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Kapitel 2

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Wir fuhren die Einfahrt zu meinem Haus hinauf. Violetta und ich hatten das Geld bei Familie Rackmann abgeliefert und waren nun so gut, wie zu Hause. Ich saß nun wieder hinterm Steuer und lenkte meinen >Mercedes-Benz GLK<, einen großen Geländewagen. Violetta saß auf dem Beifahrersitz und schaute aus dem Fenster. Ihre glatten rabenschwarzen Haare hingen offen bis auf ihre Schultern herab. Sie war wie immer vornehm blass und geschminkt. Um ihre grünen Augen hatte sie schwarzen Lidschatten und Eyeliner aufgetragen, außerdem trug sie lila farbenden Lippenstift. Obenrum trug sie ein enges T-Shirt mit rotem Totenkopf und eine Lederjacke. An den Beinen trug sie einen kurzen Rock voller mexikanischer Totenköpfe und eine schwarze Strumpfhose. Das Outfit wurde noch durch klobige Lederstiefel, die ihr bis zum Knie gingen abgerundet. Sie war ein ganzes Stück kleiner als ich und zierlich. Sie sah aus, wie das hübsche Gothic-Mädchen, das gerne Hühnern den Kopf abhackt. Nur ein kleiner Scherz. Natürlich nur das mit der Tierquälerei, nicht das mit dem Hübsch. Wie auch immer. Ich hatte Violetta unter kuriosen Umständen kennengelernt. Sie befand sich zu dem Zeitpunkt in einer etwas prekären Lage und ich half ihr aus der Patsche. Seitdem wohnte sie bei mir und wir waren (rein platonische) Freunde geworden. Violetta war eine Halbdämonin, das heißt einer ihrer Elternteile, in der Regel der Vater, war ein Dämon, während das andere Elternteil ein Mensch war. Normalerweise war die Existenz als Halbdämon recht unkompliziert. Man ist ein ganzer normaler Mensch mit ein paar Zusatzkräften, wie Telekinese, Kontrolle über Feuer, Telepathie oder ähnliches. Aber bei Violetta war es ein wenig komplizierter. Ihr Dämonenelternteil war Baal, der König der Hölle. Über seine genaue Position war man sich nicht einig. Manche sagen, er wäre der Herrscher der Hölle, andere sagen er wäre die rechte Hand des Teufels und wieder andere behaupten er wäre der leibhaftige Satan selbst. Letztendlich war es auch egal. Unterm Stich war Baal ein extrem mächtiger Dämon. Das war es, worauf es ankam. Die Kinder von solch mächtigen Dämonen sind anders, als die anderen. Sie sind wirklich zur Hälfte Dämon, mit dem selben Vergnügen am Chaos, der Zerstörung und dem Töten. Und dieses Dämonen-Ich kommt immer mal wieder zum Vorschein, übernimmt die Kontrolle und zerlegt alles in der direkten Umgebung zu Staub und Asche. Und als wäre dies nicht schon schlimm genug, gibt es auch noch diverse Prophezeiungen darüber, wie Violetta gemeinsam mit ihrem Vater die Welt vernichten wird. Aber das nur am Rande. Genug geschwafelt, zurück zum aktuellen Gesehen. Ich wohnte in einer etwas ländlicheren Gegend von Oberhausen. Mein Grundstück war groß und in der Nachbarschaft gab es einige Felder und alte Bauernhöfe. Hier lag der Hund begraben. Dies hatte zur Folge, dass ich nur sehr selten ungebetenen Besuch bekam, weshalb ich mich sehr wunderte, als ich die Frau bemerkte, die vor meinem Haus neben einem alten Volvo stand und anscheinend auf irgendetwas oder irgendjemanden wartete. Ich runzelte die Stirn und stupste Violetta an. “Die kennst du nicht zufällig, oder?“ Überrascht schaute sie auf und schüttelte den Kopf. “Nein, die kenne ich nicht.“ Ich atmete geräuschvoll aus. “Na, da bin ich jetzt mal gespannt.“ Ich parkte meinen Wagen vor dem Haus und stieg aus. Sofort kroch mir der unverkennbare Werwolfgeruch in die Nase. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Wachsam musterte ich die Frau. Sie war vielleicht Anfang bis Mitte Zwanzig und etwa einen ganzen Kopf kleiner als ich. Ihre braunen, glatten Haare waren zu einem etwa kinnlangen Bob geschnitten. Sie hatte ein schmales, feminines Gesicht mit der ein oder anderen Narbe in den Augenbrauen. Sie war drahtig und schlank, wie eine Leichtathletin und trug eine schlichte Kombination aus Kapuzenjacke, Jeans und Turnschuhen. Freundlich lächelnd schaute sie mich an und trat auf mich zu. Trotzdem konnte ich ihre Anspannung spüren. “Hallo“, sagte sie. “Sind Sie Oskar Waidmann?“ Ich nickte knapp. “Wer sind Sie? Und was wollen Sie?“ “Ich bin Alina Gosling“, sagte sie. “Und ich möchte gerne mit Ihnen sprechen.“ “Aha“, sagte ich wenig begeistert. “Als Werwölfin sollten Sie eigentlich wissen, dass ich nicht unbedingt jemand bin, mit dem man ein kleines Schwätzchen hält! Worum geht es?“ Sie lächelte. “Wir haben eine gemeinsame Bekannte. Livia, die Amazone, spricht nur in den höchsten Tönen von Ihnen, da dachte ich, ich sollte mir mal ein eigenes Bild machen... Ich hatte damit gerechnet, Sie wären irgendwie älter. Sie sind ja noch ein junger Mann, kaum älter, als ich. Und aussehen tun Sie auch nicht, wie die gemeingefährliche Bestie, über die man sich Geschichten erzählt.“ “Ich kann Ihnen versichern, dass ich meinem Ruf gerecht werde“, erwiderte ich trocken. Violetta neben mir kicherte. “Müsstet ihr euch jetzt nicht erst mal gegenseitig am Hintern schnüffeln?... So zur Begrüßung und so.“ Ich warf ihr einen missbilligenden Blick zu. “Nicht witzig.“ Die fremde Werwölfin grinste breit. “Ich werde auf das Schnüffeln verzichten, wenn Sie es auch tun.“ Ich verdrehte die Augen. “Kommen Sie auf den Punkt! Was wollen Sie? Woher kennen Sie Livia?!“ “Livia und ich arbeiten mit den selben Leuten zusammen“, erklärte sie. “Dabei ist immer mal wieder Ihr Name gefallen. Wie es der Zufall so will, habe ich einen Auftrag in der Stadt, bei dem ich Ihre Hilfe gebrauchen könnte. Sind Sie interessiert?“ “Nein“, sagte ich. “Kein Bedarf, aber danke für das Angebot. Schönen Tag noch!“ Eigentlich wollte ich an der Werwölfin vorbei zum Haus gehen, doch sie stellte sich mir in den Weg. Ich starrte sie an. “Sie machen einen folgenschweren Fehler!“ “Es geht um Kinder“, sagte sie mit fester Stimme. “Livia hat behauptet, Sie wären nicht das Monster von dem alle sprechen! Lassen Sie mich Ihnen wenigstens alle Einzelheiten erzählen, danach können Sie mich immer noch wegschicken!“ Ich biss die Zähne zusammen und atmete tief durch, dann schaute ich zu Violetta hinüber. Sie nickte. Ich wandte mich wieder an die Werwölfin. “Na gut. Kommen Sie mit rein“, sagte ich. “Sie dürfen mir alles erzählen, dann treffe ich meine Entscheidung. Falls Sie dann nach wie vor nicht gehen, sollten Sie schon mal Ihre Koffer packen, um bei den Fischen zu schlafen! Haben wir uns verstanden?!“ “Hundertprozentig“, antwortete sie und wirkte ein wenig eingeschüchtert. Ich lächelte. “Exzellent. Also kommen Sie. Umso schneller Sie fertig sind, umso schneller kann ich Sie wieder von meinem Grundstück schmeißen!“ Ich lief zur Haustür und schloss auf. Violetta und Frau Gosling folgten mir. Ich führte beide in die Küche und deutete Ihnen, dass sie sich setzen sollten. Beide nahmen Platz. Ich schaute in die Runde. “Möchte jemand was trinken? Wasser? Saft? Tee?“ Beide schüttelten den Kopf. Innerlich zuckte ich mit den Schultern und nahm mir einen Orangensaft, dann setzte ich mich an den Tisch. Wachsam schaute ich meinen ungebetenen Gast an. “Erzählen Sie! Sie haben höchstens fünf Minuten! Die Zeit läuft!“ “17 Kinder in sechs Städten sind verschwunden“, erklärte sie. “Alle zwischen drei und sieben Jahren alt. Ich arbeite seit Wochen an dem Fall, habe aber bisher keine heiße Spur gefunden. Stattdessen verschwinden immer mehr Kinder. Gestern schon wieder eines hier in Oberhausen. Damit sind es schon zwei hier in der Stadt. Es ist immer das gleiche Muster. Nachts verschwinden die Kinder einfach aus ihren Betten, keine Türen oder Schlösser wurden aufgebrochen, keinerlei Hinweise auf gewaltsames Eindringen in die Wohnungen und Häuser. Rein gar nichts. Es gibt keine Verbindung zwischen den Kindern oder deren Familien, soweit ich weiß. Wenn es eine gibt, habe ich sie noch nicht gefunden. Das spurlose Verschwinden deutet für mich ganz klar auf übernatürliche Beteiligung hin. Aber ich weiß auch nicht welche übernatürliche Spezies! Ich hoffe nur, die Kinder leben noch... auch wenn die Chancen schlecht stehen.“ Ich lehnte mich zurück und starrte sie an. So gerne ich sie jetzt einfach wegschicken würde, wenn das stimmen sollte, was sie mir gerade erzählt hatte, sollte ich ihr helfen. Schon alleine der Kinder zuliebe. Ich seufzte. Verdammtes Gewissen! Genervt ließ ich meinen Nacken knacken. “Falls Ihre Geschichte stimmt, bin ich bereit Ihnen zu helfen“, sagte ich schließlich. “Aber zuallererst rufe ich Livia an und überprüfe das, was Sie mir erzählt haben. Nur am Rande, sollte sich raus stellen, dass Sie gelogen haben, werden Sie sich wünschen jetzt auf der Stelle vom Blitz getroffen worden zu sein!“ Sie nickte. “Das verstehe ich, aber ich garantiere Ihnen, dass ich nicht lüge!“ “Das werden wir ja gleich sehen“, erwiderte ich kramte mein Handy raus. Gelassen suchte ich die richtige Nummer und rief an. Livia war eine Amazonenkriegerin, die ich vor Jahren kennengelernt hatte, als sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht worden war, den Auftrag anzunehmen mich umzubringen. Was soll ich dazu groß sagen? Ihr Versuch ist fehlgeschlagen. Aufgrund der Sachlage habe ich davon abgesehen, sie umzubringen und seitdem standen wir in mehr oder weniger regelmäßigem Kontakt. Das ein oder andere mal hatte sie sich bereits als nützlich erwiesen. Während es klingelte, behielt ich die Werwölfin im Auge. Vorsicht ist besser als Nachsicht! Kurz knisterte es in der Leitung. “Hallo, Oskar“, meldete sich Livia. “Wie geht es dir? Was verschafft mir die Ehre?“ “Hallo“, sagte ich. “Rate mal, wer heute vor meiner Tür stand? Eine junge Werwölfin, die behauptet, dich zu kennen und mit der selben Gruppe von übernatürlichen Weltverbesserern zusammenzuarbeiten, wie du. Klingelt da was bei dir?“ Kurze Stille. “Ja, tut es“, sagte sie. “Du meinst Alina Gosling, oder? Schlank, braune Haare usw.“ “Anscheinend“, sagte ich langsam. “Die Dame bittet mich um meine Hilfe bei einem Ihrer Fälle. Es geht um verschwundene Kinder. Sagt dir das was?“ “Ja, aber warum kommt die damit ausgerechnet zu dir?“, fragte Livia verwundert. “Was hast du damit zu tun?“ “So wie es aussieht, hast du immer ganz begeistert von mir erzählt“, sagte ich nüchtern. “Weshalb Frau Gosling zu dem Schluss kam, dass ein Held in weißen Strumpfhosen bin, oder so.“ “Ich habe nie-“, begann sie und hielt inne. “Dein Name ist vielleicht ein- oder zweimal gefallen, aber wenn dann nur auf Nachfrage...“ “Aha“, sagte ich. “Wie auch immer. Das ist jetzt auch gar nicht das Thema. Ich rufe an, um mich von der Echtheit Ihrer Geschichte zu vergewissern. Das, was Sie sagt, stimmt also?“ “Ich kenne Sie und habe auch schon mit Ihr zusammengearbeitet“, antwortete sie. “Sie ist eine von den Guten.“ “Okay“, sagte ich. “Du bürgst für Sie. Falls Sie sich doch nur, als junge Werwölfin, die sich einen Ruf machen will, indem Sie mich umbringt, herausstellen sollte, fällt das auch auf dich zurück. Ist das klar?“ “Natürlich“, sagte sie. “Ich kenne die Spielregeln. Ich bin nicht mehr grün hinter den Ohren.“ “Wunderbar“, sagte ich. “Das war´s auch schon. Gibt es sonst noch was bei dir? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ “Nein, nein. Alles bestens“, sagte sie. “Halt mich auf dem Laufenden. Bis bald.“ “Mach ich“, sagte ich und legte auf. Ich lächelte. “So, das wäre dann jetzt geklärt. Ich helfe dir. Ab jetzt sind wir übrigens beim >du<. >Sie< sagt man nur, wenn man eigentlich meint >Sie, Arschloch<.“ Alina grinste breit. “Okay. Das freut mich sehr. Wo fangen wir an?“ “Hast du deine Unterlagen zu dem Fall dabei?“, fragte ich. “Dann hätte ich nämlich gerne eine Kopie, um die mir ansehen zu können und eventuell einem meiner Experten zu zeigen.“ Sie holte einen USB Stick hervor und reichte ihn mir. “Darauf ist alles, was ich bisher gefunden habe.“ “Alles klar“, sagte ich und nahm den Stick. “Ich hole eben meinen Laptop und mache eine Kopie.“ Kurzerhand stand ich auf, doch dann zögerte ich. Eigentlich wollte ich Violetta nicht mit Alina alleine lassen, aber auf der anderen Seite, wenn Livia für sie bürgt und ich bereit mit mit ihr zu arbeiten, dann sollte ich es auch über mich bringen können, sie mit Violetta alleine zu lassen. Einen kurzen Moment verharrte ich noch regungslos, dann überwand ich mich und verließ die Küche in Richtung meines Schlafzimmers. Aufmerksam lauschend, hörte ich, wie Violetta und Alina ein paar Worte wechselten und sich miteinander bekannt machten. Aus meinem Schlafzimmer holte ich meinen Laptop und nahm ihn mit in die Küche. Hier schaltete ich ihn ein und fertigte eine Kopie der Daten an. Nachdem das erledigt war, gab ich den Stick an Alina zurück. “Dann hätten wir das auch geklärt“, sagte ich an Alina gewandt. “Zunächst möchte ich nun alle Informationen sichten und mich mit dem Fall vertraut machen. Vielleicht zeige ich den Kram auch einem Bekannten von mir, der kennt sich mit Computern aus. Eventuell kann der uns weiterhelfen. Dabei ist deine Anwesenheit jedenfalls nicht erforderlich. Ich schlage vor, du kommst morgen wieder vorbei und wir fangen mit den Ermittlungen an. Was hältst du davon?“ Sie blinzelte verdutzt. “Na gut. Eigentlich dachte ich, wir würden jetzt direkt loslegen, aber so können wir es auch machen.“ “Exzellent“, sagte ich. “Dann wünsche ich noch einen schönen Tag.“ Nach wie vor ein wenig verdattert stand sie auf und reichte mir und Violetta die Hand. “Okay. Dann bis morgen also.“ Ich brachte sie noch zur Tür und schon war sie endlich wieder weg. Seufzend setzte ich mich an den Küchentisch und begann den Kram auf dem Laptop durchzusehen. Violetta schaute mich grinsend an. Ich runzelte die Stirn. “Ist irgendwas?“ “Ich wusste, du würdest sie nicht einfach wegschicken. Schon gar nicht, wenn es um Kinder geht. Unter deiner rauen Schale steckt halt doch ein weicher Kern.“ Ich verdrehte die Augen. “Was für eine Erkenntnis! Erzähl es bloß nicht weiter. Dir würde sowieso keiner glauben!“ Lachend stand sie auf, stellte sich neben mich und schaute auf den Bildschirm vom Laptop. “Und schon einen Durchbruch erzielt?“ “Nicht so ganz“, erwiderte ich und las weiter. “Das meiste sind Zeitungsartikel. Sie scheint keinen Polizeiinformanten oder einen fähigen Hacker zur Hand gehabt zu haben. Bei den Infos die sie hat, ist es kein Wunder, dass sie nicht voran kommt. Am besten gehen wir zu meinem Computerexperten und lassen ihn mal ein bisschen recherchieren. Anschließend können wir noch meinem Bekannten bei der Polizei einen Besuch abstatten. Was meinst du?“ “Klingt vernünftig“, sagte sie. “Dann lass uns mal loslegen.“

Böser Zauber

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