Читать книгу Auf Entdeckungsreise in Europa Band 2 - Else Scherhag - Страница 5

Die Camargue: Aigues Mortes und Les Saintes-Maries-de-la-Mer

Оглавление

Als wir wieder unten ankamen, waren wir auch wieder in der blühenden Frühlingslandschaft mit Kirschbäumen, die weiß von Blüten waren, aber noch mit dem Blick auf die schneebedeckten Bergkuppen. Als wir zurückfuhren, kamen wir an weiten Feldern von Lavendel vorbei, die zu dieser Jahreszeit noch nicht blühten. Wir dachten an den Sommer, als wir aus Spanien kamen und die Luft angefüllt war vom Duft des Lavendel; wir stiegen inmitten der Felder aus und standen unter einem von keinem Licht gestörten sternenflimmernden Nachthimmel. Es war die klare Luft vor einem Regen oder Gewitter, das uns einige Stunden später vor Lyon erreichte. Nun aber strahlte die Frühlingssonne, und die Felder wirkten eher kahl. Von unserer Straße herab konnten wir im Tal die Zisterzienserabtei Sénanque sehen. Sie lag inmitten von kleinen Feldern wie auf einem Tablett unter uns. Die Mönche dort unten hatten es sicher nicht leicht. Wir nahmen uns vor, die Abtei später noch zu besichtigen.

Zurück in unserer Bleibe waren Gäste mit Kindern und einem Hund angekommen. Es wurde gleich lebhaft und fröhlicher. Der Boxer mochte uns, nicht aber die beiden Hunde der Grets. So musste der Patron über Tag seine beiden Hunde am Waldrand einsperren, der Boxer musste dann bei seiner Familie bleiben, und die Kinder erzählten uns am nächsten Morgen, der Hund habe neben ihnen im Bett geschlafen wie ein Mensch. Die Eltern schauten etwas unbehaglich, sagten aber nichts. Da wir nicht direkt betroffen waren, mussten wir trotz dieser Vorstellung lachen.

Wir hatten schon vom Mont Ventoux in die weite Ebene geblickt, die sich bis zum Meer hinzieht, und die Camargue heißt. Wir hatten von den Salzseen gehört und von den Flamingos, die dort ihr rosa Gefieder durch den Genuss von Krabben wieder auffrischen, aber wir hatten nicht gewusst, dass die Landschaft so karg, so bedrohlich leer wirkt. Dann sieht man auf einmal die zinnen bewehrten Mauern von Aigues- Mortes, so genannt nach den „toten Wassern“ in ihrer Nähe. Die riesige Mauer mit ihren fünf Toren zieht sich an der ganzen Stadt entlang und ist völlig unversehrt, obwohl sie bereits 1240 von König Ludwig von Frankreich zum Schutz des Hafens und der Kreuzfahrer erbaut worden ist. Die Stadt liegt nicht am Meer, sondern ist mit einem Kanal durch die Lagunen mit ihm verbunden, wie damals, als die Kreuzfahrerschiffe durch den Kanal in den Hafen hinausschwammen. Leider wurden dann König Ludwig und sein Heer von den Türken geschlagen und der König musste sich freikaufen. 1270 versuchte er, wieder von Aigues Mortes, den siebten Kreuzzug zu starten. Dieses Mal wurde das ganze Heer von einer Seuche erfasst, und König „Ludwig der Heilige“ starb am 25. August. So hatte Aigues Mortes eine lange, bedeutende Geschichte, und wir wanderten über die ganze Mauer und sahen in der Ferne das Meer blinken.

Dann fuhren wir weiter, an schwarzen Stieren vorbei, die auf einer Weide grasten, bis zur Mündung der Rhône und „Les Saintes Maries de la Mer“: es handelt sich dabei um die Mutter Jesu, die Schwester des Lazarus und Maria Magdalena mit ihrer Tochter Sarah, die der Legende nach zusammen in die Camargue kamen und hier den Rest ihres Lebens zu verbringen. Der katholischen Kirche war die Idee peinlich, dass Maria Magdalena sich in Gesellschaft von Jesus’ Mutter aufhielt, noch dazu mit ihrem Kind, und hat deshalb Sarah als Dienerin ausgegeben Sarah ist die Schutzheilige der „Roma“- Zigeuner, die jedes Jahr im Mai hier ein großes Pilgertreffen veranstalten mit Prozessionen und Stierkämpfen.

Man sieht die Kirche schon von weitem, ist man aber am Gewirr der Straßen und Gässchen angekommen, wirkt sie viel kleiner. Sie ist eigentlich eine Wehrkirche, wie man sie im 12. Jahrhundert oft erbaut hat. Den Dachfirst umzieht ein Wehrgang mit Schachten, von wo aus man im Bedarfsfall Pech auf Feinde oder Räuber gießen konnte. Das Innere der Kirche ist ziemlich dunkel, weil es nur wenige Fenster gibt. Der wichtigste Raum ist die Krypta, wo sich neben einem alten heidnischen Altar und einem christlichen aus dem 3. Jahrhundert das Bild der schwarzen Sarah befindet. Oben auf dem Dach befindet sich ein Camargue-Kreuz, das aus einem Anker, einem Herzen und einem Kreuz besteht. Auf dem Vorplatz der Kirche wurden wir von zwei Zigeunerinnen bedrängt, die uns unbedingt aus der Hand lesen wollten. Ich trat dabei zurück in einen großen Hundehaufen, worüber sie sehr lachten und das als Glücksomen bezeichneten. Ich aber ärgerte mich über sie, was sie natürlich merkten und sich umso intensiver mit Gerd und Sabine befassten. Sabine trägt heute noch in ihrer Handtasche einen kleinen „Christophorus“ als Anstecknadel, den die Zigeunerin ihr als Schutzheiligen gegeben hat.

Nach der Besichtigung der Kirche und der Krypta wollten wir nur noch eine richtige Erholung hinter den Dünen am Meer. Wir kauften uns Getränke und Brötchen für ein Picknick ein und fuhren durch die Seenlandschaft an die Küste, mitten durch das Land der Stiere, Pferde und Hirten. Die Stiere hatten wir schon aus der Ferne weiden sehen, jetzt begegneten uns auch die weißen Pferde, die sicher von Araberpferden abstammen – und auch Flamingos, die in den Tümpeln nach Krabben suchten. Am Meer waren wir dann ganz allein in den Dünen mit Sand und Wellen. Es war schon spät, als wir wieder bei unserm guten Koch zum Abendessen erschienen. Es ging auf Ostern zu, und er fragte uns, ob wir an diesem Feiertag bei ihm essen wollten; natürlich wollten wir – und wir haben das nie bereut: es war ein phantastisches Menu mit Vorspeise, provenzalischen Spezialitäten, natürlich mit Salat und einem Nachtisch aus Früchten und Eis. Nur angesagte Gäste waren da, und wir kamen uns ganz bevorzugt vor.

Auf Entdeckungsreise in Europa Band 2

Подняться наверх