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Kapitel Drei

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Katelyn

Es ist zehn Uhr morgens, als es an der Tür klingelt. Olivia ist noch etwa zwei Stunden in der Schule. Diese Zeit nutze ich immer für den Haushalt und um zu kochen. Heute kann ich mich kaum auf irgendetwas konzentrieren, weil ich mich immer wieder frage, was mein Mann gerade tut. Und mit wem. Als er gestern Abend nach Hause gekommen ist, war es, als würde ich daran ersticken, nichts zu sagen. Die Worte waren immer da. Haben mir im Hals gesteckt und wollten an die Oberfläche. Sie haben mich gedrängt, den Mund zu öffnen, aber ich konnte nicht. Die Angst, Richard würde mir Olivia nehmen, wenn es zur Trennung käme, war größer. Also habe ich geschwiegen, habe versucht, so zu tun, als wäre alles wie immer. Bin mit ihm ins Bett gegangen, habe neben ihm geschlafen und mit ihm gefrühstückt. Habe zugesehen, wie er Olivia ignoriert. So wie er es immer tut. Er sieht sie nie an, spricht nicht mit ihr. Obwohl er sie so wenig in seiner Nähe haben will wie Dreck an seinen Schuhen, würde er nie zulassen, dass wir beide ihn verlassen. Eine Scheidung und eine kaputte Familie machen sich nicht gut für seine politische Karriere.

Ich öffne die Tür und erstarre, als nicht der Postbote vor mir steht, sondern der Mann, der in mein Auto gefahren ist.

»Jackson? Was machen Sie hier?«, frage ich erstaunt und ignoriere, dass mein Herz für einen Schlag aussetzt.

Jackson sieht mich mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht an. Er hält mir die Hand hin, die ich flüchtig ergreife. »Ich komme, um Sie und ihr Auto in die Werkstatt zu begleiten.«

Ich blinzle verwirrt. »Das hätten Sie nicht tun müssen.«

»Irgendwie schon«, sagt er. »Ich fühle mich einfach wohler, wenn ich weiß, dass alles wieder in Ordnung kommt. Außerdem muss ich Frank in den Hintern treten, damit er Ihnen einen Leihwagen gibt. Sie brauchen doch ein Auto, oder?«

»Ehm … ja. Stimmt.«

Da unser Haus etwas außerhalb der Stadt liegt, bin ich wirklich auf ein Auto angewiesen, aber vielleicht hätte ich Richard auch überreden können, mir einen seiner Wagen mit Chauffeur zur Verfügung zu stellen.

»Ich hole nur schnell meine Handtasche und die Schlüssel.«

Jackson schiebt lächelnd die Hände in die Taschen seiner Lederjacke und tritt einen Schritt von der Tür zurück. »Ich werde hier warten«, sagt er mit einem Tonfall, der keinen Zweifel daran lässt, dass er mir droht, ja nicht an Flucht zu denken. Ich schließe die Tür hinter mir und lehne mich erschöpft dagegen. Ich kann nicht fassen, dass er einfach so hergekommen ist. Warum hat er das getan? Was hat er sich dabei gedacht? Und warum flattert es in meinem Magen, bei der Vorstellung, dass er vor dieser Tür steht?

Auf wackligen Beinen gehe ich die wenigen Schritte bis zur Garderobe und ziehe mir meine dünne Jacke über, nehme meine Handtasche und schlüpfe in ein paar bequeme Ballerinas. Ich werfe einen flüchtigen Blick in den Spiegel und stecke eine Strähne zurück in eine der Haarklammern. »Also dann«, flüstere ich meinem Spiegelbild zu, dessen Wangen deutlich gerötet sind. Ich atme tief ein und stoße die Luft geräuschvoll wieder aus. Ich fühle mich irgendwie komisch. Viel zu komisch. Jackson ist ein fremder Mann. Und doch muss ich mir eingestehen, dass ich die leichte Nervosität auch irgendwie aufregend finde. Es fühlt sich gut an, wie er mich ansieht, wie er mit mir flirtet und immer dieses Lächeln aufsetzt, wenn er sich über etwas amüsiert, das ich gesagt habe. Aber es verunsichert mich auch. Weil das hier nicht sein darf.

Vorsichtig öffne ich die Tür. Er steht noch immer da, die Lippen zusammengekniffen, die Hände in den Taschen. Als er mich bemerkt, sieht er auf. Da ist es wieder, dieses Lächeln, das meinen Magen zucken lässt.

»Sie sehen auch heute wieder wunderschön aus«, sagt er.

»Und dabei habe ich nicht einmal Make-up aufgelegt«, antworte ich mit kühlem Tonfall. Ich will auf jeden Fall verhindern, dass er bemerkt, wie unruhig ich mich in seiner Nähe fühle.

»Das brauchen Sie auch nicht. Frauen wie Sie haben es nicht nötig, ihr Gesicht zuzukleistern. Sie sind eine natürliche Schönheit.«

Er steht vor mir und mustert mich genau. Sein Blick fühlt sich an wie eine Liebkosung. Ich schlucke nervös.

»Können wir dann?«, frage ich harsch. Ich muss versuchen, Abstand zwischen uns zu bringen, weil ich nicht weiß, wie ich mit alldem hier umgehen soll. Er löst so verwirrende Gefühle in mir aus. Ich fühle mich zu ihm hingezogen und das ist auf keinen Fall richtig.

»Ich fahre mit meinem Auto vor, Sie folgen mir.« Er zögert, dann zwinkert er mir grinsend zu. »Und bumsen Sie mich nicht an.«

Er betont die Doppeldeutigkeit seiner Worte, aber ich ignoriere sie. »Keine Sorge, ich werde eine Lkw-Länge Abstand zu Ihnen halten.« Ich gehe an ihm vorbei zur Auffahrt, wo sein SUV neben meinem kleinen Beetle steht. Ohne abzuwarten steige ich in mein Auto und warte darauf, dass Jackson losfährt. Als er sich endlich vor mich setzt, atme ich erleichtert aus.

Ich folge Jackson zur Werkstatt, wo er seinem Freund die Sachlage erklärt. Der sieht sich meinen Beetle an und auch Jacksons SUV, dann bestellt er irgendwelche Teile und schickt uns in das Café gegenüber, damit er in Ruhe meinen Leihwagen vorbereiten kann. Und schon wieder sitze ich an einem Tisch bei Kaffee mit Jackson. Und dieses Mal habe ich keine Chance, das Gespräch ins Geschäftliche umzuleiten oder es abzubrechen, weil meine Tochter von der Schule kommt. Ich bin ihm ausgeliefert. Ihm und seinem aufmerksamen Blick, der mich zu erforschen scheint.

»Sie hätten das wirklich nicht tun müssen«, sage ich, um die Stille zu durchbrechen. »Ich hätte allein hergefunden.«

»Ja, aber so kann ich sicher sein, dass die Dinge zu Ihrer und meiner Zufriedenheit erledigt werden und Sie sich einen Leihwagen nehmen und nicht darauf verzichten, nur weil Sie vielleicht ein schlechtes Gefühl dabei haben, mein Geld auszugeben. Oder das meiner Versicherung.«

Woher weiß er, dass ich genau das getan hätte? »Es ist ja nicht so, als hätte ich mir nicht einen Wagen von der Firma meines Mannes leihen können.«

»Ihres Mannes? Ich glaube irgendwo gelesen zu haben, dass es Ihre ist.«

Ich rutsche auf meinem Stuhl umher. »Das ist sie auch. Vielmehr war sie es mal. Mein Mann hat die Führung übernommen.« Und seither ist sie kaum noch das, was sie einmal war. Jetzt ist sie viel mehr Bauunternehmen und politisches Sprungbrett, als die kleine Immobilienfirma, die ich einmal geliebt habe wie ein Zuhause. Aber diese Dinge sage ich nicht laut. Keiner muss wissen, dass ich hasse, was Richard aus der Firma meines Vaters gemacht hat.

»Ihr Mann hat eine ziemlich steile Karriere hingelegt in den letzten zehn Jahren«, sagt Jackson interessiert.

»Sie kennen ihn?«

»Ich sehe die Nachrichten. Nicht viele schaffen es, innerhalb so kurzer Zeit so weit nach oben zu kommen und dann auch noch eine politische Karriere anzustreben. Es gibt Gerüchte, er will als Gouverneur kandidieren. Wie kommen Sie damit zurecht?«

»Ich spreche nicht gern darüber.«

»Warum nicht? Will er es nicht?«

»Ehrlich gesagt, weiß ich nicht viel über diese Dinge. Politik war noch nie etwas, das mich interessiert.«

»Das kann ich verstehen, sie ist langweilig. Und ganz oft nicht frei von unlauteren Geschäften.«

Ich sehe misstrauisch zu Jackson auf. Spricht er auf die Gerüchte über Richard und seine angeblichen nicht ganz sauberen Geschäfte an?

»Sind Sie zufällig von irgendeiner Zeitung?«, will ich harsch wissen.

Er nippt an seinem Kaffee und wirkt irgendwie belustigt. »Was, wenn es so wäre?«

»Dann wäre unser Gespräch hiermit beendet und ich müsste mich fragen, ob Sie mit Absicht in mein Auto gefahren sind.«

Er legt den Kopf schief und grinst mich breit an, dabei funkeln seine Augen, dann gleitet sein Blick über mein Gesicht, meinen Hals und hinunter zu meinen Brüsten. Er tut es ganz ungeniert, studiert meine Oberweite und ich bin froh, dass er sie unter meiner Kleidung nur erahnen kann, aber ich fühle mich auch aufregend nackt und meine Brüste scheinen sich im entgegenzusehnen. Solche Dinge tun sie eigentlich nie. Ich atme tief ein, weil ich mich auf dieses Gespräch konzentrieren muss, denn ich hasse es, wenn Reporter versuchen, sich an mich heranzuschleichen. Hat die Anziehung, die er auf mich ausübt, mein Gehirn so vernebelt, dass mir entgangen ist, dass er nur versucht, durch mich an Infos über meinen Mann zu kommen? Ich kämpfe gegen das wütende Zittern an, das sich in mir ausbreiten will.

Ich versuche der Presse nicht nur wegen Richard aus dem Weg zu gehen – er hat mir untersagt mit ihnen über uns zu reden -, sondern auch, weil sie mich so nervös machen könnten, dass ich Sachen sagen könnte, die mein Leben zerstören könnten. Mich sogar ins Gefängnis bringen könnten.


Jackson

Diese Frau hat etwas an sich, das mich anzieht, als wäre sie ein Magnet. Ein wunderschöner Magnet. Sie ist intelligent, interessant und so natürlich. Ich habe mich noch nie so wohl in der Nähe einer Frau gefühlt. Leider ist das gar nicht gut für meinen Auftrag. Ich habe versucht, mich von ihr fernzuhalten. Aber seit ich gestern zum ersten Mal wirklich Kontakt zu ihr hatte, scheint nichts mehr so wichtig, wie ihr nahe zu sein. Ihre Stimme zu hören. In ihre wunderschönen Augen zu sehen. Und zu beobachten, wie sie die Nase krauszieht, wenn sie mich misstrauisch ansieht. Dann legt sie auch ihren Kopf immer schief und kneift die Augen leicht zu.

Sie ist offensichtlich sehr misstrauisch, deswegen wundert es mich, dass sie überhaupt hier mit mir sitzt. Ist sie genauso neugierig auf mich, wie ich auf sie? Meine Neugier ist mit jedem Tag, an dem ich ihr gefolgt bin und sie beobachtet habe, größer geworden. Aber ich habe auch gewusst, mit ihr Kontakt aufzunehmen wäre ein Fehler. Aber nach gestern ist es, als wäre in mir etwas aufgerissen. Obwohl ich weiß, was auf dem Spiel steht, kann ich nicht von ihr lassen. Ich habe es noch nie so sehr genossen, mich mit einer Frau zu unterhalten. Dabei haben wir kaum etwas gesagt.

»Ich bin kein Reporter«, antworte ich ihr knapp.

»Was tun Sie dann? Womit verdienen Sie ihr Geld, Jax?«

Mein Herzschlag beschleunigt sich für einige Sekunden, als sie meinen Namen sagt. Es fühlt sich an, als würde ihre Stimme mir direkt in die Lenden schießen. Warum passiert das mit mir? Liegt es an der Zeit, die ich damit verbracht habe, sie und ihren Mann zu beobachten? Aber ich habe schon andere Frauen beobachtet. Kein einziges Mal habe ich mich zu einem Auftrag hingezogen gefühlt. Die meiste Zeit sehe ich in ihnen nicht einmal lebende Personen. Sie sind einfach nur ein Job. Bei ihr ist alles anders. Vielleicht, weil sie der erste Fall in meinem neuen Leben ist?

»Investmentbanking.«

Sie mustert mich wieder, kräuselt ihre Nase und ich sauge den Anblick tief in mich ein. »Sie wirken gar nicht so trocken auf mich.«

Ich lache leise und beuge mich über den Tisch näher zu ihr. Ich will ihr tiefer in die Augen sehen können, damit mir keine Regung entgeht. Ich würde zu gerne in diesen hübschen Kopf schauen können.

»Wie wirke ich dann auf Sie?«

»Selbstsicher, ein bisschen arrogant. Ein wenig machtvoll. So, als würden sie Verantwortung für viele Menschen tragen, und als wüssten Sie, wie man sie anführt. Chef einer großen Firma vielleicht.«

»Ich trage Verantwortung«, sage ich lächelnd und lasse meinen Blick auf ihren vollen Lippen hängen, als sie nervös darüber leckt. »Wie sieht das bei Ihnen aus? Kehren Sie irgendwann zurück in Ihre Firma?«

»Ich habe sie meinem Mann überschrieben, um für Olivia da sein zu können. Sie wird mich immer brauchen. Sie ist meine Tochter, ich will nicht, dass fremde Menschen sich um sie kümmern.«

»Das finde ich sehr beachtenswert. Es macht Sie zu einem besseren Menschen als manch andere Mutter.« Innerlich zucke ich zusammen, weil ich ihr gerade mehr verraten habe über mich, als ich jemals jemand anderem erzählt habe. Aber sie lässt sich nichts anmerken. Sie zieht nur kurz eine Augenbraue hoch. Das einzige Zeichen, das erkennen lässt, dass sie mitbekommen hat, dass ich eben zu viel preisgegeben habe. Aber sofort danach entspannt ihr Gesicht sich wieder und strahlt nicht das kleinste bisschen Neugier aus. Die meisten anderen Menschen hätten nachgebohrt.

»Nein, es macht mich zu ihrer Mutter. Wäre es anders, hätte ich diese Bezeichnung nicht verdient.«

Ich würde ihr gerne sagen, dass es sie nicht nur zu einer Mutter macht, sondern zu einer Person, die ich bewundere, denn meine eigene Mutter hatte die Kraft nicht, die Katelyn hat. Sie hat meinen Bruder in ein Heim gegeben, in dem er misshandelt wurde. Und es war ihr egal. Hauptsache, sie hatte sich nicht mit ihm befassen müssen. Ich reibe mir mit den Fingerspitzen die Schläfen, aber das hat noch nie funktioniert. Nichts hat je geholfen, die Bilder zurückzudrängen, die ich seit meiner Kindheit mit mir herumschleppe.

»Habe ich Ihnen heute schon gesagt, wie wunderschön Sie sind?«, frage ich sie, nicht um sie abzulenken, sondern mich. Über meinen Bruder oder meine Mutter nachzudenken, fällt mir auch nach zwanzig Jahren noch schwer.

»Warum sagen Sie das immer wieder?« Sie wirkt verärgert, aber sie ist auch verwirrt. Ihre Augen zucken wild umher und versuchen irgendwo hinzusehen, nur nicht zu mir. Verdammt, das ist so sexy!

»Weil es die Wahrheit ist. Auch verheiratete Frauen sollten wissen, dass sie begehrenswert sind.«

Sie errötet, was mich noch fertiger macht. Wie oft hört sie Komplimente? Wahrscheinlich viel zu selten. Ihre Finger tippeln unaufhörlich gegen ihre Kaffeetasse. Sie hat schlanke Finger mit gepflegten, unlackierten Nägeln. In meiner Fantasie sehe ich diese Finger über meinen Rücken streicheln, während ich zwischen ihren Beinen liege und mich in ihr bewege.

Ich sehe zu ihr auf. Ich muss das hier beenden, bevor ich zu tief drinstecke und nicht mehr von ihr loskomme. Jede Minute in ihrer Nähe finde ich sie noch anziehender, noch faszinierender.

»Ich denke, Ihr Leihwagen sollte jetzt fertig sein.«

Ich lege Geld auf den Tisch und stehe auf, dabei versuche ich, sie so wenig wie möglich anzusehen. Jeder Blick in ihre grasgrünen Augen mit diesem braunen Fleck in der Iris ist wie eine Fliegenfalle für mich.

Sie steht auch auf und hält mir lächelnd ihre Hand hin. »Danke für Ihre Hilfe, Jackson.«

Ich nehme ihre Hand, fühle die Wärme ihrer Haut und ein Kribbeln steigt meinen Arm hinauf direkt in meine Brust. Verdammt.

»Das war das Mindeste.«

Verführt - Bis du mich tötest

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