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Don Quijote
ОглавлениеIm „Don Quijote“ wurde Winner von einer jungen Frau auf Deutsch begrüßt.
„Guten Abend. Möchten Sie etwas Essen oder nur etwas Trinken?“
„Beides“, antwortete Winner und war erfreut, dass er schon wieder jemanden auf dieser spanischen Insel gefunden hatte, der Deutsch sprach.
„Schau’n Sie mal in die Speisekarte“, sagte sie. „Aber inzwischen kann ich Ihnen ja schon einmal etwas zu Trinken bringen. Was möchten Sie denn?“
„Ach“, sagte er, „bringen Sie mir bitte einen halben Liter Ihres Hausweins und ein Wasser `sin Gas´.“
„Also ohne Kohlensäure“, bestätigte sie. „Aber Sie können ruhig Deutsch mit mir reden. Ich bin zwar aus Polen und meine Aussprache ist nicht unbedingt perfekt, aber ich verstehe alles.“
„Und woher sprechen Sie so gut Deutsch?“, fragte Winner.
„Weil mein Mann Deutscher ist. Und für die Touristen war es sinnvoller, dass ich Deutsch lernte, als mein Mann Polnisch.“
„Ja, da haben Sie wohl Recht“, stellte Winner fest, „polnische Touristen kommen hier sicher selten vorbei, oder?“
„Ach“, antwortete sie, „es gibt schon ein paar Polen auf Lanzarote, aber das sind mehr meine Freunde als meine Gäste. Wir haben einen kleinen Freundeskreis, in dem wir uns ab und zu mal treffen. Das ist ganz schön für mich, weil ich dann wieder mal Polnisch reden kann.“
„Und Ihr Mann?“
„Na, ja, nach zehn Jahren Ehe kann er so viel Polnisch, dass er zumindest versteht, worüber wir uns unterhalten. Nur mit dem Reden tut er sich immer noch schwer.“
Sie reichte Winner die Speisekarte und ging. Winner blickte hinein, fragte aber, als die Frau den Wein und das Wasser brachte: „Was können Sie mir denn empfehlen?“
„Alles“, antwortete sie spontan, „es schmeckt alles gut, denn mein Mann kocht selbst. Und er hat früher Koch gelernt.“
„Gib es denn eine Spezialität auf dieser Insel?“
„Ja“, sagte sie, „Conejo en salmorejo, gebeiztes Kaninchen mit papas arrugadas. Das sind kleine Kartoffeln in Salzkruste. Und dazu vielleicht einen frischen Salat?“
„Das hört sich gut an“, stellte Winner fest, „also bitte.“
Erst jetzt hatte Winner Gelegenheit, den Gastraum näher zu betrachten. Nomen est Omen, dachte er, als er sich umgesehen hatte. Überall tauchte das Motiv des Hauses auf: Don Quijote auf seinem Pferd und daneben sein Diener Sancho Panza auf dem Esel. Im Hintergrund sah man Windmühlen, gegen deren Flügel Don Quijote gekämpft haben soll.
Das Essen war hervorragend und der Hauswein passte sehr gut dazu. Zum Nachtisch brachte die Wirtin ein Schälchen Gofio. „Das ist auch eine Spezialität auf Lanzarote“, sagte sie, „es wird aus geröstetem gemahlenem Mais hergestellt. Früher war Gofio das Essen der kleinen Leute, der Bauern und Fischer. Es wird als Süßspeise oder als salziger Teig hergestellt. Gofio ist sehr nahrhaft. Heute noch mischen die Mütter auf Lanzarote das Pulver in den Babybrei. Das ist sehr gesund.“
Es war dunkel geworden als Winner sich auf den Heimweg machte. An der Straße, die zu seiner Wohnung führte, standen ein paar Laternen, die den Weg spärlich beleuchteten. Als er die Haustür aufschloss bellte der Hund des Nachbarn zur Linken. Und Winner meinte, dass sich daraufhin die Gardine an einem der Fenster bewegt hätte. Aber vielleicht hatte er es sich auch nur eingebildet. Er hatte anscheinend ein Problem: Einmal Bulle, immer Bulle.
Er schlief in der ersten Nacht – entgegen aller Gewohnheiten – in seinem neuen Bett tief und fest. Es war ruhig im Ort und der Wein hatte sicher mit dazu beigetragen, dass er schon bald in einen tiefen Schlaf fiel. Darum hörte er auch nicht den Motor der schwarzen Limousine, die gegen Mitternacht langsam und ohne Beleuchtung an seinem Haus vorbeifuhr, wendete, einen Moment verharrte und dann so leise, wie sie gekommen war wieder verschwand.