplätze frei. Zoé schaute mich an. Sie wollte bestimmt wissen, ob ich noch mal zum Auto ging, um es umzuparken. Doch ich blieb standhaft.

An der Haustür wurden wir schon von Leonie, der zehnjährigen Tochter von Michael erwartet. Sie hatte uns bestimmt beobachtet, wie wir dreimal vorbeigefahren waren.

„Hi Zoé“, begrüßte sie meine Tochter. „Ich habe schon auf dich gewartet. Magst du mit in mein Zimmer kommen?“

„Ähm, darf ich bitte?“, fragt Zoé mich.

„Klar doch mein Schatz. Ich nehme deinen Tornister mit nach oben.“

„Dankeeeee!“, rief sie mir zu und verschwand sehr schnell mit Leonie in die Wohnung der Richters. Zoé und Leonie waren recht schnell gute Freundinnen geworden.

Am zweiten Wochenende, welches Zoé bei mir verbrachte, klingelte es bei mir. Als ich die Tür aufmachte, stand die zehnjährige Leonie, die Tochter von Michael und seiner Frau Gabi, davor. Sie hatte mitbekommen, dass ich meine Tochter zu Besuch hatte und fragte ganz lieb, ob Zoé mit ihr spielen dürfte. Klar durfte sie und Zoé fand es auch super, ihrem Gesicht nach zu urteilen, welches sie machte.

Auf dem riesigen Innenhof, konnten die zwei Mädchen ausgelassen spielen und weil ich in meiner Wohnung nichts zu tun hatte, ging ich mit, um mich auf eine der Bänke, die dort standen, zu setzten. Wenig später waren auch Leander und Luca, die anderen zwei Kinder von Michael und Gabi, mit am Spielen. An diesem Tag lernte ich auch Gabi kennen. Michael lud mich, während ich den Kindern beim Spielen zuguckte, zum Grillen ein. Dort erfuhr ich, dass Leander fünf und Luca 15 Jahre alt waren. Ich war erstaunt, wie rührend Luca mit seinen Geschwistern und auch mit Zoé umging.

Luca und Leonie hatten die schwarzen Haare von ihrem Vater vererbt und sahen auch sonst Michael sehr ähnlich. Leander kam aber ganz nach seine Mutter. Die blonden Haaren verliehen ihm ein michelähnliches Aussehen und sein weiches Gesicht würden wohl dafür sorgen, dass wenn er älter ist, die Mädchen nur so hinter ihm herlaufen würden.

Gabi schien in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter voll aufzugehen, so ausgelassen und fröhlich wie sie war. Ihr blondes Haar trug sie meistens kurz geschnitten. Ich konnte ihr Alter nicht einschätzen, aber von Luca erfuhr ich wie alt sie wahr.

Bei jenem Grillabend begann auch die Freundschaft zwischen Michael und mir. Die Eltern von Michael, Hans und Brunhilde, waren bei unserem ersten Grillabend im Urlaub, ansonsten waren sie immer mit dabei, erzählte mir Michael, denn bei schönem Wetter gab es die Grillabende sehr oft. Bedauerlicherweise konnte ich nicht immer dabei sein. Die Arbeit in der Firma wuchs von Woche zu Woche. War dies das Leid der Erfolgreichen, fragte ich mich nicht nur einmal. Wenigstens hatte ich die Wochenenden frei und so konnte ich die Zeit mit meiner Tochter genießen.

Mit dem Tornister in der Hand trottete ich langsam die Stufen zu meiner Wohnung hinauf. Oben angekommen stellte ich den Tornister unter die Garderoben, hing meine Jacke auf und setzte mich auf die Couch. Jetzt wusste ich nur leider nicht, was Zoé heute Abend essen wollte. So raffte ich mich auf. Ich hatte die Tür nicht ganz geöffnet, da sah ich Michael, der vor der Tür stand und klingeln wollte. „Kannst du hell sehen?“, wollte er wissen.

„Schön wär's“, schmunzelte ich „Ich habe nur vergessen, Zoé zu fragen, was sie heute Abend essen möchte. Vielleicht hast du es ja gemerkt, dass sie mit deiner Tochter spielt.“

Michael sah mich mit einem spitzbübischen Grinsen an. „Oh das ist mir total entgangen. Ich hatte mich schon gewundert woher der Krach kommt.“

„Jetzt hast du deine Erklärung.“

Gemeinsam gingen wir in seine Wohnung und das Erste was mir entgegen kam, war ein ein unheimlich guter Geruch aus der Küche. Gabi wollte sich mal wieder selbst übertreffen. Den Krach, der aus Leonies Zimmer kam, konnte man nicht überhören. Interessiert ging ich zur Tür von Leonies Zimmer, weil ich wissen wollte, was die zwei Mädchen da veranstalteten und außerdem hatte ich einen guten Vorwand, um die Zwei zu stören.

Kaum hatte ich die Klinke der Tür herunter gedrückt, war es mit einem Schlag ruhig. Beide Mädchen saßen auf dem Boden, wie kleine Engel und spielten ganz friedlich mit Puppen.

„Ich wollte dich fragen, was du heute Abend essen möchtest?“, fragte ich an Zoé gewandt

„Mmh. Ich hätte ganz große Lust, auf selbst gemachte Pizza“, antwortete sie.

„Wolltest du mit helfen oder soll ich alles fertig machen und sie in den Ofen schieben, wenn du kommst?“

Zoé überlegte kurz und strich sich dabei eine Strähne ihrer blonden Haare hinter das Ohr.

„Mach du das. Ich will noch mit Leonie spielen. Wir haben gerade so viel Spaß.“ Zur Bestätigung nickte Leonie eifrig mit dem Kopf.

„Okay“, sagte ich und verließ das Zimmer. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, fing der Krach wieder an. Ich schüttelte nur meinen Kopf.

Michael hatte die ganze Zeit hinter mir gewartet. „Ist das nicht ein schönes Phänomen. Man hört sie die ganze Zeit, aber gehst du ins Zimmer, sitzen sie wie kleine Engel da.“

„Wie oft seid ihr denn schon rein?“, wollte ich wissen.

„Dreimal oder so. Immer das Gleiche. Gabi meinte wir sollten sie lassen.“

„Ich hoffe es stört euch nicht?“, fragte ich unsicher.

„Ach nein. Wir sind es gewohnt. Bei drei Kindern im Haus gibt es nie Ruhe“, beruhigte mich Michael.

„Könntet ihr sie mir bitte so gegen sieben nach oben schicken?“

„Natürlich machen wir.“ Michael machte eine kurze Pause, bevor er mir die nächste Frage stellte. „Wie läuft es auf der Arbeit?“

„Hm“, machte ich. „Es ist nicht mehr dasselbe wie früher und meine Vorgesetzte hat mir schon das zweite Mal in sehr kurzer Zeit mit Kündigung gedroht.“

„Das klingt aber nicht so gut. Hast du etwas getan, was diese Drohung rechtfertigt?“

„Na ja ich habe meinen Unmut darüber geäußert, wie sie mit Charly umgeht.“

„Das wird wohl nicht reichen für eine Kündigung. Leider bin ich aber nicht der Spezialist für solche Fragen. Ich frage mal einen Kollegen von mir, der sich sehr viel besser mit solchen Dingen auskennt“, bot Michael an

„Ich danke dir.“

„Keine Ursache mein Freund“, sagte er. „Viel Spaß beim Pizza backen.“

„Bevor ich es vergesse“, hielt ich inne. „Warum wolltest du bei mir klingeln“?

„Ach nicht so wichtig. Mach dir nachher einen schönen Abend mit deiner Tochter.“

Ich bedankte mich noch mal und ging dann voller Tatendrang zurück in meine Wohnung. Immerhin musste der Pizzateig eine Weile ruhen, bevor ich ihn weiter verarbeiten konnte. Als ich den Teig fertig hatte, bereitet ich die übrigen Zutaten vor. Dazwischen fand ich noch genug Zeit, mir den Mathetest anzuschauen. Dieser war wirklich nicht besonders gut ausgefallen. Eigentlich war er eine Katastrophe. Die restliche Zeit verstrich unbemerkt und kurz nach sieben klingelte Zoé. Sie hatte Leonie mit gebracht.

„Hallo Onkel Dennis, darf ich bitte mitessen? Zoé hat mir erzählte, dass du die leckerste Pizza machst.“ Die Kinder von Michael hatten es sich angewöhnt, mich mit Onkel anzusprechen. Am Anfang empfand ich es sehr gewöhnungsbedürftig, inzwischen habe ich mich jedoch damit abgefunden. Außerdem sagt Zoé zu Michael ebenfalls Onkel und Gabi nennt sie Tante.

Leonie und Zoé schauten mich so hinreißend an, da konnte ich nicht nein sagen. Zur Sicherheit rief ich bei den Richters an und fragte ob es für sie in Ordnung wäre. Sie hatten erwartungsgemäß nichts dagegen, also hatte ich zwei junge Damen zu Besuch. Wenn ich Pizza backe, mache ich aus einem mir unerfindlichen Grund zu viel. Es würde auf jeden Fall für alle reichen.

Um Zoé die peinliche Situation mit dem verhauen Mathetest zu ersparen, begnügte ich mich damit, mit den zwei Mädchen nur über allgemeinen Themen zu sprechen. Leonie kam auf die Idee uns mitzuteilen, dass sie in einen voll süßen Jungen verliebt wäre. Ich fragte mich, ob sie nicht dafür noch zu jung wäre. Vermutlich wurden die Kinder heutzutage nur einfach schneller erwachsen. Zoé erwidert darauf was sie von Jungs hielte. Sie waren, bis auf Normen, alle blöd. Es hielt sie jedoch nicht von ihrer nächsten Frage ab und die galt mir.

„Sag mal Papa. Hast du schon eine neue Freundin?“ Ich schluckte kurz. „Hast du mit Oma telefoniert?“, fragte ich meine Tochter, denn soweit ich wusste, meldete sich meine Mutter noch bei meiner Ex-Frau, um mit Zoé zu sprechen.

„Was hat denn Oma damit zu tun?“, wollte meine Tochter erstaunt von mir wissen.

„Vielleicht habt ihr euch ja abgesprochen. Oma ist nämlich auch der Meinung, dass ich eine neue Freundin haben sollte.“

„Und hast du nun eine Neue?“, bohrte Zoé nach.

„Nein habe ich nicht.“

„Und warum nicht?“, wollte nun Leonie wissen. Tja warum hatte ich keine Freundin und vor allem wie sollte ich es den kleinen Mädchen erklären.

„Es war noch nicht die richtige dabei“, antwortete ich mit dem Erstbesten was mir einfiel.

„Mama hat jetzt einen neuen Mann“, eröffnete Zoé uns. Auf Grund dieser Information hielt ich einen kurzen Moment inne. Nicht das es mich störte, mit wem Elisabeth ihre Zeit verbrachte, doch würde Zoé mit dieser neue Situation klar kommen?

„Wie ist der denn so?“, fragte ich neugierig.

„Keine Ahnung. Er ist kaum da und wenn er da ist, redet er total wenig mit mir was.“

„Scheint ja ein netter Kerl zu sein“, meinte ich sarkastisch. Natürlich verstand Zoé nicht, wie ich es meinte.

„Ich finde ihn komisch und Mama ist auch irgendwie komisch geworden, seit dem sie ihn kennt.“

„Die Mama ist eben verliebt. Da benehmen sich die Erwachsenen komisch“, versuchte ich meine Tochter zu beruhigen.

„Nicht nur die Erwachsenen, Onkel Dennis“, meldete sich Leonie auch zu Wort.

Zoé ließ das alles nicht Gelten. „Nein sie ist so anders komisch. Und sie vergisst auch so viele Sachen.“

Ich beschloss, dass ich heute Abend noch mit meine Ex-Frau telefonieren muss.

„Was hat sie denn so alles vergessen?“

„Ach dies und das“, erklärte Zoé knapp. Na ja damit konnte ich leider nicht so viel anfangen, doch beließ ich es dabei. Nach diesem etwas ernsteren Gespräch, widmeten wir uns entspannteren Themen zu. Wie vermutet reichte die Pizza für uns alle drei. Den Rest der übrig blieb, packte ich ein und gab Leonie die Restpizza mit. Vielleicht wollten ja Luca und Leander oder sogar Michael und Gabi ein Stück davon essen.

Nachdem ich die Tür hinter Leonie zugemacht hatte, setzten Zoé und ich uns auf die Couch.

„Kommt jetzt die Standpauke?“, wollte Zoé wissen, doch ich schüttelte den Kopf. Zoé atmete erleichtert aus.

„Aber ich würde schon gerne wissen, warum du so einen schlechten Test geschrieben hast.“

„Ich weiß nicht“, gab sie zu. „Ich habe immer geübt und so, aber als wir den Test geschrieben hatten, fiel mir einfach nichts mehr ein.“

„Klingt schon merkwürdig, finde ich“, grübelte ich.

Zoé kaute auf der Unterlippe und ich konnte sehen wie sie nachdachte.

„Mach dir darüber keine Sorge. Den nächsten Test schreibst du dann wieder super“, sagte ich zur Beruhigung, worauf sich Zoés Gesicht merklich aufhellte.

Für die Planung des Wochenendes nahmen wir uns reichlich Zeit. Bei mir stand der Zoobesuch an erster Stelle. Ich erzählte von Charlys Plan und Zoé war begeistert von der Idee. Sie mochte Charly und auch von Paul war sie ganz angetan. Ich vermied es, ihr von Pauls abermals neuer Freundin zu erzählen. Womöglich hätte sich mich gefragt, warum Paul so oft eine neue Freundin hätte. Zudem wusste ich, dass sie die Letzte gemocht hatte. Meine Sorge wegen Tina erwies sich allerdings als unbegründet, aber ich bin ja kein Hellseher.

Der Wunsch von Zoé war etwas ausgefallener. Sie wollte Go-Kart fahren und ich hatte keinen Plan, wo eine Go-Kart-Bahn war, doch das konnte ich später noch herausfinden.

Da wir die Wochenendplanung abgeschlossen hatten, machten wir es uns auf der Couch gemütlich und guckten uns einen Kinderfilm über eine Königin an, die magische Fähigkeiten besaß. Sie konnte damit sogar einen Schneemann zum Leben erwecken. Am Ende des Films war Zoé so müde und wäre beinahe beim Zähneputzen eingeschlafen. Ich legte sie in mein großes Bett und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Von alledem bemerkte Zoé allerdings nichts mehr. Sie schlief sofort tief und fest ein.

Für mich kam nun der unangenehme Teil des Abends. Ich wählte die Nummer von Elisabeth Festnetzanschluss. Am anderen Ende der Leitung teilte mir eine Computerstimme mit, dass es keinen Anschluss unter dieser Nummer gab. Ich überprüfte die Nummer weitere zweimal, doch es war immer dasselbe Ergebnis, also rief ich auf Elisabeths Handy an.

Es klingelte dreimal, bevor abgenommen wurde.

„Wer ist da?“ Eins war mir sofort klar. Elisabeth war nicht an ihrem Handy, sondern eine Männerstimme und diese war auch noch recht unfreundlich. „Hier ist Dennis, der Ex-Mann von Elisabeth“, sagte ich leicht verwirrt.

Am anderen Ende der Leitung schnaufte es nur verächtlich und dann war die Leitung tot. Obwohl ich es noch ein paar Mal probierte, Elisabeth zu erreichen, hatte ich keinen Erfolg. Das Handy war ausgeschaltet worden. Ich fühlte wie der Ärger über dieses Verhalten in mir aufstieg. Okay ein paar mal tief durchatmen. Das half sehr gut. Kurz entschlossen wählte ich die Nummer von Michael, der sofort ran ging und als ich ihn fragte, ob er Zeit hätte zu mir herauf zu kommen, sagte er sofort ja. Zwei Minuten später war er bei mir.

„Also was gibt es Dennis?“, fragte er, nachdem er sich gesetzt hatte.

„Ich wollte gerade meine Ex-Frau anrufen, weil Zoé meinte Elisabeth würde öfter etwas vergessen“, erklärte ich knapp.

„Was hat sie denn dazu gesagt?“

„Nichts. Ihre Festnetznummer scheint es nicht mehr zu geben und bei ihrem Handy ging nur eine unfreundliche Männerstimme ran. Das wäre ja nicht so schlimm, aber als ich mich vorstellte, legte er auf. Seitdem ist das Handy auch aus.“

„Hm das klingt nicht gut“, meinte Michael besorgt. „Kannst du es morgen noch mal probieren bei ihr anzurufen?“

Ich beantwortet die Frage mit leichtem Nicken.

„Sehr gut. Sollte sie dann immer noch nicht erreichbar sein, werde ich mich mit ihrem Anwalt auseinander setzen. Wir wollen ja nicht, dass Elisabeth etwas verpasst, wenn Zoé hier was Schönes erlebt und sie es ihrer Mama dann nicht am Telefon erzählen kann.“ Das war typisch Michael. Er zeigte Verfehlungen nie offensichtlich an, sondern ging immer den Weg, wie Kinder es sehen würden. Noch ein Grund warum Michael so ein guter Anwalt ist.

„Mach dir keine Gedanken darüber, Dennis“, wollte mich Michael beruhigen. „Vielleicht wollte sie nur nicht mit dir reden, weil sie etwas in ihren Augen Wichtigeres zu tun hatte.“

„Was kann denn so wichtig sein um diese Zeit?“, fragte ich unwissend. Als ich das freche Grinsen von Michael sah, fiel auch bei mir der Groschen.

„Daran habe ich gar nicht gedacht“, gab ich zu.

„Mir scheint, du bräuchtest eine neue Frau“, stellte Michael fest. War das eine Krankheit? Erst meine Mutter, dann meine Tochter und nun auch noch einer meiner Freunde. Alle fanden ich sollte mir eine Neue anlachen. „Leonie hatte erwähnt, dass ihr euch heute beim Essen darüber unterhalten habt“, erklärte Michael, als er meinen missbilligenden Blick bemerkte. „Vielleicht hat deine Tochter ja recht?“ Ich seufzte. Was konnte ich dagegen noch tun. Allem Anschein nach, wollten alle mich verkuppeln. „Das kann sein, doch ich möchte mich mit diesem Thema nicht beschäftigen“, gab ich stur zurück.

„Ach Dennis, irgendwann wirst auch du wieder in den Hafen der Liebe segeln.“ Michael blickte auf seine Uhr und stand auf. „Ich werde dich nun aber verlassen. Wird Zeit das ich ins Bett komme“, sprach er und verabschiedete sich von mir. Wieder kam ich nicht dazu, ihn zu fragen, warum er bei mir klingeln wollte.

Auch für mich war der Tag vorbei und ich machte es mir im Wohnzimmer auf der Couch gemütlich und schlief sehr schnell ein.

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