Читать книгу Und Morgen bin ich Bodyguard - Erwin Kostna - Страница 4
ОглавлениеDrei denkbare Wege
Ich glaube, die meisten von Ihnen haben irgendwann einmal einen Film im Fernsehen oder auch im Kino gesehen, der von einem Personenschützer handelt oder in dessen Handlung ein Personenschützer samt schutzwürdiger Person involviert sind.
Meist lautet die Bezeichnung in einem solchen Streifen amerikanischer Herkunft »Bodyguard« und wird Ihnen vermutlich mehr sagen als die eigentliche deutsche Benennung. Vielleicht sehr zu Ihrem Bedauern muss ich Ihnen sagen, dass zwischen diesen beiden Nennungen himmelweite Unterschiede im eigentlichen Berufsbild bestehen.
Kevin Costner zum Beispiel spielte einen Bodyguard in dem gleichnamigen Film. Übrigens nicht einmal schlecht, wenn ich mir hier diese Bemerkung quasi als Profi und Berufskollege erlauben darf.
Es war ja schon faszinierend, wie er sich neunzig Minuten lang von einer gefährlichen Situation in die andere brachte oder gebracht wurde. Lediglich kurzzeitig unterbrochen von ein, zwei lauschigen Nächten der trauten Zweisamkeit mit seiner eigentlichen Schutzperson. Wobei angenommen werden darf, dass in deren kuscheligen Verlauf bestimmt keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf weitere mögliche Attentate zwischen den beiden besprochen wurden.
Letztlich endeten diese Nächte bekanntermaßen aber immer im Streit zwischen ihm und ihr. Weil ihn das schlechte Gewissen packte, dass er durch diese zeitlichen Anflüge verliebter Gefühlswallungen den eigentlichen Schutz von ihr sträflich vernachlässigen könnte und außerdem natürlich auch nicht dafür engagiert worden war. Seine Schutzperson brachte dafür aber meist überhaupt kein Verständnis auf und so litt über die gesamte Filmlänge das berufliche, mit den privaten Gefühlen gemischte Vertragsverhältnis der beiden unübersehbar und spürbar für den aufmerksamen Zuschauer.
Na ja, auf jeden Fall hat er irgendwie trotzdem super gut und professionell auf sie aufgepasst und sie beschützt, wo immer es auch nur ging, während rundherum, quasi im Minutentakt, lauter liebe Menschen sterben mussten, verletzt werden sollten oder sich gedemütigt fühlten.
Keine Hauptrolle, aber trotzdem sterben. So ist das eben, wenn man nur die Schwester ist.
Ganz besonders klasse aber fand ich die Szene fast zum Ende des Films, als der böse, böse Killer, der ja bereits fälschlicherweise besagte Schwester auf dem Gewissen hatte, auch noch die Frechheit besaß, die Schutzperson in die ewigen Jagdgründe befördern zu wollen, um seinen Fehler wieder gut zu machen.
Hammer korrekt, dieser Typ! Gut, das war von Anfang an sein eigentlicher Auftrag, aber schließlich kann man es mit der Gründlichkeit ja auch in diesem Gewerbe übertreiben. Geld hin oder her.
Wie dem auch sei, der Kevin, also der Costner, alias Frank Farmer, hat dann gerade noch rechtzeitig gemerkt, was sich da in den nächsten Sekunden hinter den Kulissen abspielen würde. Ist mit einem dreifachen Flickflack rückwärts gedreht und mit halber Schraube auf die Bühne geflogen und hat sich vor seine Schutzperson geworfen und ihr damit als lebender Kugelfang das Leben gerettet. Dabei wurde er selbst schwer an der Schulter verletzt und stürzte, von Kugeln durchsiebt, zum Boden der Bühne, um kurz darauf das Bewusstsein zu verlieren.
War auch nicht das Schlechteste, was ihm in diesem Moment passieren konnte, denn dadurch bekam er nicht mehr mit, dass seine Schutzperson ihm ständig ins Ohr brüllte, er sei doch ihr
Bodyguard und dürfe noch nicht sterben. Weil doch jetzt alles wieder gut wäre, vergessen und vorbei und so weiter - bla bla bla. Frauen eben.
Ebenfalls dank seiner Ohnmacht bemerkte er dann auch nicht mehr, dass die aufgebrachte Menge der Zuschauer dieser Veranstaltung, die ja nicht ahnen konnte, wer er denn nun wirklich war, ihn so ganz nebenbei am nächsten Baum aufhängen oder auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollte.
Ein echt dramatischer Filmmoment, bei dem ich mir fest geschworen hatte, in einer vergleichbaren Situation auf jeden Fall alles ganz anders zu machen.
Wir alle wissen: Costner ist nicht gestorben, hat aber die Konsequenzen aus diesem ganzen Dilemma gezogen und seiner Schutzperson einen anderen Kollegen im gesetzten Alter und mit weißem Haar besorgt, bei dem er sich wohl sicher sein konnte, dass der sich nicht so schnell durch das Hüftgewackel der Dame vom eigentlichen Job ablenken lassen würde. Die Schutzperson selbst war darüber weniger begeistert. Sie hätte ihn doch lieber an ihrer Seite behalten. Schließlich dann, nachdem sie noch zweimal ins Flugzeug rein und wieder raus gestürzt war, fand sie sich mit dieser Tatsache ab und verzieh ihm alles. Wieder rein in den Flieger mit ihr, einmal noch durchs Fenster gewunken und zwei Tränen abgedrückt; abgehoben und weg war sie. Zurück auf dem Rollfeld blieb der verlorene und einsame Bodyguard mit einem, wie ich meine, durchaus erleichterten Lächeln auf den Lippen.
Das Schlussbild des Filmes war dann für mich ganz großes Kino. Ich werde es niemals vergessen. Zoom auf den Bodyguard, wie er da in einer Ecke steht und gedankenversunken auf diesen einen Priester aufpasst, der wohl auch Angst vor irgendjemanden haben muss. Ob dieser Gottesmann jetzt katholisch oder evangelisch war, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Eine eventuell zutreffende oder fachliche Meinung für die Notwendigkeit eines Schutzbedürfnisses kann ich daher weder wiedergeben noch zweifelsfrei erkennen. Ist ja auch so eine Sache mit der Kirche und den Priestern. Man hört und liest ja vieles.
Ein offenes Ende also, bei dem kein Mensch so richtig weiß, was denn nun ist oder was wird. Ein sehr, sehr trauriges Ende außerdem. Hoffen wir alle also, dass das Flugzeug mit ihr an Bord irgendwo gut gelandet ist, alle wohlauf waren und der Frank Farmer sich an die Gepflogenheiten innerhalb der Kirchenmauern schnell gewöhnen konnte. Wie man sich möglichen ungewollten Annäherungen erwehrt, sollte er als Bodyguard schließlich wissen.
Aber um nochmals auf diesen Bodyguard selbst zurückzukommen:
Der Costner, alias Frank Farmer, war augenscheinlich zuvor als Personenschützer beim CIA oder dem FBI tätig. Hatte da eine Weile auf Ronald Reagan aufgepasst, was wohl mal so richtig in die Hose gegangen war. Als Reagan seinerzeit von einem Attentäter angeschossen wurde, war sein Bodyguard nämlich im Urlaub.
Wo er genau im Urlaub war, erfährt der geneigte Fernsehzuschauer in diesem Fall jedoch nicht. Wahrscheinlich war das aber auch nicht so wichtig, oder Produzent und Drehbuchschreiber hatten einfach nicht bedacht, dass es irgendjemanden auf dieser Welt interessieren könnte.
Und natürlich möchte man auch nicht jede Begebenheit in Verbindung mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten als Schlagzeile in der Zeitung lesen:
»Attentat auf den Präsidenten. Bodyguard feiert im Bierzelt! Der Präsident der vereinigten Staaten von Amerika wurde heute in New York angeschossen, während sein Bodyguard den Urlaub in Bad Salzschliff verbrachte. Sepp Anton Ramsauer, der Wirt vom goldenen Rehkalb, berichtet exklusiv in BLAM, wie der Leibwächter bei einer Haxe und einem Maß Bier im Oktoberfestzelt vom Anschlag auf den Präsidenten erfuhr.«
Nicht auszudenken, oder?
Also, ich kann schon sehr gut nachvollziehen, dass einen das als Personenschützer irgendwie belasten und eine ganze Weile emotional verfolgen wird. Da bereitet man sich über Jahre auf solche Situationen vor, zählt zur Elite des Personenschutzes und dann haut es deinen Schutzbefohlenen ausgerechnet dann um, wenn du dir eine Auszeit in den Bergen gönnst und Weißwurst mit Brezel knabberst, während die Blaskapelle im Festzelt »So ein Tag, so schön wie heute« spielt. Da will doch wirklich keiner mit dir tauschen.
Was ich aber eigentlich damit zum Ausdruck bringen will, ist die Tatsache, dass jeder Personenschützer oder auch jeder Bodyguard einen bestimmten beruflichen Hintergrund besitzt, den er sich irgendwann einmal vor seinem jetzigen Job erworben hat, und der ihn dazu befähigt, diesen Beruf zu tun.
Sie erinnern sich: Wir hatten bereits zu Anfang klargestellt, dass man nicht einfach auf die Welt kommt und all diese Fähigkeiten völlig selbstständig und ohne jedes Zutun entwickelt. Und ein entsprechendes Gen gibt es dafür meines Wissens nach auch nicht.
Nachfolgend möchte ich Ihnen daher gerne meinen eigenen, persönlichen Weg vorstellen und im Anschluss noch ein oder zwei Alternativen, die Sie zum Beruf des Personenschützers führen könnten.
Einige meiner Berufskollegen aus alten Tagen, so sie denn dieses Buch lesen werden, könnten ihren Weg in dieser Beschreibung vielleicht wiedererkennen oder werden zumindest gewisse Ähnlichkeiten feststellen.
All diejenigen unter Ihnen, die es erst noch vorhaben, ein guter Personenschützer zu werden, sollten sich den folgenden Lehrstoff sehr gut und fest einprägen und ihn beständig wiederholen. Es ist durchaus möglich, dass dies einer der Wege sein wird, der Ihnen vorbestimmt ist, um dahin zu kommen, wo ich und meine Kollegen bereits sind oder einmal für lange Jahre waren.