Читать книгу Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 17 und 18 - Elda Drake - Страница 4

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Kapitel 1

Wie so oft in ihrem Leben, hatte auch heute Abend wieder einmal der Zufall eine Rolle gespielt.

Kai saß mit seiner gewohnt undurchschaubaren Miene am Tisch und beobachtete die Anwesenden. Welche Gedanken ihm dabei gerade durch den Kopf gingen, konnten manche von ihnen vielleicht entfernt erahnen, aber niemand bestimmt wissen. Nach wie vor war er der Meinung, dass es besser sei, dass seine Umgebung nicht über alles informiert war, was er dachte und wusste. Seine Lippen verzogen sich zu einem leisen Lächeln, als er seine Freundin mit einem kurzen Blick streifte – und vor allem nicht darüber, was er so tat.

Hetty und er waren mit Susi und Hashimoto auf einem Zug durch die Kneipen gewesen und mittendrin auf Patrick, Chrissie, George und Molly getroffen. George hatte sie gesehen, als sie das Lokal betraten und laut nach seinem Chef gerufen. Als der grüßend die Hand hob, winkte er und deutete auf die freien Plätze an ihrem Tisch. Kai hatte eigentlich nicht vor, sich der, dem Anschein nach, schon reichlich fröhlichen Runde anzuschließen und schüttelte erst ablehnend den Kopf.

Doch Hashimoto gab ihm mit einem Grinsen einen Stupser in die Seite. »Komm zier dich nicht – wir können uns doch dazu setzen, die haben noch genügend Platz für uns.«

Der Japaner wusste ganz genau, warum sein Freund zögerte, schließlich saß hier auch Patrick am Tisch und er kannte die Einstellung seines Freundes zu diesem Thema. Kai fand es ausgesprochen kontraproduktiv, dem Jungen zu viel Einblick in seine wunderbar harmonierende Beziehung mit Hetty zu geben. Und auch wenn die beiden mit ihm und Chrissie gemeinsam auf der Farm lebten, so hatten sie doch ihren eigenen Freundeskreis, mit dem sie die Freizeit verbrachten.

Hashimoto fand es nach wie vor erstaunlich, dass dieses Zusammenleben ohne sonderliche Reibungen funktionierte. Die letzten zwei Jahre hatte sich Patrick, wider Erwarten, tatsächlich an die vorgegebenen Grenzen gehalten und er war deshalb der Meinung gewesen, die Affäre Hetty wäre somit Vergangenheit. Doch Kai hatte ihm erklärt, der Junge wahre nur den Schein und er würde ihm keine Sekunde über den Weg trauen. Patrick liebe Hetty nach wie vor und würde sich nicht zurückhalten, wenn sich die entsprechende Gelegenheit ergab. Und sein Part in diesem Spiel war der, dafür zu sorgen, dass sich eben keine Gelegenheit ergab. Das hatte ihm die letzten Jahre etliche, gut ausgefeilte Strategien abverlangt, was er allerdings in keinster Weise als Belastung empfand. Für ihn war das sein ganz privates Unterhaltungsprogramm zum ansonsten viel zu ereignislosen Farmalltag.

Mit diesem Hintergrundwissen nahm sich Hashimoto nun die Zeit, Patrick etwas genauer zu mustern, als sie sich zu ihm an den Tisch setzten. Als er sah, dass Chrissies Mann sie mit einem absolut neutralen Gesichtsausdruck begrüßte und seiner Miene keinerlei Gemütsregung abzulesen war, seufzte er innerlich auf. Kai hatte ihm oft genug gesagt, dass dies ein deutlicher Hinweis auf verborgene Gedankengänge war. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn sie einfach abgewinkt und ein anderes Lokal aufgesucht hätten. Doch als er ihn nochmals ansah, wirkte der Junge wieder offen und gut gelaunt und Hashimoto war sich nicht mehr sicher, ob er wirklich etwas Relevantes gesehen hatte oder sich das Ganze nur einbildete.

Patrick hatte nur ein paar Sekunden gebraucht, um sich in den Griff zu bekommen. Der kurze Schock, als er gesehen hatte, wie eine glücklich strahlende Hetty, Arm in Arm mit Kai, das Lokal betrat, war schnell vergangen. Schließlich hatte er die beiden Tag für Tag auf der Farm im Sichtfeld und war es gewöhnt, sie zusammen zu sehen. Doch die unerwartete Begegnung hatte ihn überrascht, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass die beiden auch hierher kommen würden. Hetty trug heute ausnahmsweise eines ihrer wenigen Kleider und sah darin einfach bezaubernd aus. Sie hatte auf ihn wie ein junges Mädchen gewirkt, als sie mit wiegenden Schritten neben Kai eher durch die Menge getanzt, denn gegangen war. Und ganz kurz hatte er einen Anflug von Neid verspürt, über die Tatsache, dass Kai und nicht er an Hettys Seite sein konnte. Aber das war Schnee von gestern und sollte ihn eigentlich längst nicht mehr berühren.

Also verdrängte er alle aufkommenden negativen Gedanken und sprach angeregt mit den Anwesenden. Diese Tarnung war viel besser, als die Taktik der Negation und bedeutend weniger auffällig. Doch als er Kai zwischendurch mit einem Blick streifte, zog dieser amüsiert den rechten Mundwinkel nach oben, was Patrick dazu veranlasste, unbewusst die Zähne zusammen zu beißen. Wie immer hatte der große Meister eine genaue Vorstellung davon, wie es eigentlich in ihm aussah.

Der schmunzelte in sich hinein. Er war sich nicht sicher gewesen und hatte ins Blaue hinein einen Versuchsballon gestartet. Aber diese Reaktion von Patrick hatte gezeigt, dass er mit seiner Vermutung absolut richtig gelegen hatte. Wohl nur er hatte sehen können, wie sich die Wangenmuskeln anspannten und der Blick kurz schwankte.

Kai betrachtete es als eine Art Hobby, die Gefühle und Gedanken des Jungen zu lesen. In letzter Zeit war ihm das allerdings immer schwerer gefallen, denn sein Rivale konnte sich in Richtung Selbstbeherrschung mittlerweile schon fast mit ihm messen. Und nicht nur er wusste, was in seinem Konkurrenten vorging, nein, auch der war inzwischen äußerst gut darin geworden seine Gedankengänge zu erraten. Im nonverbalen Kommunizieren hätten sie beide mittlerweile jeden Wettbewerb gewonnen und nicht einmal Hetty konnte ahnen, wie viele stumme Botschaften zwischen ihnen konstant ausgetauscht wurden.

Und wenn Kai nicht ganz genau gewusst hätte, dass sich an Patricks Liebe für Hetty nichts geändert hatte, wäre er absolut überzeugt davon gewesen, dass auf der Farm tatsächlich alles eitel Freude und Sonnenschein war. Chrissie und Patrick führten eine harmonisch wirkende Ehe und als Außenstehender musste man die Überzeugung gewinnen, dass es eine gute Ehe war. Die beiden gingen zwar größtenteils ihre eigenen Wege, aber nichts ließ darauf schließen, dass das einer von ihnen als Nachteil empfand.

Patrick war immer noch kein Partyfan und vermied es nach Möglichkeit mit Chrissies Schicki-Micki-Freundeskreis zusammenzutreffen. Diese Leute lagen einfach nicht auf seiner Wellenlänge und es kostete ihn Überwindung und Kraft, den ganzen Abend Smalltalk zu machen. Also drückte er sich vor Einladungen, wenn er irgendwie konnte, was ihm seine Frau allerdings in keinster Weise übelnahm. Chrissie war es eindeutig egal, wenn sie alleine zu ihren Freunden fahren musste, solange ihr Mann keine Einwände dagegen erhob, dass sie öfter auch über Nacht in Brisbane blieb. Kai hatte noch nie erlebt, dass Patrick etwas anderes getan hatte, als ihr viel Spaß auf der Party zu wünschen und Grüße an die Freunde auszurichten. Chrissie hatte andererseits noch nie eine negative Bemerkung bezüglich seiner langen Arbeitszeiten in der Mine von sich gegeben und er konnte zuhause solange vor seinem Laptop sitzen, wie er wollte, ohne dass sie genervt wirkte. Ansonsten lachten und scherzten sie miteinander, ritten gemeinsam aus, wenn dafür mal Zeit war und es gab keinen Hinweis darauf, dass die Ehe nicht so lief, wie sie laufen sollte.

Und trotzdem hatte Kai ein ungutes Gefühl und den diffusen Eindruck, dass er nur eine gut einstudierte Theatervorstellung erlebte. Irgendetwas war nicht so, wie es sein sollte, aber er konnte einfach nicht sagen, was es war. Aber sein Unterbewusstsein, gab immer wieder Warnsignale von sich und deshalb behielt er den Jungen nach wie vor im Auge. Praktischerweise hatte er für die Aufsicht jetzt noch einen kleinen Spion an der Seite und das war sein Taufkind Simon. Der war mittlerweile mit seinen vier Jahren schon genauso clever und smart wie der Vater und hatte sich zu einem ziemlichen Früchtchen entwickelt.

Sehr schnell hatte er mitbekommen, wie er alle Haushaltsangehörigen um den Finger wickeln konnte und sogar Hetty hatte Mühe, seinem kindlichen Charme zu widerstehen. Der Kleine war das pure Ebenbild seines Vaters, hatte dessen blaue Augen und blonde, allerdings immer etwas zu lange Wuschellocken. Dazu hatte er das Redetalent von Patrick geerbt, glänzte, wenn er denn wollte, mit erstklassigen Manieren und war, durch den dauernden Umgang mit älteren Menschen, sehr frühreif und altklug. Seine Mutter hatte zwar nach wie vor keine innige, liebevolle Beziehung zu ihrem Sohn, aber das berührte den Kleinen anscheinend nicht sonderlich. Schließlich waren noch genug Menschen auf der Farm, die sich um ihn kümmerten und ihn herzten, wenn er meinte, er bräuchte wieder einmal Streicheleinheiten. Und auch wenn Chrissie sich nicht in dem Maße mit ihm abgab, wie sein Vater, Dolly und Fritz, so war sie doch sehr stolz auf ihren Sohn und nahm regen Anteil an seinen Fortschritten. Sie war auch diejenige, die dafür sorgte, dass er Spielgefährten in seiner Altersgruppe hatte und fuhr ihn, wann immer er wollte, zu ihrer Freundin Molly auf die Nachbarsfarm. Dort konnte er dann mit deren Kindern Bruce und Lisbeth herumtoben und sie sich in der Zwischenzeit mit Molly unterhalten und Kaffee trinken. Ihre Freundschaft aus Kindertagen hatte immer noch Bestand und auch wenn Molly das absolute Gegenteil zu ihren sonstigen Schickeria-Freunden war, verstanden sie sich immer noch hervorragend.

Hetty und Kai dagegen hatten eine etwas ambivalente Einstellung zu dem Kleinen. Auf der einen Seite war der Junge eine Nervensäge, da man sich dauernd um ihn kümmern sollte, aber andererseits dabei so liebenswert, dass man ihn einfach gern haben musste. Sie hatten sich mittlerweile daran gewöhnt, unter Tags auf Schritt und Tritt mit ihm konfrontiert zu werden, aber nach wie vor fanden sie es äußerst angenehm, wenn er mit seinem Vater die Großeltern in Cairns besuchte und sie so eine Weile ihre Ruhe hatten.

Simon störte der mangelnde Enthusiasmus, den sie ihm gegenüber aufbrachten, nicht im Geringsten. Im Gegenteil, für ihn gab es nichts Spannenderes, als einen Weg zu finden, sie dazu zu bringen, sich mit ihm abzugeben. Das war für ihn ein Spiel und das spielte er mit Begeisterung und Leidenschaft. Und er hatte sehr schnell bemerkt, dass sein Taufpate immer bereit war, zuzuhören, wenn er von einem gemeinsamen Ausflug mit Hetty und seinem Vater berichtete. Da er Kai schlichtweg vergötterte und es für ihn das Allerschönste war, wenn der sich für ihn Zeit nahm, war das eine wunderbare Möglichkeit, ihn ganz für sich alleine zu haben. Und so war es ihm zu einer lieben Gewohnheit geworden, sobald er zurück war, Kai aufzulauern und ihn zu fragen, ob er wissen wolle, was heute so los gewesen war. Wenn der dann nickte und er sich zu ihm setzen durfte, war er überglücklich und berichtete äußerst detailliert von seinen Erlebnissen, um ja seinen Aufenthalt bei Kai auf ein Maximum auszudehnen.

Auf diese Weise hatte Kai dann auch erfahren, dass seine Freundin sich hin und wieder zu der Erwiderung eines Kusses von Patrick hinreißen ließ. Und auch wenn sonst nicht mehr passierte, dann war das für ihn ein sicherer Hinweis, dass er sich keinesfalls beruhigt zurücklehnen sollte.

Schließlich hatte er ein gutes Gedächtnis und so konnte er sich nur zu gut an ein lange zurückliegendes Gespräch mit dem Jungen erinnern, bei dem dieser ihn amüsiert gefragt hatte. »Wie konnte sie nur glauben, dass ich es bei einem Kuss belassen würde?«

Solange Simon dabei war, würde es bei einem Kuss bleiben, aber Kai war sich absolut sicher, dass Patrick wenn sich die Gelegenheit ergab, zu seinem alten Motto zurückkehren würde. Und obwohl er Hetty jederzeit sein Leben anvertraut hätte, sobald es um Patrick ging, konnte er sich nur darauf verlassen, dass er sich eben nicht darauf verlassen konnte, dass sie sich an die vorgegebenen Regeln hielt.

Die Mulgacamper Romane - Sequel - Band 17 und 18

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