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Bedeutung von Geschwistern

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Geschwister können die besten Freunde oder die größten Feinde sein (je nach Tageszeit). Und auf jeden Fall haben Geschwisterbeziehungen große Bedeutung. Sie sind sehr vielschichtig. Daher sollte man sich ihre Dynamik klarmachen und bewusst damit umgehen. Sie wird zum Großteil dadurch bestimmt, dass die Geschwister um die Zuneigung und Anerkennung der Eltern wetteifern. Je mehr Konkurrenz unter ihnen herrscht, desto außengeleiteter wird ihr Umgang miteinander. Sie reagieren dann mehr aufeinander als dass sie voneinander lernen.

Kinder versuchen im Konkurrenzkampf um die meiste Aufmerksamkeit in der Familie, ihre Geschwister und uns zu manipulieren. Damit dieses Machtspiel zwischen Geschwistern und Eltern nicht ausufert, sollten wir uns möglichst aus den Streitigkeiten unserer Kinder heraushalten. Wir sollten keine Partei ergreifen und nicht intervenieren (außer im Notfall), weil uns die Kinder sonst als äußeren Einfluss definieren und mit ihm rechnen. Wir verhindern dann, dass sie ihr Verhältnis unabhängig von uns regeln. So entwickelt sich nur schwer eine innige Beziehung zwischen ihnen.

Ich finde, Geschwister haben die wunderbare Möglichkeit, sich gegenseitig in ihrer Entwicklung zu fördern. Sie können voneinander lernen. Doch müssen die Kinder das selbst wollen. Es funktioniert nur, wenn sie selbstbewusst mit ihren Eigenarten umgehen können und jeweils ihren inneren Dialog pflegen. Wir sollten diesen inneren Dialog fördern, indem wir uns nicht in ihre Zwistigkeiten einmischen, sie nicht miteinander vergleichen und nicht voreinander in Schutz nehmen. So werden sie weniger geneigt sein, sich gegenseitig nachzuahmen, nur um uns besser zu gefallen.

Hier sind einige Vorschläge, wie sich der Konkurrenzkampf zwischen Geschwistern in gesunde Bahnen lenken lässt, so dass sie negative Reaktionen überwinden und zu mehr Eigenverantwortlichkeit finden.

 Wir sollten ihnen nicht sagen, dass wir sie gleich gern haben, denn so müssen sie annehmen, wir hätten keine besondere, persönliche Beziehung zu ihnen. Ich sage meinen Kindern, dass ich sie jeweils auf ganz einmalige Weise liebe.

 Wir sollten uns darum bemühen, die Kinder nicht miteinander zu vergleichen. Selbst versteckte Andeutungen können gravierende Auswirkungen haben.

 Wir sollten versuchen, niemanden zu bevorzugen! Das ist manchmal schwierig. Denn machen wir uns doch nichts vor, fast immer fühlen wir uns zu einem von ihnen besonders hingezogen.

 Noch einmal, wir sollten uns nicht in die Streitereien unserer Kinder einmischen, es sei denn Knochenbrüche oder andere schwere Körperverletzungen drohen. Und das kommt eigentlich ganz selten vor. Dieses Gewährenlassen bedeutet, dass wir keine Partei ergreifen. Wenn Johnny ankommt und sich beschwert, Bobby sei ganz gemein zu ihm gewesen und hätte ihn ins Schienbein gekickt und an den Haaren gezogen, dann wäre es ein Fehler etwa so zu antworten: „Ich weiß Johnny. Ich hasse es, wenn Bobby dir so weh tut, aber er tut sich momentan in der Schule sehr schwer. Vielleicht hat er einfach nur schlechte Laune. Ich an deiner Stelle ginge ihm lieber aus dem Weg.“ Man sollte es eher mit folgender Antwort versuchen: „Es tut mir leid, dass dir weh getan wurde, aber ich weiß, dass du das mit deinem Bruder selbst auf die Reihe kriegst. Es ist deine Angelegenheit, nicht meine.“

 Wir sollten unsere Kinder zu einem positiven Miteinander anregen. Zum Beispiel könnten wir das ältere Kind dem jüngeren eine Gutenachtgeschichte vorlesen lassen. Oder wir könnten anregen, dass das jüngere Kind beim Ausmalen einer Karte für ein Schulprojekt hilft, wenn es dies schon kann.

 Wir sollten unsere Kinder darauf hinweisen, dass Auseinandersetzungen auch ihre positiven Seiten haben, und für die Meinungsbildung und Identitätsfindung gut sind, solange sie sich im Rahmen halten.

 Wenn Kinder ihre gegenseitigen Antipathien vortragen, sollten wir diese nicht entschuldigen oder verurteilen, weil das als Parteinahme wahrgenommen wird. Wir sollten uns neutral verhalten und ihren Gefühlen Verständnis entgegenbringen. Hier ein Beispiel: Rachel: „Mutti, Jimmy hat meiner Lieblingsbarbypuppe den Kopf abgerissen und wollte Rover damit füttern!“ Mutti: „Es tut mir leid, dass du und Jimmy euch nicht vertragt. Ich kann deine Bestürzung verstehen.“

 Es ist gut, die Kinder etwas gemeinsam erledigen zu lassen, damit sie Zusammenarbeit lernen. „Wie wär’s, wenn ihr beide zusammen die Spülmaschine ausräumen würdet?“ „Rohin, beschäftigst du dich bitte mit Sarah, während ich telefoniere?“

 Liegen die Geschwister altersmäßig sehr weit auseinander, könnten wir den älteren Aufsichtsfunktionen übertragen. Sie könnten manchmal auf die Rasselbande aufpassen oder den jüngeren Geschwistern hin und wieder beim Lernen helfen. „Tommy, du hast dein Einmalseins schon auswendig gelernt. Kannst du mit Adam die Leselernkarten durchgehen?“

 Verletzt sich eines der Kinder, könnten wir die anderen die Wunde mit versorgen lassen, und so ihr Mitgefühl fördern. „Sarah, dein Bruder ist vom Fahrrad gestürzt. Kannst du bitte die Wunde zudrücken, bis ich den Verband geholt habe?“ Wenn unsere Kinder merken, dass sie von ihren Geschwistern gebraucht werden, trägt das zur Vertiefung ihrer Beziehung bei.

 Wir sollten versuchen, unsere Kinder nicht zu etikettieren. („Josh ist unser kleiner Gelehrter!“ oder „Joe ist ein solcher Störenfried!“) Etikettierungen liefern nur die Munition zum nächsten Geschwisterstreit.

 Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen wir unsere Kinder ermuntern können, sich als Freunde zu betrachten. Wenn sie die unvermeidbare Erfahrung machen und einen Freund verlieren, können wir sie daran erinnern, dass sie sich glücklich schätzen können, Geschwister haben. Mag es auch zu Raufereien kommen, ihre Freundschaft würde doch über Jahre und Jahrzehnte Bestand haben.

 Müssen sie ein Bett teilen, kann das ihre Verbundenheit fördern. Ihre Streitlust lässt dann nach, sobald es dunkel wird. Schließlich kann man auf so engem Raum keinen Schlaf finden, wenn man sich nicht irgendwie verträgt.

Eltern sind Schiedsrichter und weder Richter noch Geschworene. Daran sollten wir immer denken, wenn sich die Kinder in den Haaren liegen. Das heißt, wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, mit ihrem Streit allein fertig zu werden, vorzugsweise ohne uns damit auf den Wecker zu fallen. Und natürlich haben Auseinandersetzungen zwischen Geschwistern auch ihr Gutes. Sie stärken das Durchsetzungsvermögen und sind eine gute Vorbereitung für die harte Realität draußen außerhalb des Schoßes der Familie. Wir müssen unseren Kindern nur beibringen, wo dabei die Grenzen liegen.

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