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Hat der Mensch gewordene Jesus immer bekommen, worum er gebeten hatte?
ОглавлениеEinen Teil der Antwort finden wir, wenn wir auch andere Teile der Schrift anschauen und in ihrem Licht die Bibelstellen interpretieren, die uns sagen, dass wir bitten dürfen und empfangen werden. Meine Tante hätte nicht aufhören sollen, in der Bibel zu lesen. Jeder Bibeltext steht in einem größeren Zusammenhang. Theologen sagen uns: „Wenn du nicht weißt, wie du eine bestimmte biblische Passage deuten sollst, lies weiter.“ Meine Tante hätte zum Beispiel die Geschichte von Jesus im Garten Gethsemane lesen sollen. Dort erfahren wir, wie er den Vater um etwas bittet und es nicht empfängt. Und wenn es irgendjemanden gab, der einen vollkommenen Glauben hatte, dann doch wohl Jesus! Leider verschloss sich meine Tante als junges Mädchen und hörte auf, in der Bibel zu lesen. Sie ließ zu, dass eine negative Erfahrung ihr lebenslang den Glauben raubte. Und hätte sie den Jakobusbrief gelesen, wo wir ermahnt werden, aus den richtigen Motiven heraus zu bitten, so hätte sie vielleicht anders gebetet.
Was das unbeantwortet gebliebene Gebet von Jesus angeht, so ist das schon erstaunlich: Jesus war vollkommen. Der vollkommene Sohn Gottes betete also drei Mal und erhielt trotzdem nicht, worum er gebeten hatte. In Matthäus 26,44 lesen wir, dass er „zum dritten Mal“ betete. Im Lukasevangelium lesen wir, worum Jesus bat: „Vater, wenn es dein Wille ist, dann lass diesen bitteren Kelch des Leidens an mir vorübergehen“ (Lukas 22,42). Wir lesen, dass er drei Mal um einen Ausweg bat, um der brutalen Kreuzigung zu entgehen. In seiner Menschlichkeit erkannte er, welche unsagbaren Schmerzen ihn erwarteten. Doch der himmlische Vater erhörte diese spezifische Bitte nicht – um des größeren Gesamtbildes willen. Und darum hören wir Jesus auch beten: „Aber nicht was ich will, sondern was du willst, soll geschehen.“ Der Wille seines Vaters entkräftete die persönliche Bitte, die Jesus in seiner Menschlichkeit an den Vater gerichtet hatte.
Auch wenn Sie nicht ans Kreuz gehen werden wie Jesus, kann es sein, dass Sie den vierfachen Willen Gottes in Ihrem Leben umsetzen, Gott im Gebet um etwas bitten und es dennoch nicht empfangen. Das bedeutet nicht, dass Sie seine Gebote nicht erfüllen oder er sich nicht an Ihrem Lebenswandel freut. Es bedeutet auch nicht, dass Gott so etwas wie ein kosmischer Spielverderber wäre, der Freude daran hat, unser Leben zu zerstören, indem er uns erst sagt, wir sollen ihm vertrauen, nur um uns dann den Boden unter den Füßen wegzureißen. Es bedeutet, dass Ihr Vater im Himmel das Gesamtbild im Blick hat und aus seiner Allwissenheit heraus handelt.
Nur wer ein Skeptiker oder ein Spötter ist, wird sagen, Gott drücke sich um sein Versprechen. Solche Menschen argumentieren gerne, das Gebet sei sinnlos, weil ohnehin geschehen werde, was nun mal geschieht. Sie behaupten, Christen beruhigen sich mit dem Irrglauben, das Unheil, das ihnen widerfahre, sei Teil von Gottes gutem Plan. In ihren Augen müsste eigentlich jeder halbwegs vernünftige Mensch einen solchen Märchenglauben ablehnen. Jeder von uns muss eine Entscheidung treffen, welcher Weltanschauung er folgen will. Ich bevorzuge die von Jesus! Jesus sagt uns, dass der Vater für uns da ist. Wir bedeuten ihm etwas, und er möchte, dass wir ihn bitten und ihm vertrauen. Der Jünger, den Jesus lieb hatte, der Apostel Johannes, schreibt in seinem ersten Brief: „Deshalb dürfen wir uns auch darauf verlassen, dass Gott unser Beten erhört, wenn wir ihn um etwas bitten, was seinem Willen entspricht. Und weil wir wissen, dass Gott all unsere Gebete hört, dürfen wir sicher sein, dass er uns gibt, worum wir ihn bitten. Es ist, als hätten wir es schon erhalten“ (1. Johannes 5,14–15).
Ich habe mich entschieden, dieser Weltanschauung zu vertrauen. Johannes ist sich sicher, dass wir zuversichtlich sein dürfen, dass Gott sehr real und gegenwärtig ist und uns zuhört.
Wird Gott unsere Bitten immer erfüllen? Johannes nennt einen Vorbehalt, nämlich dass unsere Bitte „seinem Willen entspricht“. Und wieder gilt: Gott sieht das Gesamtbild, und der Vater weiß es am besten!
Die meisten von uns haben es vermutlich schon gehört: Gott ist Gott, wir sind es nicht. Doch wenn er nicht antwortet, heißt das nicht, dass es uns an Glauben mangelt oder dass wir ihm gleichgültig wären. Wir bedeuten ihm viel und wir besitzen genügend Glauben, doch in diesem Fall entspricht unsere Bitte nicht seinem Willen und den Zielen seines Gottesreiches.
Eines ist sicher: Wir dürfen nicht behaupten, Gebet sei sinnlos. Schon die Propheten haben gebetet. Die Apostel im ersten Jahrhundert haben gebetet. Der Herr selbst hat gebetet und uns aufgetragen zu beten; und er ist auch ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass wir beten werden (vgl. Matthäus 6,9; Lukas 11,1–2). Wenn Gott also vermeintlich auf unsere Bitten hin schweigt, dann sollten wir seinem umfassenden Überblick über alle Dinge und Zeiten hinweg vertrauen.