Читать книгу Und Morgen bin ich Bodyguard - Erwin Kostna - Страница 6

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Wer sind denn nun die anderen?

Kommen wir darum nun zur zweiten Gruppe, die sich auf den beruflichen Weg zum Personenschützer macht.

Keine Sorge, diese Ausführung wird nicht halb so lang werden wie meine eigene, ist dafür aber leider auch nicht halb so spektakulär und interessant.

Personen der zweiten Gruppe sind meist auch ehemalige und vorgebildete Berufssoldaten der Bundeswehr, die sich die Förderungsmaßnahmen des Staates zunutze machen, um sich im Bereich Personenschutz ausbilden zu lassen. War es Anfang der neunziger Jahre, wie in meinem Fall, noch üblich, den langen und praxisorientierten Weg zum Beruf einzuschlagen, werden diese Menschen zunächst komplett und in relativ kurzer Zeit ausgebildet und dann direkt im Personenschutz eingesetzt. Vorausgesetzt, sie finden eine Anstellung.

Die Ausbildung erfolgt meist in einer Art Kompaktlehrgang und in sogenannten Personenschutz-Ausbildungsakademien, die selbstverständlich nur von hoch versierten Ausbildern betrieben werden. Ein solcher Kompaktlehrgang dauert etwa, je nach Akademie, ein halbes-bis ein Jahr.

Hier wird den Absolventen während ihrer Verweildauer eine entsprechende körperliche Fitness verabreicht. Zusätzlich werden sie natürlich auch im Situationsschießen trainiert. Ebenfalls kompakt wird ihnen das ganze rechtliche und sicherheitsrelevante Gedöns vermittelt. Ein paar Übungen in Selbstverteidigung und bei einigen Anbietern auch gewisse Regeln der Etikette. Und, sofern die Zeit es zulässt, zeigt man ihnen auf einem dieser sagenumwobenen Fahrerlehrgänge die wendigsten Fahrmanöver, die ein Mensch sich nur denken kann. Leider meist nur auf Übungsplätzen, die von der situativen Realität im Beruf in etwa so weit entfernt sind, wie für mich ein Treffen mit Inge Meisel zum Abendessen.

Wie, Frau Meisel ist tot? Wirklich? Schon seit 2003?

Ok, weiter entfernt geht es dann aber wirklich nicht.

Diese jungen Leute, Absolventen besagter Personenschutz-Akademien, ausgestattet mit allen nur erdenklichen Diplomen, Urkunden und Belobigungen und frisch von der Personenschutz-Schule, landen dann in unseren erfahrenen Teams. Und müssen dort feststellen, dass vieles, was man ihnen in der Kompaktausbildung beigebracht hat, in der täglichen Praxis überhaupt nicht oder nur bedingt umzusetzen ist.

Theorie ist und bleibt eben Theorie. Eine Maßnahme im Personenschutz wird immer auch von der Schutzperson mitbestimmt. Die Kenntnis von Vorgaben, die für die beste Sicherheit sorgen könnten, reicht alleine nicht aus, um den Job gut zu machen. Das ist großer Schock für die meisten dieser jungen und voll dynamischen »Berufspersonenschützer«, und meist ein noch viel größerer Schock für die unter uns, die mit ihnen arbeiten müssen.

Am Beispiel »effektiver Begleitschutz mit dem Auto« möchte ich Ihnen das etwas näher erläutern.

Die Protagonisten der folgenden Szene sind ein »hoch motivierter Neuer«, der entsprechend seiner Lehrgangsrichtlinien agiert, und ein »Alter Hase«.

Effektiver Begleitschutz mit dem Auto

Alter Hase: »So, gemäß der mir vorliegenden Lagebeurteilung unserer Konzernsicherheitszentrale werden wir heute direkt und ohne Umwege vom Wohnsitz der Schutzperson in die Hauptzentrale fahren. Standard also. Die zwei möglichen Strecken dorthin sind Ihnen ja bereits durch Ihre Tätigkeit als begleitender Schützer vertraut. Daher schlage ich vor, dass Sie heute das Begleitschutzfahrzeug fahren und die entsprechende Sicherung der vorfahrenden Limousine übernehmen. Unser Vorstandsfahrer ist bereits darüber informiert und wird seine Fahrtätigkeit ein wenig an Ihren Erfahrungen ausrichten, solange es die Lage zulässt. Sie werden unsere Schutzperson schon heil ans Ziel bringen, da bin ich mir sicher! Schließlich blicken Sie ja auf eine fundierte Ausbildung zurück, die noch nicht so lange her ist. Und bloß keine Sorge, ich sitze ja für den Fall der Fälle direkt neben Ihnen und kann Sie bei Bedarf unterstützen.«

Neuer: »Eine Frage hätte ich dann aber doch noch bevor es losgeht. Fahren wir die Route eins, also die über die Ortschaften und Landstraßen, oder nehmen wir die Route zwei über die Autobahn mit Wechsel auf die Schnellstraße?«

Alter Hase: »Wie ich schon sagte, ich weiß es noch nicht. Das entscheidet der Vorstandsfahrer aufgrund der Verkehrslage und der Meldung des Kollegen von der Umfeldobservation selbstständig und kurzfristig. Also einfach immer schön dranbleiben, dann ergibt sich auch für Sie die Route ganz von selbst. Aber mal der Form halber: Wo besteht denn hier der für Sie so wichtige Unterschied, den ich augenblicklich gerade nicht erkennen kann? An unseren Fahrzeugen kann es ja wohl schlecht liegen. Die sind für Fahrten durch eine bewohnte Ortschaft ebenso ausgelegt wie für Fahrten auf der Autobahn.«

Neuer: »Uns wurde in der Ausbildungsakademie beigebracht, dass der Sicherheitsabstand zur vorausfahrenden Limousine auf Landstraßen immer größer sein sollte als bei Begleitschutzfahrten, die auf der Autobahn durchgeführt werden.«

Alter Hase: »Das erscheint mir nicht logisch. Trotzdem werde ich versuchen, mich auf dieses Gedankenspiel einzulassen. Hat man Ihnen denn auch erläutert, warum sich dieser Sachverhalt ergibt und wo genau hierin der Sinn besteht, den ich gerade überhaupt nicht erkennen kann… und will. Bringen Sie also bitte Licht in mein, wie ich feststellen muss, lückenhaftes Personenschutzwissen, um mir die Notwendigkeit unterschiedlicher Sicherheitsabstände bei unterschiedlichen Straßenbelägen zu erläutern.«

Neuer: »Na ja, das zu erklären ist nicht so ganz einfach. Ich habe es damals auch nicht so genau verstanden. Aber der Abstand auf Landstraßen muss wohl anders bemessen sein als auf Autobahnen – falls es zu einem ungeplanten Wendemanöver kommen sollte, dass sich aus einem unvorhersehbaren Ereignis ergeben könnte. Damit muss man ja im Arbeitsalltag täglich rechnen.«

Alter Hase: »Erstens liegt es im Wesen des Berufes Personenschützer und ist Hauptbestandteil seiner Arbeit, unvorhersehbare Ereignisse abzuwenden. Zweitens wollen Sie mir doch wohl nicht tatsächlich und glaubhaft erzählen, man hätte Ihnen auf der Akademie beigebracht, wie das Wenden eines Personenschutzfahrzeugs auf Autobahnen funktioniert?«

Neuer: »Nein, natürlich nicht so, aber so ähnlich. Also was ich damit meine ist doch nur, dass es dazu kommen könnte und dann das Wissen über den unterschiedlichen Abstand das Überleben sichern könnte, was ja auch für die Schutzperson von nicht unbedeutender Wichtigkeit ist. Oder etwa nicht?«

Alter Hase: »Also mal abgesehen davon, dass Sie keine Möglichkeit haben werden, im Frühverkehr, Fahrtrichtung Frankfurt am Main, Höhe Nordwestkreuz, ein Wendemanöver auf auch nur einem Teilstück dieser Autobahn auszuführen, weil einfach verkehrsbedingt der Platz von Montag bis einschließlich Freitag hierfür gar nicht reichen würde … Also abgesehen davon kann ich keinen nachvollziehbaren Grund und kein schlüssiges Argument in Ihren Ausführungen erkennen, welchen Sinn es machen würde, auf der Autobahn zu wenden, um dann im Gegenverkehr als Geisterfahrer womöglich bei einem Frontalzusammenstoß mit einem vollbeladenen Lastkraftwagen mein Leben und das meiner Schutzperson zu verlieren«.

Neuer: »Oh Gott, wer sagt denn, dass wir auf jeder Begleitschutzfahrt auf der Autobahn gleich sterben müssen? Darüber hat man uns aber in der Akademie nichts beigebracht. Wenn das so ist, werde ich auf keinen Fall einer Route folgen, die mich in den sicheren Tod befördert – auch wenn ich mich aus voller Überzeugung für diesen Beruf entschieden habe.«

Alter Hase: »Wie ich Ihnen eben zu erklären versuchte: Wenn Sie nicht wenden, werden wir auch nicht sterben. Also immer schön geradeaus und dann kommen wir auch heile an. Ich mache das jetzt seit vielen Jahren, und da ich hier nicht als Geist vor ihnen stehe, spricht wohl vieles dafür, dass meine Methode der Begleitschutzfahrt recht gut funktioniert.«

Neuer: »Also jetzt bin ich aber schon mehr als etwas verunsichert, was dieses Wendemanöver auf Autobahnen betrifft. Soll ich denn jetzt wenden und damit mein Leben für das meiner Schutzperson geben, oder soll ich nicht? Und wenn wir wenden, wenden wir dann alle und sterben, oder trifft das nur das Begleitschutzfahrzeug? Was, wenn ich vielleicht früher wende, damit ich schon mal vorfahren kann, um die anderen zu warnen, die uns entgegenkommen? Würde das helfen?«

Alter Hase: »Sehen Sie, es wird einfach nicht passieren! Ich habe mir nämlich fest vorgenommen, auf jeden Fall so zu sterben wie mein Großvater. Ruhig und völlig entspannt im Schlaf.«

Neuer: »Ach, das beruhigt mich jetzt doch ein wenig, dass Sie das sagen. Das meinen Sie auch wirklich so,

oder?«

Alter Hase: »Ich meinte damit, dass ich nicht so sterben möchte, wie damals meine Großmutter: Wild mit den Armen fuchtelnd und laut schreiend auf dem Beifahrersitz, als es in den Gegenverkehr ging.«

Neuer: »Warum nur sind Sie denn bloß so gemein zu mir? Sind das denn keine berechtigten Sorgen, die ich mir mache? Ich bin eben noch nicht soweit wie Sie, dass mir mein Leben eigentlich egal ist. Also, sterben wir heute an diesem sonnigen Tag, oder sterben wir nicht?«

Alter Hase: »Nein, ich sterbe heute definitiv nicht! Und Sie aller Voraussicht nach auch nicht. Jedenfalls nicht während der Begleitschutzfahrt. Und um die Sache hier abzuschließen, merken Sie sich jetzt bitte Folgendes: Sie sollen nicht wenden und auch nicht vorausfahren. Und jetzt rutschen Sie mal rüber, ich fahre selbst!«

Soweit der Dialog. Ich hätte natürlich im vorliegenden Fall auch mal ein Auge zudrücken können. Aber da geht es mir wie jedem anderen auf unserer schönen Mutter Erde auch: Die Tagesform ist nicht jeden Tag gleich und der Sinn für Situationskomik ist es auch nicht. Mal ertrage ich solche Absurditäten leichter, manchmal eben nicht.

Ich hoffe einfach, dass ich Ihnen mit diesem Dialog Sinn und Notwendigkeit meiner vorausgegangenen Ausführungen noch einmal verdeutlichen konnte: Die Kenntnis von Vorgaben, die für die beste Sicherheit sorgen könnten, reicht alleine nicht aus, um den Job gut zu machen!

Es liegt mir fern, ein schlechtes Licht auf manche Ausbildungsstandards zu werfen. Aber gerade solche Beispiele zeigen, wie elementar und wichtig auch praktische Erfahrungswerte, wie wir »Alten« sie über viele Jahre sammeln konnten, sind.

Wenn Sie jetzt allerdings denken, ich hätte Ihnen hier einen besonderen Fall geschildert, dann irren Sie. Wie der zweite und folgende Gesprächsverlauf ganz unzweifelhaft zeigt, diskutieren wir hier beileibe keinen Einzelfall.

Schauen wir es uns also gemeinsam an, was man als »altgedienter« Personenschützer schon vor dem ersten Kaffee erleben kann.

Waffe und Trageverhalten

Neuer: »Guten Morgen. Wie ich sehe, tragen Sie heute Ihre Waffe nicht wie gewöhnlich im Schulterholster, sondern am Gürtel. Ziemlich weit hinten übrigens, wenn ich das bemerken darf. Kommen Sie denn da überhaupt noch dran, wenn es situationsbedingt erforderlich ist?«

Alter Hase: »Ach, da ist sie ja! Und ich habe schon überall danach gesucht. Da habe ich zu dieser frühen Stunde wohl meine Frau umsonst angerufen und sie gebeten, sich heute einen Tag Urlaub zu nehmen, damit sie unser Haus nach meiner Waffe durchsuchen kann. Aber jetzt mal Scherz bei Seite, mein junger Freund und Nachwuchsprofi. Ich habe tatsächlich nicht die geringste Ahnung, ob ich da jemals drankomme, wenn es die Situation notwendig erscheinen ließe. Schließlich mache ich diesen Job erst zwölf Jahre. Wie also gelangen Sie zu der Erkenntnis, ich könnte wissen, ob meine Waffe in dieser Position für mich erreichbar wäre oder nicht?«

Neuer: »Sie haben es wirklich in dieser langen Zeit noch niemals probiert? Kaum zu glauben. Gar nicht auszudenken, wenn sich die Situation ergeben hätte. Sie hätten völlig wehrlos dagestanden und hätten hilflos zusehen müssen, wie die Schutzperson verschleppt oder gar getötet worden wäre.«

Alter Hase: »Ihnen kann man auch alles erzählen, oder? Natürlich habe ich es schon probiert. So in etwa tausend Mal auf dem Schießstand. In allen nur erdenklichen Positionen und simulierten Situationen. Und es mag Ihnen jetzt vielleicht unglaublich vorkommen, aber ich habe meine Waffe jedes Mal auf Anhieb gefunden und auch entsprechend schnell gezogen. Seien Sie also versichert: Wenn es für mich nicht funktionieren würde, dann würde ich meine Waffe sicherlich nicht so tragen, wie ich sie jetzt trage.«

Neuer: »Auf der Akademie wurde uns beigebracht, dass man seine Waffe aus dieser Position unter Umständen nicht schnell genug ziehen kann. Die Trageweise im Waffenholster weiter vorne verkürzt die Spanne von der Reaktion bis zum Lösen der Waffe aus dem Holster um wertvolle Millisekunden. So erhält man den entscheidenden Vorteil gegenüber dem Angreifer, sagt mein Ausbilder.«

Alter Hase: »Die Akademie also wieder, ja super. Das dann zur grauen Theorie. Ich hoffe, man hat Ihnen – von mir aus auch nur ganz nebenbei – gesagt, dass man seine Waffe immer so tragen sollte, wie man damit am besten klarkommt. Abgesehen davon findet man die beste Position für das Tragen der eigenen Waffe so nach und nach im jahrelangen Training auf den Schießständen für sich selbst heraus, wie ich eben bereits schon erwähnte.«

Neuer: »Selbstverständlich hat man auf der Akademie auch das von Ihnen beschriebene Trageverhalten der Waffe für erfahrene Personenschützer in Erwägung gezogen. Aber Sie haben doch anfänglich selbst zu mir gesagt, dass Sie es in all den Jahren noch nie probiert haben!«

Alter Hase: »Das war ein Scherz! Einer, der, wie ich soeben zum wiederholten Male feststellen musste, in dieser Form bei Ihnen nicht ankommt, da Sie sich in Ihrem Denken noch nicht weit genug von der Akademie gelöst haben. Also kurz und bündig: Ich weiß es ganz einfach und damit dann auch mal Schluss mit dieser leidlichen Diskussion am frühen Morgen.«

Neuer: »Ich weiß ja, dass ich neu und relativ unerfahren bin. Das ist jedoch kein Grund mich anzubrüllen, bloß weil ich, professionell geschult wie ich bin, bemerkt habe, dass Sie Ihre Waffe viel zu weit hinten und damit für Sie im Ernstfall unerreichbar tragen. Meine Bemerkung beruht auf wissenschaftlichen Studien, die in meiner Ausbildung besondere Berücksichtigung gefunden haben. Fundiert und präzise eben. Wie das von einem Profi erwartet werden darf.«

Alter Hase: »Na gut, von mir aus. Meine Waffe sitzt zu weit hinten, weil das fundiert und wissenschaftlich durch Ihre Akademie präzisiert wurde. Und nur das reine Glück der Fortuna hat mich in all den Jahren und unzähligen Schießereien davor bewahrt, im Kugelhagel zu sterben, weil mir schuldhaft die von Ihnen so hoch gelobten Millisekunden einer weiter vorne getragenen Waffe gefehlt haben.

Ich merke schon, wie sehr Ihnen das in der Akademie erworbene Fachwissen am Herzen liegt. Ich bin überzeugt, dass Sie einer der aufstrebenden Schüler an besagter Akademie waren, die selbst in den Pausen, bei einer guten Tasse Kaffee, das Für und Wider der einzelnen Themenbereiche mit den Lehrgangskollegen weiterdiskutierten. Fünf Strebersterne für Sie an diesem frühen Tag.«

Neuer: »Sehen Sie, auch die alten Hasen können von uns Neuen ab und zu etwas lernen. Und selbstverständlich haben wir in der Kaffeepause unser erlerntes Fachwissen weiter miteinander ausgetauscht.«

Alter Hase: »Prima, dann wissen Sie ja, wie dieses Getränk aussieht, und das es bei uns in der Kantine ausgeschenkt wird. Für mich bitte schlicht schwarz, ohne Milch und Zucker, und lassen Sie sich ruhig Zeit. Es eilt wirklich nicht. Ich werde, während ich auf Sie warte, gründlich mein Lichtschwert putzen, welches mir Obi Wan Kenobi bei meinem letzten Einsatz im Sternenkrieg vermacht hat, damit ich wenigstens eine Waffe zur Verfügung habe, auf die ich bei Bedarf zurückgreifen kann.«

Die dritte Gruppe

Kommen wir nun zur dritten Gruppe.

In dieser Gruppe derer, die als Personenschützer tätig sein wollen, finden sich Polizeibeamte oder Angehörige der Bundespolizei. Sie möchten gerne den Job in Uniform gegen einen Job im Anzug tauschen. Ob im weiteren Dienst des BKAs, als Personenschützer unserer Politiker und Staatsgäste oder in der freien Wirtschaft, das lassen wir mal jeden selbst entscheiden.

Und viel mehr gibt es über diese Gruppe auch eigentlich nicht zu berichten. Denn: Alles andere von und über sie ist Verschlusssache. Geheim, wenn Sie verstehen.

Nur so viel noch dazu, dass es sich bei dieser Gruppe um bereits ausgebildete Staatskräfte oder ehemalige Staatskräfte handelt, die nach einigen Jahren im Dienste der Öffentlichkeit zu der Erkenntnis gekommen sind, dass sich als Personenschützer bei gleicher Stundenleistung das dreifache Einkommen erzielen lässt. Und dass je nach Auftrag zudem noch ein schöner Dienstwagen zur Verfügung steht, den man auch privat nutzen kann. Dazu kommt, dass diese Fahrzeuge im Vergleich zum Streifenwagen immer der neusten Generation entsprechen, klasse ausgestattet sind und spätestens nach zwei Jahren gegen ein neues Modell eingetauscht werden.

Helle Büros, moderne Computeranlagen, Fernseher und Kleidergeld, außerdem bezahlte Überstunden, Nacht-und Wochenendzuschläge und voll erstattete Spesenrechnungen könnten weitere Gründe für einen Wechsel in die Privatwirtschaft sein.

Ob diese Gründe für einen Polizeibeamten oder einen Bundespolizisten aus Überzeugung allerdings tatsächlich einen Anreiz darstellen, kann ich nicht verbindlich sagen. Fragen Sie bitte selbst bei Gelegenheit in Ihren Bekanntenkreis nach.

Generell dürfen und sollten wir hier und heute aber festhalten, dass auch diese Beamten eine entsprechende Vorbildung im Polizeidienst vorweisen müssen, die für das weitere Bewerberauswahlverfahren zum Personenschützer entscheidend und Grundvoraussetzung ist. Auch ihnen wird auf dem Weg in den professionellen Personenschutz nichts geschenkt. Egal ob privat oder aus dem weiteren Polizeidienst: Hier sitzen wir alle im selben Boot.

Trotz all der Spezialausbildungen, die diese Berufsgruppe auf Staatskosten durchläuft, kann es auch in dieser Elite durchaus vorkommen, dass einer der Profis eben mal nicht aufpasst. Zum Beispiel derart, wie es kürzlich ein großer und bekannter Nachrichtensender berichtete:

Besagter Personenschützer überprüfte vor Besteigen eines Flugzeuges seine Dienstwaffe auf Sicherheit und schoss dabei „treffsicher“ in die Gangway. Zeugenberichten zufolge soll dieser Personenschützer auf sein Umfeld sehr nervös gewirkt haben.

Flugangst vielleicht? Man weiß es nicht.

Die zuständigen Behörden sollen jedenfalls auf Nachfrage lediglich bestätigt haben, dass es sich um einen relativ neuen Beamten in der Position des Personenschützers gehandelt habe, was die Aussagen der Flugpassagiere in Hinsicht auf die Nervosität bestätigte. Zu der behördlich vorgeschriebenen Überprüfung von Schusswaffen auf Sicherheit und vor Betreten einer Linienmaschine wurde keine weitere Stellungnahme seitens des Ministeriums oder der Polizeibehörde abgegeben. Man ließ lediglich verlauten, dass es keine einheitliche Regelung gäbe, und es Sache der Länderbehörden sei, festzulegen, wie ein polizeilicher Personenschützer eine Waffe vorschriftsmäßig zu entladen und auf Sicherheit zu überprüfen habe.

Derart schwammige Aussagen machen es mir und allen anderen verständlicherweise schwer, ein solches Vorkommnis neutral oder überhaupt zu bewerten. Meine persönliche Meinung hierzu ist, dass da, wo Menschen agieren, Fehler passieren können. Das sollte, wie im geschilderten Fall, natürlich nicht vorkommen. Dennoch: Nicht sachdienlich formulierte Äußerungen tragen auch nicht unbedingt zum Verständnis der extern interessierten Parteien bei. Und der Mann selbst hat wohl gerade Probleme genug.

Als ich von Freunden, die meine berufliche Vergangenheit kennen, auf diesen Vorfall angesprochen wurde, fiel es mir wirklich nicht leicht, hier eine Aussage zu dem Geschehen zu formulieren, die kein falsches Licht auf diesen bereits gestraften Beamten werfen würde. Ich beschränkte mich also auf Mutmaßungen und war bemüht, diese möglichst wohlwollend zu verpacken. Dabei ließ ich mich von folgendem Grundgedanken leiten:

Hat dieser Personenschützer alles richtiggemacht, was wir alle ja nicht wissen, dann wird es wohl eine entsprechende Dienstanweisung der Behörden oder der Landespolizei geben, die ein solches Vorgehen rechtfertigt und exakt diese Handlung zum Entladen einer Dienstwaffe fordert. Der Wortlaut der behördlichen Vorgabe könnte oder müsste also lauten:

1 – Polizeiliche Personenschützer, die ein Flugzeug gemeinsam mit ihrer Schutzperson besteigen wollen, haben auf Anweisung der Fluggesellschaft ihre Schusswaffen vor Betreten der Fahrgastkabine zu entladen, um die Sicherheit anderer Passagiere für den anstehenden Flug zu gewährleisten. Die jeweilige Fluggesellschaft legt fest, wem der Flugkapitän vertraut und wem nicht.

2 – Personenschützer, welche ihren Beruf bereits seit mehr als fünf Jahren ausüben, entladen die Waffe gemäß der Verwaltungsvorschrift 4 Strich 16, Handhabung in der verwaltungsrechtlichen Trennung von Munition und Waffe in Zusammenhang mit den Antiterror-Vorschriften der internationalen Airlines auf internationalem Hoheitsgebiet der entsprechenden Fluggesellschaften.

3 – Personenschützer der Polizeibehörde mit einer Berufserfahrung von weniger als fünf Jahren und einer Abschlussnote von höher als 3,4 an der Polizeifachschule geben zum Schutz der im Inneren der Passagiermaschine befindlichen Fluggäste bereits auf der Treppe und noch vor der Fluggastkabine einen gezielten Schuss aus ihrer Dienstwaffe in die Gangway ab. Sofern nach dieser Schussabgabe weitere Zweifel an der Sicherheit der Schusswaffe vor Übergabe an den Flugkapitän bestehen, kann gemäß Verwaltungsvorschrift 123.BCF.AKZ.3 ein weiterer, vorsichtiger Schuss in die linke Tragfläche des Flugzeugs abgegeben werden.

Bei Explosion der Linienmaschine ist davon auszugehen, dass die benötigte Sicherheit noch nicht völlig hergestellt werden konnte, was eine erneute Überprüfung der Waffe erfordert, um keine weiteren Unbeteiligten zu gefährden. Im Zweifel ist der Flugkapitän selbst heranzuziehen, sobald er das Flugzeug über eine der Notrutschen verlassen hat, und ihm ist der Lauf der Waffe auf Höhe des linken Auges vorzuzeigen. Um Verletzungen auszuschließen, hat der Personenschützer einen weiteren Schuss nur sehr langsam abzugeben. So kann der Flugkapitän eine Gefährdungsbeurteilung direkt am Projektil vornehmen. Der Flugkapitän bestimmt in diesen Fall, ob der Prozess vor Betreten der Ersatzmaschine nochmals wiederholt werden muss oder ob der Personenschützer über die Airline ein Ersatzticket für die Deutsche Bahn erhält.

Diese Verwaltungsvorschrift ist zwingend und zum Schutze der zivilen Bevölkerung von jedem staatlichen Personenschützer zu befolgen.«

Ich habe mich, was Ihnen hoffentlich nicht entgangen ist, bemüht, eine Bewertung abzugeben, die frei von Vorurteilen ist. Gleichzeitig möchte ich damit dieses Statement schließen.

Und Morgen bin ich Bodyguard

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