Читать книгу Auf Entdeckungsreise in Europa Band 2 - Else Scherhag - Страница 9

Die Kreuzfahrt ins östliche Mittelmeer Aufbruch nach Athen

Оглавление

Am zweiten April starteten wir mit Sabine und Gertrud Gresik unsere gemeinsame Kreuzfahrt durchs östliche Mittelmeer. Der ADAC hatte mit der „Iwan Franco“ ein Schiff der russischen Schwarzmeerflotte gechartert, mit einer begrenzten Teilnehmerzahl und einem günstigen Preis. Es war für uns das abenteuerlichste Unternehmen in unserm Leben, und wir waren voller gespannter Erwartung. Das Schiff wartete in Genua auf uns, und so hatten wir noch eine längere Anfahrt mit dem eigenen Auto vor uns, die wir aber auch genießen wollten. Gerd und Sabine wechselten sich am Steuer ab, und obwohl wir in der Schweiz schon einige Stunden unterwegs waren, war keiner von uns müde, als wir am Fuße des Sankt Gotthard ankamen. Da das Wetter strahlend schön war, wollten wir nicht durch den 16 Kilometer langen Tunnel fahren, sondern beschlossen, den Pass zu nehmen. Wir waren dann ganz angenehm überrascht, wie gut ausgebaut die Straße war, die kaum Autoverkehr hatte. Es gab immer wieder schöne Aussichtspunkte und oben einen Gebirgssee mit einem Hospiz. Die Bergkuppen wirkten ziemlich kahl, aber die Luft hier in 2000 Metern Höhe war so leicht zu atmen, dass wir eine Weile ausstiegen. Bis Airolo ging es nur noch abwärts, und nun war es nicht mehr weit zum Lago Maggiore.

Es ist, als käme man in eine andere Welt; schon auf der Promenade von Ascona empfängt einen der Süden: Palmenbäume, Betunienkübel, Tische im Freien und ein unbeschreiblicher Duft nach Kamelien, Oleander und Mimosen. Wir fuhren von hier unmittelbar am Ufer des Sees weiter, zur Linken immer die sonnenüberflutete Fläche des Wassers, zur Rechten die blühenden Terrassen und Gärten zwischen farbenfrohen Villen in Italienisch offener Bauweise. Nur in den Ortschaften musste man aufpassen: da die Häuser aus Platzmangel bis nahe an die Straße gebaut waren, wurde es eng. So durfte man am See vorbei nur 60 Stundenkilometer fahren.

Bis Brissago gehört der See zur Schweiz, aber dann ist man ganz in Italien. Wir wollten in Verbania übernachten, einem Städtchen mit großer Kirche, Geschäften, Restaurants und vielen Hotels. Die Berge weichen hier zurück, sodass ein weites Tal entsteht mit Grünanlagen, Uferpromenade und einem schönen, botanischen Garten. Wir hatten ein Hotel an der Uferstraße ausgesucht und ließen Gertrud Gresik verhandeln, die in fließendem Italienisch Zimmer für uns bestellen wollte – aber: „leider alle Betten belegt, eine Schulklasse, verstehen Sie! – aber Sie können zum gleichen Preis Zimmer im „Majestic“ gegenüber haben; wir telefonieren.“ Und so kam es, dass wir im 4-Sterne Hotel zwei Riesenzimmer mit Terrasse und Ausblick auf die Borromaeischen Inseln bekamen. Von unserm Balkon konnten wir den südlichen Teil des Lago Maggiore mit der Isola Bella, der Isola Madre und der Isola Pescatori übersehen, was in uns den Wunsch wachrief, das alles einmal per Schiff zu erkunden – und das haben wir auch später in die Tat umgesetzt. Jetzt hatten wir nur noch die Zeit, über den reizvollen Uferweg zu spazieren, der gleich bei unserm Hotel begann. Wir würden wiederkommen, wenn auch nicht in diesen Hotelpalast mit dem Flair vergangener Zeiten.

Am Morgen setzten wir unsere Fahrt nach Genua fort; auf der Autobahn über Novarra brauchten wir nicht viel mehr als eine Stunde, und in der Stadt war der Weg zum Hafen gut ausgeschildert. Wir konnten das „Krokodil“ für die Dauer unserer Kreuzfahrt in der Columbia Garage lassen, ganz in der Nähe des Ankerplatzes der „Iwan Franco“. Mit Mänteln und Kamera bepackt, entdeckten wir eine kleine Cafeteria mit Terrasse, wo wir uns mit Kaffee und Kuchen stärken konnten. Danach marschierten wir zufrieden zum Pier, wo wir allerdings bis zur Einschiffung noch etwas warten mussten. Da sagte Gerd auf einmal: „Wo ist meine Kamera?“ – und uns wurde bewusst, dass sie nur in der Cafeteria sein konnte. Als Gerd im Laufschritt wieder dort ankam, wollten die Angestellten gerade das Café verlassen. Auf Gerds Frage taten sie ganz verständnislos: „Camera? Wir nix camera, nur essen!“ Da drohte Gerd mit der Polizia und schon änderte sich die Sachlage: die jungen Leute brachten eine eingepackte „Torte“, die sich als Gerds vermisste Kamera entpuppte. Sie bekamen einen 10-DM-Schein und schieden mit strahlenden Gesichtern.

Wir waren aber doch sehr erleichtert, als wir Gerd wieder mit der Kamera auftauchen sahen. Während dann Gerd und Gertrud im Warteraum beim Gepäck blieben, machten Sabine und ich noch einen Erkundungs- und Bewegungsgang auf der sonnenbeschienenen Kaimauer, an der auch die „Iwan Franco“ und deren Schwesterschiff, die „Odessa“ ankerten. Der schwarze Bug der Schiffe ragte hoch über uns auf, und mit seiner Länge von 176 Metern kam uns das Schiff riesig vor. Bei einer Besichtigung am nächsten Tag erfuhren wir, dass bis zu 650 Passagiere Platz darauf haben, und 250 Angestellte für unser Wohl sorgten. Wichtig auf diesem Schiff war, dass alle Passagiere in einer Einheitsklasse geführt wurden, und nur die Lage der 273 Kabinen auf 10 Decks unterschiedlich war. Noch lag „die Heimat für 16 Tage“ unberührt am Hafen, und wir hatten die Möglichkeit, einen Blick auf die Stadt zu werfen, deren Häusermeer sich neben uns auftürmte. Wir haben erst bei einem späteren Besuch die zahlreichen Palazzi der Dorias und Dogen kennengelernt. Jetzt sahen wir nur den am Hafen liegenden „Palazzo San Giorgio“ aus dem 13. Jahrhundert, in dem eine Bank für Wechselgeschäfte untergebracht war. Sonst erstreckte sich die Stadt über viele Kilometer an der Adria entlang; sie ist ja schließlich der größte Industriehafen Italiens.

Als wir zu Gerd und Gertrud zurückkehrten, war es Zeit zum Einschiffen. Wir bekamen eine Viererkabine kurz über der Wasserlinie, sodass bei Wellengang das Wasser über unser Bullauge schäumte. Wir hatten je zwei Doppelbetten übereinander, Frau Gresik und ich schliefen unten, Sabine und Gerd oben. Vor dem Bullauge befand sich noch ein Tisch und Sitzgelegenheiten, alles fest verschraubt. Die Duschen und WCs lagen außerhalb der Kabine und waren für mehrere Kabinen gedacht. Wir kamen aber mit allem gut zurecht. Es gab für alle Passagiere im Restaurant dasselbe Essen, das uns immer schmeckte und immer ausreichend war.

Um 20 Uhr legten wir in Genua ab, und es folgten zwei erholsame Tage auf See bei strahlendem Wetter und wir sahen Delphine, die unser Schiff ein Stück begleiteten und spektakuläre Luftsprünge vorführten. Am Abend gab es eine beeindruckende Vorführung mit Tanz und Akrobatik des Bordpersonals. Es war ein Galaabend, und Sabine und ich hatten unsere für eine solche Gelegenheit angeschafften Kleider angezogen. Der Kapitän stand am Eingang des Saales und begrüßte die Passagiere. Als er Sabine sah, winkte er einem Photographen – das Ergebnis kann man heute noch im Album bewundern. Wir waren an diesem Abend begeistert von den Darbietungen der jungen Russen, besonders von den hübschen Mädchen und hörten dann, dass sie alle keine Profis waren, sondern im wesentlichen Studenten, die hier einen Ferienjob machten.

Alle Abende an Bord waren mit Unterhaltung der Passagiere ausgefüllt, aber wir konnten auch in einem anderen Raum mit Frau Gresik Schach spielen oder lesen, schreiben oder uns in Ruhe unterhalten. Auch am Nachmittag gab es Kultur in Form von Musik oder Gedichten. Wir genossen es auch, an Bord Shuffleboard zu spielen. Die Scheiben, die in bestimmte Felder gestoßen wurden, waren so schwer, dass sie auch einen gewissen Seegang überstanden. Andere Passagiere übten sich im Tontaubenschießen. An einem Abend, als es schon dunkel war, durchfuhren wir die Straße von Messina, wobei wir auf der linken Seite die Lichter vom italienischen Festland, auf der anderen die Lichter von Sizilien sahen.

Unser erstes Ziel war der Hafen von Pyraeus, wo wir von morgens acht Uhr bis abends um 19 Uhr Ausgang hatten. Da wir uns in Athen ja schon auskannten, machten wir uns ohne Führung auf den Weg. Wir wollten uns vor allem das archäologische Museum ansehen, wo aber auch eine Abteilung der früheren Kulturen, in Mykene zum Beispiel, zu sehen ist. Besonders beeindruckend sind die goldenen Gesichtsmasken der Könige und der kleine Reiter; aber wir hatten auch noch Zeit für die Innenstadt mit der alten Agora, wovon man nur die Grundmauern von Rathaus und den Tempeln sehen kann, abgesehen vom Theseion, der nun der besterhaltene Tempel der Welt ist, nachdem er lange Zeit als christliche Kirche benutzt wurde. Ein umlaufender Fries berichtet von den Heldentaten des Herakles und des Theseus (daher Theseion); der Tempel wurde aber im 5. Jahrhundert vor Christus zu Ehren des Hephaistos errichtet. Am Rande der Agora steht noch eine kleine Kapelle (Metropolis), in der ein Christuskopf von der Decke herabblickt.

Wir stiegen auch auf die Akropolis, wo uns der große Parthenontempel, der unter Pericles (480-431) erbaut wurde, wieder in Bewunderung versetzte. Wir dachten daran, wie wir mit Bruder Hans vor 4 Jahren im Mondschein auf einer zerbrochenen Säule saßen und eine verzauberte Stunde lang im Anblick des Tempels die Zeit vergaßen. Wir stellten uns vor, wie auf dem Gipfel des Hügels die riesigen Bronzestatue der Göttin Athena aufragte, sodass die Seeleute, die am Cap Sounion vorbeifuhren, die Spitze ihres Speeres in der Sonne leuchten sahen. Später wanderten wir noch um das Theater des Herodes Atticus herum, das im 2. Jahrhundert nach Christus erbaut wurde und in dem immer noch in jedem Sommer die Athener Festspiele stattfinden.

Es war ein wunderschöner Tag, und wir mussten uns beeilen, um 19 Uhr wieder an Bord zu sein. Es gab eine Bahn, die uns von Athen nach Piräus zurückbrachte, und wir hatten alle eine Fahrkarte, die bei unserer Ankunft abgeknipst wurde. Da entstand auf einmal ein kleiner Stau, weil eine Dame keine Fahrkarte hatte und ungeniert auf Gerd deutete, der keine Ahnung hatte. Es war unsere Gertrud, die ihre Fahrkarte bereits entsorgt hatte. Zum Glück hatte der Beamte Humor, und wir konnten gemeinsam unser Schiff erreichen.

Auf Entdeckungsreise in Europa Band 2

Подняться наверх