Читать книгу Mord im Glashaus - Ellis Brink - Страница 6
Paul ruft an
Оглавление" Na hör mal! Ich sagte meine Cousine - nicht meine
Verflossene!" Paul schnaubte gequält in den Hörer.
Cousine! Solche Cousinen hatte Karla bereits zur Genüge kennengelernt. Da blieb der Spaß durchaus in der Familie.
" Schau mal", Pauls Stimme quakte aus dem Hörer. Sein Durchhaltevermögen war wirklich erstaunlich.
" Ich weiß ja nicht, welche Herren du vor mir gekannt hast.
Wir spaßen da nicht. Bei uns ist die Cousine tatsächlich Teil der Familie."
Karla gackerte. Teil der Familie! Reizend! Welche Herren du gekannt hast! Respekt, Monsieur!
Ihre gemeinsamen Abenteuer im Gers waren nun schon einige Monate her. Den Herbst und Winter hatte Karla dann wirklich geruhsam mit ihren Freunden, zeitweilig mit ihrer Schwester und kulinarischen Köstlichkeiten verbracht, natürlich Paul eingeschlossen.
Dieses Jahr war es so schnell knackig kalt geworden, dass die letzten gefallenen Blätter frostig gefroren waren und klirrend zerbarsten, kaum, dass der Fuß sie berührte.
Dazu kamen die üblichen Dorffestlichkeiten und sehr löblich das Konzipieren von mehreren Unterrichtsreihen samt Arbeitsblättern, das alles hatte sie auf Trab gehalten. Ihre Schwester Karin und ihre Kollegin Mia waren zu Neujahr zu Besuch gekommen und sie alle hatten den Sylvesterabend - le réveillon de la Saint Sylvestre - traditionell als Familienfest bei den Berry verbracht: Also tatsächlich Familie und Freunde und Bekannte!
Statt Raclette und Raketen ein mehrstündiges Repas de fête, ein Festessen mit Entenleber, Champagner und Austern, den Spéziales de Claire, bis zum Abwinken.
Das Bassin d'Arcachon war ja nicht weit und seine Austern galten als überaus wohlschmeckend.
Weite Kiefernwälder, ausgedehnte menschenleere Strände und gewaltige Dünen. Die Düne von Pilat am Becken von Arcachon
war bekanntlich die größte Wanderdüne Europas und wurde alljährlich von zahllosen Touristen gestürmt.
Ben, c'est la vie! Vor dem Tourismus war halt niemand sicher. Und nun das Fest "en famille"!
Zwischen den einzelnen Gängen kreiste immer wieder mal ein Gläschen höher Geistiges zur besseren Verdauung. Die Stimmung war beschwingt und alle wollten sich schier ausschütten vor Lachen, wenn Guy-Claude, Pauls Vater, wieder einmal mit nur einer Flasche unter dem Arm für 15 Personen aus dem Keller auftauchte, die weißen Haare gesträubt, hochrote Flecken auf den Wangen, die Bewegungen behände, sehr behände.
Um Mitternacht öffnete er weit die Fenster, ließ die kalte stille Nacht ins warme Zimmer und unzählige "bonne année" erschallten.
Karin vermisste allerdings das Feuerwerk, das sie in Köln gerne und ausgiebig mit Freunden angeschaut hatte. Hier auf dem Land wollten die Bauern das ihren Tieren lieber ersparen.
" Sagen Sie, Karla ", meinte der liebe Guy-Claude vertrauensselig am frühen Morgen, als die Suche nach weiteren Flaschen längst an die jüngere Generation übertragen worden war, " mein Paul ist bei Ihnen doch in guten Händen, oder?"
Brüllendes Gelächter und ein hochroter Paul ließen Karla nur mühsam die Fassung bewahren.
" Mein Paul ist kein Junge für eine Nacht", fuhr der alte Berry fort und drückte eine Hand an die Brust, wo er sein
Herz vermutete. Ein Blick von links nach rechts und
gnadenlos führten ihn seine Söhne untergehakt aus dem Zimmer.
" Bonne nuit, papie!", gluckste Chloé, die brünette, zahnspangige Tochter von Pierre.
Dummer Scherz - so sollte man nicht auf sich aufmerksam machen. Abmarsch für Chloé!
Aber auch Abmarsch für Karla, Karin und Mia.
Die Übernachtungsmöglichkeiten bei den Berry waren mehr als ausgereizt.
" Um sechs Uhr trefft ihr keine Gendarmen mehr, Mädels. Und wenn doch, ist die Fahrerin über jegliche Frage nach Alkoholgenuss sehr empört und als Zugabe auch noch schwanger!"
Und nun dieser Anruf. Im Mai! Im Wonnemonat! Den Schrecken der Realität im Nacken, schließlich stiefelte das Sabbatjahr mit Siebenmeilenstiefeln seinem Ende entgegen, nervte jetzt Paul mit seiner Cousine.
Nun ja. Lavendel. Veilchen. Mittelmeer. Nizza und Cannes - aber eben auch Cousine. Zu viel Familie erträgt kein Mensch.
" Ich fange besser noch mal von vorne an." Das war wieder Paul, Autorität in der Stimme.
Seine geheimnisvollen Einsätze hatten sie in den letzten Wochen gehindert sich zu treffen. Langsam wurde es Zeit für ein Wiedersehen und auf jeden Fall für ein Einlenken von Karla.
Paul hatte schon Recht. Ein Urlaub für sie beide. Und wenn schon, sei es wie es sei, auch im Haus seiner Cousine.
" Hör zu, Dickkopf. Sabiene lebt in Vence, oberhalb von Nizza. Ihr Mann ist Elektriker und sie haben auf einem Hanggrundstück in Tourrettes sur Loup in den Alpes maritimes ein Grundstück geerbt und darauf ein weißes Haus mit einem traumhaften Blick auf die Küste gebaut.
Das vermieten sie als zusätzliche Einnahmequelle.
Ich habe Fotos gesehen, da legst du dich nieder: Blick, Blick, Blick von Antibes bis Monaco: für dich, für mich, für uns! Von der Terrasse - vom Pool, von jedem Zimmer! Na, sag was! "
Was sollte eine vernünftige, sachliche, intelligente Frau dazu schon sagen? Endlich wieder eine Zeit zusammen!
" Paul, Tourrettes sur Loup ist abgemacht. Lass uns über die Einzelheiten sprechen. Im Juni wäre es perfekt."