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2.

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Der graue, wolkenverhangene Himmel öffnet sich, die Sonne dringt durch die Wolkendecke. Marielena kauft sich einen Café au lait.

Auf einer Parkbank am Seineufer genießt sie das Flair von Paris.

Still, kaum hörbar trippelt eine Schar von Sperlingen heran, bis vor ihre Füße. Ohne Scheu blicken die kleinen Wichte mit runden dunklen Augen fragend zu ihr auf, in der Hoffnung, etwas Genießbares zu erhaschen.

Sie rühren Marielena an.

Doch mit einem Mal dringt ein schriller Klingelton gnadenlos ein und stört ihre Besinnlichkeit. Am Telefonino ist Roberto – Silvios Bruder hat erfahren, dass Marielena sich in Paris aufhält. Er fragt, ob sie ihn heute Abend zu einem Modeevent, von Amedeo di Positano begleiten möchte. Marielena willigt gerne ein.

Roberto ist ein Mann, der mit eiserner Stirn, gestählt durch den ständigen Kampf mit seiner Mutter, seinen Weg geht. Signora Alba hat mit straffer Hand die Familie Amato im Griff und verlangt, dass die Brut nach ihrem Diktat lebt. Mit Bedacht geht Alba nur mit Silvio, ihrem Erstgeborenen, um. Seit einigen Monaten ist Roberto Amato der Rechtsanwalt des weltberühmten Designers Amedeo di Positano. Was einige Konflikte ausgelöst hat, denn die Präsidentin des Modeunternehmens, Margareta di Positano, lehnte Roberto wegen seiner gleichgeschlechtlichen Neigung ab, schon deshalb, weil ihr Sohn Amedeo auch homophil veranlagt ist. Doch Amedeo setzte sich durch – ernannte seinen Jugendfreund zum Anwalt des Hauses di Positano.

Marielenas Gedanken schweifen ab zu Bruno. Sein Hausboot liegt nicht weit entfernt. Die Abendsonne spiegelt sich in der Seine, durch das Berühren von Wasser und Sonne kommt es zu einem stimmungsvollen Wechselspiel, das zum Träumen einlädt. Das könnte die Stunde null sein, der Neubeginn ihrer Liebesbeziehung. Ganz und gar nicht – zügelt sie sich. Hast du schon vergessen, wie viel Chaos Bruno in dein Leben im letzten Winter gebracht hat. Schrecklich! Diese Beziehung verlieh mir Flügel – kurz darauf zog sie mich nach unten. Der erste Blick in Brunos Augen stimulierte und wärmte mich auf wie ein Glas Bordeaux – ich spürte sein Begehren.

Marielena erhebt sich und geht in Richtung Hausboot. Sie ist befangen. Bruno versteht es, sie zu verunsichern. Sie zweifelt, ist irritiert, je näher sie dem Boot kommt.

Begrüß ihn, stimuliert sie sich.

Nur Mut! Jedoch sie hält sich zurück.

Muss ich Distanz wahren? Bruno Sagen ist immerhin ein Kollege in einem höheren Rang. Nein, ganz und gar nicht, findet sie. Bruno ist schwer zu durchschauen. Erinnerungen machen ihr zu schaffen, sie legte im letzten Winter zu viel Hoffnung, Sehnsucht, die eine oder andere Illusion in diese Begegnung. Sie liebten sich leidenschaftlich. Über alles sprachen sie, nur nicht über ihre Beziehung.

Liebe, Leidenschaft und Geheimnisse, das alles kann Bruno mit Gesten und Mimik andeuten. Ohne Worte: was zum Spekulieren einlädt, doch oft in die Irre führt. Natürlich hat sie nur eine Sache im Kopf – in seinen Armen zu liegen! Sehnsucht kann tiefgreifend sein. Ein Zustand, der durch ein unerfülltes Gefühl sich entfaltet. Diese Erkenntnis, Psicologa, ist so banal, dass es nicht lohnt, sich dafür herumzuplagen. Charmanten Vagabunden muss man sich entziehen, selbst wenn es schwerfällt, sich treu zu bleiben, redet sie sich ins Gewissen. Bruno Sagan ist ein Mann, der Angst vor Vereinnahmung hat. Der sich gerne zwischen Nähe und größtmöglicher Distanz bewegt. Nach dieser bewussten Nacht, erinnert sie sich, kehrte am nächsten Tag abrupt der Alltag ein. Beim Abschied, im Pariser Winter, bemerkte sie in Brunos Augen eine herzlose Leere.

Er hat sich in all den Monaten nicht gemeldet, kein Anruf, nicht einmal ein Brief – nichts. Ohne sich Bruno zu zeigen, verlässt Marielena das Seineufer, streift ziellos durch die Straßen von Paris.

Am Place Pigalle herrscht buntes Treiben. Frauen in traditionellen afrikanischen Gewändern geben dem Straßenbild ein exotisches Flair. Der Duft von gebratenem Lamm und Couscous steigt Marielena in die Nase. Nun weiß sie, was sie in diesem Moment am liebsten möchte – Gelüste stillen.

Unter der Tür des Restaurants Kairo steht ein wohlbeleibter Mann. Er trägt einen imposanten schwarzen Schnurrbart und einen roten Turban. Der Empfangschef verneigt sich ergeben vor Marielena, diese einladende Geste animiert sie zum Eintreten. Essen und Trinken, predigt ihre Berliner Großmutter Käthe zu jeder Gelegenheit, hält Leib und Seele zusammen. Da hat Nonna Käthe ausnahmsweise recht.

Nach dem Essen geht Marielena gestärkt in ihr Hotel, um sich für den Abend mit Roberto aufzuputzen.

Medea

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