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1 Ich, Weißohr erwache

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Was ist mit mir?

Ich möchte meine Augen öffnen aber es geht nicht, die Augenlider sind schwer, sind schwer als wenn, als wenn ein weiches aber dämmend, schweres Säckchen auf ihnen ruhen würde. In meinem Kopf ist ein dumpfer Schmerz als sei er ein Kochtopf, der sein Überdruckventil nicht finden kann.

Ich hole tief Luft und versuche noch einmal die Augen zu öffnen und ich schaffe es, aber was ich sehe ist ein verschwommenes Etwas, ein unklares, graues, verwaschenes Bild. Über mir ein gedämpftes Licht, aus einer großen, kreisrunden Fläche, wie eine riesige Sonne, die eine abendliche Stimmung erzeugt, eine Sonne, die wie durch zarte, federleichte Wolken behindert wird, ihre Sonnenstrahlen frei entfalten zu können.

Wie bin ich hierher geraten?

Da war doch irgendetwas mit mir….., mit UNS, mit Waldblume und mir geschehen. Ein Schreck durchzuckt meinen Körper, mein Herz fängt an zu schlagen, als sei der Teufel hinter mir her und Adrenalin pur, verteilt sich scheinbar durch meinen ganzen Organismus. Wo ist Waldblume? Mein Kopf will in die entgegen gesetzte Blickrichtung fliegen, wird aber durch einen stechenden Schmerz auf halben Weg zurück gehalten, doch durch meinen Willen schaffe ich es, über die Schmerzgrenze zu gehen und die Bewegung zu einem Ende zu bringen.

Großes Aufatmen, mein Herzschlag nähert sich der Normalität und das Adrenalin scheint sich zu verflüchtigen. Dort liegt sie, dort liegt meine Waldblume. Aber wie liegt sie da? Auf einem Bett, mehr ein nacktes Metallgestell, als ein Bett, an dessen unterem Ende große, räderähnliche Rollen befestigt sind. Waldblume selbst, liegt auf einer Auflage, die mit einem weißen Laken bedeckt ist. Auf dem Rücken liegend, scheint ihr Körper wie in die Auflage hinein gepresst zu sein. Ihre Extremitäten sind leicht abgewinkelt, in vier Richtungen gestreckt und mit breiten Ledergurten über eine metallene Hilfskonstruktion, an der Auflage befestigt.

Die Ledergurte, - erst jetzt dringt es in mein Bewusstsein, dass auch ich mich nicht bewegen kann. Ich scheine genauso wie Waldblume, an einer Unterlage, oder doch mehr an das gleiche Gestell, gefesselt zu sein. Nur ein kleiner Spielraum in den Gurten, gibt einem die Illusion, von Freiheit und das Gefühl, nicht ganz hilflos zu sein.

Wie kann ich diese Illusion nutzen, wie kann ich Waldblume helfen, wie kann ich sie befreien, denn das ich diesen Zustand nicht hinnehmen kann, steht für mich außer Frage. Ich schaue zu ihr und es gibt mir einen Stich ins Herz, zu sehen, wie sie dort liegt, so hilflos und verloren, mit einem turbanähnlich anmutenden Verband, der ihre geschlossenen Augen und ihre niedlichen, spitzen Ohren nur so weit frei lässt, dass sie schwebend, von dem Rest des Körpers losgelöst zu sein scheinen.

Wieso ein Verband um den Kopf? Ist auch mein Kopf, zum Teil unter einem Verband verschwunden? Ich schließe die Augen und versuche, über die immer noch vielschichtig anhaltenden Schmerzen, hinweg zu gehen, um noch eine neue, eine andere Wahrnehmung zu verspüren und ich glaube eine zu fühlen, nein ich bin mir sicher, dass auch mein Kopf, mit diesem Verbandsgebilde „verschönert“ wurde.

Langsam dämmert es mir, wir wurden hierher verschleppt, von den Flachlandbewohnern, mit den weißen Kitteln. Ich mag da im Moment nicht drüber nachdenken, es war einfach zu schrecklich und ich glaube nicht, dass ich schon in der Lage bin, mir alle Einzelheiten, dieser Aktion, in der Waldblume und ich die Leidtragenden waren, zurück zu rufen.

Ich öffne meine Augen und fragte mich wie soll, wie muss es weitergehen? Der Blick zu Waldblume schmerzt, sie da so hilflos liegen zu sehen und zu wissen, im Moment machtlos zu sein, bereitet mir ein körperliches Unbehagen, aber auch eine Wut, die sich in meinen Eingeweiden festsetzt.

Ich rufe zu ihr rüber:

Waldblume,“ und noch einmal, „Waldblume.“

Keine Reaktion von ihr. Mit dem Bewusstsein, im Augenblick nichts machen zu können, nehme ich mir vor, nach meiner Lebensphilosophie zu handeln und das bedeutet in dieser Situation. „In der Ruhe liegt die Kraft.“

Also schaue ich mir, soweit es mir mit dem eingeschränkten Blickwinkel möglich ist, die restlichen Räumlichkeiten unserer Zwangsherberge an. Über Waldblumes Lagerstätte befindet sich die gleiche Lampe, wie bei mir. Die Wand neben ihr ist der gleichen, langweiligen Gestaltung zum Opfer gefallen, wie der Wand neben mir, aber mit dem Nachteil, dass sie nicht durch ein Fenster und den grauen Vorhängen aufgepeppt wurde. Da geht es der Wand zu meinem Fußende schon besser, in ihren beiden, oberen Ecken, sind zwei kleine, besenstielgroße Rohre angebracht, die mit einem matt glänzenden Material verschlossen sind. Außerdem wurde ihr die Ehre zu teil, in ihrer Mitte eine graue Stahltür zu beherbergen. Diese Tür könnte, für Waldblume und mich, eine schicksalhafte Bedeutung haben. Durch sie, könnte eine bösartige Gefahr eintreten, die uns unsere Gesundheit oder gar unser Leben rauben will, oder es erscheint uns ein engelhaftes Wesen, dass uns rettet, uns ergreift und mit uns durch die Tür davon schwebt.

Die Wand hinter meinem Kopfende, kann ich nur an ihren Enden, zu den Ecken hin, erkennen. Mehr zu Waldblumes Seite als zu meiner, da mein Bett mehr zum Fenster hin ausgerichtet ist. Zu Waldblumes Seite, erkenne ich noch einen kleinen Teil, eines spindartigen Schrankes, natürlich aus Metall und grau eingefärbt.

Zwischen unseren Betten sieht der Raum schon interessanter aus. Es befindet sich neben unseren Körperablagerungsvorrichtungen ein Tischschrank, oder auch Schranktisch, ( natürlich auch aus Metall und grau ) mit einigen, auch für uns eventuell interessanten Dingen, als da wären: „Verschiedene Skalpelle, div. Scheren, Klammern, dünne Schläuche und andere, zum teil bedrohlich aussehende Dinge, die ich nicht benennen, oder irgendwo zuordnen könnte.“

Noch wilder und beunruhigender geht es bei Waldblume zu. An ihrem Kopfende ist ein schlankes, hohes, galgenartiges Gestell, mit einer Trinkwasser ähnlichen Flasche angebracht, von der ein dünner Schlauch zu einer Extremität verläuft, in einer Nadel endet und diese wiederum, in einer Ader verschwindet.

Es ist nicht die einzige Verbindung, die ich an Waldblume erkenne, sondern an mehreren Stellen ihres Körpers sind Saugnäpfchen, in der Größe eines Сhampignon, auf ihrer nackten Haut befestigt, aus denen jeweils ein dünner Draht zu einem Fernseher geht, der auf einem kleinen, einbeinigem Tisch steht, doch statt eines schönen Spielfilmes, erscheinen nur teilweise laufende und blinkende Striche, wellenförmige Linien und wechselnde Zahlen. Ihr Genitalbereich ist mit einem haubenähnlichem Kunststoffgegenstand bedeckt, aus dem ein dünner Schlauch herausschaut, der in einen, ebenfalls flaschenähnlichen Behälter mündet und ein zweiter, dicker Schlauch, der die Struktur eines Flexischlauches besitzt der in einen Behälter endet, der mit einem übergroßen, Benzinkanister vergleichbar wäre. Die ganze Szenerie, ist eine äußerste Erniedrigung und es sollte kein Lebewesen auf diesem Erdball geben, das einer solchen Situation ausgesetzt ist.

Wenn ich an mir herabsehe, soweit es mir möglich ist, bemerke ich, dass an mir die gleichen Verbindungen haften, genau wie bei Waldblume und auch wie bei ihr, wahrscheinlich in einen Bildschirm enden, der sich hinter meinem Kopf befindet und sich somit außerhalb meines Blickwinkels befindet.

Langsam, schleichend wie der Morgennebel, der sich schwebend, von einer unsichtbaren Kraft getragen, aus dem Tal, auf die Berghänge begibt, wird mir klar, dass ich in unserer jetzigen Situation nichts unternehmen kann, als mich zu konzentrieren, neue Kräfte zu sammeln, darauf zu hoffen, dass die Kopfschmerzen sich in Luft auflösen und ich sicher in der Lage sein werde, einen klaren Gedanken zu fassen und mir dann irgend etwas einfallen wird, das uns weiter hilft. Nach diesen vielen Gedanken, die meine Gefühlsregungen zu einer Achterbahn werden lassen, werde ich ruhiger und mit einen vorerst letzten Blick, auf meine so friedlich ruhend aussehende Waldblume, komme ich zu meiner natureigenen Gelassenheit zurück.

Waidmannsheil

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