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2. Paulus, der Brief-Autor

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Als Verfasser autobiographischer Texte verstanden, muß der Briefeschreiber Paulus zunächst als literarischer Autor gewürdigt werden. Paulus schrieb mindestens sieben uns erhaltene und für authentisch befundene BriefeWischmeyer, Oda1 und läßt sich daher in dreifacher Weise als historischer und literarischer ,Autor‘ bezeichnen:

Im Sinne eines auctor ist Paulus erstens der geistige Urheber der an fünf Gemeinden oder Gemeindebezirke (KorinthKorinth/Corinth, ThessalonikiThessaloniki/Thessalonica, Galatien, RomRom, PhilippiPhilippi) und an eine Privatperson (Philemon) gerichteten Briefe.2

Zweitens: Im Sinne der auctoritas binden sich die apostolische Autorität des zuletzt berufenen Augenzeugen der Auferstehung Christi (1 Kor 15071 Kor15,8071 Kor15,8ff.071 Kor15,8ff.) und der Briefautor Paulus gegenseitig. Dieser Vorgang findet rezeptionsgeschichtlich und zunächst nicht autoren- bzw. produktionsorientiert statt: Die korinthische Gemeinde als kontinuierlichste Adressatin paulinischer Briefe erkennt die Gewichtigkeit und Kraft der Paulusbriefe (2 Kor 10,1082 Kor10,10082 Kor10,10) an. Paulus selbst beginnt im 2. Korintherbrief, die Funktion seiner Briefe hermeneutisch zu bedenken (bes. 2 Kor 2.082 Kor027082 Kor07), und formuliert Ansätze zu einer Briefhermeneutik3.

Das Phänomen der PseudepigraphiePseudepigraphie, pseudepigraph (2 Thess, Kol, Eph, Tritopaulinen bzw. Pastoralbriefe) im möglichen Rahmen einer sog. Paulus-Schule zeigt4, daß die ca. 12 Jahre paulinischer Schreibtätigkeit5 traditionsbildend und autoritätssichernd gewirkt haben. Die pseudepigraphen Briefeschreiber leihen die briefliche Autorität des Paulus, um die Tradition paulinischer Lehre und Gemeindetheologie nach Pauli Tod fortsetzen, d.h. sichern und ergänzen, zu können.

Drittens: Die rezeptionsgeschichtliche Erfahrung der Bedeutung seiner Briefe und die briefhermeneutischen Überlegungen dazu lassen Paulus schließlich auch in literarischer Hinsicht zum Autor werden. Schon im 2 Kor, spätestens aber im Röm vervollkommnet Paulus sein Briefeschreiben soweit, daß die Briefe über eine konkrete Gemeindesituation hinausweisen, d.h. den Charakter von Gelegenheitsbriefen zugunsten theologisch wie literarisch anspruchsvoller antiker Briefe eintauschen.

In diesem Zusammenhang ist dann auch das Phänomen der AutobiographieAutobiographie, autobiographisch zu würdigen. Denn ein Schreiber autobiographischer Texte weist sich in besonderer Weise als historische PersonPerson, persona und literarischer Autor aus. Paulus ist – neben dem Apokalyptiker Johannes (Apk 1,9-17) – der einzige ntl. Autor, der sich autobiographisch äußert und der sich als orthonymer Schreiber überhaupt autobiographisch äußern kann. Orthonymität, d.h. historische und literarische Autorschaft, und Autobiographie bedingen sich also gegenseitig. Der ‚Brief‘ erweist sich insofern als nicht ungeeignete Form autobiographischer Reflexion, als er – schon gemäß antiker EpistolographieThraede, Klaus6 – als ‚Spiegel der Seele‘ des Absenders gilt7.

Der Philipperbrief des Paulus

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