Читать книгу Frau mit rotem Hut - Erich Hübener - Страница 5
Von: Flughafenpolizei Arrecife
An: Polizeistation Haria
Betreff: Amtshilfeersuchen zwecks Überprüfung einer
Person
Haben soeben einen deutschen Fluggast
kontrolliert – nennt sich Sebastian Sommer,
ist nach Mala gefahren, bitte observieren.
Antwort: Wir kümmern uns darum.
Winner bog beim Restaurant „Don Quijote“ rechts ab und folgte der Straße, so wie sein Freund Jan de Fries es ihm beschrieben hatte. Und schon nach wenigen Minuten erreichte er das Haus, das zu der Beschreibung passte. Er klingelt an der Tür des Nachbarhauses. Eine Frau mittleren Alters und typisch spanischem Aussehen öffnete und sagte: „Ach ja, Sie sind wohl Herr Sommer aus Deutschland. Jan hat mir angerufen und chesacht, dass Sie koomen. Hier ist die Schlüssel und wenn Sie etwas brauchen, koomen Sie einfach ßu mich.“
Winner war froh, dass die Frau Deutsch sprach, wenn auch mit deutlich holländischem Akzent. Na, wen wundert‘s.
Winner fand das Haus gleich sehr sympathisch. Neben einem kleinen Flur war gleich links die Küche, gegenüber Bad und WC und geradeaus kam man ins Wohnzimmer und hinten links zum Schlafzimmer. Das Wohnzimmer war recht groß und hatte auf der Südseite eine Glasfront mit einer Tür, die direkt auf die angrenzende Terrasse führte. Im gesamten Haus gab es keine Gardinen. Das war zwar ungewohnt, aber Winner wusste, dass es typisch holländisch war. Denn von seinen Besuchen in Holland erinnerte er sich daran, dass es dort kaum Gardinen gab, und wenn doch, dann nur halbhohe. Meist konnte man vom Bürgersteig aus durch das ganze Haus hindurchsehen.
Neben dem Haus gab es einen kleinen Anbau, den man wohl als Garage hätte nutzen können. Aber er war leer, bis auf ein Fahrrad, das einsam an der Wand lehnte. Das kam Winner gerade recht, denn er fuhr gerne mit dem Rad, auch wenn er sich hier ein wenig vor den bergigen Straßen fürchtete. Er machte sich gleich auf den Weg und fuhr nach Guatiza, dem Nachbarort, in dem er an der Straße einen „Supermarkt“ gesehen hatte.
Als er dort ankam stellte er fest, dass die Bezeichnung „Supermercado“ wohl ein bisschen übertrieben war. Aber das Angebot war überraschend reichhaltig und man konnte dort so ziemlich alles kaufen, was man zum täglich Leben brauchte: Brot, Gemüse, diverse Konserven, Butter oder Margarine, Käse, Getränke aller Art, vor allem Wasser – denn das Leitungswasser auf Lanzarote war nicht zum Verzehr geeignet - Tiefkühlkost in einer Gefriertruhe und sogar eine Frischfleischtheke mit diversen Fleisch- und Wurstwaren.
Winner kaufte erst einmal alles, was er zum Frühstück brauchte: Kaffee, frische Brötchen, Marmelade und Milch. Dann überlegte er, was er in den nächsten Tagen kochen wollte, denn er war ein leidenschaftlicher Hobbykoch und hatte ja in seiner Ferienwohnung eine komplett eingerichtete Küche. Warum also nicht? Aber das Gemüse gefiel ihm gar nicht: Die Paprika waren schrumpelig, der Salat welk und die Tomaten überreif. Darum fragte er den Verkäufer, wann es frisches Gemüse gäbe. „Mañana“, sagte er. Aber Winner wusste, dass das Vieles bedeuten konnte. Es hieß nicht unbedingt „morgen“, also am nächsten Tag, sondern es konnte auch „demnächst“ meinen oder sogar letztendlich „in undefinierbarer Zukunft“, so wie in Griechenland das Wort „awrio“, das eigentlich „morgen“ meint, aber auch durchaus „in den nächsten Tagen“ bedeuten kann.
Winner gab sich mit der Antwort zufrieden und kaufte lediglich Kartoffeln, Zucchini, Zwiebeln und zwei Putensteaks. Daraus ließe sich seiner Meinung nach durchaus ein schmackhaftes Gericht zubereiten. Aber heute nicht mehr. Stattdessen beschloss er im „Don Quijote“ essen zu gehen. Das war zu Fuß gut zu erreichen und sah einladend aus. Außerdem hatte ihm der Name schon bei seiner Ankunft mit dem Bus gefallen.