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„Gutmenschen“

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Adi Gallo 1): „Ist das schon Demenz, oder warst schon immer so ein Arschloch. Ich lösche dich jedenfalls jetzt.“5)

Wumm, das saß. Ein verbaler Faustschlag. Ein Facebook-Eintrag vom 18. September 2015. Abgefeuert von Adi Gallo, dem Inhaber der Künstler-Kneipe Bistro Gallo am Moselufer bei Koblenz

Grund der Anfeindung: Ich hatte in der Flüchtlings-Diskussion einen Link der evangelischen und katholischen Nachrichten-agenturen geteilt:

16. September 2015, 06:00

„Muslimische Asylbewerber attackieren Christenpaar wegen Kreuzkette 6)

Opfer sind ein 25 Jahre alter Asylant aus Eritrea und dessen hochschwangere Ehefrau, sie kamen mit Verletzungen ins Krankenhaus – UPDATE Polizeisprecher: Polizei leitet Strafverfahren wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung ein.

Hemer (kath.net/idea/red). Etwa zehn muslimische algerische Asylbewerber haben im nordrhein-westfälischen Hemer einen christlichen Eritreer wegen seiner Holzkreuz-Kette angegriffen. Nach Angaben der Polizei begann die Gruppe der Algerier den 25-jährigen Asylanten zunächst zu beschimpfen, als sie das Holzkreuz an seinem Hals sah. Daraufhin kam es zum Streit zwischen den Algeriern sowie dem Eritreer, seiner schwangeren Ehefrau und zwei weiteren Begleitern aus Eritrea.

Einer der Nordafrikaner schlug, laut Polizei, mehrfach mit einer Glasflasche auf den Christen ein. Auch seine im achten Monat – also offenbar erkennbar – schwangere Frau wurde von den Muslimen angegriffen.

Dem 25-jährigen wurde ein Handy sowie Bargeld gestohlen. Er wurde zusammen mit seiner Frau und einem Begleiter mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Einige der Täter konnten entkommen. Einer der Algerier musste ebenfalls mit leichten Verletzungen zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus.

Wie ein Sprecher der Polizei der Evangelischen Nachrichtenagentur idea bestätigte, hat es bisher noch keine Festnahmen gegeben.“

UPDATE (16.9.2015, 7.33 Uhr)

„Der Pressesprecher der Kreispolizeibehörde des Märkischen Kreises, Polizeihauptkommissar Dietmar Boronowski, erläuterte gegenüber kath.net auf Anfrage: „Was der Auslöser für den Konflikt war, muss noch genau ermittelt werden. Dem geschädigten Eritreer wurde im Rahmen des Raubes sein am Hals getragenes Holzkreuz durch Algerier abgerissen.

Ob der Streit auf Glaubensverschiedenheiten – Christentum – Muslime – zurückzuführen ist, muss im Rahmen der Vernehmungen der Beteiligten noch ermittelt werden.

Die Polizei hat Strafverfahren wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.

Unabhängig der Konfession werden die Ermittlungen der Polizei durchgeführt. Wenn es zu neunen Ermittlungsergebnissen bzw. Festnahmen kommen sollte, wird nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft eine erneute Pressemitteilung herausgegeben.“

Die Meldung der christlichen Nachrichtenagentur wurde später auch von der WELT aufgegriffen und inhaltlich bestätigt. 7)

Nun, Adi Gallo war ein Freund von mir; zumindest ein guter Bekannter. Ich habe mehrere Filme über sein Bistro gedreht. Per E-Mail nachgefragt, was ihn dazu bewogen hatte, mir so etwas zu sagen, meinte er:

„Ich habe immer gedacht, du wärest einer von den Guten. Menschen in Not, die vor Terror, Krieg, Willkür fliehen zu helfen, ist christliche Nächstenliebe.“

Aha, ein Gutmensch also. Da half auch nicht meine Antwort per Messenger:

„Bin ich auch (ein Guter), aber es gibt Unterschiede in der heutigen Situation. Ich greife zum Beispiel ganz konkret einem Mädchen, das sich um Flüchtlinge kümmert, finanziell unter die Arme. Mehr kann ich von Thailand aus nicht tun. Aber ich bin politisch gegen einen „Kultur“ der unkontrollierten und offenen Grenzen, wie sie Merkel völlig unnötig und gesetzeswidrig losgetreten hat. Das führt letztlich zu Situationen, wie in diesem Artikel beschrieben, und wie sie von der Presse verschwiegen werden. Also nochmals: Hilfe Ja, politisches Harakiri Nein.“

Danach war Funkstille mit Adi Gallo. Alleine der Hinweis, dass ich Flüchtlinge finanziell unterstütze, hätte ihn nachdenklich stimmen müssen. Aber Gallo ist wohl einer von den Gutmenschen der hartgesottenen Sorte, die selbst Fakten als Kritik verurteilen.

Ich musste ihm also auch hart kontern.

E-Mail an meinen Rechtsanwalt: „Kann man gegen eine solche Beleidigung wie ‚Arschloch‘ juristisch vorgehen?“

Die Antwort des Anwalts: Im Prinzip ja, aber ich solle bedenken, dass einige meiner Postings 5) an NS-Propaganda erin-nern würden. Dazu schickte er mir ein Bild aus der NS-Propaganda–Maschinerie: Ein Saxophon spielender, affen-ähnlicher Neger mit Zylinder und Judenstern. 8)

Das also sollte ich sein: Judenhasser, Rassist, Kämpfer gegen fremde Kulturen. Ich war bedient.

Wumm. Der zweite Uppercut. Er raubte mir fast das Bewusstsein. Als ich mich geschüttelt hatte und wieder klar denken konnte, war ich um die Erkenntnis reicher, dass ein Gutmensch einem anderen Gutmenschen kein Auge aushackt, denn beide – Adi Gallo und der Rechtsanwalt – waren auf Facebook befreundet. Zudem ist der Anwalt Mitglied jener Partei, die für das Flüchtlingschaos in Deutschland verantwortlich ist und die jede auch noch so leise Kritik im Keim ersticken möchte.

War ja auch naiv von mir, mich ausgerechnet an ihn wenden.

Was ich damals nicht wusste, ist, dass bei Christdemokraten das Wort Arschloch inzwischen wohl zum Umgangston gehört; zumindest seit CDU-Generalsekretär Peter Tauber einem penetranten Facebook Schreiber ins Stammbuch geschrieben hat: „Sie sind ein Arschloch.“ 9) Gutmenschen dürfen das offensichtlich.

Doch eines hat der Vorfall bei mir ausgelöst: Betroffenheit. Wie kann jemand das Zusammenschlagen eines Christenpaares durch Moslems ignorieren?

Gehört es nicht auch zur „christlichen Nächstenliebe“, etwas gegen Gewalt zu unternehmen? Nicht konkret, weil das gar nicht geht, aber ideell. Solidarisch sein mit denen, die unterdrückt werden. Da spielt noch nicht einmal die Religion eine Rolle.

Dazu kam ein Vorfall, den meine Schwester erlebt hatte: In einer Kaufhauskette sah sie, wie an der Kasse ein etwa 80 Jahre altes Mütterchen von 3 Nordafrikanern angepöbelt wurde. Worum es ging, war nicht ersichtlich, jedenfalls bedrängten die drei die alte Dame massiv.

Meine Schwester ging dazwischen, wies die Kerle zurecht:

„Wenn Ihr schon Gäste in unserem Land seid, dann benehmt Euch auch wie Gäste.“

„Du Nazi“, suchten sich die drei meine Schwester als neues Opfer aus, ließen dann aber von ihr ab und verschwanden.

„Sie haben aber Mut“, wurde sie von einigen Kunden bewundert.

Das Schlimme an dem Vorfall war, dass etwa zwei Dutzend Menschen an der Kasse anstanden und niemand außer meiner Schwester der alten Frau zu Hilfe eilte. Für die Leute war die ganze Situation wohl wie Fernsehen, halt nur live und ohne Bildschirm.

Man ist es eben gewohnt, dem Geschehen in dieser Welt zuzuschauen und es als „Film“ zu konsumieren.

Konsum ist es, was zählt. Werte? Welche Werte?

Und da sind die ganz Großen an erster Stelle mit dabei. Real Madrid beispielsweise oder der FC Barcelona. Beide Vereine haben ein Kreuz in ihrem Vereinswappen. Auf den Fan-Trikots, die in die arabische Welt geliefert werden, sind die Kreuze entfernt. Man könnte ja die religiösen Gefühle von Moslems verletzen.

Die eigene Identität verkauft für einen Judaslohn.

Auch meine eigene Tochter Manuela geriet zwischen die Nazi- und Rassismus-Fronten:

Auf ihrer Arbeitsstelle hatte sie es mit zwei Neo-Nazis zu tun. Die Flüchtlingswelle kommentierten die beiden mit den Worten: „Alle in die Gaskammer.“

Meine Tochter – sie kann sehr resolut sein – fuhr die beiden an: „Hört auf mit dem stumpfsinnigen Gelaber!“

Am nächsten Tag war der von ihr gefertigte Tisch mit marokkanischen Intarsien zerkratzt. Täter wurde keiner gefunden.

Meine Tochter, glühender Fan des ehemaligen Hertha Fußballers Jerome Boateng (jetzt Bayern München), wurde an einer Bushaltestelle von zwei Farbigen eingeladen, einen zu heben. Sie lehnte ab. Kommentar der beiden: „Bist wohl Rassist?“

Diese Vorkommnisse in meiner eigenen Familie bewogen mich, von nun an Flagge zu zeigen und zu den Vorkommnissen in unserer Gesellschaft nicht mehr zu schweigen. Ich trat aus der schweigenden Mehrheit heraus.

Die einzige Waffe, über die ich verfüge, ist das Wort. Das wollte ich ab jetzt einsetzen. Schließlich bin ich gelernter Journalist. Und Partei und Wort für Benachteiligte und Unterdrückte zu ergreifen, gehört ebenso zur „Christenpflicht“, wie konkret zu helfen. Und ich wollte beides tun. Auch das gehört zu unserer abendländischen Kultur. Duckmäusertum gehört nicht dazu.

Deutschland, es brennt

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