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3.3. Anthropologische Aspekte von AutobiographieAutobiographie, autobiographisch

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Autobiographische Texte sind individuelle Formen des Erinnerns und stellen ein Pendant zu öffentlichen, d.h. kollektiven und offiziellen, Formen der Erinnerung dar.

Dieser thetisch formulierte Satz beinhaltet mindestens drei Aspekte, die die Funktion von AutobiographieAutobiographie, autobiographisch – schon in der Antike und bis in die Gegenwart – in anthropologischer und soziologischer Hinsicht benennen.

(1.) Autobiographische Texte setzen Individuierung voraus. Über sich selbst schreiben kann nur derjenige, der nicht nur kollektiv, d.h. gruppenbezogen, sondern auch individuierend, d.h. auf sich selbst bezogen, denkt. Das individuierende Denken entsteht im griechisch-römischen Kulturbereich.Gill, ChristopherPerson, persona1 Daher leitet auch MischMisch, Georg die Entstehung autobiographischer Literaturformen wesentlich aus der griechisch-römischen Antike herMisch, GeorgAutobiographie, autobiographischAugustus2.

(2.) Literarische Gestaltung setzt in dreifacher Weise Individuierung frei. Dies gilt für die Ebene und das Thema der Darstellung sowie für die Entwicklung des Autors: In der antiken Dichtung werden Charaktere und PersonenPerson, persona programmatisch konstruiert3. Dieser Vorgang wird in der Dichtungstheorie reflektiert: Aristoteles definiert in seiner Poetik (poet, 15. Kap.Aristotelespoet15. Kap.) vier Merkmale, die den Charakteren der Darstellung zuzuweisen sind4. Horaz fordert die Identität der konstruierten Personen in der Darstellung des Gesamtwerks (Ars poet 119ff.HorazArs poet119ff.).HorazArs poet125ff.5 Der Aspekt darstellerischer Individuierung gilt aber in besonderem Maße für autobiographische Texte. In der selbsterzählten Biographie wird die Person des Autors zum Thema seiner Darstellung. Im Akt des Schreibens wirkt sich die Individuierung zudem auf die Entwicklung der Person des Autors aus. Denn die AutobiographieAutobiographie, autobiographisch kann als Weg betrachtet werden, im Genus der literarischen Darstellung auch thematisch „seine eigene Identität zu konstruieren bzw. zu rekonstruieren, die eigene geistig-moralische Persönlichkeit aufzubauen“Autobiographie, autobiographisch6. So setzt autobiographisches Schreiben Individuierung frei und trägt zur Identitätsbildung bei.Selbst, self, selfhood7

(3.) Autobiographische Texte gestalten Biographie und deuten damit subjektiv erlebte Geschichte. Sie stehen dadurch kollektiven Formen der ErinnerungWischmeyer, Oda8 gegenüber, auch wenn sie teilweise selbst kollektivierende Funktion haben, indem sie typologisch, d.h. identifikationsstiftend, wirken.Martyrium, Märtyrer, martyrologisch9

Der Philipperbrief des Paulus

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