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Drei

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Natürlich hatte er immer noch kein Geld herausgerückt, als ich Anfang der nächsten Woche zum ersten Mal bei Karen antrat.

Ziemlich problemlos, musste ich hinterher zugeben – in zwei Stunden hatte ich alle Böden gesaugt, Staub gewischt und die Bäder geputzt. Die Küche könne ich auch am Freitag machen, fand Karen, die das Ergebnis flüchtig prüfte, während ihr Mann gerade das jammernde Baby aus dem Kinderwagen nahm. „Alles prima. Am Freitag wieder? Wenn du da nicht saugen musst, kann Sven auch hier bleiben, ohne dass er sich aufregen muss.“ Sie nahm den Kleinen von ihrem Mann entgegen und legte ihn sich an die Schulter, wo er sich beruhigte und einschlief. Ihr Mann lächelte mir flüchtig zu und verschwand nach unten. „Ich muss noch dieses Ex korrigieren... bis nachher.“

„Würde ich auch gerne“, knurrte Karen. „Nächstes Jahr jammere ich über die Korrekturen und Jens beneidet mich, ha!“

„Ihr wechselt euch ab? Finde ich gut“, kommentierte ich höflich. „Gut, dann komme ich am Freitag um zwei wieder und mache die Küche und was so anliegt.“

Frau von Jessmer war anspruchsvoller, aber auch da kam ich in fünf Stunden ganz gut durch. Dieser Staubwedel war wirklich praktisch! Dass ich bei Gelegenheit mal die Teppiche aufrollen und das Parkett frisch einlassen müsste, stimmte mich zwar nachdenklich, aber Frau von Jessmer sprach diesbezüglich eher vage von Frühling und Wenn es draußen wieder wärmer wird... Bis dahin hatte ich mich ja hoffentlich in die Museumsverwaltung gerettet. Hundertzwanzig Euro hauten einen nicht um – vor allem musste ein Großteil des Geldes auf meinem Konto bleiben, um die Fixkosten zu decken.

„Heiner, ich brauche Geld!“, verkündete ich deshalb am Donnerstag streng, als ich nach Hause kam. Er schnupperte. „Du riechst nach Putzmittel. Willst du nicht erstmal duschen?“

„Nein, ich will das jetzt klären. Dreihundert im Monat, oder du verschwindest hier. Ich sehe nicht mehr ein, dass ich unser Leben alleine finanziere, obwohl du viel mehr verdienst als ich.“

„Tue ich gar nicht! Du weißt doch, was Gisi mir jeden Monat abknöpft.“

„Ja, das weiß ich. Und ich weiß, was du verdienst. Da bleibt genug übrig. Ich kann mir dich nicht mehr leisten, und langsam will ich das auch nicht mehr.“

„Aber Anneschätzchen, das meinst du doch gar nicht ernst. Was tätest du ohne mich?“ Er nahm mich zärtlich in den Arm. Ärgerlich machte ich mich los. „Was ich ohne dich täte? Die Wohnung aufräumen, mich satt essen, Sprit sparen, mich weniger ärgern...“

„Und was tätest du nachts – ohne mich?“ Das erotische Timbre in seiner Stimme war wirklich perfekt austariert. „Wegen der paar Minuten Spaß ruiniere ich doch nicht mein ganzes Leben! Lieber schlafe ich alleine. Also, rückst du jetzt einen Anteil an den laufenden Kosten raus?“

„Ja, mach ich, wenn ich am Geldautomaten war“, versprach er und streichelte meinen Busen. „Geh doch gleich“, schlug ich vor, schon wieder halb versöhnt. „Würde ich ja gerne, aber jetzt muss ich zur Redaktionssitzung. Wir haben eine Zeitung zu machen, vergiss das nicht!“

„Dann bring das Geld auf dem Rückweg mit. Solange gibt´s hier nichts zu essen, klar?“

„Gott, bist du besitzgierig. Du verspießerst wirklich zunehmend!“

Damit verschwand er zu seiner hochwichtigen Sitzung.

Am Freitagmorgen hatte er natürlich kein Geld: Der Automat war außer Betrieb gewesen.

Am Freitagnachmittag hatte er so viel zu tun, dass er die Sache mit dem Geld leider total vergessen hatte.

Am Freitagabend musste er zu einer Vernissage. Da gab es keinen Geldautomaten in der Nähe.

Am Samstagmorgen verschlief er, bis die Läden zu hatten. Danach argumentierte er, jetzt bräuchte ich bis Montag ja wohl kein Geld mehr, oder? Am Montagmorgen war Heiner verschwunden, als ich aufstand. Leider nicht auf Dauer, stellte ich fest, er hatte einen Zettel mit Anweisungen zurückgelassen, den ich sofort zerknüllte und wegwarf, bevor ich mich in die Unibibliothek aufmachte. Ich orderte alles, was der Katalog zum Kunstverein auflistete – besonders viel war es nicht; am Dienstag sollte ich den Vormittag wohl tunlichst im Städtischen Archiv verbringen, beschloss ich. Und essen würde ich unterwegs, dann musste ich keine Vorräte zu Hause lagern und Heiner würde hoffentlich verschwinden, sobald der Service nichts mehr taugte.

Immer noch krebste ich mit den paar Euro herum, die ich vom Postsparbuch geholt hatte, aber mittlerweile musste ich wirklich jede Münze einzeln umdrehen und war empfänglich für Überlegungen, dass Semmeln deutlich weniger kosteten als Brezen, Brezen aber länger sättigten. Eine Semmel und eine Breze gab es am Montagmittag, dann ging ich zu Karen putzen (wo es einen kostenlosen Kaffee gab, den ich gerne annahm) und ärgerte mich still über Heiner – wieso zahlte er nicht?

Ich konnte zwar nur zu gut verstehen, dass er nicht gerne Geld ausgab, das tat ich zurzeit ja auch nicht, aber ihm musste doch klar sein, dass ich ihn nicht ernähren konnte? Heiner war ein ziemlicher Parasit, wenn ich ehrlich war. Immer schon? Oder hatte ich ihn zu schlecht erzogen? War ich zu doof gewesen? Hatte ich mich ausbeuten lassen? Schwer zu sagen, aber auf jeden Fall herrschten jetzt andere Sitten, das Geld von meinen letzten, sehr viel lukrativeren Jobs war weg und mit Putzen ernährte ich doch keinen voll berufstätigen Journalisten!

Konnte ich auch gar nicht, im Moment kam ich in der Woche gerade mal auf acht Stunden. Hundertzwanzig Euro, das waren im Monat vierhundertachtzig. Man konnte gut rechnen, während man Badewanne, Waschbecken und Toilette schrubbte. Das reichte gerade für die Miete und meine Kassenbeiträge. Gut, die TV-Gebühren und das Handy waren wohl auch noch drin, aber dann war Schluss! Beim Aufwischen aller Nassräume fiel mir ein, dass ich für meinen Dispokredit ja auch noch happige Zinsen zu zahlen hatte. Wie viel wohl? Zweitausend... bestimmt zwölf Prozent... das waren – hm - zweihundertvierzig im Jahr, also zwanzig im Monat, mehr als das Handy kostete. Ich musste den Kredit unbedingt tilgen, sonst schmiss ich denen ja bis April über hundert Euro in den Rachen.

Und ich hatte keine anständigen Klamotten für den neuen Job. Bloß ein brauchbares Sakko war noch da, der Rest war einfach zu alt. Und verbeulte Jeans zum Sakko? Ich brauchte korrekte Kleidung, die außerdem meine dicken Oberschenkel kaschierte. Auf jeden Fall musste ich mehr putzen. Eigentlich war die Arbeit gar nicht so mühsam, Karen wenigstens war sehr zufrieden und quatschte mich nicht die ganze Zeit voll. Manchmal hörte ich sie im Nebenzimmer, wie sie ihren übellaunigen kleinen Sohn tröstete, und ab und zu schaute sie vorbei, lächelte und fragte, ob ich gut zurechtkäme. Noch zwei, drei solche Arbeitgeber und ich könnte mein Konto allmählich wieder in Ordnung bringen!

Am Dienstag fragte ich bei JobTime nach. Mein „Berater“, wie das hier seit Neuestem hochtrabend genannt wurde, machte „Hm“ und blätterte einen Stapel Ausdrucke durch. „Ja, zwei Angebote hätten wir schon noch. Einen schlecht gelaunten Schriftsteller – ich sehe gerade, da haben schon mehrere aufgegeben – und eine Frau Rössel in der Altstadt. Hier steht pingelig.“

„Und wo wohnt der muffige Schriftsteller?“, fragte ich nach, fest entschlossen, lieber noch mehr zu sparen. „Hinter dem Helenenbad. Helenenweg elf. Das andere wäre Fuggergasse drei.“

Die Lage wäre nicht so ungünstig, überlegte ich, aber bei beiden würde ich sicher dauernd angemeckert, und das hatte ich ja auch schon zu Hause. Trotzdem, acht Stunden mehr waren das bestimmt, dann hätte ich neunhundertsechzig Euro im Monat...

„Okay, ich versuch´s“, seufzte ich und ließ mir die Daten geben.

Frau Rössel ging so schnell ans Telefon, dass ich mir richtig vorstellen konnte, wie sie schon seit Tagen direkt daneben gesessen und gelauert hatte. Ihre Stimme klang scharf, das war sicher eine richtige Sklaventreiberin. Nein, sie besitze alle wirklich guten Putzmittel, und natürlich müsse ich vormittags kommen, nur Schlampen hätten die Hausarbeit mittags noch nicht fertig. Mittwochs von neun bis zwölf – dann ging ich mittwochs eben nachmittags in die Bibliothek. Täglich musste ich da ja auch nicht hin!

Der Schriftsteller, Kampmann hieß er (nie gehört), brummte. Eine Vorstellung sei nicht nötig. Dienstag und Freitag, am späteren Nachmittag, jeweils drei Stunden. Ungewöhnlich tiefe Stimme – oder kam das von der brummigen Laune? Jedenfalls sagte ich zu, gleich für heute Nachmittag, um fünf. Nein, mitzubringen hätte ich nichts.

Zu Hause wühlte ich meine Habseligkeiten durch, schloss alles Wichtige wieder weg und schleppte einen Stapel unwichtiger Taschenbücher in die Lesefabrik. Wieder fünfzehn Euro mehr! Das komische goldene Armband, das ich mal geschenkt bekommen hatte, brachte leider auch nur zehn Euro, es war gar nicht echt. Hätte ich mir ja denken können, es hatte gar so intensiv golden geglänzt. Es hätte von Heiner sein können, überlegte ich, während ich die Wäsche (nur meine eigene) in den Keller schleppte. Mich mit Tinnef reinzulegen, damit ich ihn im Gegenzug durchfütterte! Aber ich wusste, dass er mir noch nie etwas geschenkt hatte. Geschenke fand er unwesentlich, Zeichen der übersättigten Konsumgesellschaft und überflüssigen Tand. Ich hatte meine Versuche, ihn umzuerziehen, schnell wieder eingestellt.

Was fand er eigentlich an mir? Hatte er sich schon, als wir uns in einer Ausstellung kennen gelernt hatten, gedacht Die ist doof genug, auf deren Kosten kann ich leben? Oder hatte ich ihm gefallen? Abstoßend fand er mich wohl nicht, er hatte keine Probleme, immer dann mit mir zu schlafen, wenn er mich von seinen Fehlern ablenken wollte.

Seine Fehler... Er war ein Parasit, arrogant und nahm mich nicht ernst. Eigentlich nervte er furchtbar, aber er sah gut aus und sein ständiges Genörgel hielt mich geistig fit. Hatte diese Beziehung eine Zukunft? Der Gedanke erschreckte mich plötzlich – ein Leben lang an der Seite von Heiner? Das Wesen neben ihm sein, das für die niedrigen Aspekte des Lebens gerade mal gut genug war? War ich etwa Christiane Vulpius? Aber Goethe hatte seine Christiane ehrlich geliebt, und Heiner war nicht Goethe, egal, was er sich einbildete.

Nein, das durfte gar keine Zukunft haben. Außerdem könnte ich nicht in Ruhe in der Museenverwaltung arbeiten, wenn er dauernd stänkerte, wie sehr meine Arbeit bloß die herrschenden Strukturen verfestigte und der allgemeinen Volksaufklärung zuwiderlief.

Eigentlich war Heiners Weltanschauung eine ekelhafte Mischung: Einerseits spielte er den Postkommunisten – wenn man das so nennen durfte - , andererseits war er elitär bis zum Gehtnichtmehr, und seine frauenfeindlichen Sprüche waren ihm nicht mal peinlich, weil er fand, dass ein Mensch mit seinem hohen Bewusstseinsstand über political correctness erhaben sein durfte. Und dafür, auf anderer Leute Kosten zu leben, war er sich auch nicht zu schade! Glaubte er etwa, es müsse mir eine Ehre sein, das Genie durchzufüttern?

Heiner war, wenn man es recht bedachte, das perfekte Arschloch, schloss ich meine Überlegungen ab und warf mich in meine Putzkluft, weil es schon fast vier war. Meine Wäsche bügelte ich schnell noch durch und verräumte sie; alles, was Heiner auch passte, kam in das verschließbare Regalfach.

Wie konnte ich ihn loswerden? Er zahlte ja doch nichts, und in letzter Zeit machte er auch nichts mehr im Haushalt - außer Unordnung. Gute Gespräche hatten wir schon lange nicht mehr geführt, und seine Zärtlichkeiten waren mir eindeutig zu zweckbestimmt: Vögle sie, dann hört sie auf zu nörgeln. Früher hatten wir auch mal ernsthaft diskutiert, gemütliche Abende verbracht, uns zärtlich geliebt. Im Bett war er wirklich nicht schlecht, aber die Gefühle waren irgendwie eingeschlafen... Welch schlampig formulierte Diagnose!

Nein, Heiner musste hier raus. Gisi hatte sich nicht ohne Grund von ihm getrennt. Vielleicht sollte man eine Regel aufstellen: Immer die Vorgängerin befragen - ohne eine anständige Referenz von ihr sollte kein Mann mehr eine Chance haben!

Ich räumte noch ein bisschen auf, aß die letzte Brotscheibe auf und versteckte den Löwenanteil des Kaffeepulvers. Je ungastlicher ich auftrat, desto eher würde Heiner sich eine Neue suchen! Wo steckte er überhaupt? Schon wieder so eine lange Redaktionssitzung? Na, wenn ich mit diesem Kampmann zurechtkam und gleich bei ihm putzte, wäre ich erst gegen halb neun zurück, müde und gereizt, und Heiner hätte einen knurrenden Magen. Die ideale Situation für den großen Krach. Dann könnte er gegen zehn gepackt haben und verschwinden, und morgen früh würde ich das Schloss ändern lassen. Zack, das Leben wieder in Ordnung gebracht!

Das Haus im Helenenweg war eine Riesenscheune aus den Sechzigern. Mir wurde ganz flau, als ich das alles musterte – da putzte ich mich ja tot! Kurz überlegte ich, ob ich einfach wieder gehen sollte – aber das war mir dann doch zu feige. Also klingelte ich brav und wartete. Es dauerte etwas, dann summte die hässliche schmiedeeiserne Gartenpforte und ich drückte sie auf. Der Kiesweg war voller Unkraut, aber als Gärtnerin war ich hier nicht angestellt. Und welcher Schwachkopf hatte das Haus mit den schönen Proportionen denn senfgelb angestrichen? Und diese Haustür – Milchglas mit asymmetrischen Messingstreben! Einfach schauerlich, Kampmann musste einen Geschmack haben wie ein Pferd. Das Milchglasungetüm öffnete sich und ich erstarrte mitten im Erklimmen der Stufen. Was für ein Kerl!

Bestimmt einsfünfundneunzig groß, oder noch mehr. Und breit gebaut, wenigstens spannte das angeschmuddelte Sweatshirt über den Schultern. Die verbeulten Chinos ließen keine Rückschlüsse zu, aber die graubraunen Haare – viel zu lang und offenbar auch länger nicht mehr gekämmt. Kein schlechtes Gesicht, aber eindeutig übellaunig. Reichlich Falten, der Kerl war bestimmt Mitte vierzig oder noch älter. „Ja?“

„Ich bin Anne Holler und komme von JobTime. Wir haben telefoniert, wegen der Putzstelle.“

„Ach so, ja. Kommen Sie rein.“

Drinnen fiel es mir schwer, ein Pokerface beizubehalten. Ich sah eine große, im Stil der Sechziger geflieste Diele, von der aus eine leicht gehaltene Treppe nach oben führte. Glasbausteine in der Wand ließen neben der Treppe genügend Licht ein. Eine Tür neben der Haustür, noch eine an der Schmalseite, die zur Straße zeigte, dann eine an der Breitseite (Gartenfront, ich vermutete dahinter das Wohnzimmer), und eine an der nächsten Schmalseite. Oben sicher das Entsprechende.

Das wäre, abgesehen von der Weitläufigkeit, kein Problem gewesen, aber alle Wände waren mit bunten Tapeten im Stil optische Täuschung beklebt, Wellenlinien, Op-art und so weiter. Grausig. Und der Boden war mit Fußspuren bedeckt, in den Ecken lagen reichlich Staubmäuse. Möbel gab es kaum, nur ein pseudoantikes Tischchen mit unnatürlich verdrehten dünnen Beinen, das dunkle Holz stumpf und verkratzt. Darüber hing ein Spiegel in einem ganz anderen Stil.

Ich verkniff mir jeden Kommentar und ließ mich in ein riesiges Wohnzimmer führen. Kamin, Kachelboden, drei schauerliche Polstersofas mit geschnitzten Füßen, eine eichene Schrankwand, die aussah, als fehlte ihr die zweite Hälfte, daneben ein Billy neunzig/weiß/hoch, an dem die Beschichtung schon fast abplatzte und das mit zerlesenen Krimis vollgestopft war. Und überall alte Zeitungen. In der Ecke ging es weiter ins Arbeitszimmer, das ähnlich scheußlich eingerichtet und außerdem kniehoch mit Papieren bedeckt war.

Alle Fenster waren schmierig und verdreckt.

An der anderen Seite des Wohnzimmers befand sich eine Art Esszimmer, aber darin war nur ein gigantischer dunkler Tisch zu finden – ohne Stühle. Und darauf folgte eine Küche voller leerer Flaschen und vergammelter Pizzakartons. Die Kücheneinrichtung war mal das Allerneueste gewesen, schätzungsweise 1964, aber man hätte sie mal pflegen müssen – und man hätte sie nicht über und über mit Prilblumen bekleben dürfen. Ich gestattete mir ein „Hm“ als Kommentar und sah das verantwortliche Ferkel streng an. Er schaute ausdruckslos zurück. „Gefällt es Ihnen?“

„Das tut doch nichts zur Sache“, wich ich aus, „aber ob sechs Stunden pro Woche ausreichen, das alles auf Vordermann zu bringen...“

„Keinesfalls.“

Er verließ die Küche und wandte sich der Treppe zu. Ich kletterte hinter ihm hinauf. Oben lag Teppichboden mit Blumenmuster, in allen Räumen, außer dem Bad, dass in einem etwas zu kräftigen Apricotton gekachelt war. Verschlamptes Bad, separates Klo, eher unbenutzt und verstaubt, ein unordentliches Schlafzimmer, überall lagen Klamotten herum und das Bett war schon länger nicht mehr gemacht worden. Drei weitere Zimmer, leer, eins mit eigenem kleinen Bad in Dunkelbraun, daneben ein rosa Bad ohne Armaturen, dann eine Treppe, die ins Dachgeschoss führte.

„Da oben ist nichts zu machen, vorläufig“, wurde ich beschieden. Die tiefe Stimme gefiel mir; wenn man sie hörte, konnte man sich einen ganz anderen Kerl vorstellen, elegant und verführerisch – solange man den vergammelten Besitzer nicht anschaute. „Ja, und was stellen Sie sich nun vor? Soll ich jedes Mal ein, zwei Räume gründlich machen oder immer alles eher flüchtig? Was ist am dringendsten?“

„Dringend ist wohl alles. Könnten Sie sich heute mal die Küche vorknöpfen? Aufräumen, spülen, putzen, vielleicht auch einkaufen fahren?“

„Gerne. Was noch, falls ich früher fertig bin?“

„Vielleicht mal den Flur... oder das Gästeklo...“

„Gut. Wann hat Sie Ihre letzte Putzfrau denn im Stich gelassen?“

„Vor drei Monaten, glaube ich. Ich habe keine Zeit, mich um all das zu kümmern. Und ehrlich gesagt auch keine Lust.“ Er grinste kurz, und die Fältchen vertieften sich. Blaue Augen, so blau, dass ich sofort Kontaktlinsen vermutete.

„Dann werde ich mal anfangen“, verkündete ich. „Wo steht Ihr Putzzeug? Und soll ich von etwas die Finger lassen?“

„Von meinem Arbeitszimmer. Alles andere lege ich in Ihre Hände. Wenn Sie noch Fragen haben... ich bin im Arbeitszimmer, aber stören Sie mich bitte nicht zu oft, wenn´s geht.“

„Kein Problem.“ Ich hielt schon abgelenkt eine fast leere Spülmittelflasche hoch. „Kaufen Sie, was Sie brauchen, ich bezahle es.“

„Gerne – nur müssten Sie es auslegen, ich bin so pleite, dass ich kaum noch Bargeld habe.“

Er zog einen Hunderter aus der hinteren Hosentasche. „Brot, Wurst, Käse, einen Träger Diet Coke, einen Träger Wasser, Putzkram nach Belieben, Klopapier, Müllbeutel, ein paar Fertiggerichte für die Mikrowelle, Orangensaft. Viel Spaß!“

„Werd ich haben“, meinte ich munter, „hier lohnt es sich doch wenigstens!“ Er lachte spöttisch auf und verließ die Küche. Krass, wirklich!

Ich stapelte alles herumstehende Geschirr im Spülbecken und ließ heißes Wasser und den Rest Spülmittel darüberlaufen. Eine Spülmaschine gab es hier nicht. Dann sammelte ich den herumliegenden Müll ein – ordentlich sortiert – und trug ihn nach draußen. Die Küche hatte sogar einen Hinterausgang, anscheinend hatte man beim Bau des Hauses noch mit der Existenz dienstbarer Geister gerechnet. Na, jetzt hatte er ja wieder einen!

Das Abtropfgestell war dreckverkrustet, aber mit einem fettlösergetränkten Topfschwamm versetzte ich es in fast wieder neuwertigen Zustand, so dass ich das gespülte Geschirr ohne Zögern darin zum Trocknen aufstellen konnte. Was war denn in den Schränken? Geschirrreste, Staub und tote Fliegen. Na gut, ausräumen, ausfegen, auswischen, das uralte Geschirr ebenfalls einweichen... Die Prilblumen waren grässlich, wirklich, ohne diese Dinger hätte die weiße Kunststoffküche gar nicht so furchtbar ausgesehen. Ich fand wenigstens genügend Putzmittelflaschen und stapelweise originalverpackte Wischtücher, außerdem einen riesigen Staubsauger, einen Wischmopp und einen Eimer. Alles sah noch ziemlich neu und funktionsfähig aus, wenn es auch leider ausnahmslos feuerrot war. Wohl der Geschmack meiner Vorgängerin – warum die wohl hier aufgehört hatte? So schlimm fand ich diesen Kampmann gar nicht. Eigentlich ein beeindruckendes Trumm Mannsbild. Irgendwie kernig. Hatte er sie belästigt oder beleidigt? War sie dem Kampf gegen diese verstaubte Riesenscheune nicht gewachsen gewesen? Ich putzte während dieser Überlegungen den dreckverkrusteten Herd. Anscheinend hatte er es auch mal mit Tiefkühlpizzas und –baguettes probiert, jedenfalls fand sich eine Menge herabgetropfter und verkohlter Käse auf dem Ofenboden.

Beim Herumräumen und Zusammenfalten eines Haufens von Supermarktplastiktüten entdeckte ich ein kleines Radio und schaltete es ein. Zu flotten Weisen putzte es sich doch gleich noch viel besser!

Als alle Geschirr- und Gläserschränke innen sauber und wohlgefüllt waren, der Herd so blitzte wie die Edelstahlspülbecken und die Arbeitsflächen in makellosem Weiß (leider mit diesem ekelhaften blassrosa Minikaro) glänzten, putzte ich noch das Fenster, warf den verrotteten Kräutertopf weg, weichte die fettigen Scheibengardinen in einer chemisch sicher gefährlichen Mischung aus Waschpulver und Fettlöser ein und fuhr einkaufen.

Als ich wiederkam, hatte sich die Brühe im Putzeimer schon viel versprechend bräunlich verfärbt, und ich goss sie mit Schwung ab. Ja, die Gardinen sahen jetzt wieder recht ordentlich aus! ich spülte sie durch, wrang sie gründlich aus, zupfte sie zurecht und fädelte sie wieder auf die Stangen, dann verräumte ich alle Einkäufe in eine Kühltasche und putzte erst einmal den Kühlschrank von innen. Ölflecken, Spuren alten Gemüses, etwas Undefinierbares in Alufolie. Wegwerfen? Ich wickelte es mit angehaltenem Atem aus, vielleicht war es hundert Jahre alter Käse... Nein, eine goldene Kette mit einem ebenfalls goldgefassten Smaragdanhänger. Sicher nicht billig, bei der Steingröße – wenn er denn echt war! Schnell knüllte ich die Alufolie wieder fest, schaltete auf Abtauen und verstaute den Smaragd in der frisch geputzten Besteckschublade.

Das Gästeklo stellte mich nicht gerade vor große Probleme, hier musste man nur die Becken einsprühen und abwischen, einmal kurz über die angestaubten dunkelblauen Kacheln fahren und den Boden wischen. Gut, Klopapier, Gästeseife und ein frisches blaues Handtuch konnten nicht schaden. Schön, das genügte! Ich rückte dem hässlichen Flurtischchen mit Möbelpolitur zu Leibe, bis es einigermaßen glänzte, polierte den Spiegel, saugte den Flur einmal durch und wischte ihn feucht auf. Gar nicht hässlich, wenn man sich die Möbel und die Tapeten wegdachte!

Mittlerweile konnte man im Tiefkühlfach die Eisbrocken von den Wänden brechen und den Kühlschrank selbst schon auswischen und einräumen. Mit einem heißen Lappen wurde auch das Gefrierfach wieder wie neu; ich schaltete es wieder ein und stapelte die Mikrowellenmenüs darin auf.

Ach herrje, die Mikrowelle! Nein, die war ziemlich sauber, darauf hatte er wohl geachtet. Gut, dann wischte ich eben einmal durch die Küche, die nun auch ordentlich aussah, entsorgte das Putzwasser in der unteren Toilette und sah mich ratlos um. Was nun? Stören wollte ich den Miesepeter auch nicht unbedingt. Er hatte doch gesagt, ich dürfte alles putzen außer seinem Arbeitszimmer!

Dann sollte ich vielleicht sein Bad... und das Bett frisch beziehen, es hatte so ausgesehen, als ob es dringend nötig wäre.

Ich riss oben die Fenster auf, zog die Bezüge ab (keine Flecken, ein spannendes Privatleben hatte der wohl auch nicht. Pfui, Anne, du Schnüffelnase, das geht dich gar nichts an!) lüftete Decken und Kissen, saugte die Matratzen ab und den Teppichboden gleich mit, warf herumliegende Wäsche in den großen Korb in der Ecke (wenn ich waschen sollte, musste er mir das sagen) und polierte das dunkle Holz des Bettes und des Ablagetischs daneben, bis es schön glänzte. Dann suchte ich nach frischem Bettzeug und machte das Bett fertig. Ja, da hätte ich mich auch reinlegen mögen, aber vorher nicht!

Für das apricotfarbene Bad reichte die Zeit auch noch, aber mittlerweile war es fünf nach acht. Ich räumte die Utensilien weg und klopfte dann zaghaft an die Tür des Arbeitszimmers. „Für heute wäre ich fertig“, verkündete ich und erntete einen verstörten Blick. „Was – schon acht?“

„Zehn nach. Könnten Sie mir die Liste unterschreiben, für JobTime?“

„Sicher. Aber ich sollte wohl doch vorher eine Stichprobe... Wie weit sind Sie denn mit der Küche gekommen?“ Er lief mir voraus und blieb in der Küchentür so abrupt stehen, dass ich fast gegen ihn geprallt wäre.

„Unglaublich! Die sieht ja fast gut aus – ich fass es nicht...“

Als er das Tiefkühlfach öffnete, war ich heilfroh, dass ich das Alupäckchen wieder hineingelegt hatte.

„Wo ist das Eis hin?“

„Abgetaut. Ich hoffe, das Essen ist nach ihrem Geschmack.“

„Ja, genau richtig.“ Das klang geistesabwesend. Er sah in den Kühlschrank, begutachtete das Wurstpäckchen, staunte über den Glanz allenthalben, war glücklich, dass jemand den alten Kräutertopf entsorgt hatte und unterschrieb die Liste schwungvoll, nachdem er das Wechselgeld eingesteckt hatte.

„Am Freitag könnten Sie dann den Flur und das Gästeklo machen“, schlug er vor.

„Schon wieder? Die hab ich doch heute erst gemacht“, protestierte ich.

„Dann sind Sie ja verdammt schnell.“

„Ich hab Ihnen auch das Bett frisch bezogen“, gestand ich zaghaft, „und das Schlafzimmer geputzt, allerdings eher flüchtig. Ich hoffe, das ist o.k.?“

„Natürlich. Gute Arbeit, Anna.“

„Anne“, korrigierte ich automatisch. „Dann komme ich am Freitag um fünf wieder, Herr Kampmann. Soll ich unterwegs etwas besorgen?“

„Nein, das machen Sie natürlich während der Arbeitszeit. Den Autoschlüssel haben Sie gefunden, vermute ich?“

„Welchen Autoschlüssel?“ Ich musste selten dämlich dreingeschaut haben, denn er sah mich ganz perplex an. „Wie haben Sie denn dann eingekauft?“

„Mit meinem Auto natürlich. Ohne die Getränke hätte ich es zu Fuß gemacht, aber so...“

„Sie sind ja verrückt. So werden Sie nie reich werden. Hier, Sie haben doch Sprit verfahren!“ Er drückte mir einen Zehner in die Hand. „Das war doch höchstens ein Liter“, protestierte ich und wollte den Schein nicht nehmen. „Na und? Der Rest ist Trinkgeld, weil Sie so schnell und so gut gearbeitet haben.“

„Nein, das will ich nicht.“

„Sie machen das wohl noch nicht lange, was?“

„Seit letzter Woche“, gestand ich. „Bin ich unprofessionell?“

„Technisch nicht, aber ich gebe Ihnen einen guten Rat – nehmen Sie, was Sie kriegen können, geschenkt gibt´s eh nichts.“

„Noch ein Grund, sich nichts schenken zu lassen“, konterte ich, nahm den Zehner und legte ihn auf den Küchentisch. „So jung und schon so stur“, kommentierte er. „Na, wie Sie meinen!“

Ich sah wütend zu ihm auf. Die grauen Bartstoppeln waren in den letzten drei Stunden reichlich gesprossen, und die Falten schienen sich vertieft zu haben. Außerdem roch er durchdringend nach kaltem Zigarillorauch, aber ich konnte nicht zurücktreten, weil hinter mir schon die Unterschränke waren.

Kampfmann lachte kurz und freudlos auf und trat selbst zurück. „Gut, dann bis Freitag um fünf. Dann dürfen Sie sich oben austoben, aber nicht in den leeren Zimmern, die benutze ich nicht.“

„Gut.“ Es brannte mir auf der Zunge, ihn zu fragen, warum er eine solche Riesenscheune bewohnte, wenn er sie nur so eingeschränkt nutzte, aber das wäre nun wirklich aufdringlich gewesen. Außerdem konnte es mir egal sein.

Er sah mir nach, stellte ich fest, als ich den Kiesweg entlanglief. Wollte er sicher sein, dass ich nicht abbog, mich im Garten versteckte und später einbrach? Ich drehte mich um und winkte ihm vergnügt zu. Daraufhin schloss sich die Haustür schnell.

Idiot.

Wie konnte man denn so scheußlich wohnen? Aus dem Haus konnte man was machen, da war ich sicher. Aber so war es entsetzlich, halb deprimierend, halb wie eine eher unangenehme Zeitreise. Da konnte ich ja nur gespannt sein, wie diese komische Frau Rössel war – am Telefon hatte sie sich eher unsympathisch angehört.

Heiner sah mir mit schmelzendem Blick entgegen, als ich nach Hause kam. Ach herrje, den hatte ich schon ganz vergessen. Und warum hielt er eine Hand auf dem Rücken? Jetzt schoss sie nach vorne. „Für dich!“

Eine langstielige rote Rose, nicht mehr ganz taufrisch. Einen Moment lang wallte so etwas wie Rührung in mir auf, aber das unterdrückte ich sofort wieder. „Dann hast du jetzt also Geld? Rück raus!“

„Nein... die Rose hab ich von meinem letzten Geld gekauft. Die Sitzung hat so lange gedauert, da hatte die Bank schon zu.“

„Schon mal von der Erfindung von Geldautomaten gehört?“, entgegnete ich gereizt und hängte meine Jacke auf, ohne die Rose entgegenzunehmen.

„Der ist doch kaputt!“

„Es gibt sogar in dieser Stadt mehr als einen.“

„Die kosten Gebühren!“

„Na und? Pass auf, Süßer, ich hab die Nase voll. Entweder zahlst du ab sofort dreihundert Euro im Monat oder du packst deinen Krempel und verschwindest, aber zügig.“

„Du würdest Schluss machen – nur wegen deiner Geldgier?“

„Geldgier?“, schrie ich, „du lebst hier wie die Made im Speck auf meine Kosten und sprichst von Geldgier? Du lässt dich von einer Putzfrau aushalten und nennst mich geldgierig? Hau bloß ab, Mensch.“

„Ach Anne!“ Er packte mich am Arm, aber ich rammte ihm den Ellbogen in die Seite. „Fass mich bloß nicht an. In Naturalien zahlen ist nicht mehr.“

„Wollte ich gar nicht“, entgegnete er beleidigt, „jedenfalls nicht, solange du so heftig nach Putzmitteln riechst.“

„Ich war arbeiten!“

„Glaubst du, ich nicht?“

„Nach dem, was du zu diesem Haushalt beiträgst, könntest du genauso gut keinen Job haben“, schoss ich zurück.

„Hab ich aber. Und am Freitag sind wir eingeladen.“ Er lächelte zärtlich.

„Sind wir nicht“, schnauzte ich ihn an und holte mir exakt einen Apfel aus dem verschlossenen Fach, das ich danach wieder sorgfältig versperrte. „Du bist eingeladen, sollst jemanden mitbringen und denkst, wenn du mich fragst, bin ich wieder brav und vergesse deine Ausbeuterallüren. Außerdem arbeite ich am Freitag auch so lange wie heute.“

„Bei wem denn?“

„Älterer Herr, Kampmann heißt er. Großes Haus, viel Dreck.“ Das war gerade mal nicht direkt faustdick gelogen, aber Heiner interessierte das eigentlich auch gar nicht. „Das fängt erst um neun an, da hast du noch Zeit zu duschen und dich zu stylen. Und sag bloß niemandem, dass du putzen gehst!“

„Aber klar werd ich das. Plus der Information, dass ich putzen gehe, um dich zu ernähren. Wenn das bis dahin noch aktuell ist“, fügte ich drohend hinzu. Heiner machte schmale Augen. „Wie meinst du das?“

„Herrgott, muss ich denn alles dreimal sagen? Wenn morgen das Geld nicht da ist, schmeiße ich übermorgen deinen Schotter vor die Tür, klar?“

„Du hast wohl einen Neuen? Was ist er? Was macht er?“

„Spinnst du? Glaubst du, ich bin so blöde? Ihr Kerle seid einfach zu teuer im Unterhalt, das kann ich mir von meinem Putzfrauenlohn nicht leisten. Zwei schon gar nicht!“

„Dann kriegst du deine Tage?“

„Na, hoffentlich“, kreischte ich, „die Alternative wäre ja wohl die volle Katastrophe, oder?“

„Ach, warum denn? Ich könnte mir das sehr nett vorstellen...“

„Ja, du schon, du ernährst das Balg nicht, kümmerst dich nicht drum und posierst einmal im Jahr als stolzer Vater, und an mir bleibt dann alles hängen. Nein, nicht mit mir!“

„Willst du denn nie Kinder haben?“ Gottchen, diese schmelzende Stimme! Glaubte er, wenn er mit der Gefühle-und-Familie-Masche ankäme, vergäße ich die Sache mit dem Geld?

„Doch, sicher – aber bestimmt nicht von dir. Du kümmerst dich ja schon nicht um Patrick und Jennifer. Was die beiden an netten Zügen haben, haben sie nur von Gisi geerbt.“ Das war ein Treffer, Heiner drehte sich um und verließ die Wohnung, ohne Jacke. Ich gab ihm zehn Minuten, dann wäre er bibbernd wieder da.

Nach sieben Minuten – ich aß gerade meinen Apfel und schaute auf die Uhr – hörte ich seinen Schlüssel. Er kam herein, warf mir einen finsteren Blick zu und den Schlüssel auf den Boden im Flur, ließ sich aufs Bett fallen und griff zur Fernbedienung. Ich sammelte seinen Schlüsselbund auf und nahm ihn mit aufs Klo, wo ich in aller Ruhe den Wohnungsschlüssel vom Ring praktizierte und ihn einsteckte. Danach fuhr ich in den Keller hinunter und kramte in meinem Lattenverschlag herum. Hatte ich es doch gewusst, da waren noch zwei Umzugskisten! Ich nahm sie mit hinauf und lehnte sie im Flur an den Küchenschrank. Wenn das kein Menetekel war!

Während Heiner sich durchs Abendprogramm zappte und halblaut seine Standardrede über die kulturelle Verblödung der Nation abspulte, fuhr ich meinen Rechner hoch und schrieb mir einige Ideen zum Kunstverein auf, danach öffnete ich eine zweite Datei und legte eine Tabelle an, in der ich vermerkte, was ich wann wo mit Putzen verdient hatte.

Als ich reif fürs Bett war, hatte Heiner gerade einen intellektuell für ihn hinreichenden Film gefunden, natürlich untertitelt, und sich festgeguckt. Ich duschte, zog einen sittsamen Schlafanzug an, der dem blöden Pascha mein Desinteresse zeigen sollte, putzte mir die Zähne und kam wieder ins Zimmer. Dort schob ich Heiner wortlos zur Seite, rollte mich neben ihm zusammen und löschte das Licht auf meiner Seite.

Die atonale Filmmusik störte mich beim Einschlafen, aber ich amüsierte mich damit, mir zuerst Heiners dummes Gesicht vorzustellen, wenn er morgen merkte, dass er keinen Schlüssel mehr hatte, und mir dann zu überlegen, warum dieser Kampmann das Haus so hatte verkommen lassen. Darüber schlief ich dann doch ein.

Grundreinigung

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