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3. Die bislang letzte Kommentierung des Philipperbriefes im KEK durch E. LohmeyerLohmeyer, Ernst in den Jahren 1928/1930-1974

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Die Kommentierung des Philipperbriefes durch Ernst LohmeyerLohmeyer, Ernst im KEK erschien erstmals 1928/1930,Koch, Dietrich-AlexLohmeyer, Ernst1 und zwar während Lohmeyers Zeit als Professor in Breslau (1921-1935). In ebendieser Zeit entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Vandenhoeck & Ruprecht, die auch zu dem Angebot der Neukommentierung der sogenannten GefangenschaftsbriefeGefangenschaftsbrief(e), zuletzt von HauptHaupt, Erich (unter Einschluss des Epheserbriefes) kommentiert, führte. Nach Andreas Köhns Darstellung nimmt Lohmeyer im Jahre 1923 das Angebot an.Lohmeyer, Ernst2 Schon 1924 macht Lohmeyer deutlich, dass er die Gefangenschaftsbriefe keineswegs als eine „Einheit“ versteht und dass er daher auch nicht – anders als Haupt – eine gemeinsame Einleitung verfassen werde.Lohmeyer, Ernst3 Die Arbeit am Philipperbrief-Kommentar ist etwa nach fünf Jahren abgeschlossen.Lohmeyer, ErnstBarth, Karl4

In vielerlei Hinsicht bricht LohmeyersLohmeyer, Ernst Kommentierung des Philipperbriefes mit den Vorgängerkommentaren im KEK, wie der Verfasser bereits in seinem Vorwort darlegt:Lohmeyer, Ernst5 Der „philologisch-historische Stoff [ist] fast durchweg in die Anmerkungen verwiesen[,] und die Diskussion über andere exegetische Meinungen möglichst beschränkt“. Lohmeyer wünscht, dass der Kommentar nicht als Nachschlagewerk verstanden, „sondern im ganzen gelesen werden“ möchte (Vorwort). Er rückt den Kommentar als wissenschaftliches genre damit faktisch in die Nähe einer Monographie. In formaler Hinsicht gibt Lohmeyer so noch weiter die annotierende Kommentierweise Meyers auf. Auch er gliedert den Text in Sinneinheiten und bietet zunächst eine kurze Erklärung jedes Sinnabschnitts, dann eine versweise Erklärung, die allerdings – im Unterschied zu FrankesFranke, August H. und HauptsHaupt, Erich Vorgehen – eher einer Textdeutung als einer exegetischen Analyse gleichkommt. Lohmeyers Kommentierung lässt sich daher vielleicht am besten als ein close reading des Philipperbriefes im Sinne einer sachlichen Deutung der Gedankenwelt des Paulus verstehen.Lohmeyer, Ernst6 Dazu gehört auch, dass Lohmeyers Kommentar erstmalig im KEK auch eine Übersetzung des Philipperbriefes enthält, die – wie Lohmeyer im Vorwort 1928 schreibt – beabsichtigt, „den Text zu deuten, nicht ihn zu ersetzen“.Lohmeyer, Ernst7 Die philologische und historische Analyse der Textabschnitte selbst ist kurz gehalten, Forschungsdiskurse werden – wenn überhaupt und so auch vom Kommentator angestrebt – nur am Rande erwähnt.

Auch im Blick auf die Einleitungsfragen schlägt LohmeyerLohmeyer, Ernst einen neuen Weg ein. Im Unterschied zu Meyer, FrankeFranke, August H. und HauptHaupt, Erich verlegt er den Abfassungsort des Briefes nach CaesareaCaesarea (3) und datiert die Abfassung auf den Spätsommer 58 (4). Die historischen Fragen zur (Gemeinde-) Geschichte Philippis, Ort und Zeit der Abfassung werden gemeinsam unter dem Aspekt der „Vorgeschichte“ des Briefes abgehandelt (1-4). Den insgesamt kurz gehaltenen (1-8) Abschnitt der „Einleitung“ erweitert auch Lohmeyer – wie schon Haupt – mit einer verhältnismäßig umfassenden Übersicht über die Form und den Inhalt des Briefes (4-8). Anders als Meyer den persönlichen Charakter des Philipperbriefes als dessen eigentliches Wesensmerkmal herausgestellt hatte (s.o.), betont Lohmeyer die sachliche „Notwendigkeit“ des Paulus, den „Ausdruck persönlicher Verbundenheit“ zu wählen (4f.). Der paulinische Schreibstil wird nun also als strategisches Mittel der Argumentation gewertet. Der Brief sei durch die „einzigartige Situation des Martyriums, durch die Apostel und Gemeinde ebenso verbunden wie geschieden sind“, geprägt (5). So erkennt Lohmeyer im Philipperbrief eben keine lose Gedankenfolge, sondern eine „strenge Geschlossenheit des inneren Aufbaus und eine notwendige Folge in allen seinen Teilen“ (5), wie er in einer an der Martyriums-Thematik orientierten Gliederung des brieflichen Hauptteiles (Phil 1,12-4,9) aufzeigt (5f.): Hier spreche ein „MärtyrerMartyrium, Märtyrer, martyrologisch zu Märtyrern“ (5).Lohmeyer, ErnstMartyrium, Märtyrer, martyrologisch8

Der hermeneutische Schlüssel zum Verstehen des Philipperbriefes liegt für LohmeyerLohmeyer, Ernst also zum einen in der Selbstdeutung des Paulus als MärtyrerMartyrium, Märtyrer, martyrologisch. Er liegt zum anderen in der Analyse von Phil 2,6ff., dem „ChristusliedChristuslied“ (8), das für Lohmeyer zu einem „Grundtext christlicher Philosophie“ wird.9 Dieser doppelte hermeneutische Schlüssel dient dem bisher letzten Kommentator des Philipperbriefes im KEK nicht zufällig dazu, BaursBaur, Ferdinand Christian immer noch nachwirkende Echtheitskritik aufzunehmen, aber entscheidend umzudeuten:Baur, Ferdinand ChristianLohmeyer, Ernst10 Wie Baur will auch Lohmeyer Phil 2,6ff. „in der Tat nicht auf Paulus zurückführen“ (8). Gleichwohl hält er – anders als Baur – das Christuslied für einen „vorpaulinischen, judenchristlichen Psalm“ (8). Auch Baurs Kritik an der Gedankenführung des Philipperbriefes greift Lohmeyer produktiv auf: Die „‚Vagheit‘ der brieflichen Haltung […] hat ihre konkreten Gründe. Denn Märtyrer sein heißt nichts anderes als die letzte religiöse Wirklichkeit in ihrer göttlichen von keiner Zeit und Geschichte beschwerten Allgemeinheit in Zeit und Geschichte erleben“ (8).

Fiel Meyers Kommentierung des Philipperbriefes in eine im mehrfachen Wortsinne „kritische Phase“ der Paulusexegese und geschah sie im Wesentlichen als eine Widerlegung der BaurBaur, Ferdinand Christian’schen Argumente, so schließt sich bei LohmeyersLohmeyer, Ernst produktiver Auseinandersetzung mit Baur der Kreis. Lohmeyer muss Baur nicht länger widerlegen, er deutet Baurs „genialen Blick“ (7) um. Dass Lohmeyer mit seiner martyrologischenMartyrium, Märtyrer, martyrologisch Deutung des Philipperbriefes, die seinen Kommentar von den zeitgenössischen, bis heute ebenso einflussreichen Kommentierungen des Briefes durch Martin DibeliusDibelius, Martin (1911; 19373),Dibelius, Martin11 Karl BarthBarth, Karl (1928)Barth, KarlLohmeyer, Ernst12 oder Wilhelm MichaelisMichaelis, Wilhelm (1935)Michaelis, Wilhelm13 deutlich unterscheidet, in erschreckender Weise sein eigenes Schicksal als Theologe unter den Bedingungen von Nationalsozialismus einerseits und sowjetischer Besatzung andererseits vorausbeschrieb, konnte er sicher nicht ahnen. Lohmeyers Kommentierung des Philipperbriefes wird in einer dramatischen „real life experience“ verifiziert.Betz, Hans DieterDemut14 Retrospektiv zeigt sich so, wie Leben und Werk eines Exegeten letztlich kaum zu trennen sind. Der Kommentator und sein Kommentar prägen und beeinflussen einander gegenseitig, auch wenn diese Wechselwirkung oft erst im geschichtlichen Abstand deutlich werden kann.

Der Philipperbrief des Paulus

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