Читать книгу Now and then - Ella C. Schenk - Страница 8

Оглавление

Dein wundervolles Herz, dein friedliches Sein.

Dein gütiger Geist, so unfassbar rein.

Dein bezauberndes Lachen, dein funkelndes Strahlen.

Du bist es!

Ein zauberhaftes Wesen,

mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.

Olivia

Ich zuckte vor lauter Schreck zusammen und stolperte gleichzeitig ein paar Meter zurück Richtung Hausmauer. Auch dem Taxifahrer, auf den ich zuvor zusteuerte, fiel sein rauchender Glimmstängel höchst unelegant aus der Hand. Das Auto, welches den ohrenbetäubenden Lärm verursacht hatte, fuhr in einem Affentempo die Gerade vor uns entlang, um die nächste Biegung erneut quietschend in Angriff zu nehmen.

Trotz der Dunkelheit und der Schnelligkeit dieses Teufelsgefährts sah ich, dass es sich um einen roten, tiefgelegten Sportwagen handelte. Leise fluchend schüttelte ich den Kopf.

Auch der Taxifahrer schien meiner Meinung zu sein, denn er schrie dem Raser etwas nicht ganz Jugendfreies hinterher.

Mit wackeligen Beinen steuerte ich auf ihn zu und ließ mich nach Hause chauffieren.

Ping.

Ich begab mich in den Lift, holte den Hausschlüssel aus meiner Tasche hervor und drückte die Taste „P“. Die Türen schlossen sich und ich schüttelte meinen Oberkörper ein paar Mal heftig durch.

Ich hasste es, das riesige dunkle Foyer abends allein betreten zu müssen. Jeder meiner Schritte hallte um das Tausendfache zurück, und die mir unendlich vorkommende Schwärze ließ Unbehagen in mir aufkommen.

Oben angekommen, ging ich im Laufschritt auf unsere Eingangstür zu und schloss sie eilig auf. Ein hell erleuchteter Wohn-Essbereich, sowie ein verbrannter Geruch empfingen mich. Etwas, das meinen Panikknopf aktivierte.

Ich strampelte zügig aus einem meiner Stiefel, als es in der Küche laut zischte.

Oje.

Noch mit einem Schuh am Knöchel hängend lief ich los und meine Vermutung bestätigte sich.

„Oh, Dad! Nicht doch!“

Dieser stand am Herd und es wirkte, als würde er mit dem Kochlöffel bewaffnet auf einen unsichtbaren Gegner einschlagen.

„Das Öl, Livvi, das Öl! Ich glaube, es will mich bei lebendigem Leib verbrennen!“

Er warf mir einen verzweifelten Blick zu und ich rollte mit den Augen.

„Dann schalte doch eine Stufe zurück. Das Fleisch brennt ja schon an!“

„Würde ich ja, aber der Touchscreen ist voller heißem Fett!“

„Dann tu doch wenigstens die Pfanne zur Seite!“

„Gute Idee, Kleines! Aber wo sind die Geschirrtücher hin?“

Kopfschüttelnd umrundete ich die kleine Kochinsel und bückte mich unter die Spüle.

„Hier.“ Ich warf ihm die Tücher zu und er fing sie problemlos auf. „Maria hat sie erst letztens frisch gebügelt da reingelegt. Wie übrigens die letzten Jahre auch.“

Er schob die Pfanne gehetzt beiseite und warf mir einen zerknirschten Blick zu. „Ja … aber du weißt ja, die Küche und ich …“

„Ihr seid keine Freunde, schon klar.“

Jetzt grinsten wir beide.

„Wieso kochst du eigentlich etwas? Hat Maria für heute Abend nichts vorbereitet?“

Er legte den Kochlöffel in die Spüle und schaltete den Herd aus. „Sie hat heute früher Schluss gemacht. Rosa ging es am Nachmittag nicht sehr gut. Ihre Arthritis plagt sie sehr zurzeit.“

Ich verstand sowieso nicht, wieso Rosa mit ihren 70 Jahren noch in der Kanzlei aushalf. Sie hatte sich die Rente mehr als verdient.

„Vielleicht sollte sie mal einen Gang zurückschalten. Sie ist doch wirklich nicht mehr die Jüngste.“

„Ja, wem sagst du das? Bin ganz deiner Meinung.“

„Hmm.“ Ich verschränkte die Arme vor meinem Oberkörper. „Vielleicht solltet ihr strenger sein mit ihr. Schließlich geht es hier um ihre Gesundheit.“

Dad verzog das Gesicht. „Ich wüsste nicht, wie ich das anstellen sollte, Olivia. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich auch nicht, dass ich dazu befugt bin.“ Er atmete tief durch. „Sie arbeitet schon so lange für die Kanzlei. Und seit Richard verstorben ist, hängt sie noch mehr an ihr.“

„Ja, das mag sein. Dennoch, nur weil Richard euch die Firma vererbt hat, heißt das nicht, dass ihr es nicht mal versuchen könntet. Mir ist schon klar, dass sie stur ist, doch es geht ihr immer schlechter, das wissen wir alle. Versuche es wenigstens, okay? Ich kann dich dabei auch gerne unterstützen.“

Er kam auf mich zu und legte einen Arm um mich. „Das ist lieb von dir. Aber ich glaube, das wird ein Gespräch zwischen ihr, mir und Mr. Jackson.“

Ich lachte auf. „Wieso sagst du nicht einfach Harrold?“

Er ließ mich los und kratzte sich mit der rechten Hand über den ergrauten Hinterkopf. „Gewohnheit, glaube ich. Gegenüber euch Kindern war er eben immer Mr. Jackson.“

„Ich bin aber kein Kind mehr, Dad. Und auch Joey fand es immer albern, wenn du so förmlich von ihm gesprochen hast. Er ist schließlich Jons, Elizas und Remys Vater.“

Ein wehmütiges Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Wahrscheinlich erinnerte er sich gerade daran, wie sie immer ihren braunen Lockenkopf schüttelte und die Augen überdrehte, wenn er so geschäftlich daherredete. Ich trat zum Herd, nahm die Pfanne und warf die verbrannten Fleischstücke in den Müll.

„Nur aus Neugierde: Was wolltest du eigentlich als Beilage essen?“

Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er mich zerknirscht an. „Na, Fleisch.“

„Eine Fleisch- und Fleisch-Kombi also? Lecker!“

Daraufhin kam er wieder auf mich zu und zwickte mir leicht in den Oberarm, sodass ich aufquietschte.

„Weißt du was, du Frechdachs? Wie wäre es mit einer Pizza? Hast du Lust?“

Eigentlich war ich noch ziemlich satt, dennoch nickte ich und bestellte beim Lieferservice, nachdem ich mich endlich aus meinem am Knöchel hängenden Stiefel befreit hatte.

Die Pizzen wurden in Windeseile geliefert und es sah so aus, als hätte Dad tagelang nichts gegessen. Er stopfte sich ein Stück nach dem anderen in den Mund. Ich überließ ihm ohne zu Zucken den größten Teil meiner Margherita, die er auch noch verschlang.

Nachdem ich alles weggeräumt hatte, wünschte ich ihm gähnend eine gute Nacht.

Kurz bevor ich in mein Wohnabteil trat, rief er mir von der Fernsehcouch zu: „Olivia! Wann hast du morgen deine letzte Anprobe für den Maskenball?“

Ich drehte mich nochmal zu ihm um. „So um neun. Wieso?“

„Ich habe morgen Vormittag noch einen wichtigen Termin dazwischenschieben müssen, könntest du mir meinen Anzug und die Maske bitte von der Schneiderin mitbringen?“

„Klar doch, mache ich!“

„Danke, Kleines. Und freue dich auf morgen, es wird eine riesige Überraschung geben. Schlaf gut!“

Er zwinkerte mir übertrieben oft zu.

Okay. Da bin ich dann mal gespannt.

„Ja … schlaf auch gut, Dad.“

Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem unguten Kribbeln in der Bauchgegend.

Meine Glieder fühlten sich zudem noch steif an, und mir lief schon zum zweiten Mal ein kalter Schauer den Rücken hinab. Wurde ich etwa krank? Mit meiner rechten Hand schnappte ich mir meine rote Kuscheldecke und drückte sie mir fest ins Gesicht. Der frische, blumige Duft ließ meine noch müden Sinne langsam erwachen. Während ich ein gequältes Stöhnen unterdrückte, wanderte meine linke Hand unbeholfen zu meinem Nachttisch, auf dem sich mein Handy befinden sollte.

Mit Betonung auf sollte.

Ich war noch nicht gewillt, meine Augen der Helligkeit auszusetzen, so tastete ich mich weiter blindlings über meine Zeitschriften, meine Lampe und mein Döschen mit den Pillen.

Argghhh. Wo bist du nur?!

„Suchst du etwas?“

Meine Hand stoppte mitten in der Bewegung. Ich rollte meine Zehen so fest ein, dass ein Krampf wahrscheinlich nicht ausbleiben würde.

„Olivia?“

Bitte, nicht. Nein, nein, nein. Lass mich bitte nur einen Albtraum haben.

Ein prompt einsetzendes Bauchkribbeln formte sich zu einer festen Kugel zusammen, die Übelkeit und ein Ziehen entfachte, wie ich es nur von meinen schlimmsten Prüfungen kannte.

Naja, fairnesshalber musste man sagen, dass ich mich jetzt quasi auch in einer befand.

Und schon ging es los.

„Ich habe dich gestern ein paar Mal versucht zu erreichen. Wo warst du, verdammt nochmal?“

Er war wütend. Seine kratzige, leise Tonlage signalisierte mir einen unterdrückten Ärger. Nicht zu vergessen, sein „S-Fehler“, der nur in heiklen Situationen zum Vorschein kam.

„Tu nicht so, als würdest du mich nicht hören. Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“

Etwas polterte laut neben mir und vor Schreck spannte ich meine Zehen noch mehr an, was nun zu einem heftigen Krampf in meiner rechten Wade führte.

Es schmerzte höllisch. Mein Muskel schrumpfte zu einer Erbse zusammen. Ich presste meine Kuscheldecke noch fester an mein Gesicht, ansonsten blieb ich wie versteinert.

„Jetzt steh auf, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für dein kindisches Getue!“

Das Gewicht meiner Matratze verlagerte sich und ich spürte einen leichten Druck auf meinem linken Oberschenkel. Das brachte mich zum Handeln. Ich schoss kerzengerade in die Höhe, presste meine rote Decke vor meinen Oberkörper und zog unter Schmerzen die Beine an. Die plötzliche Helligkeit ließ mich kurz mehrfach blinzeln und es dauerte ein paar Augenblicke, bis sich ein genaues Bild manifestierte.

„Na geht doch.“

Ein freches Grinsen stahl sich auf sein unrasiertes Gesicht, und seine grünen Augen waren von tiefen Augenringen umgeben.

„Was willst du hier, Remy?“

„Wie bitte?“ Er fuhr sich lachend mit der rechten Hand durch seinen unfrisierten, blonden Wuschelkopf. „Ich bin dein Freund. Ich darf bei dir auftauchen, wann immer ich will.“

Ich schüttelte vehement den Kopf.

„Wir“, ich deutete mit meinem Zeigefinger von mir zu ihm, „sind nicht in einer Beziehung. Wir haben lediglich ein Arrangement.“

Er schloss für eine Millisekunde die Augen und kurz schien es, als würde Bedauern über sein Gesicht huschen. Doch der Moment verging so schnell, wie er gekommen war.

„Ja, du sagst es. Vor allem zu meinen Gunsten, wie du hoffentlich nicht vergisst. Wenn doch, können wir gern zu Daddy rennen und es mit ihm ausdiskutieren.“ Seine hellen Augenbrauen wanderten angriffslustig in die Höhe. Doch nicht nur das. Er rückte näher und legte seine Hand auf mein angewinkeltes Knie. Ich versteifte mich augenblicklich noch mehr und flüsterte: „Lass es einfach, Remy.“

Doch er lehnte sich nur noch näher zu mir. „Wir werden sehen, Süße.“

Ich wandte mein Gesicht ab und schnaufte verächtlich, da mir ein Gemisch aus kaltem Zigarettenrauch und Restalkohol in die Nase wehte. Diese rümpfend blickte ich Richtung Tür. „Wo kommst du eigentlich her? Du riechst wie ein Aschenbecher.“

Er umfasste mein Kinn mit seiner linken Hand und drehte es wieder in seine Richtung.

„Feiern. Ich habe die Immobilie an den Mann gebracht. Die alten Säcke haben gestern Abend noch unterschrieben und das Geld überwiesen. Du hättest ja mitkommen können, wenn du mal an dein beschissenes Handy rangegangen wärst. Wo wir nun wieder bei der Frage wären. Wo warst du?“

Ich entzog mein Gesicht seiner Hand und antwortete trotzig: „Unser Kurs dauerte länger als gedacht, und dann waren wir noch im Pine´s. Frag doch Mase oder Jer. Die waren schließlich auch dort.“

„Punkt eins, Süße: Du hattest keinen Kurs, die Studenten dort ja. Du hast nur länger assistiert. Punkt zwei: Ich weiß längst, dass du mit den Jungs dort warst. Die gehen schließlich an ihr Handy. Wollte nur wissen, ob du mich nicht anlügst.“ Er lächelte übertrieben und fuhr fort: „Drittens: Ich will, dass du heute ein anderes Kleid als das grüne anziehst. Es ist zu freizügig.“

Ich funkelte ihn an und antwortete harsch: „Und wie genau stellst du dir das vor? Es wurde extra für mich geschneidert. Außerdem, hör auf damit.“

„Du wirst doch bestimmt etwas anderes im Schrank haben. Ende der Diskussion. Und mit was genau soll ich aufhören?“

„Meine Gehorsamkeit zu testen. Die hast du doch eh schon. Unfreiwillig.“

„Mal sehen.“

Ich schnaubte abfällig, während er aufstand und etwas aus seiner zerknitterten Hosentasche hervorzog.

„Das habe ich für dich gekauft. Trag es.“ Er warf mir eine längliche Schatulle zu und ich fing sie aus Reflex auf. „Mach es auf.“ Seine Stimmfarbe änderte sich plötzlich. Klang fast liebevoll.

Mit zittrigen Händen öffnete ich den Verschluss und mir entwich ein Keuchen. „Das, dddas ist nicht nötig.“ Vor lauter Verblüfftheit stotterte ich die Worte.

Ein Lächeln seinerseits blitzte auf. Wenn auch nur kurz. „Ist es doch. Ich hole dich heute Abend ab.“

Ich antwortete nicht, sondern starrte wie gebannt auf das breite, funkelnde Armband aus Gold. Dennoch vernahm ich jeden seiner Schritte, die er zur Tür machte.

Er hatte sie bereits geöffnet, als er das Wort nochmal an mich richtete: „Ach ja und Livvi?“

„Was?“ Mein Blick war weiterhin auf das Schmuckstück vor mir gerichtet.

„Trag es auch, okay? Es war bei Gott nicht leicht, ein so breites Armband für dein Handgelenk zu finden.“

Dann ging er und ich konnte nicht verhindern, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Jedoch nicht aus Verletztheit oder Trauer. Diese Gefühle hatte er schon seit Monaten nicht mehr verdient. Nein. Ich weinte vor lauter Wut und Zorn, dass er so mit mir umsprang. Es war einfach nicht fair. Ich hatte ihm vertraut, wie ich noch niemandem auf dieser Welt vertraut hatte. Nicht einmal Jon hatte ich so …

Ich kniff mir fest in den Unterschenkel, um den Gedanken nicht zu Ende zu denken.

Mein Wecker riss mich aus meiner lethargischen Haltung.

Ich wischte mir die Tränen grob aus dem Gesicht und schlich in meinen weißen Bademantel gehüllt aus meinem Wohnabteil.

Der Duft von Speck und Kaffee empfing mich.

Etwas irritiert rief ich den ersten Namen, der mir einfiel: „Dad?“

„Olivia! Ich bin es, Maria!“

Ich folgte der brummigen Stimme unserer Haushälterin und fand sie am Boden kniend in der Küche vor. Ihr korpulenter Körper quetschte sich in den Unterkasten der Spüle und ein scharfer Geruch von Putzmittel stieg mir in die Nase. Ich nieste ein paar Mal heftig, sodass es mich fast aus den Latschen haute.

„Gesundheit, Kleines!“

Maria tauchte auf einmal vor mir auf und ihre großen Hände, welche in gelben Gummihandschuhen steckten, hielten mich.

„Olivia! Du musst einfach mehr essen. Du bist so dünn wie eine Bohnenstange! Ich kenne bei Gott keinen Menschen, den es bei seinem eigenen Niesen fast von den Socken haut!“ Sie ließ mich los und stemmte ihre Hände in die Seiten.

Ich murmelte ein leises „Jawohl“ und machte mich schnell daran, mir Ei und Speck auf den Teller zu laden, obwohl ich eigentlich keinen Hunger hatte. Ich setzte mich auf einen der zwei Barhocker nahe der Anrichte, und goss mir ein Glas Orangensaft ein.

Noch mit vollem Mund fragte ich: „Wie geht es Rosa? Hat sie sich gestern noch erholen können?“

Maria stoppte in ihrer routinierten Putzbewegung und blickte mich durchdringend an. „Sie sagt ja, aber ich kenne Mutter. Sie versucht mal wieder, alles runter zu spielen.“ Daraufhin seufzte sie laut und ihre Schultern wanderten kraftlos nach unten. „Wenn sie nur nicht so stur wäre. Sie sollte endlich ihre Medikation anpassen, doch sie weigert sich zum Arzt zu gehen.“

Ich spülte meinen halbzerkleinerten Bissen schnell mit Orangensaft hinunter und beeilte mich zu sagen: „Dad und ich haben gestern bezüglich ihres Gesundheitszustandes gesprochen. Er und Harrold werden versuchen mit ihr zu reden.“

Ihre braunen Augen schlossen sich kurz. „Hoffentlich erreichen sie auch etwas.“ Hoffnung schimmerte durch jede Silbe ihrer Worte hindurch.

Um die Stimmung zu retten, fragte ich sie nach ihren vier Kindern aus. Maria zog die Rasselbande seit ungefähr fünf Jahren allein groß. Geld war nach dem neunten Geburtstag von Aurelia - der Jüngsten - nicht mehr viel vorhanden, da ihr Exmann aufgrund seiner Spielsucht und Dealerei alles verlor und verschwand. Es war ein Drama. Unsere mehrmaligen Versuche, der Familie finanziell unter die Arme zu greifen, wurden ihrerseits vehement ausgeschlagen. Sie wollte keine Almosen. So hatte Dad damals angeboten, sie unter Vertrag zu nehmen, quasi als unsere „Haushälterin“. Sie konnte sich ihre Arbeitszeiten wie auch die Tätigkeiten selbst aussuchen. Und ich meinte zu wissen, dass es auch einer dieser Gründe war, wieso Rosa heute noch in der Kanzlei aushalf. Sie glaubte, uns etwas zu schulden. Denn auch sie verlor durch ihren manipulativen Schwiegersohn jegliche Rücklagen.

Marias Aufnahme in unser Leben war jedoch ein Gewinn für beide Seiten. Sie war seit ihrem ersten Tag bei uns die Stütze, die Dad und ich zum Überleben brauchten. Sie gab uns Stabilität, vor allem emotional. Sie war es, die seit Mums steigender mentaler Abwesenheit unser privates Chaos organisierte.

„Maria?“

„Ja, Kleines?“

„Hätten du und Aurelia heute Nachmittag vielleicht ein wenig Zeit?“

„Soweit ich weiß, hat meine Jüngste heute noch nichts vor und ich habe für dich sowieso immer Zeit. Um was geht es denn?“

Ich lächelte. „Ich finde, meine dunklen Haare könnten für heute Abend ein paar hellere Spitzen vertragen. Was meinst du? Und ein bisschen Hilfe mit dem Lockenstab wäre auch sehr schön, wenn du verstehst, was ich meine.“

Maria zog ihre Gummihandschuhe in Windeseile aus, warf sie in die Spüle und klatschte entzückt. Sie verstand.

„Natürlich helfen wir dir, dich für den Maskenball fertig zu machen. Aurelia wird ganz begeistert sein.“

„Super. Ich freue mich.“

„Kommt Remy denn auch? Vorhin wirkte er nämlich nicht begeistert, als ich ihn wegen heute ein bisschen ausquetschen wollte. Er brummte nur verärgert und ist dann aus der Wohnung gestürmt.“

„Er wird da sein.“ Mehr sagte ich nicht. Ich wollte jetzt einfach nicht über ihn reden.

Ich warf einen Blick auf die rot blinkende Uhr am Ofen und hüpfte vor Schreck auf. „Oh Gott, ich bin spät dran. Eliza wartet mit Sicherheit schon auf mich. Wir müssen zur Schneiderin.“

Ich sprang vom Stuhl Richtung Wohnzimmer, kehrte aber wieder um, um mein Geschirr in die Spüle zu räumen.

Maria lachte laut auf. „Das hätte ich doch schon gemacht.“

„Ich weiß, aber ich bin schon groß. Ich kann mein Geschirr selbst wegräumen.“

Schmunzelnd sprintete ich wieder los, um so schnell wie möglich mein Ankleidezimmer zu erreichen.

Now and then

Подняться наверх