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Geht es um Ihren eigenen Willen oder um den Willen Gottes?

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In der Gemeinde, in der ich als Pastor angestellt war, gab es eine Zeremonie, die als „Kinder-Weihe“ bezeichnet wurde. Eltern hatten die Möglichkeit, ihre Kinder öffentlich dem Herrn zu „weihen“, so wie Samuels Mutter Hannah oder auch Maria und Josef es getan hatten (vgl. 1.Samuel 1,28; Lukas 2,22). Als ich mich mit einem der Elternpaare zu einem vertraulichen Gespräch traf, bekam ich den Impuls, sie zu fragen: „Warum möchten Sie Ihr Kind dem Herrn weihen?“ Sie antworteten, sie wollten dies tun, damit Gott ihr Kind vor Unheil bewahren möge. Diese Antwort erregte meine Neugier und so hakte ich nach: „Habe ich Sie richtig verstanden? Sie tun das, weil Sie glauben, wenn Ihr Kind Gott geweiht ist, habe er quasi die Verpflichtung, es vor allem Bösen zu behüten?“ Überraschenderweise antworteten sie mit „Ja!“.

„Nun, so funktioniert das nicht“, erklärte ich ihnen. „Eigentlich müssten wir diese Zeremonie eher als Eltern-Weihe bezeichnen. Denn Sie verpflichten sich, Ihr Kind so großzuziehen, wie es Jesus Christus entspricht, egal ob Ihr Kind darauf mit Akzeptanz oder Ablehnung reagiert. Die Wahrheit ist: Sie haben nur auf Ihre Erziehung einen Einfluss; Sie haben keinen Einfluss darauf, was einmal aus Ihrem Kind wird. Als Eltern haben wir die Aufgabe, unseren Kindern beizubringen, dass Leid und Böses ein Teil der Wirklichkeit sind, mit dem wir so umgehen sollen, wie Gott es will. Ja, wir sollten um den Schutz Gottes für unsere Kinder bitten, aber ein solches Gebet ist keine Garantie, gegen alle Folgen des Bösen gefeit zu sein. Das ist keine Versicherungspolice.“

Was die Eltern als Nächstes sagten, überraschte mich: „Wenn Gott unser Kind nicht beschützt, dann werden wir das mit der Weihe nicht machen.“

Was war mit diesen Eltern los?

Sie hatten den Sinn dieser Weihezeremonie ins Gegenteil verkehrt. Sie dachten, Gott wäre verpflichtet, ihre Wünsche zu erfüllen, wenn sie ihm ihr Kind weihten. Es ging ihnen nicht darum, Gottes Willen zu tun, indem sie ihr Kind so großzogen, wie Gott es von ihnen wollte. Sie wollten, dass Gott ihren Willen tat – und zu diesem Willen gehörte, dass Gott ihr Kind von üblen Dingen wie Drogen, falschen Freunden und anderen Versuchungen fernzuhalten hatte. Im Grunde beteten sie: „Nicht dein Wille, sondern unser Wille geschehe.“

Diesen Eltern war aber nicht bewusst, wie manipulativ sie sich verhielten, weil ihnen ihr Kind so viel bedeutete und sie sich mit ihrem Anliegen ja schließlich an Gott wandten. Was sollte daran falsch sein? Doch Gott ist heilig und gerecht. Er ist kein alter Mann mit Bart, der dafür da ist, unsere Wünsche zu erfüllen. Gott lässt sich nicht manipulieren, nur weil wir uns um unsere Kinder sorgen und für ihre Sicherheit beten. Jakobus hat es klar ausgedrückt: „Ihr verfolgt üble Absichten“ (Jakobus 4,3).

Das klingt zunächst einmal hart, aber es ist Jakobus sehr wichtig, dass wir unsere Motive klären. Wenn wir es nicht tun, werden wir irgendwann enttäuscht und ablehnend reagieren, weil Gott nicht das macht, was wir uns wünschen. Denn wir werden zu der Überzeugung kommen, dass wir offenbar verantwortungsbewusster sind als Gott, dem das alles egal zu sein scheint. Stellen wir uns vor, diese Eltern hätten ihr Kind mit dieser Haltung dem Herrn geweiht. Wie würden sie wohl reagieren, wenn ihr Kind als Jugendlicher eine schlechte Entscheidung nach der anderen fällen würde, sodass es ihnen vor Schmerz das Herz zerreißen würde? Würden diese Eltern die Schuld nicht möglicherweise bei Gott suchen, der seinen Teil der Abmachung offenbar nicht eingehalten hat?

Es ist traurig, aber wir erleben immer wieder, dass sich Menschen aus genau diesem Grund von Gott abwenden. Sie kommen an den Punkt, wo Gott nicht so handelt, wie sie es erwartet haben. Sie sind enttäuscht und geben Gott die Schuld dafür, anstatt zu erkennen, wie unrein ihre Motive und wie unbiblisch ihr Denken war. Sie kommen zu dem Schluss, dass es Gott wohl leider sowohl an der Liebe als auch an der Macht fehlt, die sie ihm für ihre Zwecke zugetraut hatten. Schlussendlich lehnen sie Gott verbittert ab, weil es in ihrer Theologie für Schwierigkeiten und Leid und letztendlich auch für das Kreuz keinen Platz gibt.

Das bedeutet nicht, dass wir nicht um Schutz für unsere Kinder beten sollen. Wir müssen um Gottes Schutz beten. Jakobus sagt auch, dass wir nichts empfangen, weil wir gar nicht bitten (Jakobus 4,2). Wir müssen bitten. Doch wenn wir ins Gebet gehen, sollen wir in dem Bewusstsein bitten, dass jedes Gebet mit den Worten abschließt: „Nicht mein Wille geschehe, sondern dein Wille.“ Unsere innere Haltung soll, wie Jakobus es ausdrückt, lauten: „Wenn der Herr will, …“ (Jakobus 4,15). Wir vertrauen darauf, dass Gott alle Zusammenhänge im Blick behält.

Wir müssen uns bewusst machen, dass wir in einer gefallenen Welt leben. Menschen werden an uns schuldig. Wir werden schuldig. Unsere Kinder werden schuldig. Weil die Sünde in die Welt gekommen ist, wartet der physische Tod auf uns. An diesem biblischen Sachverhalt wird keines unserer Gebete etwas ändern (vgl. Römer 5,12). Selbst Lazarus ist schließlich gestorben, obwohl er zuvor von Gott auferweckt wurde. Gott wird uns nicht vor dem Sterben bewahren.

Und so müssen wir ehrlich zu uns sein, wenn wir um Schutz für unsere Kinder bitten. Wir müssen uns fragen, warum wir beten. Geschieht es mit der Haltung: „Gott, du bist dafür verantwortlich, dass meinem Kind nichts Böses widerfährt.“? Wenn das der Fall ist, so beten wir als Diktatoren und nicht mit Demut. Wir dürfen niemals sagen, Gott habe die Verpflichtung, unsere Kinder vor Versuchungen und Leid zu bewahren. Wir müssen unseren Kindern vielmehr erklären, dass es Versuchungen und Leid in dieser Welt gibt, und ihnen vorleben, wie man Schweres ertragen und Versuchungen widerstehen kann. Das bedeutet, dass wir uns als Eltern Gott weihen; und das können wir im persönlichen Gebet mit Fug und Recht tun.

Kann man sich selektiv auf einzelne Verheißungen fixieren und andere Teile der Bibel außen vor lassen?

Eine Frau betete für die Geburt ihres ersten Enkelkindes. Kurz nach der Entbindung starb das Baby. Die Frau, die nur für ein paar Minuten Großmutter gewesen war, erzählte anschließend nicht nur von ihrem Schmerz, sondern auch davon, wie enttäuscht sie von Gott und seinen Verheißungen war. Sie besaß eine Box mit Bibelversen und hatte diese Verheißungen in Bittgebete um Schutz, Gesundheit und Freude für das ersehnte Baby verwandelt. An sich war das eine gute Sache – bis zu dem Moment, an dem ihr das Gegenteil widerfuhr. Da verschloss sie sich für Gott. Später gestand sie ein, dass sie nur angenehme Verheißungen aus der Bibel herausgesucht hatte. Die Verse, die vom unerklärbaren Leid der Gerechten sprachen, hatte sie überblättert. Demütig bekannte sie, dass sie die vielen Stellen außer Acht gelassen hatte, die uns davon berichten, dass auch guten Menschen Schlechtes widerfährt – darunter auch Stellen, in denen es um den Verlust geliebter Menschen ging. Sie hatte ausgeblendet, dass nicht alle Menschen, die Gott nachfolgen, jederzeit den Segen der göttlichen Verheißungen erfahren.

Der spezifische Wille Gottes für jeden einzelnen Menschen wird von Gottes universalem Willen für alle Menschen regiert. Wenn wir an Jesus Christus glauben, kann das zu Verfolgung, Leid und sogar zum Tod führen.

Es ist traurig, wenn Menschen nicht auf die vielen Passagen der Bibel achten, die nicht in ihre bevorzugte Lebensgeschichte hineinpassen.

Meine Frau Sarah und ich erinnern uns noch lebhaft daran, wie meine (inzwischen verstorbene) Tante mich Anfang der Siebzigerjahre aufs Schärfste verurteilte. Ich wollte ihr Sarah vorstellen, also fuhren wir auf einen Besuch zu ihr. Ich war erst kurz davor zum Glauben gekommen und erzählte meiner Tante, die Lehrerin war, dass ich vorhatte, Pastor zu werden. Während ich ihr von meinen Plänen berichtete, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck sichtbar, und sie blickte mich geradezu verächtlich an. Ich war so irritiert, dass ich sie fragte, ob ich sie irgendwie verärgert hätte. Mit einer Feindseligkeit, die ich so an meiner Tante noch nie erlebt hatte, verurteilte sie meine Entscheidung, Pastor zu werden. Ich war von ihrer für sie ungewöhnlichen Haltung vor den Kopf gestoßen und fragte: „Warum bist du darüber so verärgert?“

Wutschnaubend antwortete sie: „Du verschwendest deinen Verstand. Du solltest Anwalt werden.“

Ich erwiderte: „Ich will kein Anwalt werden.“ Einige Sekunden saß ich ihr gegenüber, dann wurde mir klar, dass ihre Reaktion nichts damit zu tun hatte, dass ich Pastor werden wollte. Also fragte ich: „Um was geht es hier eigentlich?“

Für Sarah und mich völlig überraschend stieß sie hervor: „Als ich ein kleines Kind war, habe ich Gott um ein Fahrrad gebeten. Der Pfarrer hatte uns gesagt, dass Gott uns geben würde, worum wir ihn bitten, wenn wir ihn nur ernsthaft bitten und von Herzen glauben. Ich betete und betete und betete – aber mein Fahrrad bekam ich nie! Das war der Punkt, an dem ich entschied, dass ich niemals an Gott glauben würde.“

Obwohl das der kindischste Satz war, den ich je aus dem Mund eines Erwachsenen vernommen habe, konnte ich ihre Enttäuschung teilweise verstehen. Jedes Kind muss sich mit dem Glauben auseinandersetzen, und jeder Erwachsene damit, wie es ist, wenn wir Gott um etwas bitten. Jeder Mensch muss sich einen Reim darauf machen, was die Bibel uns über das Bitten und Empfangen sagt. Viele haben die Worte Jesu gehört: „Bittet Gott, und er wird euch geben! Sucht, und ihr werdet finden! Klopft an, und euch wird die Tür geöffnet! Denn wer bittet, der bekommt. Wer sucht, der findet. Und wer anklopft, dem wird geöffnet“ (Matthäus 7,7–8).

Gottes Wille für dein Leben

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