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Die Emaildetektive
ОглавлениеWährend des Unterrichts am nächsten Morgen erinnerte sich Philip an den angstvollen Augenblick des vergangenen Abends, als sein Vater den Telefonhörer in die Hand genommen hatte, seinen Namen nannte und von einer Frau entschuldigend vernahm, sie habe sich - Chang! - leider verwählt. Philip war sich fast sicher: Der Anruf stammte von Dirks Mutter. Hatte das Chang ihn gerettet?
Immer, wenn er den roten Knopf in seiner Tasche drückte, passierte etwas an diesem Morgen.
Die gestohlene Geldbörse von Vivian befand sich merkwürdigerweise in der Manteltasche von Herrn Vahle, der fassungslos und mit rotem Kopf Rechtfertigungen stammelte. Der Hausmeister, Herr Krieger, brach im Heizungskeller den Innengriff der Tür ab, weshalb er für Stunden als vermisst galt, bis Frau Riegel ihn zufällig klopfen und um Hilfe brüllen hörte. In den Kakaokästen standen während der Pause keine Kakaotüten für die Schüler bereit, sondern Bierflaschen, was Herrn Rabauke veranlasste, ein ernstes Wörtchen mit der Zulieferfirma am Telefon zu führen. Frau Laub gab ihrer Klasse Hitzefrei, während Herr Denzer bei einer Mathematikarbeit die Ergebnisse zur Verwunderung aller Jungen und Mädchen an die Tafel schrieb. Auf dem Dach der Schule, neben dem qualmenden Schornstein, saß sabbernd und glotzend der Mann mit dem wurmzerfressenen Gesicht. War er über alles im Bilde? Was führte er im Schilde?
Die Ereignisse überschlugen sich und die Welt stand Kopf. Oder stellte Philip sich all dies nur im Geiste vor?
Philip beschloss, künftig behutsamer mit dem Chang umzugehen, denn es lag ihm daran, sein Geheimnis nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Jede Veränderung in seinem Leben sollte wohl überlegt sein.
Auf dem Nachhauseweg von der Schule geriet sein Entschluss ins Wanken, als er an Dirks Schwester dachte, die er noch nie gesehen hatte. Er wollte das Gespräch auf Donna lenken und merkte im gleichen Moment, wie sein Zeigefinger in der Dunkelheit der Hosentasche auf den Knopf drückte.
Chang!
»Meine Schwester will einen Club gründen«, sagte Dirk in der Weserstraße plötzlich. »Ich soll dich fragen ob du mitmachen willst.«
»Wieso ich?«
»Warum nicht? Ich habe ihr von dir und von dem wurmzerfressenen Haus erzählt.«
»Was soll das für ein Club sein?«
»Was weiß ich. Ein Geheimclub oder so. Die Emaildetektive.«
»Machst du denn auch mit?«
»Ich? Nee. Nicht, wenn meine Schwester dabei ist.«
»Ist sie denn so schlimm?«
»Schlimmer. Setzt ihren Kopf immer durch. Will später mal Balletttänzerin werden. Meine Eltern haben versucht, ihr das auszureden. Aber sie lässt sich nichts sagen. Ist eben sturköpfig. - Sie hat mich nach deiner Emailadresse gefragt.«
»Hast du sie ihr gegeben?«
»Noch nicht. Soll ich?«
»Wie sieht Donna denn aus?« Es war eine sehr gewichtige Frage.
»Ungefähr so wie ich.«
»Hm. Kannst ihr sagen, ich bin schon verabredet.«
»Sehen wir uns heute?«
»Ja. Aber ich habe vorher noch einen anderen Termin.«
»Beim Seelenklempner?«, fragte Dirk.
»Nein, beim Zahnarzt«, antwortete Philip.